01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.07.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-07-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19040729012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904072901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904072901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-07
- Tag1904-07-29
- Monat1904-07
- Jahr1904
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezirgS-PretS in der Hauptexpedition oder deren Ausgabe- stellen avgeholt: vierteljährlich 3.—, bei zweimaliger täglicher Zustellung in« Hau» 3.75. Durch di« Post bezogen für Deutsch. land u. Oesterreich vierteljährlich 4.50, für die übrigen Länder laut ZeitungSpreiSliste. Redaktion und Expedition: JohanniSgasse 8. Fernsprecher 153 u. LL2. Ailtalexpedttionen: Alfred Hahn, Buchdandlg., Untversttätsstr. 8 Oernspr. Nr. 4016), L. Lösche, Katharinen- suaße 14 (Fernsprecher Nr. 2985) u. Königs platz 7 (Fernsprecher Nr. 7505). Haupt-Filiale Dresden r Marienstraße 34 (Fernsprecher Amt I Nr. 1713). Haupt-Filiale «erlitt: CarlDunckrr, Herzgl.Bayr.Hofbuchbandlg„ Lützowstraße 10(FernsprecherAmt VI Nr.46o3.) Morgen-Ausgabe. WpMer. TllgcbtM Anzeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- und -es Königlichen Amtsgerichtes Leipzig, -es Aales un- -cs Nolizeianttes der Ltadt Leipzig. Nr. 382. Freitag den 29. Juli 1904. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 25 Reklamen unter dem RedaktionSstrich (4 gespalten) 75 nach den Famtlirauach- richten (6 gespalten) 50 Tabellarischer und Ziffernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen.Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbeförderung ^ll 70.—. Rnnahmefchluh für Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittag» 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Dir Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Pol» in Leipzig (Inh. vr. B., R. L W. Kltukhardt). S8. Jahrgang. Var lMcdsigrte vom rage. * Der Kaiser ist auf der Nordlandsreife in Merok eingetroffen. (S. Dtsch. Reich.) * Da« preußische Staatsministerium trat gestern wieder zu einer Sitzung zusammen. * Otto Purschian, der Direktor der vereinig, ten Stadttheater in Köln, ist in OberstLorf (All- gäu) einem Schlaganfall erlegen. (S. Feuilleton.) * Der Kaiser von Oe st erreich ordnete die Enthebung des Fsldmarschall-Leutnants Erz- herzogOtto,des Gemahls der sächsischen Prinzessin Josefa, auf Grund des von diesem aus Gesund- heitsrücksichten gestellten Gesuches, vorbehaltlich späterer anderweiter Verwendung im Dienste, von dem Kommando als Chef der Kavallerie-Division in Wien an. * Nach einer Mitteilung des britischen Auswärtigen Amtes gab die russische Regierung die Zu- sicherung, daß die Angelegenheit des „Knight Commander" auf f r e u n d s ch a f t l iche m Wege ihre Erledigung finde. Vie leiciige siegenreMgireit. Don sehr geschätzter juristischer Seite wird uns ge schrieben: Als vor Jahren die selige Königin Viktoria in den deutschen Witzblättern arg mitgenommen wurde, und als dann später ihrem Sohne und Erben in den Tages- Zeitungen gleicher Unglimpf widerfuhr, regte sich in mancher deutschen Brust ein loyaler Unwille. Und wie dies regelmäßig in solchen Fällen geschieht, rief man in- slinktiv nach dem Staatsanwalt, der neben dem Staate und dem Gesetzgeber zu den großen Nothelfern in den Unbilden und Fährnissen dieses Lebens