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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.05.1906
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-05-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19060515021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906051502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906051502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-05
- Tag1906-05-15
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Soldaten gaben eine Salve ab, durch die 3 Personen getötet und 19 verwundet wurden. politische Lsgersedau. Leipzig, 15. Mai. Mn -turmlauf gegen PosatzowSky PosadowSky ist auf der Rechten des Reichstages ein best gehaßter Mann. Von den Deutschkonservativen bis zur Reichspartei, vor allem aber in Vieser, ist man dem Weit blickenden Sozialpolitiker gram und sähe ihn längst gern durch einen Scharfmacher im Reichöamt des Innern ersetzt. Wir habe» im Laufe des Winters wiederholt auf diese Feindselig keiten der Rechten gegen den Staatssekretär hingewiesen. Jetzt — anläßlich der Diätenvorlage — beginnen sic von neuem. Die freikonservative „Post" überschreibt einen Artikel „Die Diätenblamage" und beginnt ihn mit folgenden Liebens würdigkeiten: „Vorgestern ist im Reichstage die Entscheidung in einer Staats aktion gefallen, aus der erhellt, daß da- Oxenstiernische Wort von der gnantula sapientia auch heute noch im vollsten Maße zutrifft. Seil der Beantwortung der Verscharrung der Zuchthausvorlage durch die reich-gesetzliche Aufhebung de- Verhinderungsverbots für poli tische Vereine ist noch kein Feldzug so kläglich geführt worbeu, wie betreffs der Ttätrnvorlagr." Das Organ der Freikonservativen tadelt vor allem, daß die Diäten unter Verzicht auf jede Kompensation auf dem Gebiete des Wahlrechts gewährt seien, und daß auch die Aenderung des Artikels 28 der ReichSverfaffung (Herabsetzung der BeschlußfähigkeitSziffer) von der Regierung ohne zwingenden Grund prciSgegeben sei. „Das Zurückweichru vor der erste» Spur eine- Widerstandes war ein solche- Zeichen von Schwäche, daß man unwillkürlich an die Kapitulation der preußischen Festungen nach Jena erinnert wird. So ist nicht nur die Diätengewäbrung ohne jede Gearn- letnung verschleudert worden, sondern dir Regierung hat außerdem noch durch ihr schwächliche« Nachgrben eine schwere Einbuße an Autorität erlitten." Für diese ganze Aktion, die den „Stempel der Rückgrat- lostzkeit" trage, fei der Staatssekretär des Innern verantwort lich zu machen. Ebenso sei der Urheber der anstößigen Be stimmung in bezug auf die Doppelmandatare, durch welche in die einzelstaatlrchen Verfassungen einaegriffen werde, im Reichsamt des Innern zu suchen. Die „Post" moniert dann die Gereiztheit, die Graf PosadowSkv in der Sonnabend sitzung gegenüber den Rednern der Rechten an den Tag legte, und motiviert diese Gereiztheit mit dem Bewußtsein der Schwäche seiner Position. „Verbeugung auf Verbeugung nach link» und gegenüber dem Zentrum, dagegen ostentativ scharfe Zurückweisung der Redner der beiden konservativen Fraktionen war die Signatur der Vertretung der Rrgier»ng-vorlage. Die politische Meisterleistung wird erst in dir richtige Beleuchtung gerückt, wenn man sich vergegenwärtigt, baß die Schwierigkeiten, denen die Verständigung über da- Schul- unterhaltungSgesrtz begegnet, vornehmlich in dem Gefühle der Konservativen beruhen, daß nicht au-reichrud Rücksicht auf sie genommen werd«. Daß durch da« ganz unnötig schroffe Auftreten