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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.11.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-11-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19061110010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906111001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906111001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1906
- Monat1906-11
- Tag1906-11-10
- Monat1906-11
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BezuaS-Prci- str Leipzig und Vorort«: In der Haupt» Ljpedilloa oder deren AuSgabesirlle» ad» fttdoU «onatttch: Sl»Sgabe (1 mal täglich) 70 M-. «uAgabe 8 !L «al täglich) 80 Pf, bei Zustellung in« Hau« Ausgabe L 80 Pf, Ausgabe 8 1 Mark. Durch onstrr auS- värligen Ausgabestellen und durch du Post bezogen tt mal täglich) für Deutichland und Oesterreich monatlich 1 Mark, für die übrig«» Länder laut ZeituuaspreiSIist». Dies, Pommer lostet aus S « btt 2 allen Bahndvsen und bet I II üeu Zeitung».Verkäufern «e-atri-u uns «rvesttto»: IotzanniSgasje d. Telephon Nr. 15L Nr. 2LL Nr. N7S, Berliner ReüaMonS-Bureau: Berlin ->V7. 7, Prinz Louis tzerdinaud» Etraße d. Telephon l. Nr. 8275. Nr. 538. Morgen-Ausgabe 8. WpMr Tageblatt Handelszeitung- Amtsblatt des Rates und des Volizeiamtes der Stadt Leipzig. U.1 - - — - . .. - . «... -- Sounabeud 10. November 1906. AnHeiaen-Preis die «gespaltene Petuzerle für Geschäft«» inserate au« Letvzig und Umgebung 85 Pf, Familie»., Bohou»gS» u. Stellen-Sozetaen, sowie Ao» rrud Perkäase SO Pf, finanziell« Anzeige» 30 Pf, für Iuierare von auSwärtS SO Pf. Reklame» 75 Ps, auSwärtS l Mart. Beilage, gebüvr 4 Mark p. Lautend erkl. Postgebühr. GeichäftSaazeigen an beoorzngier Stell« iw Preise erhöht. Rabatt »ach Tarif. Anzeigen-Aouadme. An,uft«-»l»1» 8, bei sämtlichen Kilialeo o. alle»Annoncen- ELveditionrn de» In- und Auslände«. Für das Erscheinen an bel'limmten Lagen u Plätzen wird leine Garantie übernommen. H«nv1-Ftli«le Berlin. TarlDurrcker,Herzgl.BayrHosbilchhandIg.. Lützoiviiraße 10 iTelephon Vl, Nr. 4603). Kllial-Ervedttiou. DreSdeu.Marlenstr.L4. 10b. Jahrgang. var wiedtsgsie vom Lage. * Der König von Dänemark wird in Begleitung seiner Gemahlin dem Kaiser den in Aussicht gestellten Gegenbesuch abstatten, und zwar am 19. d. M. in Berlin. Auj Befehl d«S Kaiser» findet feierliche Einholung statt. * Die Nachricht, der Cb es de- Großen Generalstabes von Moltte sei zum Nachfolger Bülows oder zum Vizekanzler auSertehen, wird von der „Nordd. Allg.Ztg." i» scharfer Form dementiert. (S. DtfchS. R.) * Der preußische Landtag w'rd, wie die „Nordd. Allg. Ztg." halbamtlich meldet, zum 8. Januar 1907 ein berufen werden. * Der Arbeitgeberverband der sächsisch-thürin gischen Webereien bat gestern m Greiz beschlossen, in allen Betrieben des sächsisch-thüringischen BerbandeS eme Lohnerhöhung von 5 Prozent einireten zu lassen. Mau hofft, dadurch die bevorstehende Lohnbewegung und damit einen etwaigen Streik verhindert zu baden. Es kommen im ganzen 243 Betriebe mit 20 000 Arbeiter» in Betracht. »In der französischenDeputiertenkammer hielt Kultusminister Briand eine große Rede über das Dren nv ugSgesetz, deren öffentlicher Anschlag mit üb-rwiegender Mehrheit beschlossen wurde. sS. Letzte Depeschen.) * Die offiziöse katholische Zeitung .Corriere d'Ikalia" meldet: