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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.06.1906
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-06-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19060616023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906061602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906061602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-06
- Tag1906-06-16
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(Siehe Ausland.) * Der Zollkrieg zwischen der Schweiz und Frankreich ist nach Meldungen auS Bern fast unver meidlich geworden'. (Siehe Ausland.) * Der Oberstaatsanwalt wird im neuen Dreyfus - Prozeß die Kassierung deS früheren Urteils ohne Rückverweisung beantragen« (Siehe Ausland.) kslitirche cagerrcbau. Leipzig, 16 Juni. Die Tarifgemeinschaft der Buchdrucker. Wie immer man sich auch die endgültige Lösung der sozialen Frage des Arbeiterstandes denken mag, darüber ist man sich in allen sozialpolitisch einigermaßen fortge schrittenen Kreisen einig, daß auf absehbare Zeit hinaus der Abschluß gewerblicher Verträge einer der empfeh lenswertesten Schritte ist, um ein befriedigendes Arbeits- Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu schaffen. Liegt es doch im Interesse der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer, also deS ganzen Gewerbes, die An sprüche der Arbeiter so weit wie irgend möglich zu be willigen, aber zugleich auch Leistung und Gegenleistung für eine längere Zeit vertraglich festzulegen und dadurch das Gewerbe für diese Zeit vor all oen Erschütterungen zu bewahren, die aus Arbeitsstreitigkeiten hervorgehen. Das ist der Grundgedanke der Tarifgemeinschaft. Von Jahr zu Jahr erwirbt er sich mehr Freunde unter In dustriellen wie Arbeitern. Und wenn es auch noch Vor kommen kann, -aß man wie im Saargebiet gegen dieTarif- gemeinschaft im Buchdruckgewerbe Front macht und sie zu sprengen sucht, so ist das eben nur möglich in einer Gegend, die noch von Ansichten über das Arbeitsverhält nis beherrscht wird, die schon vor 33 Jahren von jenen Buchdruckerprinzipalen überwunden wurden, die damals die erste Tarifgemeinschaft mit ihren Gehilfen ab schlossen. Sie waren die Pioniere des Tarifgemein schaftsgedankens und daß sie damit im Interesse des gan zen Gewerbes handelten, beweist, daß heute nicht weniger als 5400 Firmen mit in dieser damals begonnenen Ge meinschaft stehen und an ihrem Ausbau arbeiten. Ein weiterer Schritt zu diesem Ausbau soll in diesem Jahr geschehen, wo der zuletzt auf fünf Jahre geschlossene Ver trag abläuft. Nun soll ein neuer Vertrag geschaffen werden. Die Gehilfen haben darüber schon im Mai auf Konferenzen verhandelt. Die Prinzipale treten heute zu solcher Beratung zusammen. Daß man auf beiden Seiten geneigt ist, den alten bewährten Weg, wenn auch vielleicht in veränderten Formen weiter zu gehen, unterliegt kaum einem Zweifel. Zwar gibt es auf beiden Seiten Radikale, die gegen den Tarif Einwendungen machen. Auf der Seite der Gehilfen sind es solche, die lieber freie Hand für ihre Lohnbewegungen haben wollen und dafür die stete Ungewißheit über die Arbeitsbedingungen in den Kauf nehmen. Aber sie sind ebenso in der Minder heit wie die Prinzipale, deren einseitiger „Herrenstand punkt" oder unwirtschaftliche Sparsamkeitsgelüste sie ab seits von der Tarifgemeinschaft halten. Sowohl aus der Haltung des Buchdruckerverbandes wie aus der des Buchdruckervereins ist zu ersehen, daß man den besten Willen hat, sich gegenseitig zu vertragen, auch wenn man durchblicken läßt, daß man sich für „alle Fälle" ge rüstet habe. Und so darf man hoffen, daß auch dieses Mal im Buchdruckergewerbe die Machtfrage nicht auf geworfen werden wird, daß es vielmehr gelingen werde, alle sich