des Grafen Poladow-ky gegen Herrn v. Staudy diese« Gefühl nur gesteigert und so der Widerstand gegen die Wünsche der Regierung weiter versteift werden muß, ist klar. Unbeschadet jene« Worte« de« großen schwedischen Staatsmannes gibt r« doch auch ein Unter maß von Staatskunst, das in einer leitenden Stellung zu Wirrer ernsten Gefahr werden kann." Da haben wir die MinisterstUrzerei in Reinkultur vor uns. Ginge es nach dem Herzen der sreikonservativen Ministerstürzer, so bliebe PosadowSkh auch nicht einen Tag länger im Amt. Aber seit den Tagen des Königs Stumm ist der Einfluß dieser Herren merklich gesunken, und wenn eS auch gut ist, in der Oeffentlichkeit auf die Wühlarbeit der reaktionären Scharfmacher binzuweisen — die Hoffnung darf man haben, daß diesen Maulwürfen der verdiente Staats mann jetzt nicht zum Opfer fallen wird. Ter mitteldeutsche «ergarbeitcrftretk. Der Vorstand der Sächsisch-Thüringischen Aktien- Gesellschaft für Braunkohlenverwertung teilt uns zur Lage des Bergarbeiterstreiks folgendes mit: Seitens des Bergarbeiters Hermann Drähne, Hohenmölsen, war in einem Schreiben vom 3. Mai an die Werksverwal tungen gesagt worden, daß unsere Gesellschaft den Ausstän- digen besondere Zugeständnisse gemacht, sogar Mindestlohn im Gedinge versprochen habe. Diese Angabe haben wir ebenso wie die anderen Werksverwaltungen durch eine Bekanntmachung vom 4. Mai, die auch in der Presse zum Abdruck gekommen ist, als falsch bezeichnet. Gleichzeitig haben wir unseren Bericht über die Besprechung vom 2. Mai mit einer Deputation unserer eigenen, ausständigen Bergleute auf unseren beteiligten Gruben durch Aushang bekannt gegeben. Die Richtigkeit dieses Berichts ist von jener Deputation sowohl am 8. Mai als auch vor einer Anzahl Ausständiger auf Grube von Boß am 10. Mai ausdrücklich zugestanden worben. Die irrtüm lichen Angaben werden nun dadurch nicht richtiger, daß sie inzwischen bedauerlicher Weise immer wieder von der Presse gebracht werden. Die 9 stündige Schicht für den eigent lichen Bergwerksbetrieb werden wir durchführen, sofern die Belegschaft eS in ihrer Mehrzahl wünscht. Die wiederanfahrenden Ausständigen werden an der inzwischen eingetretenen Erhöhung der Schicht lohn sä tze in gleicher Weise teilnehmen. Die Garantierung eines Mindestlohns (ebenso eines Durchschnittslohns) im Gedinge haben wir rund abgelehnt, wohl aber der Deputation mitgeteilt, daß die Regulierung der Gedinge auf Grube von Voß, wo ein großer Teil der Belegschaft weiter arbeitet, im Anschluß an eine Verhandlung vom 27. März bereits so erfolgt ist, daß bei fleißiger Arbeit der Häuer 4,40 und der Fördermann 4 .D ver dient. Keineswegs ist dabei die Gedingstellung etwa so er folgt, daß in Vorrichtungsarbeiten mehr als beim Abbau verdient werden soll. Die Festlegung der Lohnsätze in der Arbeitsordnung haben wir zurückgewiesen. Die Be seitigung der getrennten Gedinge bei Belegung auf zwei Schichten haben wir vor der Hand abgelehnt. Ge wisse Aenderungen der Arbeitsordnung auf dem gesetzlich vorgeschnebenen Wege sind von vornherein in Aussicht genommen worden. Entgegenkommen gegenüber unseren Arbeitern bezüglich Trinkwassers u. bergt., ebenso humane Behandlung, sehen wir als etwas Selbstverständliches an. Die Anerkennung der sozialdemokratischen Bergarbeiterorgani sation haben wir auf das entschiedenste abgelehnt. Maß regelungen wegen Beteiligung am Ausstande haben wir nicht in Aussicht genommen; eS ist vielmehr zugesagt worden, alle Ausständigen