Der Papst hat den bisherigen Titu lar-Erz bischof von NaxoS Philippe Camafsei zum Patriar che» vo« Jerusalem ernannt. * Die amerikanischen Wahlen brachten der Hoch- fchntzzoll.Partei große Derluste. (S. AuSl.) * Ter Erzbischof von Bordeaux, Kardinal kecot, bat die Statuien eines PriesterverbandeS der Hiözcse Aquitanien der Regierung e»,gereicht. (S. AuSl.) Herr v. poabielrtzi. sEin analytischer Versuch.) Er. geht also doch. Der kaiserliche Erlaß ist zwar uoch nicht heraus, wird kaum daS für PodbielZki besonders schmerz, siche Datum Liebenberg tragen. Aber Pod geht. Vor der Aufgabe, ihm das politische Abschiedslied zu fingen, empfindet der Ariikelschreiber zum ersten Male seit der fernen Pen- üälerzeit die Notwendigkeit, in den Schwarm der andrängen den Gedanken und Gefühle durch methodische Disposition eilige Ordnung zu bringen. Dieser Mann ist nicht abzutun nach eiicrr Formel, auch nicht zu würhigen von einem Standpunkte. Man muß sein Wesen analysieren. Also ge- schehe es nach bewahrtem Muster. Der Ressortminister. Der Gut-Herr von Tal- miu verstand sein Geschäft. Und wenn Sachkunde allein einen Minister machte, so würde es schwer halten, Derrn v. Podbielski zu ersetzen. Es ist falsch, in diesem Mann nur den Ueberagrarier zu sehen und ihn nur nach seinem Ein- trete» für hohe landwirtschaftliche Zölle zu beurteilen. Er hat auch für die Organisation der preußischen Landwirt- schäft, für die Hebung ihres Kreditwesens, für ihre Inten- sivierung Außerordentliches geleistet. Deswegen ist es durch aus begreiflich, wenn ihn tue Landwirte ungern scheiden sehen. Er war ihr Mandatar, w)e sie ihn wünschen — ohne „wenn" und „aber" und ssns r>eor. Kein anderer Minister, auch kein Verwalter eines technischen Ressorts in Preußen oder im Reiche hat sich je so ausschließlich als Ressortmann gefühlt und gebärdet wie Herr v. Podbielski. Selbst Herr Kraetke bat im Reichstage erklären lassen, man dürfe nicht jede Maßnahme oder Einrichtung nur danach beurteilen, ob sie lukrativ sei oder nicht. Dergleichen Aussprüche finden sich i« den Stenogrammen der Podbielskischen Reden nicht. Selbst in den Zeiten des heftigsten Sturme» gegen die Vieh sperre hat Herr v. Podbielski nicht versucht, sich als Staats minister zu gerieren. Er ging auch nicht hin und predigte seinen Schutzbefohlenen Mäßigung und Rücksicht aus andere Erwerbsklassen, wie das die Welt zur Zeit der Ausstellung deS.Handelsvertragstariss an anderen Ministern erlebt hat. Er nahm für die Landwirtschaft, was er bekommen konnte. Und wenn es noch mehr gewesen wäre! Diese Unbedenklich keit spricht ihm leider als Minister das Urteil. Daß er die Fleischnot sp ksnLtoUe zu behandeln und sich jeder Hilfe durch Steigerung der Einfuhr bis zuletzt zu widersetzen wagte, könnte man als Unfähigkeit zur Erfassung der höhe re» staatlichen Notwendigkeiten auffassen. Möglich aber auch, daß der „Staatsmann" eine Hungerkur für angebracht hielt, um der industriellen Entwicklung einen Hemmschuh an zulegen. In der Wirkung freilich läuft beides auf eine Ver kennung der Möglichkeiten hinaus. Der „Staatsmann". Wenn nach Bismarck die StaatSkunst im Erstreben des Möglichen besteht, so war Herr v. Podbielski kein Staatsmann. Er bat in der Sucht nach Sondervorteilen für die Agrarier nicht Maß halten können, hat sich ferner verblüffend