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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.02.1906
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-02-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19060210029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906021002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906021002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-02
- Tag1906-02-10
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Vezugs-Ipret» tzz hm «Dm >WW Rttgl»lw> «Rv« «dvttU- ut«wstSttUck s^o, »et täglich Poet»«ltg«, 8>»«ü>m, tu» hau- vterteltäöcltch S>—. D«rch «uta, a»<- wärttge» Ni»-qab«sleL«» «tz durch dk Hop bezogen für Deustchlaud «d Orstrrretch viertiljShrlich ^S NH für dt« Ldrtg« LL»d« lmck Fettüug-vrR-lksts Dies« Nm»o>« kostck Z tNk all« va-atzof« «» bat I II d« FettsugS-DerkLuft« WetzttkttN Rutz DtztzetzlAuRe gohm»»t-gals« H Telepho» lüL «r. WA «r. 117». v erst» er UetzsM-u-^vure«« vartt» AV 7. Dorotüer-stratz« 8». Lal. I. «r. A7L. Drall»« er Aebakttonll-Vurr««: Dralld«^. »Suaarirstr. Tel. I. Nr. -SSL AVend-Ausgabe. KipMer TaMatt Handelszeitung. Ämtsvlall des Mutes und des Molizeiamtes der Ltadt Leipzig. Änzeigen Preis »k S^spaUi« PewzeÜ, »ür Leipzig oud Umgedaag LS Vl„ kür aalwükts SO Pfg. Fcnutlt«- Wohnung-- aad Stellen» Awietge» SO Pf. Finanzielle Anzeigen. VeichSftSanzeigrn nnler Tezt oder an besanderrr Stelle nach Tarif. Kür da« Erscheinen na beilimmten Tagen n. PUN»ea wird keine Garantie lllernoinmen. Anzeige» and Extrabeilagen nur in der Morgen-Ausgabe Schloß der Äonahme nachmittags 4 Uhr. Aazeigen-Annahme: AullUftUSUlap SU« Jobanutsgasie. H-n-t-Ftliale verlin: Ear!D»»ckrr,Herzgl.Bayr.HofbuchhandIg^ Lützowiiraße lO sAtrnsprecher Amt VI Nr. 4663V ^Mal-Expedition: TrkSVen.Marienstr 34. Nr. 7L Sonnabend 10. Februar 1906. 100. ZahMNsi. Var McWgrtr vom Lage. * Di« Leipziger Handelskammer nahm gestern abend in einer Resolution Stellung zu den neuen RetchSsteuervorlagen. (S. Tagesschau.) * Bor der Madeleine-Kirche in Pari» fand gestern abend eine Kundgebung statt, wobei e» zu großen Raufe reien kam. Die benachbarten Apotheken leisteten einer großen Zahl Verletzter die erste Hülfe. * In Sebastopol wurde Admiral Tschuknin durch eine Frau, die vier Revolverjchiisse auf ihn abfeuerte, schwer verwundet. (S. AuSl.) stolitircke csgerrckau. Leipzig, IS. Februar. Die Leipziger Handellltammer und die neun» Neichllsteuerdorlagen In öffentlicher Plenarsitzung hat sich die Kammer gestern über die neuen Gesetzesvorlagen, betr. Ordnung deS Reichs- haushalte- und Tilgung der Reichsschuld (Steuervorlagen) ausgesprochen uud folgende Resolution einstimmig an genommen: „Die Handelskammer Leipzig erkennt die Notwendigkeit der Einführung neuer Steuern zur Ordnung des RcichS- bau-halt- und Stärkung der deutschen Kriegsmarine an und billigt de» in der BundeSratS-Vorlage ausgesprochenen Grundsatz, daß alle Reichsbürger unter tunlichst gerechter Verteilung der Belastung hierzu beitragen. Sie hält in Uebereinstimmung mit der ReichSsteuer- Borlage Bier und Tabak, einschließlich Zigaretten, für geeignete Steuerobjrkte. Mit Rücksicht auf den angestrebten Erfolg der Steuer kann sie nur eine Art der Beiteuerung empfehle», die die Gefahr eine- wesentlichen Rückganges de- Bier- und Tabalverbrauch» sowie eine unbillige Schädigung aller mit der Herstelluna und dem Vertrieb der betroffenen Lerdrauchsgegeailande bcjaßten Invustrie- und Haudel-zweige herbeiführ^i Witte u»tz Vie Abwälzung auf die Konsumenten ^nicht