Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.09.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190409113
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- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-09
- Tag1904-09-11
- Monat1904-09
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- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.09.1904
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Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem Redakttontstrich (4gespalten) 7b 4, nach den Familienuach- richten (6 gespalten) bO Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offerteuannahmr 2b Annatzmeschlns» für Anzeigen. Abend-Au-gab«: vormittag« 10 Uhr. Morgeu-AuSgab«: nachmittag« 4 Uhr. Extra-Vellage« (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefördernng 60.—, mit Postbeförderung 70.—. Anzeigen sind stets au dir Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentag« »nunlerbrochen geöffnet von früh 8 bi« abend« 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pal« in Leipzig (Jnh. vr. R. L W. Kttukhardt). Nr. 464. Var Wichtigste vom rage. * Der diesjährige DeutscheIuristentag wurde gestern in Iuusbruck eröffnet. (S. Feuilleton.) In einem Scharmützel mit Hereros auf dem Wege nach KonaS-Langhas ist Leutnant Stempel und Sergeant Stolle gefallen. (S. Aufstd. d. Herero.) * In Großbritannien sind augenblicklich 100 000 organisierte Arbeiter arbeitslos. * Die mexikanische Münzreform ist anscheinend auf unbestimmte Leit verschoben. (S. Ausld.) * In Afghanistan wird der heilige Krieg gegen die Ungläubigen (zunächst also die Engländer) gepredrgt. (S. Ausland.) Wochenschau. Mit einer Ueberraschung für die Oeffentlichkeit setzte die Woche em, der Verlobung des deutschen Kronprinzen. Es ist das Schicksal fürstlicher Ver lobungen, daß nach der naiven Anschauung des guten Bürgerverstandes stets die hohe Staatsraison ihr eher nes sie volo, sic zubsc» gesprochen haben muß, wenn einer Prinzessin der Myrtenkranz gewunden wird. Als daher die Meldung aus Gelbensande der Welt kund ward, stöberten findige Köpfe behende alle Winkel und Ecken der dynastischen Beziehungen zwischen Mecklen burg und Hohenzollcrn mit allen verwandtschaftlichen Depcndenzen bis ins tausendste Glied aus, um irgendwo das Gespenst der Staatsraison zu entdecken. Man fabulierte in allen Tonarten vom Hause Welf, dessen unversöhnlicher Groll angeblich schmelzen würde vor dem strahlenden Glück des jungen Brautpaares, man wies mit hoff nungsseligem Wunsche auf die einstige FreundsHaft mit Dänemark hin, wenn erst der Enkel des Dänenherrschers als Schwager unseres Thronerben das Szepter führe, nian ließ die Beziehungen zu Rußland und England zu- gleich erstarken — und das alles, weil zwei junge Fürstcnkinder dem stärksten aller menschlichen Triebe ge horchen und den eigenen Herd gründen wollen. Gewiß ist die Verlobung eines Thronerben keine sentimentale Liebesaffäre, gewiß sprechen hier politische Erwägungen mit, aber ebenso gewiß ist es, daß heute durch dynastische Annäherung oder Entfremdung die Politik eines Landes nicht gelenkt wird. Für diese gelten nach wie vor die alten Grundsätze des nationalen Egoismus auf allen Ge bieten des Lebens, und die Zeiten sind vorbei, in denen Europas Geschicke abhingen von dem Ehepakte zweier Fürstenkinder. Es ist töricht, an die Verlobung unseres Kronprinzen solche politische Spintisiererei zu knüpfen, vielmehr kann man nichts anderes mit Recht ausdrücken als die Freude darüber, daß es eine deutsche Prinzeß ist, ausgezeichnet mit äußerem Liebreiz und Gaben des Gemütes und Geistes, die einst unseren Kaiserthron zieren wird. Ob es wahr ist, wie mit vieler