auftuendcn Schwierigkeiten bei den Verhand lungen zu überwinden und damit ohne Kampf den Frie den auf weitere Jahre zu sichern. Die Einschränkung der Rüstungen. In der italienischen Kammer bat Minister Tittoni mitgeteilt, daß die Vertreter Italiens auf der Haager Konferenz den Auftrag erhalten würden, die Anregung Englands betreffs einer Einschränkung der Rüstungen zu unterstützen. Darüber kann man sich nicht wundern. Im „Prinzip" werden vermutlich die Be vollmächtigten der übrigen Staaten denselben Auftrag bekommen. Politisch beachtenswert ist aber die Rede Tittonis aus einem anderen Grunde: nämlich wegen der außerordentlichen Wärme, mit welcher er feine „lebhafte Sympathie" für die englische Anregung aussprach. Nach der diplomatisch-zurückhaltenden Form, in der soeben daS neue französische Ministerium dem Gedanken einer Einschränkung der Rüstungen zugestimmt hat, müssen in der Rede Tittonis gewisse Wendungen wegen ihres formellen Ueberschwanges auffallen. Der öffent lichen Meinung just auf diesem Gebiete ein Zugeständnis zu machen, liegt ja nahe genug. Doch darf nicht ver gessen werden, daß solche Zugeständnisse um so leichter trügerische Hoffnungen erwecken können, je feuriger eine Negierung die Abrüstungsidee theoretisch begrüßt. Auch Minister Tittoni ist natürlich weit davon entfernt, die praktische Schwierigkeit der Rllstungsfrage zu verkennen, das hat er ja deutlich genug merken lassen, indem ec auf den Mangel einer sicheren Gewähr dafür hinwies, daß tatsächlich eine allgemeine Einschränkung eintrete. Sie werde wohl nur ein frommer Wunsch öleiben. Dem gegenüber erscheint die theoretische Zustimmung Tittonis zu diesem frommen Wunsche freilich ziemlich wertlos und auf jeden Fall recht billig. Die Rllstungsfrage mit der Friedensfrage verknüpfend, bezeichnete Tittoni es als dis Pflicht der Negierung, nicht zu dulden, daß u »ver antwortliche Personen die Friedenspolitik des Landes stören oder bloßstellen. So lange feste Abkommen auf der Grundlage der „hochherzigen" Anregung Eng lands nicht möglich seien, werde dies das beste Mittel sein, zur Aufrechterhaltung des europäischen Friedens beizutragen. In der Tat sind die Wühlereien dieser „Unvsrant- wörtlichen", auf die bereits Goluchowski kürzlich hinwics, wie Tittoni durchaus richtig sagte, eine fortwährende Gefahr für den Frieden. Diese nimmermüden Kriegshetzer haben sich so oft schon wider ihren Willen demaskiert, daß innerhalb des Kreises der Regierungen, ihre Machen schaften mehr und mehr durchschaut werden. Leider können die Völker nicht so leicht hinter die Kulissen gucken und sie vermögen die unablässig verbreiteten falschsnNach- richten, die sich in erster Linie Deutschland zur Zielscheibe ausersehen, selten als solche zu erkennen. Was ist wieder in letzter Zeit über Deutschlands finstere Pläne im Orient nicht alles verbreitet worden. Es sollte den Sultan nicht allein in dcni englisch-türkischen Grenz streit heimlich unterstützt haben, sondern auch neuerdings Persien mit einer Anleihe unter die Arme greifen und dafür Eisenbahn-Konzessionen und eine Insel in: per sischen Golf haben wollen; von der Türkei begehren wir gleichfalls Eisenbahn-Konzessionen. Das wird aber im englischen Parlament in einer Weise erörtert, als seien derartige deutsche Pläne absolut verpönt und eine Ge- fahr für England. Angenommen, sie seien wirklich vor handen, — wen geht das eigentlich etwas an und mit welchem Rechts werden sie dazu benutzt, um eine parla mentarische Aktion in Szene zu setzen, die geeignet ist, Unruhe hervorzurufen? Hier sind die „Unverantwort lichen" am Werke, welche die öffentliche Meinung so ost und so lange schüren und aufhetzen, bis alles, waS Deutschland plant oder unternimmt mit Mißtrauen be trachtet und als unberechtigt