ermöglicht. Gleichzeitig muß aber für die Zukunft eM^rhöhte Besteuerung des Trink-Brannt wein- in- Auge gefaßt werden. Die Kammer spricht dabei allerdings die Erwartung aus, daß nach Erledigung der jetzigen Vorlage eine wertere steuerliche Beunruhigung der von vorstehenden VerbrauchSgegenstänveu abhängigen Ge schäftszweige vermieden wird. Mit der Erbschaftssteuer und der Steuer auf Kraft fahrzeuge erklärt sich die Kammer einverstanden. Auch der Fahrkartcnsteuer glaubt sie zustimmen zu können, wenngleich sie sich der Bedenken, die gegen jede Verteuerung d«S Eisenbahnverkehr- erhoben werden müssen, nicht verschließt. Sie muß sich aber gegen die unwirtschaftliche Belästigung und Hemmung unseres gesamten Verkehrslebens durch die in Aussicht genommenen Steuern auf Frachlurkunden und Quittungen aussprechen, zumal diese in ihrer jetzt vor geschlagenen Gestalt eine mit dem Grundsatz gerechter Steuerverteilung nicht zu vereinbarende Sonverbelastung der kleinen Industrie und einzelner Handelszweige, besonders der Detailgrschäste, mit sich bringen." Der heiße Brei. Das ebenso freundliche wie langweilige Gesicht, welche- bi- jetzt die Marokko-Konferenz gezeigt ha», bekommt plötzlich einen ernsten Zug, den die schon seit Anfang der Konferenz im Hintergrund« lauernde Polizei frage hervor- rust. Man ist um sie herumgegangen, wie die Kaye um den heißen Brei, und nur vorsichtig sind in Interviews und Zeitungsartikeln die Fühlhörner au-gestreckt wo, den, um herauszubekommen, wie die Delegierten Deutsch land- und Frankreichs sich zu der Sache stellen und ob vielleicht Aussicht vorhanden sei, daß beide von ihrem seitherigen Standpunkt abzuweichen geneigt seien. Plötzlich erbod sich in Pari- eine heftige Polemik, di« namentlich vom „TempS" und vom „Malin" geführt wurde und die in der alten Forderung Frankreich- gipfelte, ihm ein europäische- Mandat zur Ausübung und Reorganisation der Polizeigewalt in ganz Marokko zu übertragen, wobei im Tone eine- Ulti matums schroff rrllärt wurde, daß Frankreich kein Zuge ständnis machen und keinen Vergleich in der Frag« der marokka nischen Polizei eingehen würde. Da« hat, wir gemeldet, zu einer Anfrage in der französischen Kammer geführt. IaurSS u. a. wollten wissen, ob die Regierung sich mit diesem, insbesondere in dem ihr vermeintlich nabestehenden „TempS" neuerdings erhobenen Anspruch identifiziere. Die Inter pellation war durch die Sorge hervorgerufen worden, daß der Ton in verschiedenen Pariser Blättern, wie Iaur-S iagte, anmaßend und heraussordead war und die Artikel im AuSlande die Meinung erwecken konnten, daß sie von der Regierung inspiriert seren. Der französische Ministerpräsident Rouvier gab eine merkwürdig gewundene Antwort. Dre franzö sische Presse sei frei, sie schöpfe ihre Inspirationen lediglich au« ihrem Patriotismus und die Regierung habe daher keinen Zeitungsartikel zu billigen oder zu mißbilligen, keinen zu zensieren und keinen zu inipirieren. Die Regierung Frankreichs mißbilligt also diese Artikel nicht, ohne sie zu billigen. Da jedoch Herr Rouvier den Patriotismus als Born der fraglichen Auslassungen be zeichnet, so billigt er sie doch wohl. Das muß man fest halten, um es zu verstehen, daß ganz unerwartet in Algeciras die Polizeifrage von den französischen Delegierten angrichnilten worden ist, obwohl sie zuvor ausdrücklich gewünscht hatten, raß erst minder prinzipiell wichtige Fragen, wie die Bank frage, erledigt Werve» möchten. In einem offiziösen, vom /Loiffich-n Dclegrapheu-Durra« gestern Nacht