zur Arbeit wieder zuzulassen, wenn sie die Arbeit nunmehr auch bald wieder aufnähmen und sich jeder Beleidigung der Arbeitenden enthielten. Es ist dieses aber auch die einzigeZusa ge, die denAuSständigen gemacht worden ist. Ferner schreibt unser ^-Korrespondent aus Meuselwitz: Wenn sich die Lage im Streikgebiet bedenklich wieder verschärft hat, so ist dies in der Hauptsache darauf zurück- zusühren, haß die Schürer des Ausstandes jetzt zu Gewalt- maßregeln greifen. Waren bisher nur die Streik posten in der üblichen Anzahl vor den Gruben aufgestellt, so erschienen sie in den letzten Tagen zu Hunderten und verhinderten die Arbeitswilligen am Einfahren, die nun vielfach erklärten, unter diesen Umständen könnten sie nicht Weiterarbeiten. Die Gendarmerie hat einen schweren Stand und die Kommandos mußten ver stärkt werden. Von freiwilliger Ar^""""der- legung kann da nicht die Rede sein. Ueberhaupt hat es den Anschein, daß das wüste Auftreten der Streitenden vor den Gruben die Schlußerscheinung in dem fast acht wöchigen Widerstande ist; daran, daß der Streikfonds noch I Million beträgt, glaubt von den Unternehmern niemand. Den letzteren kann es nur erwünscht sein, wenn die Streik- ziffer steigt: um so eher wird die KriegSkasse erschöpft sem. Tas „Mantelgesctz". Die Steuerkommission hat da« sogen. „Mantelgesetz" der NeichSfinanzreform, das heute im Reichstag zur Beratung steht, erst am 2. Mai in Angriff genommen und ra zwe, Sitzungen erledigt. Bon der ursprünglichen Vorlage, welche II Paragraphen umfaßte, sind die Ktz 8. 7 und 10 ge strichen; die tztz 4 und 5 (Tilgung dec Reich-anleiheschuld und ErhebungS- und Verwaltungskosten) unverändert ge blieben; an Stelle des 8 8 der Vorlage ist der 8 « (Ucker- gangS- und Schlußvorschriften), und an Stelle des 8 9 der Vorlage ist unverändert (nach der Reihenfolge der Para graphen) der 8 ? der Kommifsionsbeschlüsse eingetreten. So enthält das Mantelgcsetz nach den Beschlüssen der Kommission nur 8 Paragrapheu. 8 1 bestimmt, daß die Brausteuer, Zigarettensteuer, daS NeichSstempelgesetz und die Erbschaftssteuer einheitlich in Kraft treten sollen, und zwar nach 8 8 am 1. Juli d. I. Wie erinnerlich, sprach Staatssekretär Frhr. v. Stengel die Zu versicht aus, daß auch die Fahrkartensteuer bereits am 1. Juli gesetzmäßige Kraft erlangen könne. 8 2 des MantelgesetzeS regelt den Anteil des Reiches (zwei Drittel) an dem Roh erträge der Erbschaftssteuer. 8 3 handelt von den unge deckten Matrikularbeiträgen. Uebersteigen in einem Rech nungsjahr die von den Bundesstaaten aufzubringenden Matrikularbeiträge den Sollbetrag der Urberwrisungen um mehr als 40 Pfennige pro Kopf der Bevölkerung, so wird die Erhebung des Mehrbetrages für dieses Rechnungsjahr ausgesetzt; soweit sich ei« solcher Mehrbetraa später auch nach der Rechnung ergibt, findet dessen Erhebung im Juli des drittfolgenden Jahres statt. 8 4 setzt die Tilgung der Reichsschuld vom Rechnungsjahr 1907 ab auf mindestens '/» vom Hundert fest. 8 5 hebt hinsichtlich der Erhebung«- und Verwaltungskosten der Brausteuer den Artikel 38, Abs. 2, Ziffer 3ä der Verfassung auf und überläßt dem Bundesrat ?ie Festsetzung der den Einzelst raten zu gewähren den Vergütungen iür die ErhebungS- und VerwaltunaSkosten der Brausteuer. 8 0 (UebergangS- und Schlußvorschriften) besagt: Die von den Königreichen Bayern und Württem berg, dem Großherzogtum Baden und Elsaß-Lothringen an Stelle der Brausteuer zu zahlenden AuSgleichSbeitrage sind für die Rechnungsjahre 1906, 1907 und 1908 nach dem Durchschnitt der Rechnungsjahre 1903, 1904 und 1905 zu entrichten. Vom Jahre 1909 ab hat die Zahlung der vollen Ausgleichsbeiträge zu erfolgen. 