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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 12.07.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-07-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19060712013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906071201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906071201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-07
- Tag1906-07-12
- Monat1906-07
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Tschuknio wurde verwundet und mußt« ins Hospital gebracht werden. * Eia gegen das Leben des ehemaligen Minister- Präsidenten Maura, der zur Zeit auf Majorka weilt, gerichtetes Komplott ist von der Polirei entdeckt worden. Die nach den Balearen abgehende« Schiffe werden daher scharf überwacht. * Die Leipziger Stadtverordneten erklärten sich in heutiger Sitzung grundsätzlich damit einverstanden, daß daS lk. DeutscheBundesschießen im Jahre 1909 in Leipzig stattfiuder. Mena-Irerlolm. Der 10. Juli hat der siegeSfrohen Zentrumspartei im Wahlkreis Altena-Iserlohn eine schwere Enttäuschung ge bracht. Der reaktionäre Ultramontanismus meinte, nachdem sein Kandidat durch die Uneinigkeit des Liberalismus in die Stichlvahl gekommen war, mit Hilfe eben dieses ihm sonst todfeindlichen Liberalismus in einem zu 70 Prozent prote stantischen Wahlkreis siegen zu müssen. Er ist durch den Ausfall der Wahl vom Gegenteil belehrt worden. Den Wahlparolen der Nationalliberalen wie der frei sinnigen Volkspartei zum Trotz hat sich die Wählerschaft des Wahlkreises in ihrer Mehrheit für den Sozialdemokraten entschieden. Er schien ihr das kleinere Uebel. Es kann nur an der Hand der lokalen Listen nachgeprnst werden, ob es im wesentlichen nationalliberale oder ob es vor allem frei sinnige Wähler waren, die diesen Ausgang der Wahl her beiführten. Im ersten Wahlgang hatten Stimmen erhalten: der Sozialdemokrat 10 546, der Zentrumsmann 7734, der Freisinnige 7686, der Nationalliberale 6552, der Christlich soziale 1637. Die drei bürgerlichen Parteien hatten sich für die Stichwahl zugunsten des Zentrums entschieden. Das hätte bei der gleichen Wahlbeteiligung in der Stichwahl für den Zsntrumskandidaten 23 609 Stimmen ergeben können. Statt dessen hat die Stichwahl dem Zentrumskandidaten nur 14 068 Stimmen gebracht, dem Sozialdemokraten 15 884. Er geht mit der immerhin respektablen Mehrheit von 1816 Stimmen aus dem Wahlkampfe hervor. Selbst wenn die Annahme auf Wahrheit beruht, die gleich nach der Haupt wahl kolportiert wurde, es hätten im ersten Wahlgang etwa 1500 Sozialdemokraten für das Zentrum votiert, um ihm damit die Stichwahl zu sichern, und diese 1500 Stimmen nun nur auf den Sozialdemokraten zurückgefallen wären, so bliebe doch immer noch bestehen, daß dem Sozialdemokraten 3838 ursprünglich bürgerliche Stimmen zugefallen sind, dem Zentrum 6334 statt der durch di« Wahlparolen auf seine Kandidatur dirigierten 15 875! In diesem Maße hat also di« Wahltaktik der bürgerlichen Parteien versagt. Noch nicht 50 Prozent der Wähler haben ihr Folge geleistet. Und — man kann sich darüber auch nicht einmal wundern. Die große Masse der Wählerschaft handelt bei Stich wahlen nicht aus parteitaktischen Erwägungen heraus, wie sie sich den politisch führenden Männern ergeben. Für die große Masse ist und bleibt eine Wahl, zumal eine Stichwahl, Stimmungssache. Da ist es denn kein Wunder, daß eine zu 70 Prozent protestantische Bevölkerung keine Neigung ver spürt, den