Wichtig tuerei vom Rhein aus gemeldet wurde, „daß in ver schiedenen einflußreichen englischen Kreisen die Ver lobung mit einer Engländerin gewünscht wurde", kann uns heute sehr gleichgültig sein, dem Wunsche, einst deutsche Kaiserin zu werden, wird man an verschiedenen Höfen Europas begegnet sein. War die Proklamation der Kronprinzenverlobung der Höhepunkt der Altonaer Kaisertage, so gesellte der Kaiser eine Kundgebung zu Gun st en unserer Flottenvermehrung hinzu, die auf der ganzen Linie parlamentarischen Verständnisses wohl verstanden worden ist. In den Kreisen der Hansa hat der Kaiser damit eine Saite anklingen lassen, die noch lange nach- klingen wird, aber auch im ganzen Reiche fiel das Wort vom „Kerne" der Flotte auf fruchtbaren Boden, und der Kaiser müßte nicht der Politiker sein, der er ist, wollte er die gegenwärtige politische Konstellation nicht nützen, um auf erneute Aufwendungen zu Gunsten der deutschen Flotte zu dringen. Der „Vorwärts" wird mit seinen lahmen Tiraden von „abenteuerlichen überseeischen Eroberungsplänen" höchstens bei den auf die Partei intelligenz eingeschworenen Genossen noch einigen Ein druck machen, die gesamten bürgerlichen Parteien ver schließen sich der Tatsache nicht, daß unser gesamter über seeischer Handel, diese Quelle unserer nationalen Wohl fahrt, eines Tages lahmgelegt werden kann durch die überlegenen Seestreitkräfte Englands — und so länge diese Gefahr noch von irgend einer Seite besteht, wird Deutschland gezwungen sein, rastlos an dem Ausbau seiner Kriegsflotte zu wirken, und so lange wird ein deutscher Kaiser stets willige Mitarbeiter zur Ver stärkung unserer maritimen Rüstung in seinem Reiche finden. Natürlich fehlt es nicht an guten Freunden und ge treuen Nachbarn, die uns allerlei böse Motive für unsere Flottenvermehrung unterschieben. Augenblicklich will man den Mynheeren das Gruseln beibringen, wenn man sich in englischen Zeitschriften die redlichste Mühe gibt, die Eroberung Holland» al» da» nächst« Ziel S8. Jahrgang. Sonntag den 11. September 1904. deutscher Politik hinzustellen. Selbst die unglückselige Stellung des Prinzen .Heinrich der Niederlande muß dazu herhalten, als vorbereitender Schritt zu diesem Endziel hmgestellt zu werden — der Prinz wird resigniert lächeln ob dieser Ehre, die ihm wider Erwarten kommt. Indes manches Ereignis kommt wider Erwarten, ost zu schmerzlicher Ueberraschung, und Herr vonHam- merstein wird nicht gerade freudig berührt sein, als er in den Spalten der Presse schon sein ministerielles Leichenbegängnis erster Klasse vorbereitet sah. Vor wenigen Monaten war es Herr von Manteuffel, auf dessen Ministerherrlichkeit man am stärksten pointierte, damals in den Tagen des scharfen Hindernisrennens im Herrenhause. Heute ist alles still von Herrn von Manteuffels Aussichten. Herr v. Hammerstein hat sich die redlichste Mühe gegeben, um seinen guten Willen und seine besondere Qualifikation zum Lenker des inneren Ressorts im Königreiche Preußen in das hellste Licht zu stellen. Gen Frankreich und England pilgerte er mit lernbegierigem Eifer, wie nur je ein Regierungsrat, der nach heute gültigem Geschmack und Streben in die Ver einigten Staaten dringt, um hier der praktischen Weis heit der Aankees auf die Spur zu kommen. Aber Excellenz Hammersteins redliches Bemühen war vergebens: sein Bäumlein war verdorret. Test den Tagen der schlesischen Wassersnot hatte er bereits „einen hohlen Zahn", die Mirbachiadc tat ein übriges, und Herr v. Lucanus wird die Sense schwingen und den Herrn Minister abhauen, wie schon so manche Excellenz vor ihm. Auf den« o st asiatischen Kriegsschauplätze haben die Kämpfe beiLiaujang nicht das er wartete