kurzsichtig gegenüber der Docht der öffentlichen Meinung gezeigt. Der Presse wollte er nicht Antwort stehen und hat diesen Vorsatz auch gebalte«, biS — «S sich u« seine eigenen Angelegenheiten handelte. Dann freilich wurde er beredt. Er hat der Opposition Ar» «muuhe in solcher Füll« »liefert, daß ihr« Führer täglich Letete», «an möge ihn« den Minister lasse». Er hat eS für »halt«, sich Mk vegrü»d«« sei»« «eha»dl»»g der Fleischfrage auf den König zu berufen, bat die Krone auch als Schild benutzt, um die Angriffe wegen der Tippclskirch- geschäfte obzuwehren. Was wir sonst Programmatisches von ihm als Staatsmann wissen, ist nur gering. Es war die Weisheit der „Deutschen Tageszeitung" von der Land wirtschaft als kuoäsmentum regnomun. Herrv. PodbielskialSCHarakter. Er wollte sich nicht mit dem „Lausekanal" „vor den Bauch stoßen" lassen. Darrn offenbart sich der Grundzug seines Wesens^.Eine gute Witterung kür die persönlichen Momente in der Politik und eine starke Abneigung, sich aus nichtagrarischen oder un- persönlichen Gründen zu exponieren. Er war Opportunist durch und durch uud in seine» Mitteln nicht wählerisch. Ge nierte sich nicht, die Petenten wegen der Fleischnot auf das dicht bevorstehende Sinken der Fleischpreise zu vertrösten und gestand später ohne Skrupel, dieS wider eigene Ansicht getan zu haben. „Den Sturm hätte ich sehen mögen, wenn ich gesagt hätte, die Teuerung dauert bis Ostern!" Nicht der starke Mann, für den ihn seine Freunde ausgaben und manche seiner Gegner hielten. Dazu hatte er zu wenig Ideale und zu viel Persönliches um sich herum. Dazu war er zu reich an Listen und zu wenig verlegen um kleiue Hilfsmittel. Als schon bald nichts mehr Kelsen wollte, konnte man ih» noch hoch zu Roß abkonterfeit im Gespräch mit dem Kron prinzen sehe». Der „Tag" erwies ihm die Gefälligkeit. Der M<.nn, der seine Frau bei Tivvelskirch für sich eintreten ließ, war doch wohl keiu so ganz starker Mann. Aber viel- leicht bat ikm nur die Gelegenheit gefehlt, um sich als Re- aktionär auszulcben. Er war jedenfalls der Freund seiner Freunde und hat vielleicht nicht nur dem Major Fischer aus der Klemme geholfen. Wie er auch ein guter Hasser war, so daß „Mern Bernhard" um ferne Stellung fürchten mußte. lpsrsonn -rratissirna. Tie Geschichte dieses Ministersterbens ist nicht zu verstehen, ohne die Kenntnis von der ganz exzeptionellen Stellung Podbielskis am preußischen Hofe. Nie hat Fürst Bülow trotz der persönlichen Intimität seines Umgangs mit dem Monarchen diese feste Position am Hofe gehabt, die Herr v. Podbielski hatte. Dieser var rncht «ur der liebste Gesellschafter de» Kaisers, er war auch der Vertrauensmann der einflusireichfte« Leute am Hose und war nicht schüchtern in der Benutzung dieser Beziehungen. Und wenn mau zugeben muß, daß die Einleitung des Ab schiedsverfahrens durch den Ministerpräsidenten nicht sehr rücksichtsvoll und überhaupt nicht nach jedermanns Geschmack war, so darf ma» diese besondere Stellung und den Charakter des Ministers nicht außer Betracht lassen. De» Mann zu entwurzel», bedurfte es noch der Gewaltmaßregeln, alS man ihn in der Oeisentlichkeit schon monatelang für erledigt hielt. Uno der schwere Endkampf mit dem beispiellos zähen Wider stände des dem Abschied verfallenen Ministers erklärt sich auch nur aus den besonderen Umständen dieses