8 7 enthält die Uebergangs- vorschriften für die Erbschaftssteuer; er lautet (unver ändert nach 8 0 der ursprünglichen Vorlage): Bis zum Ab laufe des Rechnungsjahres 1910 verbleibt den einzelnen Bundesstaaten mindestens der Betrag ihrer Durchschnitts einnahme an Erbschaftssteuer in den Rechnungsjahren 1901 bis 1905. Bei Feststellung der Durchfchnittseinnabmrn bleibt der Rohertrag aus der Besteuerung des Erwerbes der Ab kömmlinge und Ehegatten und, soweit in einzelnen Staaten höhere als die nach den Vorschriften wegen Besteuerung der Erbschaften vorgesehenen Steuersätze in Geltung gewesen sind, der aus dem Unterschiede der Steuersätze sich ergebende Mehrertrag außer Ansatz. Die nähere« Anordnungen hier über trifft der Bundesrat. Deutscher Deich. Leipzig, 15. Mai. * Minister vretlenvnchs Amtsantritt. Der neue Herr im Eisenbahnministerium hat gestern fein Amt angetreten. Vormittags versammelten sich zunächst die oberen Beamten der Abteilungen für das Eisenbahnwesen im großen Konserenz saale des Ministeriums. Minister Breitcubach begrüßte die Herren und bat sie um ihr Vertrauen und un dieselbe Unterstützung iu seinem Amte, die sie seinem Vorgänger v. Budde dargebracht hätten. UnterstaatSsekretär Fleck erwiderte: jeder der Beamten würde, wie dem früheren, so auch dein neuen Minister mit vollem Vertrauen seine Dienste zu Gebote stellen. Eine Stunde darauf erfolgte die Begrüßung der Herren der Ab teilungen für die allgemeine Bauverwaltung, in deren Namen UnterstaatSsekretär Dr. Holle sprach. Nachmittag sprach Minister Breitenbach beim Reichskanzler Fürsten v. Bülow vor. »Zur AcichStag-ersayrvahl veuthen-Tarnow»«,. Die deutsch- und polnisch-sozialdemokratische Partei har durch Flugblätter nunmehr als Kandidaten für die am 12. Juni stattfindcnde Reichstagsersatzwahl in Beuthen-Tarnowitz den Beuthener Arbeitcrsekretär Scholtysek ausgestellt. * Bemerkenswertes zur Tarmstädtcr Ltichwahlparolc gibt die „Frankfurter Zeitung" in einer Zuschrift aus Darm stadt vom 12. Mai. Die lautet: In einem hiesigen Blatte erschien gestern ein Artikel, unter- zeichnet „Ein Mitglied der Darmstädter freisinnigen Partei", worin anknüpfrnd an die Stichwahlparole der Vereinigten Liberalen, eia weitere- Zusammengehen mit den „nationalsozialen Elementen" ab- aelehnt und es so htngestellt wird, als ob der Darmstädter frei sinnige Verein wilder Auflösung entgegengehe Diesen Auslassungen gegenüber, die übrigens Im Kern auch im „Hann. Courier" ent halten waren, stellt der Vorsitzende des Vereins, Herr Iustizrat Gallus, in dem gleichen Darmstädter Blatte heute fest, daß bisher keine einzige Stimme an den Vorstand gelangt ist, die sich gegen die Stichwahlparole ausgesprochen hätte, daß aber die zwischen Haupt- und Stichwahlabgehaltenr, fehrgut besuchte Mitgliederversammlung die aus gegebene Parole ohne den geringsten Widerspruch einstimmig gebilligt hat. Angesichts der Stimmung innerhalb des Verein- fei jeder Ver- such, die Einigkeit zu stören und ein einmütige- und zielbewußtes Weiterarbeiten z« verhindern, al- vollständig aussichtslos zu be trachten. Gegenüber den fortgesetzt unternommenen Versuchen, ausschließlich die Nationalsozialen für die Stichwahlparole verantwortlich zu machen, verdient übrigens bervorgehoben zu werden, daß sie im Wahlausschuß nur eine ganz kleine