Kandidaten einer Partei zu wählen, der ihr in erster Linie als Vertreter einer konfessionellen Partei er scheint. Wie in einer überwiegend katholischen Gegend es undenkbar wäre, daß einem Sozialdemokraten gegenüber ein ausgesprochener Anhänger des Evangelischen Bundes zum Sieg gelangt, so wenig hier ein Zentrumsmann, der als Vorkämpfer des Katholizismus erscheint. Gewiß hinkt dieser Vergleich, weil der Evangelische Bund keine politische Partei im Sinne des Zentrums ist; allein der Vergleichungs begriff liegt hier in dem prononcierten konfessionellen Stand punkt; und dieser ist zweifellos gerade in diesem stramm pro testantischen Teil von Westfalen für die Wählermasse von entscheidender Bedeutung gewesen. Man empört sich inner- lich dagegen, einem Vorkämpfer des Katholizismus mit pro testantischer Hilfe zum Sieg verhelfen zu sollen. Man läßt lieber einen Sozialdemokraten mehr in den Reichstag kommen, als daß man das Odium auf sich laden wollte, als Protestant für das Zentrum zu stimmen. Aehnlich war es ja auch schon in Essen, wo die nationalliberale Stichwahl parole zugunsten des Zentrums schlecht befolgt wurde. Ein anderer Teil der liberalen Wählerschaft mag von mehr politischen Gesichtspunkten ausgegangen sein. Er er blickte in einer weiteren Stärkung der Zentrumsmacht das größere Uebel. Dies um so mehr, als das Zentrum in seinem vorzeitigen Siegesjubel schon die ultramontanen Bäume in den Himmel wachsen sah, das heißt, damit rechnete, ähnlich wie in Altena-Iserlohn noch in weiteren überwiegend prote- stantischen Kreisen in die Stichwahl kommen und dann siegen zu können. Die „Germania" hatte diese Hoffnung vor wenigen Tagen in kindlicher, aber um so mehr dankens werter Offenheit ausgeplaudert. Sie entwarf einen regel rechten Feldzugsplan, nach dem in der gleichen Weise wie jn Altena-Iserlohn im Jahre 1908 zunächst folgende Wahl- kreise erobert werden sollten: Danzig-Stadt, Danzig-Land, i Marienwerder, Deutsch-Krone, Breslau-Land, Wiesbaden, I Solingen, WorrnS, Alzig, Bingen. Sie tragen all« m«hr oder I weniger die parteipolitische Struktur, daß eine Zentrums minderheit, die niemals aus eigener Kraft siegen könnte, durch die Stimmenzersplitterung der bürgerlichen Parteien in die Stichwahl mit der Sozialdemokratie kommen kann und daß dann der Ruf zur Sammlung der „bürger lichen Parteien" gegen di« „Nmsturzpartei" dem hohn- lächelnden Zentrum den Sieg sichert. Welche Gefahr mit einer solchen Taktik unserem ganzen politischen Leben droht, liegt klar auf der Hand. Die schon jetzt unerträgliche Zentrumsherrschast würde auf diese Weise immer weiter wachsen, immer mehr befestigt werden. Liegt cs bereits heute so, daß jede Gesetzesvorlage im Reichstag vom Zentrum abhängig ist, daß tue Negierung es kaum noch wagt, mit Entschiedenheit gegen die Zentrums wünsche auszutreten, vielmehr auf Schritt und Tritt Rücksicht aus si« nimmt, so würde durch die Eroberung an sich in ihrer konfessionellen Struktur dem Zentrum gar nicht nahe liegender Wahlkreise dieser Zustand des politischen und geistigen Terrorismus des Zentrums in Deutschland in bis her noch ungeahnter Weise zunehmen. Diese Ambition des Zentrums wird ja durch di« Niederlage in Altena-Iserlohn nicht vernichtet werden. Sie setzt ihr aber einen Dämpfer auf. Si« zeigt der Zentrumspartei, daß man in der Wähler- schäft durchaus nicht geneigt ist, von vornherein und überall die Sozialdemokratie als das größere Uebel an- zusehen. Auch dann nicht, wenn die politisch