Falles. Es gibt kundige Leute, die wisse» wollen, daß der Ueberwinder PoddielskiS den Hof als geschlossene Masse gegen sich hat.... Herr v. Podbielski als Kulturprodukt. Hier liegt kein Druckfehler vor. Es wird auch keine Irreführung des Lesers beabsichtigt, vielmehr in allem Ernst soll von dem Kulturmenschen Podbielski die Rede sein. Sprachliche und ästhetische Kultur freilich sind auszuschciden. Die hatten mit Herrn v. Podbielski nie etwas zu tun. „Seines Erachtens nach" war wohl die Pflege der sprachlichen und künstlerischen Bildung eine recht überflüssige Sache. Und doch — der Mann bildete eine Klasse für sich im preußischen Mini sterium. Man muß nur diese schreckliche Atmosphäre der Langeweile geatmet haben, die, ach, so manche Ministerrcden in den hohen Häusern verbreiten, um Herrn v. Podbielski als Produkt einer besonderen Kultur zu schätzen. Immer sprach er frisch, meistens auch sachlich dabei, so daß er zu einer Stellungnahme zwang. Man fühlte ordentlich, wie dem Manne alles Bureaukratische verhaßt gewesen sein muß. Daß er sich im Ton manchmal vergriff, ist richtig. Aber schließlich — es ist kein Kunststück, sich nicht zu vergreifen, wenn daS Instrument, das man spielt, nur einen Ton hat. Resümee: Schade um den Mann! Aber ein Glück, daß er weg ist! * ' Zur Situation wird noch gemeldet: Frankfurt a. Mai», 9. November. lPrivattelegramm.) Die „Franks. Ztg." meldet aus Berlin: Als Nachfolger Pod bielskis, dessen Entlassung, wenn sie noch nicht erfolgt fein sollte, doch jetzt ganz nahe bevorsteht, wird in polnischen Kreisen ein älterer konservativer Parlamentarier genannt, der längere Zeit Führer der deutsch-konservativen Fraktion im Reichstag gewesen ist und seitdem im Herrenhaus eine Rolle spielt. lTas wurde der Freiherr von Mauteufsel- Crossen sein. Die Red.) LSrrt Oie flrircdnoi nach? Agrarisch« Blätter behaupten, die Fleischteuerung »nd Fleischnot lasse nach; aber die seit etwa zwei Wochen zu be obachtenden Preisabschläge am Schweincmarkt sind, wie im „Ardeitsmarkt" Dr. Jastrows treffend ousgeführt wird, für die Gestaltung deS Fleischverbrauchs noch säst bedeutungslos. Einmal steigen nämlich im Gegensatz zu den Schweinepreisen die Preise am Rindvieh-, Kälber- und Hammelmarkt fast un ablässig weiter, sodann ist der Auftrieb immer noch nicht auf der Höbe früherer Jahre. WaS den ersten Umstand betrifft, so spielt zwar Schweinefleisch in der Ernährung deS deut- scheu Volke» eine sehr wichtige, aber keineswegs eine aus schlaggebende Roll«. DaS «hellt d«tlich a»t einem Blick aus den Gesa«tfleischn«rbrauch in eine» Johl«. Auf Schweine- ffeisch etttsav« in einem Jahre pro Kopf Ker Bevölkerung 18L Kilogramm, auf Riad- und Aglhflersch dagegen 2l^L Kilo- grau»». Die übrigen 1—2 Kilogramm nmrdea durch Ham- «el- »nd Zi«g«fleisch repräsentiert. Ma» könnte wohl d« Einwand erheb«, daß daS Bild fick verschied« würde, w«« m« den FleischixÄrauch »ach sein« Verteil»»- aus di« am- zel»«» Volksschicht« betrachtet, da gerade Kia groß« Schicht der Unbemittelten vorzugsweise für den Verbrauch vo» Berlin veutscher ireicv. Lcipzit. 