Minderheit bildeten und daß gerade sie eS waren, die an fänglich Bedenken hegten, die Konsequenzen der gegebenen Situation zu ziehe». Bon Interesse ist auch, daß iu der Wahlzett dem frei- stnmgen Verein nur drei Mitglied« untre« geworden, dagegen etwa 50 ne» htnzugekmumen sind. Diese Auslassungen zeigen, daß wir mit unserem Urteil Recht behalten haben, als wir darauf hinwiesen, daß es falsch sei, die Darmstädter Stichwahlparole al« „national soziale" zu bezeichnen. Sie kommt auf da« Konto der „Ver einigten Liberalen", die iu ihrer Minderheit aus früheren Nationalsozialen bestanden. * Der VerbandStag deutscher HauSbesttzervercine wird vom 5. bis 8. August in Eisenach tagen, 1907 wird der Ver- band wahrscheinlich in Hamburg, 1808 in Königsberg zu- sammrntreten. In diesem Jahr wird man sich hauptsächlich über die Steuer nach dem gemeinen Wert sNechtscnwalt Dr. Cohen, Hamburgs und über die Wertzuwachssteuer (Justiz rat Dr. v. Grefen, Kölns unterhalten, „lieber das Erb baurecht und seine wirtschaftlichen Wirkungen" soll Rechts- anwalt Dr. Hettersdorf, München, sprechen. Die Beteiligung an dem Kongreß in Eisenach wird ganz außergewöhnlich groß werden, besonders auch aus Süddeutschland. Der Kampf ttn BnchbtnPergewerbe. Wie befürchtet wurde, hat die Arbeitsniederlegung im Buch- bindereigewerbe rasch große Dimensionen angenommen. In Berlin streiken, resp. sind ausgesperrt 1400 Arbeiter, in Leipzig ist die Zahl der Beteiligten in 14 Betrieben, darunter die großen Dampsbuchbindereien, beute auf 2900 gestiegen, und nun greift di« Bewegung auch aus S tuttgar 1 über, da« sich, ebenso wie Leipzig, mit Berlin solidarisch erklärt hat. In Stuttgart, wo nach Information an unterrichteter Stelle die Arbeitsniederlegungen heute, DienStag, beginnen sollen, kommen gegen 2000 Ar beiter in Betracht. Man wird also nach Verlaus weniger Tkge mit einer AusstanbSziffer von über 6000 zu rechnen haben. Der Ausstand ist bekanntlich darauf zurückzuführen, daß die Gehilfen in Leipzig und Stuttgart sich weigern, Streikarbeit für Berlin zu liefern. Feuilleton. - vnck von cker Harfe Kommt eln ylmmewtüa voll pflnnrt sich müchtlg fort von Ost nach kvefien. Verl Kenn' ich tief seit meiner fugeuck schon; Dumpf tünt ckla Llolckung «u» cken drnuaen Asten: kiomm, Siurm, erhür« mlchl v«lnn«I. Di« deutsche Iahichun-ert-Aueftelluir-. Von Dr. Albert Dresdner fBerlinf. - VN. Mar-eS. Es ist interessant, Martzcs mit Leibl zu vergleichen. Beide sind von Haufe aus echte Malerinaenien: unter der Gruppe Feuerbach—Böcklin—MarvtS ist Marse- meines Erachten- bei weitem der von Hause aus malerischste Maler. Aber diese beiden Maler waren grundverschiedene Geister. Leibl hing am Stoffe, Maries ging der Kraft, der Idee, dem Typus nach; und kein moderner Künstler hat dies mit gleicher Leioenschast, Energie und Konsequenz getan. Putri de ChavanneS erscheint in dieser Hinsicht wie ein stümpern der Schüler neben der inneren Kraft Marses', die aus einem ynbezähmbaren künstlerischen Drange herauswuchs. Die Gestalten Marßes'unv Leibl- sind gleicherweise leidenschafts» los. Aber während Leibl leidenschaftslos wie die Natur selbst war, so überwand Marses seine brennende Leiden schaft, weil er für sie im Reiche seiner reinen Idee keinen Raum fand Leidenschaftlich, in hohem Grade dramatiich ist sein« Malweile, j«nr Malweif«, von der wir den ganze» furchtbar«« Ka«»s akl«s«» k-n»«n, b«» dies«, grotzk und un- er inneren ^kbothmuS besitzt, so ist es Marses. und se bst 'eine Werke eine