verleudeteiiTelr- gramm, ist die ganze deutsche Presse von dieser unvermuteten Aenderung in der Taktik der französischen Konferenzverlreier unterrichtet worden, um gleichzeitig der öffentlichen Meinung in Deutschland wie in Frankreich den Standpunkt der deutschen Regierung kundzutun. Er ist unverändert derselbe geblieben: Dentichland hält, abgesehen von dem algerisch-marokkanischen Grenzgebiete, in dem es Frankreich die ausschließliche Polizei gewalt zugcstanden hat, an der internationalen Polizei fest. Damit weist sie den französischen Anspruch ab und »war, wie in dem Wölfischen Telegramm besonder- Hervorgehoben wird, selbst dann, wenn Frankreich „um den Anschein eines faktischen Protektorats zu vermeiden, in einigen Bezirken die Wahrnehmung ähnlicher Besugnisse durch Spanien dulden würde". Die Franzosen werden sich demnach doch Wohl darein finden muffen, daß ihre TricS keinen Erfolg haben und daß entweder die Polizeireform in einer Anzahl größerer Plätze, insbesondere iu solchen am Atlantischen Oz ean, wie das be reit- im „Deutschen Weißbuch" deutlich gesagt wurde, soweit erforderlich verschiedenen Mächten zugeteilt werden wird, oder daß, wenn Frankreich das perhorreSziert, alle- beim Alten bleibt. Fürst Bülow hat in seinem Runderlaß vom 5. Juni 1905 seiner prinzipiellen Auffassung dahin Ausdruck gegeben, daß der bisherige BertragSzustand unverändert aufrecht erhalten bliebe, fall« die Konferenz scheitern sollte. Di« Madrider Marokko-Konvention vom Jahre 1880 sei rin Vertrag zwischen sämtlichen Signatarmächten, e« würde daher der Widerspruch einer einzigen dieser Mächte genügen, um der Einräumung irgendwelcher Sonderrechte an eine einzelne Mach» den Recht-boven zu entziehen. Widerspricht Frankreich oder Deutschland also der Polizeiresorm, wie sie in dieser oder jener Form vorgeschlagen wird und geht die Konferenz in bezug auf diese» Punkt wrder Erwarten ergebnislos aus einander, so hält Deuttchland an dem alten Vertrag-zustande, de» lediglich Frankreich ändern wollte, fest, und eS wird dann abzuwarten sein, ob Frankreich gewillt ist, sich die von ihm in Antpruch genommenen Rechte mit Gewalt zu erzwingen. Wir glauben eS nicht. Der Brei wird nicht so he»ß gegessen, wie er gekocht wird. «in fraryösisches Urteil über Pie militärischen Erfahrungen in Ostasico. Der Berichterstatter über da.- KriegSbudget in der fran zösische» Depuiierteukammer, Abg. Klotz, saßt iu seinem Referat die Erfahrungen de- russisch zapanischen Kriege kurz uod treffend zusammen. Di« leitenden Gedanken sind folgend«: 1. Die MunitiouSauSrüstu,»^ der japanischen Infanterie von 270 Patronen (einschlreßlich MunitioaSlragetiere) pro Mann d:r GesechtSlinie bat sich als ru geriug erwiesen. Maa muß 350 Patronen pro Mana sicherstellen. 2. Der Munitionsverbrauch der Feldartillerie hat beider seits die höchsten Erwartuagen überstiegea. 3. Der Spaten hat eine so bedeutende Rolle gespielt, daß jeder Infanterist mit einem Stück Schanzzeug ausgerüstet werden muß. 4. Die Belastung des japanischen Soldaten mit 30 kg hat auf Märschen zu keinen Anständen Veranlassung ge geben. Im Gejecht dagegen haben die Japaner oft ihre schweren Tornister zurückgetaffen und sich ein kleines, in Zeug eingewzckelte- Paket au- den allernotweablgsten Sachen ge macht ; dies trugen sie dann au einem Riemen dandetierarug über die Schütter. o. Die an sanglich dunkelblaue Kleidung der Japaner wurde bald durch Khaki ersetzt; ausfallende Abzeichen der Offiziere verschwanden, und die dlmkenven Säbelscheiden wurden geschwärzt. Die Kleidung der Truppen muß also derart beschaffen sein, daß sie sich möglichst überall der Um gebung anpaßt. 