und friedensstörend ange sehen wird. Deutschlands berechtigte Interessen werden förmlich ausgeschaltet. Wenn sie dann von unserer Re- gierung faktisch einmal energisch wahrgcnommen werden, wie in dem französisch-englischen Techtel-Mcchtel in Be- züg auf Marokko, dann ist das natürlich eine Anmaßung, eine Einmischung und eine Bedrohung des Friedens und es wird schleunigst mit dem Säbel gerasselt. Schließ lich werden auch die uns freundschaftlich gesinnten Nationen mit Mißtrauen und Besorgnis vor unserer an geblich aggressiven Politik erfüllt und es wird in ihnen der Wunsch rege, sich mit uns lieber nicht zu eng zu liieren, um nicht in Konflikte mitverwickelt zu werden. Man vergleiche nur, um das jüngste Vorkommnis die ser Art zu erwähnen, die Haltung der Tschechen und Polen in der letzten Sitzung der österreichischen Delega tion. Solchem allgemeinen Uebelwollen gegenüber, daS lediglich dem Neid und der Selbstsucht entspringt, unS überall Steine in den Weg wirft und uns einzuschüchtsrn sucht, ja vor mehr oder weniger versteckten Drohungen nicht zurückschreckt, erscheint cs sehr bedenklich, dem plötzlich allseitig laut werdenden Rufe nach Einschränkung der Rüstungen volles Vertrauen zu schenken. In der Theorie sind sie alle dafür — wir ja schließlich auch — aber in praxi wird vorläufig flott weiter gerüstet, ins- l>«sondere von denen, die am lautesten nach Abrüstung schreien. Und wie uns scheinen will, stecken auch hier wie der die „Unverantwortlichen" dahinter, weil sie ganz richtig meinen, daß Deutschlands Wehr minder stark wer den müsse, um es mit Erfolg angreifen zu können. Man merkt eben ihre Absicht! Ucbrigens soll der Anteil der Verantwort lichen von der Art des Herrn Delcafft an der „fortwäh renden Gefahr für den Frieden" nicht außer Acht gelassen werden. Verantwortliche und Unverantwortliche arbeiten einander nicht selten geflissentlich in die Hände. Deutsches Deich. Leipzig, 16. Juni. * Kaiser und Zar. In Petersburger Hofkreisen ver lautet mit Bestimmtheit, daß auf der Nordlandsreise des Kaisers Wilhelm in diesem Sommer eine Begegnung mit dem Zaren in den finnländischen Gewässern stattfinden werde. Es wäre dies eine Erwiderung deS vorjährigen Besuches des deutschen Kaisers im Hafen von Borko. * Die Meutereien in Südwestafrika. Zu den Ver öffentlichungen des „Vorwärts" über angebliche Meute reien in Slldwestafrika schreibt die „Neue mil.-pol. Korre spondenz" auf Grund zuverlässiger Information: Gänz lich falsch ist die Meldung, es sei ein Offizier erstochen worden. An der Meldung über Ausschreitungen einem Wachtmeister gegenüber ist soviel richtig, daß auf einer Etappenstation im Windhukcr Distrikt neu hinausge- kommcne Reiter bei einem-Trinkgelage und unter dem Einfluß übermäßigen Alkoholgenusses einen Portepee- Unteroffizier bedroht und ihn gezwungen haben, mit ihnen ein Hoch auf die Sozialdemokratie auszubringen. Die Beteiligten — junge, unerfahrene Leute — sind vor ein Kriegsgericht gestellt und zu schweren Freiheits strafen verurteilt worden. Der Fall steht-aber ganz ver einzelt da. Im übrigen kann die Truppe mit Stolz gerade auf das ausgezeichnete, vom Geiste der Kamerad schaft getragene Verhältnis zwischen den Offizieren und den Unteroffizieren und Mannschaften Hinweisen. — Ver hält sich die Affäre so, dann hätte gerade der „Vorwärts" am wenigsten Anlaß, auf die „Meuterer" hinzuweisen, die sich als seine Gesinnungsgenossen entpuppen. ' Ueber heimkehrende Offiziere und Mannschaften aus Südwestafrika berichtet die „Neue politische Korre spondenz": Am 26. Juni trifft der Dampfer „Lulu Boh len" in Hamburg ein. Er bringt an Offizieren: den Hauptmann von Fumetti, die Leutnants Daubenkropf und von Moßner und den Oberarzt Müller, sowie 211 Unteroffiziere und