gehört. Den loyalen Entrüsteten hielten aber schon damals einige kluge Leute entgegen, daß der Staatsanwalt der Ver- unglimpfung der Kaiserlich Indischen Majestät nicht steuern könne, weil im Verhältnisse zu Großbritannien die Gegenseitigkeit nicht verbürgt sei. Die Beleidigung des Landesherrn oder Regenten eines nicht zum Deutschen Reiche gehörigen Staates kann nämlich nach 8 103 des Reichsstrafgesetzbuches in Deutschland nur dann geahnde werden, wenn in diesem Staate dem Deutschen Reiche die Gegenseitigkeit verbürgt ist. Die Strafverfolgung tritt außerdem nur auf den Antrag der auswärtigen Regie rung ein. Da zwischen dem Reiche und Großbritannien die Gegenseitigkeit nicht gewährleistet ist, rieten einige findige Köpfe dazu, der König von England möge bei einem deutschen Schöffengerichte seine Beleidiger mit der Privatklage belangen. Die Zulässigkeit dieses Ver- fahrens ist unter den Juristen streitig. Deswegen oder §us anderen Gründen ließ man sich nicht darauf ein; auch erhielten die findigen Köpfe nicht den Bathorden als Schmuck für ihre loyale Männerbrust. Die Gegenseitigkeit ist eine heikle Sache. Sie spielt in den internationalen Rechtsbeziehungen eine große Rolle. Sie ist von Belang nicht nur bei der Verfolgung von feindlichen Handlungen gegen befreundete Staaten, sondern auch bei der Anerkennung ausländischer Urteile, ausländischer Patente, Warenzeichen usw. Sie kann ver bürgt sein durch Staatsverträge, übereinstimmende Ge setze, Regierungserklärungen oder auch durch die sogen. Staatspraxis. Die Gesetze der einzelnen Staaten können natürlich besondere Anforderungen stellen. Dies lehrt die jüngste Vergangenheit. Wie in vergangenen Zeiten unter Motteler und ande ren ein geschäftiger Gchriftenschmuggel auS der Schweiz nach Deutschland betrieben wurde, so waren neuerdings wieder rote Postmeister am Werke, das russische Prole tariat mit politischen Traktätchen zu versorgen. Ruß- land fühle sich in seinem Bestände bedroht, der weiße Zar war beleidigt. Was war natürlicher, als nach dem Staatsanwalt zu rufen? DaS tut doch jeder in seines Lebens Aengsten. So erlebten wir eS denn, daß das un- crmeßliche Rußland nach dem preußischen StaatSanwalte rief. Und dieser hörte. Leider hörte er. Die leidige Gegen- seitigkeit machte ihm keine Beschwernis, weder ihm noch seinem Ressortchef, dem preußischen Justizminister, auch nicht dem Staatssekretär des Reichsjustizamtes oder des Auswärtigen, die sich im Landtage und im Reichstage mit der Sache lange vor der öffentlichen Verhandlung zu befassen hatten. Das dünkt viele erstaunlich. Wenn man aber weiß, wie sehr die Kenntnis deS russischen Rechts in Deutschland darniederliegt, dann wundert man sich nicht so sehr. Wie viele Deutsche lernen Russisch? Wie viele davon sind Juristen? Justizbeamte sind mir nicht bekannt, die sich des russischen Rechts befleißigten. Schriftstellerisch sind auf diesem Gebiete in letzter Zeit nur ein Berliner Anwalt und ein Berliner Privatdozent bedeutsamer hervorgetreten. Von den russischen Juristen, die dcS Deutschen vielfach mächtig sind, wird unS nur in verhältnismäßig geringem Umfange die Kenntnis ihres heimischen Rechts vermittelt. Verdienste um die Der- Mittelung der Kenntnis deS ausländischen Rechts haben einige juristische Zeitschriften, so auf dem Gebiete des Strafrechts daS „Lullotiu cis l'Uuion Intsrnationals äs vroit könell". Wenn diese Tatsachen