6. Maschinengewehre haben sich als sehr brauchbar und wirkungsvoll gezeigt. 7. Schwere und schwerste Geschütze sind mit Erfolg im Felde zur Verwendung gekommen. 8. Ausgedehnter Gebrauch der elektrischen Telegraphie, nicht nur bei der höheren Führung, sondern btS in die Schützenlinien hinein, charatterisieren die KriegSsührung, ganz besonders auf lapanischcr Seite. 9. Sanilätskompagnien haben sich von höchstem Wert auf dem Gesichtsfelde gezeigt. 10. Tragbar« Schilde können von den zuur Wegräumen von Hindernissen vorgeschicktea Pionieren mit Vorteil ver wendet werden. 11. Die fahrbaren Feldküchen haben ihre Kriegsbrauch- barkeit und ihren hohen Wert auf dem Kriegsschauplatz be wiesen. Veutrches keicb. Leipzig. 10 Februar. * Der Grotzderzo-z von Bade:» hat sich o-omebr von seiner schweren Erkran'ung, di« ibn mehrere Wochen an das Bett fesselte, völlig erholt und seine körperliche und geistige Rüstigkeit, die von allen, die im letzte» I.r* r mit den» 79jäbrigen greisen Fürsten zu verkehren Gelege-heit hatten, bewundert wurde, wieder erlangt. Wie die Köln. Ztg." aus bester Quelle erfährt, hat der Großherzo-z die Arbeit in vollem Umfang ausgenommen und nimmt an alle» das Reich wie die engere Heimat berührenden Vorgängen?ach wie vor lebhaften Anteil. * Der Erlaß des Erzbischof- Tr. v. Ltablrw-ki an die Geistlichen seiner Diözese, in rem er ihnen verbietet, in des Strazvereillen Aemter anzunehmen oder R^den zu halten, wird vom „Orendowml" im Wortlaut veröffentlicht. Es heißt in dem Erlaß: „Nachdem in letzter Zeit einige Geist liche «s nicht veri'anden haben, iu ihrem öffentttchen Aus treten die Greuzdo der Uederlegung und der Ruhe zu be wahren, die ich bei den erwähnten Gelegenheiten empfohlen habe, nachdem auch andere, und zwar zuweilen Vie bravstes Geistlichen sich Unannehmlichkeiten uud rum Teil nicht wieoer aut zu machenden Schäden auSgcsetzt haben, und mit Rück sicht darauf, daß die Kirchcnbehorde unter den größtes Schwierigkeiten ihre Regierungsläiigkeit au-übt, bis ich ge nötigt, mich angesichts der schwierigen Lage an die Geistlichen mit der Aufforderung zu wenocu, diese durch Uebernabme von Aemleru und da- Halten von Reden in jenen Vereine« nicht noch schwieriger zu gestalten." — Demnach ist e-weniger die deutschfeindliche Tendenz der Sirazvereine, die den ,deutschen" Erzbischof zu diesem Erlaß veranlaßt hat, al- die Erfahrung, datz der Klerus nicht immer taktisch so verfahren ist, wie es der diplomatisch wokl erfahrene Kirchcnjürst für gut be funden haben würde, um sich und den Geistlichen seiner Diözese Unannehmlichkeiten zu ersparen. Trotzdem wächst die Erregung von polaiicher S>eite über den Erlaß res Erz- bifchosS. Der Besuch deS Fürslbischois Kopp bei Stablewski wird damit in Verbindung gebracht. Die polnischen Blätter beschäftigen sich fortgesetzt mit dem Erlaß. Der Guesener „Lech" und der Posener „Wielkopolamn" wollen von maß gebender Stelle ersabren haben, daß eine neue Aktion Stab- lewskis gegen die polnische (Acistlichleit vorbereitet werde, und bemerken, daß ernste Komplikationen bevorltehen. Der katho lische Klerus müsse jedoch zum polnischen Volke stehe» uav dürfe einen Konflikt mit der obersten Kirchenbehörve sicht fürchten. * Baben »ud die Personeutarifrcsorm. Dem badischen Eisenbahnrat, der in 14 Tagen zusammentritt, ist, wie die „Köln. Ztg." meldet, eine Denkschrift über die Reform der deutschen Personentarife zugegangen. Wie