Mannschaften in die Heimat zurück. Gleichfalls am 26. Juni trifft die „Gertrud Woermann" in Hamburg ein. Auf diesem Dampfer kehren zurück: Hauptmann von Erckert, die Oberleutnants Stage, Frei herr von Gaisberg-Helffenberg, die Leutnants Fischer, Leichtle, Freiherr von Reitzenstein, Cleve, von Reiners- dorff-Paczenski-Tenczin, Assistenzarzt Westphal, Pro viantamts-Assistent Lutze sowie 273 Unteroffiziere und Mannschaften. Voraussichtlich am 17. oder 18. Juni trifft der Dampfer „Ernst Woermann" in Hamburg ein. Auf ihm kehren zurück: die Majore Wilhelmi und Dony, die Hauptleute Loesecke, Epp, Freiherr von Schönau- Wehr, Horn und von Hornhardt, die Oberleutnants Wrzodek und Medding, der Leutnant Eyßen, Stabsarzt Lion, Oberarzt Andresen, Assistenzart Wessel, Ober veterinär Raupach, Oberzahlmeister Jeske, Lazarett inspektor Schillmann, die ProviantamtS-Assistenten Dahms und Berner, sowie 107 Unteroffiziere und Mann schaften, darunter 7 Verwundete. Auf dem Dampfer „Ernst Woermann" trifft zugleich die Leiche des bei Be ginn des Aufstandes in Slldwestafrika durch Hendrik Witboi ermordeten Bezirks-AmtsmannS von BurgSdorff ein, die nach Europa llbergeführt wird, um in der Heimat in der Familiengruft beigesctzt zu werden. * Tie Verbreiterung des Kaiser Wilhrlm-KanalS. Ueber die Frage der Verbreiterung des Kaiser Wilhelm- Kanals, schreibt die „Neue politische Korrespondenz", sind in jüngster Zeit verschiedene Mitteilungen in die Öffentlichkeit gelangt, die dem Sachverhalt nicht ganz entsprechen. Fest steht zurzeit nur, daß eine Verbreite rung der Schleusen vorgenommen werden wird, die durch den größeren Tonnengehalt unserer neuen Kriegsschiffe bedingt ist. Damit ist das militärische Interesse der Marine zunächst erschöpft. Die Verbreiterung deS Kanals selbst ist aus Kreisen des Handels heraus, um eine schnellere Durchfahrt durch denselben zu ermög lichen, angeregt worden, und zur Prüfung dieser Frage sinket unter der Aegide des Reichsamts des Innern eine Bereisung des Kanals statt, an welcher auch ein Mitglied des Reichsmarineamts zur Vertretung der militärischen Interessen teilnimmt. Ein solcher Kommissar ist zur örtlichen Wahrnehmung der Interessen der Marine an der militärischen Benutzung des Kanals ein für allemal bei dem Kanalamt bestellt. Im übrigen untersteht der Kanal dem Reichsamt des Innern, welches auch etwaige parlamentarische Vorlagen über Veränderungen am Kanal einzubringen hat. * Zur Frage der Heimarbeit. Kürzlich brachte die ministerielle „Leipziger Zeitung" eine Reihe Artikel, welche die Frage der Heimarbeit behandelten und auS- führten, daß die Ausdehnung des Arbeiterschutzes auf die Heimarbeit im allgemeinen nicht durchführbar sei, und die Unterstellung unter die Gewerbeordnung nur für einzelne Industriezweige (Konfektion, Tabakheimarbeit) empfehle. Des weiteren wurde die Erstreckung dec Krankenversicherungspflicht auf die Hausindustrie, die Registrierung der Heimarbeiter, die Ausübung einer ge wissen Sanitätspolizei, Errichtung von Zentralwerk stätten und Bildung von Genossenschaften befürwortet. Man nahm allgemein an, daß diese Ausführungen die Stellung der sächsischen Regierung zur Sache andeuten sollten. Jetzt schreibt die „Leipz. Ztg.", dies sei nicht der Fall, es habe sich lediglich um einen publizistischen Bei trag zur Erörterung der wichtigen Frage gehandelt. Diese Bemerkung wird vielfach bedauert werden, da ein Vorangchen einer der deutschen Bundesregierungen Feuilleton. fsuchre deine konfsre Ueber die lllSlder velt, Oied' deine lockernden fahre: Oinmnl die schlichteren yssre KrSart dir die schweigende Zeit. Lduiukrl. vr« XI. -er s«r«sfi»n. Von Dr. Georg Biermann (Leipzig). II. Stärker als in früheren Jähren ist diesmal das Ausland in der Ausstellung vertreten, und