führenden Kreise an sich die Parole zugunsten des Zentrums ausgeben. Jn dieser dem Zentrum erteilten Lektion liegt aber auch für di«, di« in Altena-Iserlohn aus taktischen oder prin- zipicllen Gründen einen Si«g des Zentrums wünschten, etwas Heilsames. Es kann und soll sie anspornen, alles daran zu setz«n, daß durch kluges Verhalten vor der Hauptwahl in Wahlkreisen mit Zentrumsminderheiten der Fall nicht wieder eintritt, daß es zu einer Stichwahl zwischen Zentrum und Sozialdemokratie kommt. Vor allem wird der Liberalismus dies zu beherzigen haben. Auf das Konto seiner Zersplitterung kommt neben dem zentrums freundlichen Vorgaben der Christlichsozialen di« Schuld, daß jetzt Altena-Iserlohn an die Sozialdemokratie fällt. Denn ohne den Bruderkampf zwischen Nationalliberalismus und Freisinn wäre diese Stichwahlkonstellation nicht möglich ge wesen; wie denn diese Zersplitterung auch schuld gewesen wäre an einem Zentrumssieg. Wird man denn daraus nicht endlich klug werden? Wird man nicht endlich einsehen, daß die unser ganzes modernes Staatswesen bedrohende Alter native „Zentrum oder Sozialdemokratie" den Liberalismus drängt, einig zu werden? Di« Möglichkeit, sofort eine praktische Lohre aus der Wahl von Altena-Iserlohn zu ziehen, ist gegeben. Jn Hagen, dem alten Wahlkreis Eugen Richters, droht die gleich« Ge fahr wie in Altena-Iserlohn. Noch sind zehn Tage Zeit, um zwischen den sich bekämpfenden liberalen Parteien eine Einigung herbeizuführon. Wäre sie nicht möglich, indem der Nationalliberale zugunsten des Freisinnigen zurücktritt und dafür der Freisinn in Rinteln-Hofgeismar die durchaus nicht aussichtslose nationalliberale Kandidatur unterstützt? Höher als das Fraktionsinteresse muß das Bekenntnis zum Liberalismus stehen. Hier ist Gelegenheit, dafür ein Zeug nis abzulegen. Hat man diese Bahn aber erst einmal be treten, dann wird es auch leichter werden, sie bei den Wahlen von 1908 zu befolgen. Und nur diese Bahn führt zum Heil unseres Vaterlandes glücklich hindurch zwischen der Scylla Zentrum und der Charybdis Sozialdemokratie. veutsGes Keick. Leipzig, 12. Juli. * Mitteleuropäische WirtschaflSvercine. Jüngst sind Nachrichten über die erste internationale Tagung der drei Mitteleuropäischen Wirtschaftsvereine in Deutsch land, Oesterreich und Ungarn durch die Presse ge gangen. Diese bedürfen einer Berichtigung. Die erste inter nationale Konierenz der drei Vereine, von denen der deutsche unter dem Präsidium deS Herzogs Ernst Günther zu Schleswig- Holstein, der österreichische unter dem des früheren öster reichischen Finanzministers Dr. v. Plener und der ungarische unter dem des gegenwärtigen ungarischen Ministerpräsidenten Dr. Wekerle steht, findet am 26. und 27. Oktober in Wien statt. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem die Themen „ZollfchiedSgerichte", „Vereinfachung der Formali- täten bei der Waren-Em- und Ausfuhr", „Ausbau des Postvertrages zwischen Oesterreick-Ungarn und dem Deutschen Reich". ÜeberdieS sollen die Beziehungen und gemeinjamen Interessen Deutschlands und Oesterreich-UngarnS gegenüber den Vereinigten Staaten erörtert werden. Vorbereitet wird die Tagung deutscherseits durch den Vizepräsidenten des deutschen Vereins Prosessor Dr. Julius Wolf in BreSlau. * Prinz Arenberg über seine Rorbernry-Ncise. Jn der „N. G. K." berichtet deren Herausgeber von einem Ge spräch, das er mit dem bekannten Politiker Prinzen Franz Arenberg hatte, und dessen Gegenstand die viel besprochene