ichönheit, di« un ¬ glückliche Künstler durchgemacht hat. Aber seine Gestalten Mst bliebeü ruhig, leidenschaftslos. Als däs Problem, das Maröes beschäftigt hat, als den ganzen Kern seiner Kunst pflegt man mit Recht das Problem der menschlichen Gestalt im Raume zu bezeichnen. Seine Idee war, die menschliche Gestalt zu einem Instrumente zu entwickeln, aus dem er mit gleicher Sicherheit spielen und durch das er ebenso alle seine Empfindungen auszudrücken vermochte, wie der Geiger auf seiner Violine. Ich wies bereits darauf hin, daß diese Auf gabe schon von Carstens ahnungsweise ergriffen worden war: aber Morßes ging über ihn bei weitem hinaus. Carstens war ber Antike noch tief verpflichtet, Maries hat sich mit leidenschaftlicher Gewalt von ihr losaerissen und sie oiS zu einem gewissen Grade überwunden. Freilich wat tn einer gewissen Beziehung sein ganzes Schaffen wurzelkrank. Denn rin Typus menschlicher Gestalt kann sich nur auf dem Boden einer geschlossenen Kultur entwickeln. So erzeugte da- alte GrieHtzlanv, so erzeugte die italienische Renaissance einen solchen TyPUS: unsere Zeit hat ihn noch nicht zu er zeugen vermocht. Die Zeit war also für Maröes' Probleme noch nicht reif, und so mußte sein Schaffen zu einer Tragödie werden. Es wurde zu einem fortwährenden Experimentieren, daS nie zu Ende kam, das die eigene Leistung immer wieder zu steigern und zu vollenden bemüht war und sie schließlich doch nur verringerte, ja ruinierte. Er experimentierte an der menschlichen Gestalt, deren Gesek er finden wollte, un ausgesetzt herum, und gelegentlich hat er dabei selbst die Grenzen der Karikatur gestreift. Und benndch ist stin Werk ein großes — nicht nur seinem Wollen nach, sondern auch nach den Leistungen, die seine Werke bilden. S e besitzen eine großartige Archetiktonii des Raumes, wie kaum andere Bilder des 19. Jahrhunderts. Böcklin ist in der Darstellung des Raumes oft stillos, Feuerbach szenenmäßig gewesen; Mar6eS allein vermochte es. eine Naumarchitektur zu schaffen, deren statische Träger die menschliche Gestalt selbst bildet. Dabtr die eigentümliche Größe in seinen Werken. Wenn man von einem modernen Künstler sagen kann, daß unter "der Decke der Verwüstung zciacn 's, Aröke des Stil- und ost «ine malerische S zur Bewunderung htnrkißrn müssen. Feuerbach. Die lehr umfangreiche Sammlung von Werten Feuer bachs bildet einen Glanzpunkt in der JahrhundertauSstelluna. Der Zug, den ihr Studium vor allem vergegenwärtigt, ist die erstaunliche Rezeptivität des Künstlers. Er ist für fremde Einflüsse in ganz außerordentlichem Maße empfänglich ge wesen, und die Reihe der Künstler, die auf ihn Einfluß geübt haben, ist eine ungewöhnlich lang«. Ja erst gegen die Mitte der sechziger Jahre bat er sich endgültig gefunden, ist Feuer bach wirklich Feuerbach geworde». Wenn daS Genie stets die mannweiblichen Eigenschaften, wenn es stets die Fähig keit der Befruchtung und Ker Empfängnis in sich vereinigen muß, so überwiegen in Feuerbachs Charakter, wie auch sein Leben zeigt, die weiblichen Elemente bei weitem. So erklärt eS sich, daß der Gegenstand, worin er eigentlich Originelles gegeben hat, die Frau war. Soweit Feuerbach Männer ge schildert hat,, sind sie entweder wenig charakteristisch oder, insofern sie feuerbachisch sind, weisen sie ausgeprägt weib liche Züge auf. Ich erinnere an den Orpheus, den Paris, den Agathon; von dem Luciaprofil des AlcibiNdeS hat Heyck mit Recht reden können. Ich gehe so weit zu sagen, daß Feuerbach der