das Erstaunliche des Falles einigermaßen erklären, so muß man sich immer noch wundern, daß an den maßgebenden Stellen, insbesondere bei den verantwortlichen Pflegern unserer auswärtigen Beziehungen, eine gewisse Unklarheit über den gegenwärtigen Rechtszustand herrscht. Maximilian Harden fragte aus Anlaß des Prozesses Meyer, was die Juristen denn eigentlich verstünden. Er wäre berechtigt, diese Frage mit Bezug auf einige Amtsstellen jetzt zu wiederholen. Aber zurück zur Sache. Der russische Botschafter gab die Erklärung ab, daß Rußland in gleichen Fällen dem Deutschen Reiche gleichen Rechtsschutz gewähren wolle. Auch wenn diese Erklärung vor der Begehung der Tat abgegeben worden wäre, würde sie die Gegenseitigkeit nicht verbürgen. Denn das russische Gesetz verlangt, daß die Gegenseitigkeit durch Staatsvertrag oder russisches Staatsgesetz gewährleistet sei. Die Botschaftererklärung würde es also dem russischen Richter auch künftig nicht ermöglichen, einen Hochverrat gegen daS Deutsche Reich oder die Beleidigung eines deutschen Bundes- fürsten zu bestrafen. Regierungserklärungen und bloße Staatspraxis sind eben nach dem Inhalte des russischen Gesetzes ausdrücklich als Mittel zur Verbürgung der Gegenseitigkeit ausgeschlossen. Schließlich noch ein Wort über die Geheimbündelei. !s 128 des Reichsstrafgesetzbuches straft die „Teilnahme" an einer „Verbindung", deren Dasein, Verfassung oder Zweck vor der Staatsregierung geheim gehalten werden soll. Der Begriff der „Verbindung" ist eben so flüssig wie der der „Teilnahme". ES dürfte einem routinierten Strafkammerbetsitzer nicht schwer fallen, beide Tat bestandsmomente in irrevisibler Weise aus dem vor- liegenden Sachverhalte tatsächlich festzustellen. Zwischen den verschiedenen Stellen in der Schweiz, London, Berlin und an der Grenze bestanden ja wohl gewisse Be- ziehungen. Die Teilnehmer an der „Verbindung" kannten einander sicherlich nicht. Sie hatten auch keine Satzung, Überhaupt keine feste Organisation. Aber all das wird herkömmlich nach dem Gesetze nicht verlangt. Es genügt die loseste Organisation, nur müssen die „Teilnehmer" wissen, daß es sich überhaupt um eine Organisation handelt. Der Teilnehmer braucht nach der Ansicht deS Reichsgerichts nicht aktives Mitglied der Verbindung zu sein; es genügt darnach irgend welche Tätigkeit im Interesse der Verbindung. Es ist also nur wenig Aussicht vorhanden, daß die in der ersten Instanz Verurteilten auf ihre Revision hin noch freigesprochen werden. ver nttrir»-tapiniirche Krieg. poft und AuskunftAftelle für Ari»gtg«fans«n». Besondere Auskunftsstellen über Kriegsgefangene sind zur Zeit auf der Haager Konferenz durch v,e „Bestimmungen über die Gesetze und Gebräuche de» Landkrieges" vorgesehen worden. Eine solche AuSkunftsstelle ist von Äapan balv nach dem Ausbruch deS jetzigen Krieges errichtet worden. Eine Ver fügung de» ReichS-Postamte» teilt mit, daß jetzt auch Rußland nachgesolat ist. Es werden deshalb nunmehr die Bestim mungen über den Postverkcbr mit den Kriegsgefangenen den Vostanftalten mitgeteilt. Postsendunaen jeder Art, die an Kriegsgefangene in Rußland gerichtet sind, müssen handschrift lich oder gedruckt einen entsprechenden Vermerk in fran zösischer Sprache tragen. Er muß etwa lauten: Brief wechsel von Kriegsgefangenen, Dienst der Kriegsgefangenen, zu Händen der Auskunftsstelle Uber Kriegsgefangene usw. Eine gleiche oder