Reise des Prinzen zum Reichskanzler Fürsten Bülow nach Norderney bildete: Prinz Arenberg betonte mit Entschieden heit, daß Lieser Reise durchaus der politische Charakter ge fehlt habe, den man ihr hier und dort in der Presse bei gelegt habe. Prinz Arenberg und Fürst Bülow sind seit 36 Jahren eng mit einander befreundet. Er sagte: Daß unser Gespräch auck die Politik gestreift hat, ist ganz natürlich. Aber ick wiederhole, daß die Politik nicht die Ursache meines Beiuches war. Vollkommen unrichtig, rein aus der Luft gegriffen, ist nament lich die Behauptung, daß meine Reise irgendwie mit den kolonialen Affären im Zusammenhang gestanden habe. Als Referent über den Etat de- Auswärtigen Amtes, also auch den Kolonialctat, im Reichstage sehe ich eS sür meine Pflicht an, vorderhand jede Stellungnahme zu den Anschuldigungen ,n vermeiden, die in lryter Zeit gegen die Kolonialverwal tung erhoben worden sind, und zu den Erwiderungen aus diese Anschuldigungen. Ich weiß darüber selbst nickt mehr, al- in den Zeitungen steht." Aus die Frage, welchen Ein druck er von der gegen die Kolonialleiiung geführten Fehde habe, erwiderte Prinz Arenberg daher auch nur, seiner Mei- . nung nach sei hier, wie überall, anscheinend Wahres mit Falschem vermischt. Erst im November, wenn der Reichstag wieder zusammentrete, und dievom Abgeordneten Erzberger und einigen Zeitungen erhobenen Anklagen ja ohne Zweifel zur Sprache gebracht werden würden, könne es möglich sein, zu erkennen, wie viel an ihnen wahr, und was falsch ist. Dabei erinnerte Prinz Arenberg an die früher in bezug auf die Dualla-Bahnen vorgebrackten Beschuldigungen, von denen bei näherem Zusehen nichts, aber auch gar nichts übrig ge blieben sei, obwohl die Reichslagskommission sehr sorgfältig verfahren sei und ja unter anderem auch den Geheimen Kommerzienrat Lenz vernommen habe. Prinz Arenberg er klärte noch, daß man hier umsomehr gegenwärtig mit seinem Urteile zurückhalten müsse, als der Reichskanzler Fürst Bülow mit größter Energie die Aufklärung der streitigen Fragen betreibe und entschlossen sei, unnacksichtlich alle Be amten zur Verantwortung zu ziehen, die sich etwaiger Ver fehlungen schuldig gemacht hätten. Auch über die angeb lichen Fälle von Mißhandlungen Untergebener und Meute reien in Südwestafrika lasse der Reichskanzler zurzeit die genauesten Erhebungen veranstalten. Das Resultat dieser Untersuchungen werde — mit Ausnahme vielleicht der auf Sücwestafrika bezüglichen — voraussichtlich schon im No vember dem Reichstage zugänglich gemacht werden. ES er scheine ihm für jedermann angebracht, so bemerkte Prinz Arenberg zum Schluffe, keine Kritik zu fällen, dis nicht dieses Material gesammelt zur Einsicht vorliege. * Ter Hitfsausschnss für die notleidenden Teutschen Russlands Kielt am 5. Juli in Berlin eine Plenarsitzung ab, in der die Geschäftsführung über ihre Tätigkeit in den letzten Monaten berichtete. Bis zum l. Juli l906 waren ins gesamt eingegangen 682 933,28 wovon 487 007,12 bisher verausgabt worden sind. Von dieser Summe wurden 198 lOO nach den baltischen Provinzen gesandt, 57 351,50 -e für die Deutschen im übrigen Rußland ver wandt, während insgesamt 58 982,80 .