10. November. * 8u den Kriseugerüchteu schreibt die „Nordd- Allg. Ztg.": „Gleichzeitig mit der gestern von un- veröffentlichten Zurück weitung der grundlosen Gerüchte über eine sogenannte Ent lastung deS Reichskanzlers ist in einem freisinnigen Blatte ein Artikel erschienen, in dem der Krisenklatsch neu behandelt und der Chef des Generalstabe- General v. Moltke unter handgreiflich falschen Behauptungen über seine Person und unter Wiedcrauiwärmung einer längst als unwabr gekenvzeich- neten Anekdote aus dem .SimpIicissimuS" al- Nachfolger de» FürstenBülow genannt wird. Man kann eS nur aus daS schärfste verurteilen, wenn der Nam« eine- General-, der als Soldat dem politischen Getriebe völlig sernsteht, ohne Len Schatte» eines Grunde- i» tendenziöser Weise und i» unbestimmt« Wendungen als »kommender Mann* in den politischen Taaetstreil gezogen wirk. Wir sind i« der Erklärung ermächtigt, daß die Gerüchte über den Chef de- General» stabeS der Armee jeder tatsächlichen Grundlage entbehre»." E- war da- .Berl. Tageblatt', La» den betreffend« Artikel brachte. Ihm daraus einen Vorwurf zu mache», daß e» gleichzeitig mit dem Dementi der »Nordd.AÜg. Ztg." gescheh« sei, ist unbillig, denn diese- Demeoti lag dem T." bei Rebaklion-schliß noch nicht vor. Auch ist der Name Nultke- asbninlmt «iue Heine'Kevolte allzu ernst. "Sie Ifrüher vo» eiuer bekannt« Lorrespvnd«» g«a»»r zu de« Metier de» Sausma»»», der sich Soldat« I worden. Und die .Nordd. Allg. Ztg." hatte Zeit ge»»», S» ist d«» britisch«» Behörde» niemals eingefallen, I früher z» veme»ti«r«. Wann» ist sie »icht fchimll« v«i var Behandlung — hundertjährige Parlamentsinterpellationen Katze nicht beseitigen können — isvilduna mitten in den Hafenstädten, wo sie fortgesetzt in unmittelbare Berührung mit den ab scheulichsten Exemplaren weiblicher und männlicher Mensch- heit kommen, verwildern daS häufig aus Waisenhäusern, Gesänonissen und Arbeitshäusern zusammenaetrommelte Material, kür dessen geistige Förderung denkbarst wenig ge tan wird. Ein paar Lektionen durch den ScknffSkaplall ist lo ziemlich alle». Jock Tar Land wird von Gerichten und Militärbehörden regelmäßig als vermindert ZurechnungS- sähiaer behandelt. Zur Aur schickt man ih» hinaus aus See. Zu dieser Danoze« bat «an auch jetzt wieder gegriffen. Maa siebt, »temand nimmt eia« kleine Revolte allzu ernst. Sie solche Revolten mit Kartätschen niederzuwerfen. Man hat stets parlamentiert. Irischen Revolten den Kops abzuschlagen, das ist aonz etwas anderes. Iren und Schotten behandeln heute noch den Engländer vor Gericht, in der Palizeiaus- übung als Fremden, und der Engländer verfehlt nicht, seine Revanche zu nehmen. Tas blutige Massakrc aus dem Peters-' selbe von Manchester, wo 1819 harmlose Weiber, Kinder und Greise von der Kavallerie niedergeritten und niederaesäbclt wurden, w il sie für — Parlamentsreform ein Massen meeting vielten, ist heute noch in frischer Erinneruna. als ein Beweis dafür, daß selbst angebliche Revolten englischer Zi vilisten den Arm der Obrigkeit mit aller Strenge zu fühlen bekommen. Di- Krawalle von 1888 in den Londoner Straßen bilden einen neuen Beleg dafür. Aber daß britische Gewehre gegen britische Uniform« gerichtet würden — undenkbar! Ter Austchrei des Parlamentes würde jede Besinnung über-, tönen, der parlamentarische Sturmwind jedes Ministerium' Hinwegs««! Ter Onkel der verstorbenen Köniain Victoria Georg III. brauchte vier Tage, um sein Ministerium zum Schießen zu bringen, als die Gordon-Revolte die Londoner' Straßen unt Brandschatzung und Blutvergießen heimiuchte. Warum'? Weil