zu erwarten stand, hält die badische Regierung, die bei allen bisherigen Beratungen und Beschlußfassungen das nationale Moment einer möglichsten Vereinheitlichung des Verkehrs auf den deutschen Eisenbahnen in den Vordergrund gestellt hat, nach wie vor an dem Gedanken der von den deutschen Regierungen mit Staatsbahnbesitz vereinbarten Reform der Personen tarife im allgemeinen fest. Im Hinblick jedoch auf die Wen- >una, die die Verhandlungen über die Betriebsmittelgemein- ckast genommen baden, Hot die badische Regierung sich eut- chloffen, auf die Einführung der vierten Wag en kl ässe zu verzichten und statt besten, in Uebereinstimmung mit den bayerischen Vorschlägen, die Uebernahme des Z w e i p f e n n i g t a r i s s für die dritte Klasse in den Personenzügen in Aussicht zu nehmen. * Die Hantztuersammlung des nationallibrralen Landes vereins für das Königreich Sachien findet nicht, wre von einigen Blättern irrtümlich angegeben wurde, am N. Februar, Feuilleton. kn meinem Lraum bewegt sich Lines seltsamen lllalckes Kauschen. Var» ckrängt ru mtr her unck regt sich, MUI mich betören, berauschen . . . Unck schweifte sie sonst in ckle kerne, kAeln« 8eele kommt still ru lauschen. Nm» <!« IZe-nl«f, an Ott» Erich Hartteban. Zum 11. Februar von HanS Bethge. Morgen vor einem Jahr ist Otto Erich Hartleben in seiner Villa „Halkyone" am Gardasee gestorben. Die schöne Billa »n Salü ist in fremden Besitz übergegangen, und die stolzen Marmorfitze der von dem Dichter begründeten „Akademie für unangewandte Wissenschaften", di« sich in dem südlichen Garten hart am Ufer de- SeeS erheben, haben ihre Be deutung verloren. Ich will einige Erinnerungen erzählen, die mich mit dem Toten verbinden. Ich habe ibm nie ganz nahe gestanden, aber ich habe mancherlei m»t ihm erlebt, das ihn aut charakteri siert. Ein kleiner Beitrag zur Kenntnis des Menschen, nicht des Dichters Hartleben, zollen diese Zeilen sein. Wir wurden aus folgende Weise miteinander bekannt: AIS junger Studentt im Jahre 1890, sandte ich ein Manu skript — eS waren Verse mit kleinen Prosasacken vermischt — an einen Berliner Verleger, und dieser gab die Sachen zur Einsicht und Prüfung an Otto Erich weiter. Otto Erich schrieb mir darauf — er mußte bei ganz besonder- guter Laune sein — einen prächtigen, auS Loo und Tadel anmutig gemischten Brief, und ich weiß noch ten lauen Sommerabend ans Sylt, als ich den Bries empfing und daS ganz ent zückende Bild in Händen hielt, da- er den auf kostbarem Büttenpapier geschriebenen Zeilen beigeleat hatte. ES war eine photographische Liebhaoeraufnahmc, die ihn in einer venetianische» Gondel liegend zeigt. DaS schöne, klare Profil sieht aus da» ruhige Meer hinan-, und um daS Haupt drän gen sich dickte, üppig« Locken. Zwanglos und ernst liegt er da. in einen bequemen, losen Flanellanzug gekleidet, träume risch und doch sehr wach. Ein reizenderes Bild habe ich nie von ihm gesehen. Als ick ihn dann leibhaftig kennen lernte, war er gan- anders. Ich studierte in Halle, und die dortige „Literarische Gesellschaft", deren treibende Kraft damals Dr. Carl Müller-Rastatt war, hatte ihn eingeladen, im Winter 1897/98 den Mitgliedern einige neue Novellen vorzulesen. Er sagte zu und kam. Wir erwarteten ihn am Babnhos, und alS ich ihn nun aus dem Coupe herabspringen sah, da sah ich nicht den schönen jugendlichen Kops aus der venetianiscken Gondel vor mir, sondern ich sah einen allzu umsangreichen und aufgeschwemmten Mann von fast kolossalischen Dimen sionen deS Körpers. Ein Pokulant, ein