«l Unterstützungen an Flüchtlinge in Berlin ausgezahlt wurden. Außerdem wurden 2l0 bedürftige baltische Studenten, welche in diesem Sommer-Semester deutsche Universitäten und Hochschulen besuchen, bisher mit zusammen 34 275,30 unterstützt; bis zum Semesterschluß sind hierfür noch weitere 15 594,70 erforderlich. Da sich verschiedentlich daS Gerücht verbreitet batte, raß sich der HiltSauSschuß demnächst aufzulösen beab- sichtige, wurde nachdrücklich darauf hingcwiesen, daß alle Nachrichten aus Rußland und insbesondere auS den baltischen Provinzen darauf deuten, daß vielleicht schon in den nächsten Monaten der Ausbruch neuer Unruhen bevorstehe, von denen zu befürchten sei, daß sie einen viel größeren Umfang an nehmen würden, als die d?S vorigen Jahres. Natürlich würde dadurch die Tätigkeit deS HilfSauSschusscS von neuem in Anspruch genommen werden. Bevor in dieser Begebung Klärung cingetreten sei, könne an eine Auflösung deü Hilss- auSjchusses nicht gedacht werden. Ebenso empfiehlt es sich, die Summe von etwa 175 000 über die der Hilfsaus schuß gegenwärtig noch verfügen kann, nach Möglichkeit sür etwaigen Bedarf im Herbst zurückzudehalten. — Von Mit gliedern des Ausschusses, die einerseits die baltischen Pro vinzen, anderersciis Süorußlanv und das Wolgagebiet in letzter Zeil bereist hatten, wurde sestgestellt, daß es dem Hilssauslchuß vielfach gelungen sei, die vorhandene Not zu lindern, daß aber in manchen Gegenden noch starke Notstände vorhanden seien, deren Verschärfung durch Wiederausbruch der revolutionären Bewegung sehr befürchtet wird. * Schluss SrS winttcmbcrgischcn Landtages. Die Kam mer der Standeöherren stimmte der Denkschrift über die Personentarifresorm zu und nahm die Gesetzentwürfe über die Gemeinde- uno Bezirksordnung und über die Gcwerbe- unv Handelsschulen einstimmig an. Der Landtag wurde sodann vertagt. * Der Tank vcs Königs von Württemberg. Der württem- bergilche „Staatsanzeiger" veröffentlicht ein gestern von Schloß Friedrichshafen aus an den Präsidenten des Staats- mimsteriums Dr. von Breitling gerichtetes Handschreiben des Königs, in welchem der König den Minister zu der Vollen dung der BersassungSrevision, welche dieser mit pflichttreuer Hingebung, jelbst unter Hintansetzung seiner Gesundheit, und mit staatsmännischem Geschick zu verwirklichen verstanden habe, aufrichtig beglückwünscht, ihm seinen warmen Dank und seine volle Anerkennung ausspricht und ibn unter der Ver sicherung seines fortdauernden Wohlwollens bittet, als äußeres Zeichen seiner dankbaren Gesinnung seine Büste entgegenzunehmen. * TeS Zentrums Rachc. Wie uns ein Privattelegramm auS Hagen meldet, beschloß die Wählleitung der Zentrums- parter im Wahlkreis Hagcn-Schwelm infolge des Verhaltens der beteiligten liberalen Parteien bei der Stichwahl in Altena- Iserlohn die Zentrumswähler des Wahlkreises auszufordern, bei der in Hagen-Sckwelm bevorstehenden Stichwahl zwischen der Sozialdemokratie und den Freisinnigen nicht sür den Freisinnigen zu stlinmen. — Mit anderen Worten: daS Zentrum will aus Rache dafür, daß ,ö einem Sozialdemo kraten in Altena-Iserlohn unterlag, in Hagen der Sozial demokratie daS Mandat überliefern, das bisher Eugen Richter inne batte. Und der Umstand, daß ein solcher Befchluß, der erst sür die Stichwahl Bedeutung hat, schon jetzt, zehn Tage vor der Hauptwahl gefaßt wird, zeigt, wie eilig es die Vertreter der schwarzen Internationale haben, der roten Internationale das SiegeSselv einzuräumen. Man wird daraus mit Recht der ZentrumSleitung einen schweren Vor wurf macken können. Denn während die Parteileitungen rer Nationalliberalen und der Freisinnigen die Parole für daö Zentrum auSgaben, stellt sich hier die ZentrumSleitung sofort gegen den liberalen Kandidaten, der nur „voraussicht lich" in die