man Soldaten unter der meuternd« Meng«, bemerkt halte. Wie damals, so ist e» noch heute! Mit Jack Tar uud Tommy Atkins geht man hübsch vernünftig um^ nicht, weil man ihn für etwas Besseres hielte. Im Gegenteil. Man denit gering von ihnen, — im Frieden. Aber man weiß auch, daß als Eorrelat der alleinigen Zivilkontrolle über die militärischen Dienstzweiqe Mißstände in Kauf zu nehmen sind, deren Druck gerade der „Mann in der Reihe" am stärksten fühlt. Man ist daher nicht geneigt, kategorisch auszutret n, das würde nur der varlamentarischen Oppo sition Stoff zu J»"-ktiven bieten. Man schafft die Meuterer friedlich aus dem Wege, man „rügt" die verantwortlichen Instanzen und dann — wartet man, bis die Uebelstände wieder von neuem hervvrbrechen. Sie sind eben konstitutio nelle Nebel. Und wer kann gegen seine Konstitution? Schweinefleisch in Betracht kommt und daher für.sie erne Verbilligung des Schweinefleischs allein maßgebend ist. Noch vor zwei Jahren konnte man daS getrost behaupten. Gegen wärtig aber, wo t ie Schweineileischpreiie durchweg bedeutend über die Rindfleischpreise hinausgegangen sind, ist ein großer Teil der mittelloseren Bevölkerung, durch die Verhältnisse ge zwungen, zum Konsum von Rindfleisch übergegangen. Wie groß die Differenz zwischen Rind- und Schweinesleischpreifen zurzeit tatsächlich ist, geht aus den Notierungen an den Märkten einiger großer Städte hervor. Mitte Oktober kosteten nämlich in Danzig l Kilogramm Rindfleisch 1,20 ffl, Schweinefleisch ILO -tl: in Berlin 1,30 — 1,50; in Dresden ILO — 1,60: in Chemnitz 1,50 — 1,60: in Leipzig 1,40 — 1,50: in Stuttgart 1,30 — 1,80: in München 1,46 — 1,74. Diese Spannung beweist wohl zur Genüge, daß die Preis bewegung am Rindviehmarkt gegenwärtig für die Allgemein heit ein ebenso großes Interesse hat wie die Bewegung der Schweinevreise. So erfreulich der Rückgang der Schweine preise auch an und für sich ist, so büßt er seine günstige Wirkung durch die erneute Aufwärtsbewcgung der Preise für Rinder. Kälber und Schafe fast wieder vollständig ein. Stehen die Schweincpreise gegenwärtig etwas unter den vor jährigen, da dec November 1905 einen fast plötzlichen Auf stieg in allen größer« Städten brachte, so sind die Preise bei allen andern Viebsorten im November dieses Jahres durchweg höher als 1905. In Berlin und München, den wichtigsten Diebmärkten Deutschlands stellten sich die Preise für 50 Kilogramm Lebendgewicht in Mark wie folgt: München Nur bei Schweinen ist ein deutlicher Rückgang zu bemerken, obgleich sie immer noch teurer sind als 1904 und in früheren Jahren. Ter andere Umstand, der eine Einwirkung der gegenwärtigen Verbilligung aus den Fleischverbrauch als nicht wahrscheinlich erscheinen läßt, ist der, daß der Auftrieb noch immer nickst aus der Höbe früherer normaler Jahre ist. In landwirtschaftlichen Kreisen wurde zwar in lekter Zeit hie Behauptung ausgestellt, daß der Auftrieb g-genüber 1905 zugenommen habe. Dos soll nicht bestritten werden: es wäre auch recht gefährlich, wenn der gegenwärtige Viebmnnael noch zunshmen wollte. Ein richtiges, vorurteilsfreies Bild kann mau aber nur «halt« wenn man normale Jahre zum Ver gleich einfftzt. Nu: auf diese Weise können die Abweichungen im lausenden Jahre richtig ersaßt werden. Zieht man aber den Herbst 1008, der letzte Herbst, eh« die