lackender Zecher trat unS entgegen. Sein mächtiger Körper hielt damals dem Andrang allzu schwärmerischer Nächte nicht stand. Er war wobl in der Blüte seiner Zecherjahre. Wir gingen durch die Stadt und landeten in der gemüt lichen Weinstube von Johannes Grün. Hier wurde außer ordentlich viel Rotwein getrunken, man kam auf den bevor- stehenden Abend der „Literarischen Gesellschaft" zu sprechen und richtete die Frage an Otto Erich, waS er eigentlich vor zulesen gedenke. . , , „Sehr einfach", sagte er. „Ich lese dreierlei. Die Sachen sind ausgewählt mit Rücksicht auf den Geschmack deS Bour geois jdieseS Wort konnte er mit einer furchtbaren Ver achtung auSsprechenj. ES handelt sich um eine Skizze, „DaS Sonnenblatt , sehr nett. Dann kommt „Moritz, der Sorti menter", «ine pikante Neine Geschichte, aber aanz harmlos, habt keine Angst fer bewahrte einen stoischen Gleichmut, als er dies sagte, obwohl er wußte, daß »hm diese Geschickt« bei den Hallensern daö Genick brechen mußtef, und zum Schluß lese ich dann den „Römischen Maler", daS ist e»ne Novelle, die ich freilich erst zur Hälfte fertig habe, aber ich mache sie bis zum Abend bestimmt noch fertig, Ihr könnt Luch darauf verlosten. Na Prost. " Air tranken und lachten, aber dem armen Müller-Rastatt war eigentlich gar nicht lächerlich zu Mute, denn er wußte wohl, wie schwer und stockend Otto Erich zu schreiben pflegte, und an eine Beendigung der Novell« vom „Römischen Maler" bi» zum Abend glaubte er natürlich keinesfalls. „Du wirst die Geschichte nicht fertig schreiben", sagte er bestimmt, „sondern du wirst, gestehe eS nur offen, ein Frag ment vorlesen." „WaS erlaubst du dir? Wer bist du eigentlich, dv Jour nalist? sTuch diese» Wort wußte er ^rchtbar auSzusprecken.j Ich habe dir gesagt, daß ich die Geschichte bis heute abend fertig schreiben werd«. Sagst du noch irgend «in Dort da- gegen?" „Ich sage bloß, du wirst die Geschichte nicht fertig schreiben", erwiderte Müller-Rastatt mit großer Ruhe und trank sein Glas aus. „Raum!" sprach jetzt Otto Erich, mit dem PathoS deS Zürnenden. Er erhob sich, suchte am Kleiderständer keinen Pelz, bolte ein Manuskript daraus hervor — es waren Folio- bogen holländischen BüttenpapiereS — und ries, gebieterisch den Arm auSstreckend: „Tinte, lydischer Jüngling!" Der Kellner brachte Feder und Tinte, Otto Erich schob alle die Gläser, Flaschen und Aschenbecher beiseite, d»e ihm auf dem Tische hinderlich waren, dann, nachdem er mit Donnerstimme „Ruhe!" geboten hatte, holte er eine eigen tümliche Hornbrille auS der Tasche, schob sic auf die Nase, ekte die Jeder an und schrieb in seiner schweren, ruhigen, chönen Schrift, indem er hin und wieder genießerisch von >em Rotwein trank, die Schluhkapitel seiner Novelle vom „Römischen Maler" nieder. ES war «ine abscheuliche Atmosphäre, in der wir saßen. Zigarrenqualm lag in dicken blauen Ballen um unsere Aöpse herum, es roch dumpfig nach Wein und Pilsener Bier, wir alle hatten schon ziemlich gerötete Köpfe und ich, der Jüngste, zweifellos den rötesten, — aber Otto Erich saß da, breit, die große Hornbrille vor den Augen, und schrieb, Wort für Wort, Seite für Seite, ohne zu stocken, nur mit- unter von seltsam untergründigen Lachwellen durchschüttert, wenn er namlick bei seiner Niederschrift an besonders ko- mische Stellen kam. Wir verhielten unS ziemlich still, stießen den Rauch vor unS hin, tranken, und ich sah immer zu dem großen, blonden Kopf hinüber, der in so unerschütterlicher Ruhe die Be- wegungen der freien elastischen Hand