Stichwahl kommt. * Rosenberg. Wie der „Hannoversche Courier" aus Altona erfährt, ist die Untersuchung gegen den Anarchisten Rosenberg auf den toten Punkt angelangt. Alle bisherigen telegraphischen Erkundigungen sowie umfangreichen Zeugen vernehmungen und die Beschlagnahme der Korrespondenz Rosenbergs baben keinerlei Sckuldbeweise für den Ver hafteten ergeben. Die Entscheidung über den von Rosen berg gestellten Hastentlassungsantrag soll nach Eingang der amerikanischen Post getroffen werden. * Eine fette Ente. Einige Zeitungen halten nach einem slowenischen Organ in Laibach mitgetkilt, daß ein groß- herzoglich - mecklenburgischer Besitz in Steiermark an den Laibacher Slowenen Joan Knez um IV» Millionen Kronen verkauft sei. Wie auS dem Kabinett deS Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin dazu mitgetrilt wird, beruht die Nachricht sckon deshalb völlig auf Erfindung, weil der Großherzog in Steiermark niemals Güter besessen hat. (!!) * Ein antisozialvemokratischer Arbeiterverein tu Crim mitschau. In Crimmitschau wurde vor drei Jahren nach der furchtbaren Streikniederlage des sozialdemokratischen TextilarbeiterverbanveS ein „Nationaler Arbeiter - Unter- slützungsoerein" unter der Weberschaft gegründet. Heute zählt er die stattliche Anzahl von 1800 Mitgliedern. Der Vorsitzende sagte beim diesjährigen 'Sommerfest u. a: Die Zunahme unseres Vereins beweist, daß immer mehr Arbeiter die sozialdemokratische Organisation als überflüssig betrachten und vertrauensvoll mit den Arbeitgebern zusammenaeheu. Der König von Sachsen beantwortete daS an ihn gesandte Huldigungstelegramm auf daS herzlichste. 8, L. Vuchsruckcrtartf. Wie andere Bnchdruckervereiui- gungen verhält sich auch der Thüringer Zeitung-- verlegervereiu der von den Gehilfen geforderten Lohn erhöhung und Verkürzung der Arbeitszeit (gegenwärtig 22.50 Wochenlohn und Neuustnndentag) gegenüber ab lehnend. Auf einer in Weimar abgehalteuen Versamm- lung begründete er dies damit, daß an die Provinzpresse von Jahr zu Jahr größere Ansprüche gestellt würden, die eine weitere Belastung der Lokalpresse nicht gestatteten. * Zu Ver Krage bcr GerichtSgemetnschast zwischen Weimar nnb Reutz wird unS aus Gera geschrieben: Ja der Angelegenheit der geplanten Aufhebung der Gerichtsgemein schaft zwischen Weimar und Reuß j. L. veröffentlrcht die reußische Regierung eine umfangreiche „Aufklärung", in der eine aktenmäßige Darstellung der Verhandlungen zwischen den beiden Regierungen in dieser Sache gegeben wird. Danach hat allerdings die reußische Regierung fortgesetzt dem weima- rischen Staate Konzessionen gemacht und immer wieder ihre Geneigtheit zur Fortsetzung der Gemeinschaft erklärt. Al- letzte Differenz kommen drei Dinge in Frage: 1) die Aner kennung Weimar-, daß bei dem Jnkrastsetzeu de- Vertrages die neue achte Landrichterstelle zu besetzen sei, 2) daß sich die Verpflichtung Weimar- zur teilweisen MietSeatschadigung sür die nach Ablauf deS bestehende« Vertrages weiter dem Landgericht zur Verfügung zu stellenden Räume vorläufig nur auf zwei Zimmer beziehe, 3) daß die TageSbanschkosten für die Haftkosten im Betrage von 75 für UntersuchuagS- und Zivilgesangene und 1 sür die Strafgefangenen die außerordentlichen Aufwendungen (sür Arzt, Apotheke »sw.) nicht umfassen. Die jährlichen Aufwendungen Weimars zu 2 würden sich auf ca. 85 die zu 3 aus ca. 35 belaufen. Die Reußische Regierung meint schließlich, daß die für die Fortsetzung des Vertrages angenommenen