ob wir schon offen be kennen dürfen, daß, im ganzen gesehen, die deutsch« Kunst an Vollwertigkeit de» Einzelnen die Künstlergäste von jen seits der deutschen Grenzpiable bedeutend überragt, so wird doch der Kunstfreund sein Hohes Interesse speziell oen Fran zosen und Belgiern aus der Secession nicht versagen können. Ueberragend tritt auS diesem Kreise vornehmlich der leider schon im Jahre 1899 erst 27jährig verstorbene Belgier Henri Evenepoel hervor, der mit zwanzig Bildern unter allen Ausstellern am bedeutendsten vertreten ist. Obwohl in Brussel geboren, ist der Künstler seinem Bekenntnis nach mehr der Pariser Schule zuzurechnen, in der er unbedingt einen ersten Platz einnimmt. In vielfacher Beziehung foürt man seinen Bildern den Linftuß.Manet» an, m an deren viedermn, zumal seinen Frühwerren, die noch den ver» schwimmenden braunen Ton haben, klingt die Ueberlirferung der belgischen Kunst aus den 50er Jahren des vorigen Jahr hunderts nach. Trotzdem aber muß man diesem genialen Meister das Zeugnis selbständiger Größe geben; es ist fraglich, ob er auch bei längerem Leben noch eine größere Reife und innere Ausgeglichenheit erreicht hätte, wie sie sich auf diesem fast plastisch gegebenen, in den großzügig ver fließenden Linien beinahe monumental anmutenden Bild der beimkehrenden Arbeiter ausspricht, oder ob der Farbenkünstler noch eine stärkere Sensibilität für den feinsten Reiz des farbigen Tones Hütte ausprägen können, wie wir sie diesem wundervollen Porträt in Rot oder noch stärker dem kleinen Bild mit dem Ausschnitt aus dem Theater der „Folies-Bercftre" das im besten Sinne seinen stark gefühlten luministischen Vorzügen noch ein Gegenstück zu MenzelS „TheLtre du Gvmnase" darstellt. nachfühlen können. Als Schildere! des bewegten Lebens hat Evenepoel einen Zug mit dem Pariser Rafaelli gemeinsam. Man sehe diese Jahrmarktsszene mit dem entzückenden Durcheinander von weißen, schwarzen und roten Tönen, diese Souveränität in der eindrucksvollen Behandlung der Fläche, die dem Bild eine monumentale Größe verleiht. Ein Gegenstück dazu ist da» „Festtag" betitelte Gemälde. Wiederum eine Markt szene mit Buden, Verkäufern, Volk. Die Zeichnung ist keck bi» zur Karikatur. Eine eindringliche Beobachtungsgabe bat sich bier dokumentiert, von der auch unsere Besten nur lernen können. Man sehe darauchin nur die Gruppe der vorn ins Bild hineinkommenden Soldaten, wie die in den Raum hineingesetzt sindl Daneben gibt es noch einige erotische Bilder au» Tunis wie den „Negertanz" und eine Straßenszene, auch daS „Taft" könnte man getrost dazu rechnen, die mehr den Maler als den Zeichner zu Worte kommen lasten, ferner einige Interieur», wohl zumeist weiter zurückliegende Studien, in denen man noch weniger die Meisterschaft der späteren Bilder erkennt, endlich einige nicht gleichmäßig zu bewertende Porträts. Alle» in allem eine Vielseitigkeit, die frappiert, eine Frühreife, die unS den vorzeitigen Tod diese» starken Makertalente» beinahe als eine Fügung de» Schicksal» erklären könnte: fraglo» aber wird jeder Besucher von diesen Werken den allerstarksten Eindruck unter den ausländischen Gästen der Sezession mit nach Hause nehmen. Denn fast muß man sagen, nach der über ragenden Größe Evenepoels findet man für den exzentrischen Dekorateur Vuillard, für die Stücke des etwas blechern anmutenden Bonnard oder gar die süßlich verschwom menen Weisen «ines Maurice Denis nur schwer noch das richtige Verständnis. Es steckt insgemein etwas Unge sundes, Unlogisches in diesen Bildern, speziell in Vuillaros Wanddekorationen, die mit malerischen Mitteln den Ein druck alter Gobelins anstreben, ja den Stoff selbst in der Farbe wie mir vorkommt, täuschend zu imitieren sich mühen. Das ist ein künstlerischer Nonsens. Dennoch