einzige Künstler der modernen Zeit und ins besondere der einzige moderne deutsche Künstler ist, der sich mit dem Frauenproolem ernstlich besaßt hat — ausgenommen di« englischen Maler, di« das Glück hätten, ritzen sestgeform- ten und hohen nationalen Frauentyvus zu besitzen. Goethe bat in der Iphigenie den ersten setbstänbigen modernen deutschen Frauentypus geschaffen, und an ihn hat Feuerbach angeknitvft. Er hat der Frau kie Würde, die hohe Sittlichkeit, den großen Zug der Persönlichkeit zu geben vermocht, bei? Goethes Gestalt besitzt, und das Jphiaenienproblem bildet in der Tot den Zentralpunkt seiner Kunst. Es ist nicht richtig, wenn man Feuerbach» Kunst und Feuer bachs Frauengestalten einfach al» ein-tz Nachhall der Antike bezeichnet. Die antike Frau, u« es kurz mit Schiller- Worten zu bezeichnen, ist naiv, di« Feuerbachs sentimental. Jene führt ein objektives Dasein von der Einheitlichkeit, Vollkommenheit nnd Harmonie der Natur, diese ist von des Gedanken» Blässe angekränkelt, sehn süchtig, zweifelnd. Di« hohe Sicherheit der inneren Haltung, ist« Goeth«- Jpht««n4< «Hen ist. g«ht p«n Fni»«»^stalMn Feuerbachs ab; hierin bleibt er hinter dem Dichter zurück, aber er geht auch wieder über ihn hinaus, insofern sein Frauentypus in' di« Zukunft, auf neue Bildungen, neue Ideale weist. Goethes Iphigenie war, wie man weiß, keines wegs eine bloße Ausgeburt der Phantasie; sondern es war die künstlerische Deutung und Vollendung des Frauenwesens, das er in Frau von Stein erkannt hatte. So oarf man auch die Schilderung, die Feuerbach von der Frau entworfen Hot. Mit der Wirklichkeit in Beziehung setzen, und ich meine, daß es seine hochsinnige, tapfer« und groß angelegte Stiefmütter war, deren Züge wir in ssinen Frauengestalten wieder- erkennen müssen. So vermochte er aus seiner Natur heraus die tiefsten und großartigsten Züge, die, noch unentwickelt oder doch kaum entwickelt, im deutschen Frauenwesen liegen, berauszuholen und zu Gestalten zu formen, die neue Mög lichkeiten andeuten. Da mir dies der eigentliche Kern seines Schaffen? zu sein scheint, so will ich mich mit diesen kurzen Bemerkungen über das große Kapitel Feuerbach begnügen. Schlußbemcrkungen. Di« Ausstellung hat erwiesen, daß die moderne deutsche Kunst sich keineswegs vor der französischen und englischen zu schämen Und entsagungsvoll hinter sie zurückzutreten brauch,, zugleich aber auch, daß sie ihnen an Geschlossenheit der Ent- Wickelung und Gleichmäßigkeit der Leistungen emosindüch Nachsteht. In der Entwickelung der modernen sranzösiichen und englischen Kunst liegt eine großartige innere koustiuktioe Logik. Die moderne deutsche Kunst seht mehrere Male von neuem »n, schwankt, widerspricht sich und steuert einen Zick- zackkUrS. Bei alledem aber hat sie zwei Leistungen eizeuat, hie sit berechtigen, jeden Wettstreit aujzunebmen: das ist, kuri bezeichnet, die Bürgerkunst und die Jdealkunst. JtNe stille, feine und gesammelte bürgerliche Kultur, die, wenn nicht die großartigste, so doch die beste Nutzkunst der deutschen Kunstgeschichte zu erzeugen vermocht bat, konnte sich in Deutschland intensiver ausMden und länger Hilten, al» in Frankreich und in England, weil bei nn? bis lief in das Janrhunders hinein der große Zug dcö öffentlich, u Lebens fehlte. So konzentrierte sich alles in das Enge uno in daß Intime. Ich Hao« dir «aem'Stzlicheo Eiaenschaslen tzieser tzir-trlich«« Kunst v«r«t- früher Httdorgehzben. Ei«
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