Bedingungen für Reuß eher noch ungünstiger als die des alten Vertrages seien. Von den ursprünglich von Reuß aufgestellten und von ihr auch heute noch als gerecht gehaltenen For derungen seien sehr wenige übrig geblieben, ihre Kon zessionen seien ganz erheblich (Verzicht auf daS alter native Besetzungsrecht deS 2. Direktors, auf anteilige Miets entschädigung sür die zeitherigen Geschäftsräume, die Be- rechnung der Haftkosten nach Bauschsätzen statt nach Durch schnittssätzen, Abschluß des Vertrags auf 25 statt auf 10 Jahre) gegenüber den geringfügigen der Weimarischen Regierung. Bei Abschluß deS Vertrages im Jahre 1878 waren an der Gemeinschaft beteiligt Weimar mit 50 205 Ein wohnern (35 Proz. der Beitragspflicht), Reuß mit 92 375 Einwohnern (65 ProzJ. Heute haben sich diese Zahlen er heblich verschoben: Weimar mit 54 622 Einwohnern 27,7 Proz., Reuß mit 139 210 Einwohnern --- 72,3 Proz. — An Weimar wird es nun liegen, zu dieser „Aufklärung" Stellung zu nehmen. Allem Anscheine uach wird Reuß nicht die Hand zu nochmaligen Verhandlungen bieten. * Graf Pückter auf Vie Keftung zurück. Der Appell der Presse an die Behörden, dem Unfug zu steuern, den Graf Pückler trotz der an ihm zu vollstreckenden Freiheitsstrafe fortgesetzt anrichtet, scheint endlich Erfolg gehabt zu haben. Kurz vor seinem Austreten in einer auf DienSlag abend in Berlin angesctzten Versammlung wurde Graf Pückler auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft aus seinem Hoiel ab geholt und nach Weichselmünve in seine Festungshaft zurück gebracht. * Kleine politische Nachrichten. Die Stadt „Hechingen" und die „Gefürstete Grafschaft Hohenzollern" feierten am Montag das 200jährige Jubiläum ihrer ersten Huldigung sür den König von Preußen. — An den Kaiser wurde namens der „ältesten Zollernüadt" ein Huldigungstelegramm ge sandt. — Reichstags - Abgeordneter Bassermann feiert heute feine silberne Hochzeit. — Die Erhöhung der Bierpreife zeigt in Mainz ihre Folgen in der Abnahme Les Konsums beim Flafcken- vier: der Verkauf ist ganz erheblick zurückgegangen. — Auf der Tagung der „Internationalen sozialistischen Kommission" in London wird weder Beöel (trotz Aufforderung) noch Singer erscheinen. Von seilen des deutschen Fraktionsvorstandes ist „Genosse" Molkenbuhr mit der Vertretung der Fraktion beauftragt worden. O * Hamburg, 1l. Juli. Jn der Klagesache der Ham burg-Amerika Linie gegen l27 Schauerleute auf Schadenersatz wegen VertragbrnchS, weil sie am 1. Mai ohne Urlaub von der Arbeit fortgeblieben waren, wurde beute, nachdem am 2l. Juni durch Zwischenurteil der Ber- tragbrnch sestgestellt worden war, über die Höhe der von Beklagten zu zahlenden Summe verbandelt. Der die Gesellschaft vertretende Inspektor Theile erklärte sich, da es der Hamburg-Amerika Linie nicht so sehr aus die Höhe der zu zahlenden Summe ankomme als auf das Prinzip, auf den Vorschlag de- Vorsitzenden d«S Ge- Werbegerichts, Amtsrichters Boysen, mit der Zahlung von je 20 zufrieden, obwohl Ler Schaden beträchtlich größer sei, al« die von der Hamburg-Amerika Linie geforderten 12 000 Den Vorschlag lebnte der Vertreter der Be klagten ab, der jede Schuld bestritt. DaS Gericht bcickloß, einen neuen Termin aus den 19. September anzusetzen, auf dem die Hamburg-Amerika Linie ihren Scharen genau begründen soll. Die Beklagten lehnen jeden Vergleich-Vorschlag ab, um sich die Möglichkeit zu wahre», sich an ein höhere- Gericht zu wenden.
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