Endergebnis gezeitigt. Aus allen den Einzel- heilen von heldenmütiger Bravour, von kolossalen Opfern an Menschen und Material, von grausigem Ge schützkampf und blutigem Bajonettegefechte ist die Tat- sache mit Sicherheit herauszuschälen, daß auf dem Telle des Kampfschauplatzes, Len die Ja paner als Sieger behaupteten, der Sieg viel schwerer erkauft und weniger entscheidend war, als man bisher annahm. Ebenso wenig läßt sich leugnen. Laß von einem entscheidenden Erfolge Kurokis gegen die Position des linken russischen Flügels noch nicht die Rede sein kann. Die Kämpfe bei Liaujang sind also wohl eine getreue Kopie deutscher Schlachtpläne Mollkescher Provenienz, soweit die Japaner in Frage kommen, aber sie lassen bisher die entscheidenden Erfolge, den großen, niederschmetternden Schlag vermissen, den das Genie Moltkes niedersausen ließ. Auch bei der Belagerung Port Arthurs scheint der Wunsch für Japans Sieg vorschnell die Welt mit Nachrichten versehen zu haben, die hinterdrein bedenklich zusammenschrumpften. Ohne Zweifel leisten auch hier die Japaner Heldenmütiges, aber trotz aller Kapitulationsdepeschen hält sich General Stössel noch immer in der berannten Feste und erwehrt sich in erfolgreichen Minenkriegen und Schanzenkampf feiner Bedränger. Ihm ist der Lorbeerkranz des tapferen Mannes auf jeden Fall gesichert, mag Port Arthur fallen oder nicht — er hat die russische Tapferkeit und Un erschrockenheit zu Ehren gebracht. Von dem Admiral der einstigen Port Arthur-Flotte kann man dies nicht be haupten, und man hat daher auch offiziell den Stab über den Fürsten Uchtomski gebrochen. Ob man das hochnot peinliche Verfahren nicht auch auf den Großfürsten- Admiral hätte ausdehnen müssen, der angeblich lieber in Paris des Lebens Höhen und Tiefen durchforscht, statt seines Amtes daheim zu walten, das wagt der bescheidene Verstand des Chronisten nicht zu entscheiden. Jedenfalls ist cs eine Freude für ihn, den deutschen Kaiser und den Prinz-Admiral Heinrich mit allem Ernst und Eifer bei den Flottenübungen zu sehen, welche die Vorschule zum ernsten Seekriege sind, in dem Rußland so trübe Er fahrungen machen mußte. Diel Lärm wird zur Zeit über die Entführung der Prinzessin Luise von Koburg gemacht. Wenn der Chronist der Woche überhaupt davon Notiz nimmt, so geschieht es, weil es seine Pflicht ist. Einen artigen Skandal nebst obligaten« Prozeß wird es wohl setzen, dafür bürgt die Helfershelferschast vom kroatischen Leutnant bis zum deutschen Sozialdemokraten — aber auch darüber wird der Gang der Dinge Hinwegfluten — die Welt kennt wichtigere Dinge als die Irrungen und Irrfahrten einer interessanten Prinzessin. kV vei ffukitanä der sierers. Leutnant vs» Stempel gefallen. * Gouverneur Leutwciu meldet, daß Leutnant v. Stempel uud Sergeant Stolle bei dem Versuche, eine durch Morenga abgeschaittene Patrouille zu befreien, auf dem Wege nach Konas-Langha», westlich von Schanzogberg, gefallen sind. war not tut. Nachdem sich erst vor wenigen Tage« der Führer unserer siidwestafrikauischen Ansiedler-Abordnung, Farmer Erdmann- Hari«, über di« seiner Ansicht nach notwendige« Reformen in der Kolonie ausgesprochen hat, tritt nun auch der Abgesandte der Norddistrikte (Grootfontein), W. G. Zipplttt, nnt Vor- schlagen an die Oeffentlichkeit. Er schreibt: Den Uebelständen, die sich dem wirtschaftlichen Aufschwünge d«S Lande« bindernd entgegenstellen, kann nur durch Schaffung eines wohl organisierten und rührigen LomittzS begegnet werden, das sich lediglich mit der Vertretung sämtlicher deutsch-südwest afrikanischer Interessen, sowohl in wirtschaftlicher wie in poli tischer Hinsicht beschäftigt, indem alle diese von einer Zentralstelle