regierte. Endlich seufzte Otto Erich tief auf, machte einen Leinen Schnörkel, legte die Feder hm, nahm die Hornbrille ab, sah unS an, hob sein GlaS und sagte lächelnd: „Na Prost." Er hatte die Novelle iu der Lat zu Lnd« geschrieben. Stolz und festgefügt standen die Zeilen da, und kaum ein Wort war verbessert. —^Zch erkläre mich für besiegt", sagte nun Müller-Rastatt. »Wir wolle» auf da» Wohl Otto Erichs triuken " Die- täte» vir, und als wir nicht lange darauf nach den Uhren sahen, bemerkten wir, daß eS Zeit sei. in die „Lite rarische Gesellschaft" auszubrechen. Wir fände» dort den Saal schon ziemlich gefüllt, und, wie iuuuer bei derartigen Veranstaltungen, befanden sich die Damen durchs»» in der Mehrzahl. Besonder» war« diel Lehrerinnen anwesend, die damals, ebenso wie die Stu denten, die Mitgliedschaft der Gesellschaft W besonder» gün ¬ stigen Bedingungen erwarben: liebe, harmlose Damen, die mit dem Namen Otto Erich Hartleben wohl kaum irgend einen bestimmten Begriff verbanden. Lieser Abend sreilicd brachte ihnen einen sehr gründlichen Begriff von Otto Erich Hartleben bei. Der Dichter laS, wie verabredet, als Introduktion die kleine Skizze „Das Sonnenblatt", die man höflich entgegen nahm, und dann kam ..Moritz, der Sortimenter" — und damit das Unheil. Diese Geschichte ist eine der gewagtesten, die Otto Erich geschrieben hat, und die Art, wie er sie vor trug, forderte den Protest der Höllischen Damen noch in er höhtem Maße heraus. Er laß mit einem behaglichen Schmunzeln, und sobald besonders vergnügliche Stellen kamen, geriet er, unfäbig, sich zu bezwingen, derart in ein frohes und herzliches Lachen hinein, daß er die Vorlesung allemal aus ein Weilchen unterbrechen mußte. Dieses Be nehmen und diese einigermaßen unanständige Geschichte er regten den Unwillen der anwesenden Halllichen Dame» so sehr, daß sie tzch, als da» letzt« Wort der Novelle verklungen war, fast ohne Ausnahme erhoben und, die braver» Lehrerin nen voran, den Saal mit sittlich entrüsteten Gesichtern ver ließen. Sie besaßen immerhin das Zartgefühl, die unan ständige Geschichte nicht zu unterbrechen, iondern sie geduldig bis zum Lckluß mitanzuhören; aber dann, als sie ver klungen war, rauschten sie energisch von dannen. Otto Erich saß oben aus dem Podium und sah der Szene mit ziemlicher Verwunderung zu. Tann, als sich der Saal bi» aus etwa dreißig standbaftere Seelen geleert hatte, stieg er kopfschüttelnd herab und meinte, ganz vernichtet: „Nun habe »ck den „Römischen Maler" also doch umsonst zu Ende geschrieben!" Gleich daraus freilich kam sein Lachen wieder, und er sagte: „Aber nein! Ich lese ihn Euch jetzt in ge heimer Sitzung vor." Man begab sich in ein kleineres Zimmer, Otto Erich kam an die Spitze der Tafel zu sitzen und nun las er, hin und wieder ein neues GlaS Pilsener Bier verlangend, den frisch beendeten „Römischen Maler" vor, eine lustige Geschichte, d»e freilich nicht gerade zu seinen glücklichsten gehört. Später ging es in ein CasL, die Gesellschaft wurde immer kleiner, Otto Erich immer aufgeräumter, und schließlich ließ man ihn mit einem jungen blonden Studenten, der im ersten Semester stand und ihn heimlich anbetete, allein, und diese beiden ungleichen Kumpaue tranken nun vereint die ganze Nacht hindurch, und zum Schluß noch am frühen Morgen ß auf de» Hallesche» Bahnhof, bi» zu dem Moment, wo der i Zug einlief, der Otto Erich in da- Vabel an der Spree I zirrückbefördertr. AlS er im nächsten Jahr sein Novellenbuch „Vom rö»
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