ähnliche Bezeichnung erhalten auch die Sendungen, die von Kriegsgefangenen oder von der Aus kunftsstelle in Rußland ausgehen. Der gesamte Postverkehr der Kriegsgefangenen unterttegt in Rußland der militärischen Zensur. Die Sendungen genießen vollständige Porto fr ri tz eit in sämtlichen Staaten, welche dem Haager Abkommen beigetreten sind. Vi» V-schla-vahm» der poft ««f Vampfor „Prinz Heinrich" in rnffischer Velenchtnng. Zur Beschlagnahme der Post auf dem deutschen Dampfer „Prinz Heinrich" äußert sich in einem längeren Artikel auch die Petersburger „Nowoje Wremja", di« es wirklich fertig bringt, die ungerechtfertigte Beschlagnahme noch zu ver teidigen, obwohl die russische Regierung längst zugegeben hat, daß die Konfiskation ungerechtfertigt war. Da» genannte Blatt sagt u. a.: „Der Kreuzer „Smolensk" dielt auf der See ein unbekannt«» Fahrzeug an, da» sich bet der Besichtigung al» d« deutsch« Dampfer „Prinz Heinrich" erwies. Rach der Besichtigung der Dokument«, die offenbar in Ordnung waren, war der Kreuzer verpflichtet, di« Post in Lugmschetn zu nehmen, um sich davon zu überzeugen, ob sich unter de» »ach Japan bestimmten Pakete» kein« feind lichen Depeschen befanden. Die Post «wie» sich al» ungeheuer groß: 81 Sacke Briefpost und 24 Sacke und Kisten Paketpost. Di« sorg fältig« Durchsicht einer so ungeheuren Post erfordert sehr viel Zeit, vielleicht «inen Lag, vielleicht sogar zwei. Der deulsch« Dampfer aber hatte wahrscheinlich Eile, wollte die Frachten »ad Passagier, recht- zeitig an Ort und Stell» bringen. Di« Besichtigung der Schiffs papier« und der Fracht gab d«m Kommandeur de» Kreuzer» di« lieber- z«ug«Lg, daß der Dampfer d« Beschlagnahm« nicht unterlieg«. Zweifel erweckte nur die Post. So ergab sich ein Dilemma: sollte man den Dampfer einer befreundeten Nation einige Tage aufbalten, bi» die Besichtigung der Post beendet war? Das wäre in Bezug auf die Passagiere und dir terminierten Frachten eine sehr drückende Maßregel gewesen. Da ergab sich wahrscheinlich eine andere Kombination, vielleicht sogar auf die Bitte der Führung dcS Dampfers; man konnte den Dampfer freilaffen und nur japanische Post zurückhalten, um sie später, nach der Besichtigung, bestimmungsgemäß zu befördern. Diese letztere Kombination, die offenbar mehr im Interesse der Passagiere und der terminierten Frachten lag, gewann den Sieg. Wie schon gesagt, hat der „Smolensk" bei der ersten Gelegenheit, die sich bot, die be sichtigte Post dem englischen Dampfer „Persia" übergeben, damit er sie bestimmungsgemäß befördere. Der Protest der ausländischen Presse gründet sich aber gerade darauf, daß die Post, in der sich feindliche Depeschen befinden, aber auch nicht befinden konnten, an Bord des russischen Kreuzers genommen wurde. Wenn also der Kreuzer „Smolensk" den Dampfer einige Tage angehalten, aber die Post an Ort und Stelle, d. h. auf dem Dampfer selbst, durchgesehen hätte, so wären keine Gründe zu einem Protest vorhanden gewesen. Weil er sich aber zu einer günstigeren Maßregel entschlossen hat, ist sein Vorgehen zum Gegenstand« von Angriffen gemacht worden. Wir unsererseits glauben, daß diese Angriffe schwerlich gerechtfertigt sind. Die Zurück- Haltung der Post war ohne Zweifel durch den Wunsch hervor- gerufen, den Dampfer einer befreundeten Nation nicht unnütz aus- zuhalten. Unter den außerordentlichen Verhältnissen, unter denen unsere Kreuzer operieren