auS vertreten werden Erforderlich ist dazu, daß die gesäurte Bevölkerung im Lande sich einem solchen Comits auschließe, welches seinen Sitz sowohl im Schutzgebiet wie auch zur kräftigen Vertretung der Interessen in Deutschland haben muß. ES ist erforderlich, daß von geeigneter Seite rin Programm für die einschlägigen Arbeiten aufgestellt wird. Der rührige An- stedlungskommissar vr. Rohrbach hat in seinen Berichten wieder- holt auf die Fruchtbarkeit und EntwickluugSmäglichkeit des Distrikts Grootfontein hingewiesen. Was er sagt, trifft jedoch nicht nur für diesen Distrikt zu, sondern auch in dem Distrikt Gobabis und am Waterberg finden wir die erforderlichen Bedingungen, sowohl bezüglich des BKevs wie auch des Klimas, die es ermög- lichen, Kulturen auf Leu einzelnen Farmen anlegen zu können. Ein zielbewußte- Vorgehen bei der Besiedlung des Landes und Erforschung desselben durch geeignete Beamte, indem diese das Land von Platz zu Platz bereisen und genaue Untersuchungen über Boden-, Wasser- und Geländeverhältnisse anstellen, würde ein dankbares Resultat zu tage fördern. Blühende Farmen, Grenze an Grenze, würden das Land bald mit einer zahlreichen weißen Bevölkerung, soweit es die Verhältnisse erlauben, be völkern, sie würden die Möglichkeit eines künftigen Ausstandes ausschließen, — dem Mutterland« die Kosten für die Verwaltung verringern helfen und unserer Industrie ein nicht unbedeutendes Absatzgebiet eröffnen. Während in diesen Landstrichen neben Rinder- und Kleinvieh, zücht (weniger Pferdezucht, besonders nicht im Norden) gut der Acker bestellt werden kann, und neben Mais- und Tabakbau die Baumwoll-, Agaven- und Oelkultur der größten Ausdehnung fähig ist, bietet der Süden und der Mitteldistrikt die gleichen Vor teile durch dir Viehzucht. Pferde-, Rinder-, Kleinvieh- und Woll schafzucht haben eine Zukunft. Wünschenswert wäre es, wenn die Regierung uach den schweren Zeiten des Krieges den Farmern das Land kostenfrei überließe. Gleichzeitig wie dem Farmer in wirtschaftlicher Beziehung geholfen werden kann, muß ihm, dem Werte schaffenden „Kultur- piouier", auch in politischer Beziehung sein Recht und die Ge legenheit gegeben werden, sich an der Verwaltung zu beteiligen, denn eine jede Berwaltungsfragr ist unbedingt eine wirtschaftliche Frage, deren praktische oder unpraktische Erledigung ibn zunächst vor allen übrigen berührt. Der bisher bestehende Beirat im Schutzgebiet hat uns gezeigt, Laß sein Wert nur ein scheinbarer ist. Der berechtigte Wunsch und der Wille der Bevölkerung strebt die Gründung eines Gouvernements- «end Bezirks- rats an, bei dem alle Stände Les gesamten Landes durch Wahl ihres Vertreters Berücksichtigung finden müssen. Nur so, durch enge Verquickung der praktischen Erfahrung des Siedlers und der Theorie des Beamten kann die Verwaltung für eine junge Kolonie eine gedeihliche werden. Ist dies erreicht, so ist der erste Schrit zur Förderung der Kolonie getan. Die weiteren Reformen, die sich sowohl in der Verwaltung, wie auch in der Eingeborenen- Politik als notwendig erwiesen haben, wie die praktische Regelung der Reservat-, Paß-, Waffen-, Jagdgesetz-, Missions-, Zoll- und Besiedlungsfrage werden dann auch ihre Erledigung finden. ver rurrirch-sapanirche Weg. Dte initttärische Lage. Russischen amtlichen Depeschen, die am 9. d. Mts. vor« der Front in Petersburg eingegangen sind, entnimmt „Daily Expreß", daß die Lage der russischen Armee nicht so schlimm sei, wie man geglaubt habe. Die Haupt ursache dieses günstigeren Zustandes sei der Erfolg Meyendorffs, der 42 000 Mann 12 Meilen südlich von Mukden konzentriert hat und damit Kuroki in Schach halte. Kurokis erster Angriff auf Meyendorffs