Veränderungen am Viebmarkt vor sich gingen, zum Vergleich heran, so ergibt sich, daß der Austrieb in dem Oktober dieses Jahres merkbar hinter dem in der Vergleichs,eit 1903 zurückblieb. Ob dem nach die Preise infolge vorüberaebender Schwankungen der Austriebsziffern einmal eine Abschwächung erfahren, läßt noch keinen Schluß auf eine Linderung der Teuerung ru: sv lange die Auftriebsziffern noch unter dem normalen Niveau bleiben, ist auch keine durchgreifende Besserung zu erwarten. knglircke Marinerevoli«. (Tou u»l«.rem Londoner Korrespondenten.) Auf dem Kontinent wird ma» geneigt sein, die Revolte von Portsmouth als ein Symptom der Stimmung in der englischen Marine zu deuten. Ein solcher Schluß liegt nahe. Ma» braucht sich nur den Schauplatz der Tumulte von dem britischen Haupttriezshafen nach Kiel verlegt zu denken, und man hört ordentlich die Fanfaronaden des Berliner Times- Korreipondenrcn über die „Anzeichen der Zersetzung in der deutschen Wehrkraft als die Folge einer despotischen Re gierung üoer ei r religiös und fozial zerrissenes Volk", eine pompisse Phrase, die uus so geläufig ist, weil wir sie mehr als einmal geleien haben. Was aber auch immer die englische Presse in einem solchen Falle schreiben würde, und was viel leicht unter Anwenvung aus ein Volkskeer ein Körnchen von Taoeswahrheit enthalten könnte, aus einer Matrosenrevolte lassen sich parallele Ableitungen auch vom geübtesten poli tischen Kaiuistcn nicht machen. Eine Söldncrmarine hat mit unserer Volksmarine keine der Voraussetzungen gemein. Ueberdies hieße es den Vorgang ausbauschen, so turbulent sich ver Mob, her militäriichc sowohl als auch der zivile, ae- berdete. Marinerevolten sind durchaus keine seltene Er- scheinuna in England. Sie wiederholen sich mit einer ge wissen Regelmäßigkeit alle vaar Jahre, nur machen sie selten >o viel von sich red»», wie die gegenwärtige, weil im all gemeinen die von dem Söldnerheer untrennbaren laxeren DiSjNplinbegrisse den Vorgesetzten bei der Beilegung der Affäre geringere Schwierigkeiten in den Weg legen. Die bedeuklichste derartige Revolte, die England erlebt bat, ist typisch für alle, und ihr Hauptschauplatz war ebenfalls Ports- mouth. ES war ,m Anfang des Jahres 1797. Ende 1796 hatten die Franzosen «ine recht gefährliche Flottenexpedition nach Irland ausgesandl, die nur durch der Winde Gewalt vereitelt wurde. In den Frühjahrsmonaten des folgenden JahreS versammelten sich zwei englische Geschwader, eines aus der Reede von Svithead und das andere an der Nore. In beiden Flotten brachen bei der Nachbarschaft feindlicher Aufklärungsichiffe besonders gefährliche Revolten auS. Die Leute waren mit ihrer Verpflegung und mit den fraudulösen Abzügen an ihrer Löhnung, ja ernsthafter Lobnunter- schlagung« durch die Zahlmeister, unzufrieden. Commodore Nelson verhandelte an der Nore, Lord Duncan in Ports mouth m>1 den Leuten, und gerade die Ausrührer waren die jenigen. die durch ihren Todesmut im Mai die Seeschlacht von Eamperdcwn gewannen. Jack Tar ist zwar an Land einer der ungcberdigsten Gesellen, die man unter irgend einem Himmelsstrich finden kann. Aber sobald er Schisss- boblen Mit nackten Füßen tritt, ist er nicht nur ein prächtiger ruhiger, sondern auch glänzend disziplinierter Burlch. Wer aus der britischen Handelsmarine gefahren ist und Reserve