müssen, würde eine formelle und strenge Anwendnng deS PrisenrrchtS die Situation der Schiffe der neutralen Staaten nur erschweren." Dazu ist zu bemerken: DaS klingt alles sehr schön und scheint äußerst harmlos, ist es aber in Wirklichkeit keineswegs. Bon einer Verpflichtung des Kreuzers „Smolensk", „sich zu l überzeugen, ob sich unter den nach Japan bestimmten Palleten keine feindlichen Depeschen besänden", kann gar keine Rede sein. Durch die klaren und deutlichen Bestimmungen der Pariser SeercchtSkonferenz von 1856 ist vielmehr festgelegt worden, daß Vie Brief post nur dann revidiert werben darf, wenn direkter Verdacht auf für den Feind bestimmte Nach richten vorlieg». Da» war hier aber absolut nicht der Fall, sondern die „Nowoje Wremja" sagt selbst, daß in der Post „sich feindliche Depeschen befinden, aber auch nicht befinden konnten", spricht also damit nur von einer Mög lichkeit. Eine solche ist aber noch längst kein Verdacht, und es nützt daher nichts, wenn das genannte Blatt dem Vorgehen der „Smolensk" noch ein schützendes Mäntelchen umzuhängen versucht. UebervceS ist die Angelegenheit durch die Erklärung der russischen Regierung bereits erledigt. Ein Gutes hat übrigens die ganze Beschlagnahme-Episode gehabt: sie hat Rußland und auch den übrigen Ländern klar gemacht, daß das Schwarze Meer während des Kriegs ein mru-> clausum bleiben muß. Will Rußland nach dem Krieg eine Aenderung der Dardanellen-Bestimmungen anregen, so steht ihm daS frei, doch läßt sich schon heute der Standpunkt der beteiligten Mächte dahin fcstlegrn: entweder werden di« Dardanellen den Kriegsschiffen aller Mächte geöffnet, oder eS bleibt alles, wie eS ist. Der gegenwärtige Zustand aber findet schon darin seine Begründung, daß die Meerengen, die den Zugang zum Marmarameer vermitteln, türkische Binnengewässer sind. Die Schlacht bel Laschltfchla» wird in Tokio als ein großer Sieg der Japaner be trachtet. E» heißt, Kuropatkin sei dabei an der rechten Schulter verletzt worden. Auch sollen, wie schon mit- aeteilt, andere Generale verwundet sein. Die russische Mantschurei-Armee ist, nach dem „L.-A.", im Rück züge auf Liaujana. Die Japaner rüsten sich jetzt zu einem allgemeinen Sturm auf Port Arthur, der mit 8tt OVO Mann unternommen werden soll. Sie hoffen die Festung in den nächsten Tagen einnebmen zu können. Fremd ländische Offiziere glauben aber, daß Port Arthur nicht vor Ablauf eines Monat» fallen wird. Deutscher Deich. * Leipzig, 28. Juli. * Da» Scherlsche Prämiensparsystem und sie Kinder. Herr August Scherl, der nach der Erklärung auf der Haupt versammlung de» Deutschen Sparkassen-VerbandeS mit seiner Person gänzlich au» der Sache au-geschieden sein wollte, setzt seine Tätigkeit zu Gunsten de« Sparsystem» unverändert fort und unternimmt e» neuerding», die Kinderwelt für sein Sparsystem mobil zu machen. Wie die „Frkf. Ztg." mitteilt, versendet Herr Scherl §ur Zeit an die Sparkassen- Interessenten drei Nummern einer Zeitschrift „Der Haus lehrer", mit Aufsätzen, in denen sich ein Pädagoge — wie Scherl ausdrücklich bemerkt, nicht auf seine Veranlassung- in günstigem Sinne über da» System ausspricht. Zur Ebaraktenstik der Aufsätze seien hier folgende Stellen daraus wiedrrgegeben. Im ersten Artikel heißt eS: Der (Scherl, Red.) ist e» also, der sich diese» neue Prämien- fparsystem auSgedacht hat und der hat da» wohl schon vor langer Zett getan, jrdenfall» hat «r schon seit vierzehn Jahren Immer mal was darüber drucken lassen; and dann hat er e» auch den Ministern vorgeschlagen schon vor zehn Jahren; und da ist e» auch g«rad« eben so gewesen, wie e« jetzt i» de» Zettungen ist; einig« Minister sind sehr dagegen gewesen und andere sind sehr dafür gewesen, und besonder» soll auch Miquel dafür gewesen sein. Da» war wohl einer der berühmtesten Finanzmintstrr, die da- Königreich Preußen je gehabt hat. Aber e» sind nicht alle Leute gut au ihn zu sprechen; und namentlich die reicheren Leute sind nicht all« gut auf ihn zu spreche». Denn er hat«» einaefübrt, daß jeder selber sage» muß, wie viel Einkomme» er hat; und seit der Zeit müssen gerad« die reicheren Leut« vi«l mehr Steuern zahlen al« früher. Und auch die großen Bankier« und alle die, di« mit der Börse zu tu» haben, di« warrn gar nicht recht zu friede» mit Miquel; den» fett der Minister geworden war, da haben die großen Banken lange nicht mehr so viel dabei verdient, wenn der Staat sich Geld borgte oder, wie man sagt, „eine An leihe aufnahm", denn Miquel sorgte immer dafür, daß der Staat selber möglichst viel verdiente. Im dritten Aussatz findet sich folgende Stelle: Wenn es gelänge, durch die BolkSerziehung den Spieltrieb ganz und gar auszurotten, dann würde alles das kommen, was uns dieselben Zeitungen immer als größtes Unglück prophezeien, wenn man die Börse stört. Es würden an den deutschen Börsen in Berlin und Frank furt a. M. und Hamburg und sonst überall fast gar keine Geschäfte mehr gemacht werden und dadurch würde großes Unglück für unser Volk kommen. Nun, liebe Kinder, über diese Sachen könnt ihr vollkommen ruhig sein, das Unglück kommt nicht über unser Volk, denn der Spieltrieb hört nicht auf, so lange wie es unsere jetzigen Einrichtungen gibt. Aber viel stärker als wie er ist, wird er auch kaum noch werden. Und daß das Scherlsche Prämiensparsystem irgend etwas für den Spieltrieb leisten könnte, das ist sehr wenig wahrscheinlich. Der „Hauslehrer" wird das Scherlsche Sparsystem nicht retten, nx-nu diesem nicht andere, mächtigere Helfer erstehen. Aber interessant ist die Sache. Man sieht hier den zähen Mann am Werke, den Mann, der weiß, wie man Stimmung macht, der auch die kleinsten Hülfen nicht verschmäht. Wenn man bos haft sein wollte, könnte man Herrn Scherl aus die künftigen Generationen vertrösten, auf die er anscheinend seine Hoff nung gesetzt hat. Damit konnte man ja ganz einverstanden sein. Man vertagt eben daS ganze Projekt um fünfund zwanzig Jährchen — ob aber auch Herr Scherl damit ein verstanden sein wird? U * Berlin, 28. Juli. * Die Nordlandsfahrt de» Kaiser». Der Kaiser traf Mittwoch nachmittag nach einer herrlichen Fahrt durch den Geiranger Fjord in Merok ein und unternahm bei schönstem Wetter mit ver ganzen Umgebung einen Spaziergang. An Bord Alles wohl. * Graf Bülow und die großpolnische Agitation. Aus angeblich beftuuterrichteter, aber gänzlich unkontrollier barer Quelle hört das Lemberger Polenblatt „Dzien", daß in Norderney Graf Bülow Witte auf die in Ost- Preußen, Russisch-Polen und Galizien bestehende allpol- nische, nach der Ansicht Bülows gefährliche, auf die Wiederherstellung Polens abzielende Agitation aufmerk sam machte. Witte habe daraufhin an Gral Lamsvorff berichtet, der sofort den in Lemberg residierenden russi schen Konsul Pustoszkin zur beschleunigten Abreise nach Petersburg behufs