Streit- kräfte erfolgte am Mittwoch, wurde aber mit schweren Verlusten für die Japaner zurückgeschlagen. Seitdem hatten noch weitere erfolglose Angriffe stattgefunden. Inzwischen sei über die Hälfte der russischen Nachhut mit aller Bagage sicher nach Mukden gelangt. Immerhin befänden sich noch 12 000. Russen südlich von Mukden in größter Gefahr. Ta sie durch die unaufhörlichen Kämpfe bei Tag und Nacht während der letzten fünf Tage erschöpft seien, sei es zweifelhaft, ob sic zur Hauptarmee werden gelangen können. Wenn Meyendorffs Korps fortfahre, Kuroki in Schach zu Hal- ten, werde bei Tieling keine Schlacht angeboten, sondern derRückzugderRussennachCharbinfort- gesetzt werden. Die „Times" berichten, die Japaner hätten bis mit heute 29 600 Mann, die Russen 33 000 Mann, die Kavallerie nicht mit eingerechnet, verloren. Die Meldung, daß die Japaner 87 Geschütze erobert haben, muß nach derselben Zeitung falsch sein, da die russische Nachhut gar nicht so viel Geschütze hat und Kuropalkin den Hauptteil der Artillerie mit der ersten Kolonne nach Norden geschickt habe. General Kuropatkin meldet dem Zaren: Die Armee hatte am 8. und 9. d. M. keine Kämpfe zu bestehen: der Feind verhält sich ruhig. Es regnet stark, so Laß die Straßen nicht trocken werden und nicht ausgebessert werden können. Ein japanischer Offizier, der auf der Reise nach Tokio in Tsingtau üurchgckommcn ist, hat erklärt, die Verluste der Javaner vor Porr Arthur seien in den letzten Tagen sehr schwer gewesen und überstiegen 15 000 Mann an Toten und Verwundeten, die Verluste bei Liaujang betrügen mehr als 20000 Mann. Berlin, 10. September. * Bom neuen deutsch-rumänischen Handelsvertrag, lieber den Inhalt des bekanntlich durch die dazu eingesetzte Kom mission bereits festzelegten neuen deutsch-rumänischen Handels vertrages verlautet aus gut unterrichteter Quelle, daß die rumänischen Unterhändler in allen wesentlichen Punkten den Forderungen der deutschen Unterhändler nach gegeben haben, da diese in der Lage waren, auf Rumänien infolge seiner finanziellen Abhängigkeit zu Deutschland einen scharfen Druck aus zuüben. Es gilt als feststehend, daß der neue Vertrag sich von dem gegen wärtigen in Bezug auf die Zollsätze nicht viel unterscheiden wird, daß derselbe aber bezüglich der Behandlung der Hand- lungSreisenden, der Warenmuster und der Ausübung des Handwerkergcwerbes durch Deutsche manche Erleichterung bringen wird. * Braustener uns Lurrogatverbot. Einigermaßen auf ¬ fällig erscheint es, daß bei den Preßmeldungen über die Aenderung der Brausteuergesetzgebung die Frage des Ver bots der Surrogate garnicht berührt ist, obwohl sich der Reichstag damit mehrfach beschäftigt und im bejahendeSinne dazu Stellung genommen hat. Die Rechtslage ist bekanntlich in dieser Hinsicht in Deutschland verschieden. Während in Bayern die Verwendung von Snrrogaten für Gerste und Hopfen bei der Bierbereitung gänzlich verboten ist, wird im Gebiete der Norddeutschen Braustcuergemeinschaft zwar durch die Höhe der Besteuerung der Verwendung von Surro gaten entgegengewirkt, verboten ist diese aber nickt. Die tatsächliche Lage der Sache ist die, daß zwar die großen Brauereien auch hier trotzdem in der Regel von der Verwendung von Surrogaten iin Interesse rhreS Absatzes im Jnlande und Auslande ganz absehen. Im übrigen aber werden Surrogate für Gerstenmalz und Hopfen noch in beträchtlichen« Maße gebraucht. In dem Durchschnitte der letzten Jahre sind jährlich mehr als 15 000 Tonnen Surrogate zur Bierbcreitung verwendet worden, etwa 18 Prozent der dazu gebrauchten Menge an Getreide. Unter den Snrrogaten nimmt, was die Qualität anlangt, der Reis die erste Stelle ein; in dem