leute getroffen bat, wird den vorzüglichen Eindruck be stätige:'. Ungenügend« Verpflegung — es werden immer nur die auSrangierten eisernen Bestände verabfolgt —, harte haben die neunschwänziae K und zu lange LandauSbndn ver Papst «n<l sie 51s««. sVon unserem römischen Korrespondenten.) Die Slawen machen dem Papste sehr viel Sorge, noch mehr als die Franzosen. Die Slawen verstehen es meisterlich, nationale und kirchliche Inter essen bald gesondert, bald ff>mvlizierr zur Geltung zu bringen. Ihre nationalen Interessen berühren den Vatikan direkt insoiern. als sie, wie in Istrien, Kroatien und Dal matien, zu den italienischen in mitunter sehr schroffem Gegensätze stehen. Zu Rampvllas Zeiten, als noch um jeden Preis d«n Italienern und den Deutschen Schaden oder Aergernis bereitet werden sollte, machte das dem Vatikan Vergnügen; heute ist cs ihm peinlich, denn Prus X. fühlt sich als Italiener. Indirekt berühren sic den Vatikan, infiffern die heute kircheiffrenndlichsten Staaten, das Deutsch« Reich und Oesterreich-Ungarn, durch sie be lästigt werden und in Würdigung des durchgreifenden Ein- flussss der Priester den Vatikan für mitverantwortlich er achten und doch irgendwie gegen ibn reagieren könnt«. Die kirchlichen Sonderinteresfen der Slawen ferner sind ver dichtet in ihrer Forderung einer slawischen, nicht lateinischen Liturgie. Der Papst, der allenthalben rm Interesse der Universalität der römischen Kirche sich der ElnffUrunH der nationalen Liturgie widerletzt und >rm Prinzip einer latei nischen Liturgiespracke sesthält, Hal für eine, bestimmte Zahl von Parochien in Dalmatien die slawische Liturgie zugestehen müssen und kämpft — denn sein Be'ehl an die slawischer Bischöfe, dw er sich vor zwei Jahren batte .ach Rom kommen lass«, ist nicht sonderlich erfolgreich gewesen — darum, daß die slawischen Priester nicht eigenmächtig dm slawische Liturgie allenthalben einsühren. Aber seine Kampsmitt:« sind gelinde, denn er mutz türchren, Laß durm eine -zu starke Betonung seiner Autorität die Ge fahr, daß das Slawentum von der wmischen ;ur russisch-ortkodvxen Kirche übergebt, sich vermehrt. Für Pius X. fallen die Anforderungen der Kirche uno die Inter- essen der italienischen Nationalität zusammen' beidg drängen ihn zum Widerstand gegen die Slawen, aber auch zu einem höchst behutsamen und verdeckten Vor gehen. Und so erklärt sich, daß der Papst. auch den preußischen Polen gegenüber, die ihn durch den Mund des ehrwürdigen Generalassistenten des Jesuitenori ens Pater Ledochowski, Neffen des im Kultur kampf so überaus eifrig geweffnen Posen-Gnesener Erz bischofs und Kardinals Ledochowski, bearbeiten, einerseits nachsichtig und anderseits aufmunternd ist und sich nimmer zu einem ernsten Tadel oder gär Verbot ihrer nationalen Aspirationen entschließen wird. Der Papst wird in seinen Enzykliken stets sagen, daß der liebe Gott nur lateinisch ver steht, und wird doch dem Herrn StablrwSki nicht wider sprechen, wenn dieser als GotteS einzige Sprache die polnische erklärt. Beide kommen ja auch letzten Endes dahin Ärrrei», daß Gottes Sprach« auf keinen Fall die deutsche ist. 1905 1906 1905 1906 Ochs« und Bullen 28—48 28-55 22-63 28—56 Kälber 25—59 27-65 42—54 —58 Schafe 21—42 28-44 18-24 —27 Schweine .... 66-74 58—66 66—80 60—72
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