spricht sich auch auf diesen Werken em sehr aparter Farbenkünstler aus. Es kommt mir vor, als hätte Vuillard ein nicht verstandener Japanismus zu seiner Eigenart hingeführt, die etwa die Vorstellungen von Raffaels Wandteppichen mit dem Natur gefühl der Japaner zu vereinen sich müht. Gegen Vuillard ist Bonnard noch um einen Grad unfertiger. Seine De korationen scheinen über die oberflächlichste Skizze nicht hinausaekommen zu sein, ein Mangel, den der Künstler den noch sehr geschickt durch die Verwendung «ines mattgrünen Gesamttones auszugleichen weiß. Bei Mauriee D«nis endlich hat die primitive Kunst des frühen „Ouättrocento" neue Formen gesucht und gefunden durch eine sehr geschickte Uebersetzuna in» rein Dekorative. Er gibt dieselben religiö sen Darstellungen in derselben verträumten Innigkeit eines Beato Angelico, daneben behandelt er auch mehr modern ge stimmte Vorwürfe, wie auf seinen Bildern „Frühling" uno ^Deinlaube", die auch in der Komposition noch mit einem Beine — wenn man so sagen darf — im PräraffaeliSmuS stecken geblieben sind; und um da» hier gleich vorwegzu nehmen, ist DeniS darin dem Deutsch-Engländer George Z^.^"L^°udt, von dem im engsten Anschluß an Dante Gabriele Rossettk ein Bild auf der Ausstellung unter dem Titel „Der hohe Morgen" zu sehen ist, da» in seiner wun dervollen, tief verschwiegenen, traumverlorenen Stimmung drei majestätische Frauengestalten zeigt, darunter eine im Dämmerschein de» Morgen» mehr schemenhaft angedeutete nackte Figur, über di« durch ein verhangene» Fenster der Helle Schimmer des Tages hereinbricht. Ein wunderbares Bild! Unter den Belgiern wirkt neben Evenepoel Eugene Laermans am nachhaltigsten. Man bedauert nur, daß von ihm nur ein Bild zu sehen ist, aber in diesem einen Werke der von der Arbeit müde heimkehrenden Bauern hat man den ganzen Künstler, den wirklichen sozialen Apostel, den Schüler von de Groux und den Zeitgenossen Meuniers vor sich, der mit einem wundervollen farbigen Akzent selbst brutale Vorwürfe ins Gebiet des wahrhaft Künstlerischen zu steigern weiß. Ein starker Ausdruck und eine Größe der Linie durchziehen dies Bild. die_gerade an diesem Orte dop pelt auffallen, weil diese beiden <seiten gerade die Schwächen der Mehrzahl aller deutschen Bilder kennzeichnen. Als dritter Belgier ist endlich Emile Claus zu nennen, den man in Deutschland schon häufiger zu schätzen Gelegenheit batte. Obwohl auch er wie Evenepoel eine starke Vielseitig keit des Könnens an den Tag gelegt hat, steckt seine ursprüng- liche Begabung aus dem Gebiete der Landschaft. Die Se- zession zeigt ein sehr feingestimmtes Porträt des Mr. Lern- monier und eine Landschaft mit Sonnenaufgang. Auch von Hollands größtem lebenden Maler IosefISraeIS ist ein Bild zu sehen, da» älteren Datums sein dürfte und den Künstler noch ganz im Bann der ehrwürdigen Traditionen des Vaterlandes von Rembrandt und speziell den stärksten Einfluß diese» Meisters erkennen läßt. Männer tragen den Sarg mit einem Toten heraus zum Begräbnis. In der niedrigen Stube ist die Witwe mit dem Kinde zurückgeblie- ben. Von hinten flutet daS Licht wie DosfnunaS'chimmer in diese Welt de» Jammer» herein. E» ist ein Stück von seeli scher und malerischer Größe. — Vor GauauinS „Geburt Christi" sieht man da» Publikum schweigend und voll Ent setzen stehen, und doch wird einem da» Bild verständlich, wenn man weiß, daß sich die Darstellung hier an den primi tiven Jdeenkrei» von Sudseeinsulanern, an die Vorstellung»- welt der Bewohner von Tahiti gehalten hat. Die tiefe Sehn- lucht nach einer vollständigen Unkultur bat Gauguin zu den Insulanern hingetrieben; noch sind in ihren Zelten Bilder von ihm zu 'ehen. Man wird in der Färb« an heidnisch«
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