letzten Jahre wurden nicht weniger als 9 bis lO 000 Tonnen Reis zur Bier bereitung gebraucht. Es ist klar, daß für da- in Bayern be währte Verbot der Verwendung von Surrogaten gewichtige hygienische und wirtschaftliche Rücksichten sprechen. Denn es unterliegt keinem Zweifel, daß die surrogatfreien Biere der Volksgesundheit viel dienlicher sind, als die mit Hilfe von Surrogaten hergestellten. Die Brauereien der Brausteuer- gemeinsckaft würden ferner unter der Konkurrenz fremder Biere im Jnlande viel weniger zu leiden haben, umgekehrt aber den Mitbewerb um die Versorgung des Auslandes mit ungleich größerer Aussicht auf Erfolg aufnehmen können, wenn, wie in Bayern, der Gebrauch von Surrogaten streng ver boten würde. Unter der gesetzlichen Zulassung leiden nach beiden Richtungen auck diejenigen großen Brauereien mit, welche selbst tatsächlich von deren Verwendung ga«z ab sehen; sie würden durch da» Verbot der Surrogate also einen Ausgleich jür die höhere Besteuerung erhalten. Wenn die Stärkesabrikation und mit ihr die am Kartoffelbau interessierte Landwirtschaft ein gewiffeS Interesse an der Aufrechterhaltung der Zulassung der Surrogate haben, so liegt cs um^kehrt nu Interesse der Landwirtschaft, daß dem httumcheu Gerstenbau eia erweiterter Absatz gesichert wird Deutsches Deich. Leipzig, 10. September. * Konfcreuz über NotftaubStartfe. Das „Dresdner Journal" schreibt heute: „Am gestrigen Tage hat im Finanz ministerium zwischen den Herreu Ministern des Innern und der Finanzen und einer großen Anzahl von Mitgliedern der Ständekammern eine anderweite vertrauliche Besprechung über die Mittel zur Abhilfe der durch Einstellung der Binnen schifffahrt eingetretenen Mißstände stattgefunden. Ueber die Entschließung der Staatsregierung wird demnächst eine aus ausführlichere Erklärung veröffentlicht werden." Von sehr gut unterrichteter Seite wird uns hierzu mitaeteilt, daß die Staatsregierung sämtliche Vor schläge aus den Reihen der Industriellen rundweg abge schlagen hat und daß sie auch nicht geneigt ist, ferner hin in Verhandlungen hierüber einzutreten. An der Konferenz nahm u. a. auch Abg. Zimmermann teil, welcher heute nachmittag in seinem Organ, der „Deutschen Wacht", folgendes schreibt: Dann (d. b. wenn das „Dresdner Journal" sein Com- munique veröffentlicht haben wird) wird Gelegenheit gegeben sein, zu dem Rechtfertigungsversuch der sächsischen Regierung bezw. des Herrn FinanzministzrS gegenüber den dringenden Wünschen der bedrängten Industrie weiterStellung zu nehmen." Den beteiligten Abgeordneten ist wiederum Stillschweigen auf erlegt worden dadurch, daß die Verhandlungen als verlraulicke bezeichnet wurden. Beteiligt waren an der Besprechung im Finanzministerium außer den Herren Ministern und ihren Räten die Mitglieder der Zweiten sächsischen Kammer Grumbt, Nudelt, Schulze, Stöckel, Vogel, Zimmermann, Präsident vr. Mehuert, und von der Ersten Kammer Oberbürgermeister vr. Käubler. Wir unsererseits können den Ausdruck des Bedauerns nicht Unter lasten, wenn die langwierigen Verhandlungen, die aus ein Entgegenkommen seitens des Finanzministeriums für alle Fälle hoffen ließen, diesen unerwarteten Ausgang gefunden haben." * Hauptvcrfammluug des Gustav - Adolf - Vereins. An der Hauptversammlung des Gustav-Adolf-Vereins, die gestern in Graz stattfand, nabmen 210 Delegirte der Zweigvereine teil. Auf derselben wurde u. a. von einem Redner auf die Einweihung der Protestationskirche in Speyer hingewiesen. Es sei bezeichnend, daß Kaiser Wilhelm I. seinerzeit der Ein weihung des katholischen Kölner Doms beiwohnte, während in Speyer kein deutscher Fürst zugegen war.
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