Berichterstattung in dieser Angelegen- heit aufforderte. Pustoszkin ist Mittwoch tatsächlich nach Petersburg abgcreist. * Zu Ehren des tn «erlitt weilende» rttsfischen Minister präsidenten v. Witte fand unter Teilnahme des Reichskanzlers Grasen v. Bülow und des russischen Botschafters von der Osten-Sacken bei dem Staatssekretär des Auswärtigen Amts Freiherrn v. Richthofen Mittwoch ein Diner statt, z^u dem außerdem u. a. die russischen Geheimen Räte v. Timiriaseff und v. Goloubew, sowie die Staatsminister Graf v. Posa- dowsky-Wehner, Frhr. v. Rheinbaben, Möller und v. Budde, Staatssekretär Kraetke, Geheimer Kommerzienrat v. Mendels sohn-Bartholdy erschienen waren. — Sollte das vielleicht schon das Festmahl anläßlich der Vollziehung des Handels vertragsentwurfs gewesen sein? * Reform der Arbeiterversicherung. Ueber die Rich tung, in welcher sich die in Vorbereitung befindliche R e - form des sozialen Versicherungswesens bewegen wird, werden in der „Nat.-Ztg." einige An gaben gemacht, die wir als anscheinend zutreffend hier im Auszuge wiedergeben. Darnach würde die Ver schmelzung der allein auf Mitwirkung der Arbeitgeber begründeten Unfallversicherung mit den übrigen Ver- sicherungsgesetzen eine vollständige Umgestaltung der heutigen Unfallversicherung notwendig machen. Ein solches Experiment erscheine nicht ratsam, da sich sein Er gebnis nicht voraussehen lasse. Viel zweckmäßiger dürfte es sein — und aus diesem Standpunkte steht offenbar auch die Regierung — zunächst den von Freund ver tretenen Gedanken einer Verschmelzung der Kranken, und der Invalidenversicherung auszuführen und auf Grund der hierbei gesammelten Er fahrungen später event. eine weitere Vereinheitlichung bczw. Vereinfachung durch Anschluß auch der Unfallver- sicherungsgesetzgebung zu bewirken. Welche Umgestaltung diese hierbei zu erfahren hätte, könnte dann entschieden werden. Die Verschmelzung der Kranken- und Invalidenversicherung wird angesichts der inneren Verwandtschaft dieser beiden Ver. sichcrungSzweigc keine unüberwindlichen Schwierigkeiten bieten. Die Tätigkeit der Versicherungsanstalten ist vielfach nur eine Fortsetzung des HeilungSprozeffeS, den die Krankenkaffen be gonnen haben. Mängel auf dem Gebiete der Krankenbchand- lung verspürt die Invalidenversicherung am eigenen Leibe. Anderseits vermindert «ine bessere Krankenfürsorge die Lasten der Invalidenversicherung. .Kranken, und Invalidenversiche rung sind daher geradezu darauf angewiesen, sich gegenseitig zu ergänzen und je vollständiger sie ihre Aufgaben erfüllen wollen, desto enger muffen ihre Beziehungen zu einander sein. Die Interessen, die die Kranken« und Invalidenversicherung verfolgen, decken einander vollkommen, ihre Verschmelzung ist daher gewissermaßen ein Endergebnis, daS aus der Anwendung und den Erfahrungen beider Versicherungszweige sich von selbst ergeben hat. Angesicht» dieser Tatsachen ist -u erwarten, daß die vorbereitenden Arbeiten im ReichSamt des Innern sich ohne große Hemmnisse entwickeln werden und daß daher vielleicht schon in absehbarer Zeit der Reichstag sich mit einem Gesetzentwurf über die Reform der Kranken- und Invalidenversicherung" zu befassen haben wird. * Tie Zntermtttonale vereint»«»» für gesetzlichen dlrteiterfchtttz ladet die Delegierte» der nationalen Sektionen zur Teilnahme an der 8. Geaeralv«rsammlu,g am
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht