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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.08.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-08-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19060802013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1906080201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1906080201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1906
- Monat1906-08
- Tag1906-08-02
- Monat1906-08
- Jahr1906
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R.) *Das englische Mittelmeergeschwader wird Mitte August im Adriatischen Meer eintreffen und alle größeren österreichischen und italienischen Häsen besuchen. * Der russische Ministerpräsident Stolypin ver sicherte, daß im Herbst, am Jahrestage der Publikation des Verfaffungsmanifesteö, eine umsasseuve Amnestie für poli tische Vergehen ersolgen werde. * Der Botschafter der Vereinigten Staaten in Mexiko, Thompson, erklärt die Meldungen amerikanischer Blätter als unrichtig, nach denen in Mexiko ein gegen die Ameri kaner gerichteter Aufstand für den 16. September ge plant sei. * In der gestern abend in Leipzig im Restaurant »Sanssouci" abgehaltenen Versammlung der sozialdemokratischen Partei ist beschlossen wor den, den Genuß des Bieres derjenigen Braue reien, die den Bierpreis erhöht haben, einzu - stellen. (S. Letzte Lokalnachr.s Ms üen weg nach sisrlar. Der nationalliberale Reichstagskandidat für Hagen, Professor F Moldenhaner, ein Politiker Bassermannscher Färbung, hat in der „Kölnischen Zeitung" einen „Rückblick auf die Wahl jn Hagen-Schwelm" gerichtet und „Lehren aus ihr" gezogen. Was in diesem sehr eingehenden Artikel an Urteilen und Ansichten parteipolitischen Charakters nieder gelegt ist, hat uns außerordentlich befriedigt. Wieder ein mal ein Zeugnis, wie vortrefflich sich stramm liberale Ge sinnung mit nationalem Denken paaren kann. Die lokal politischen Erörterungen können hier außer Betracht blei ben, obwohl auch sie wegen ihrer Offenheit schätzenswert sind. Aber größere Bedeutung haben doch die Untersuchun gen allgemeiner Natur, speziell die Antwort auf die Frage: Wie hat die Haltung der nationalliberalen Reichstagsfrak- tiou in der Steuergesetzgebung der letzten Monate bei den Wählern gewirkt? Wir zitieren hier nochmals einige präg nante Sätze des Artikels über dieses Thema: „Und hier darf und kann ich nicht anders sagen, als daß das Verhalte» der nationalliberalen Frak tionen in der Schulunterhaltungsgesetz- frage und in der Finanzreform Len Hauptan teil an derNiederlage in Hagen-Schwelm trägt. Es ist hier nicht der Ort. zu entscheiden, ob dies Ver halten richtig war oder nicht, aber die Tatsache ist nicht weg- «rleuguen. Von Anfang der Versammlungen an mit sich steigender Heftigkeit, als erst di« Gegner ihre treffliche Position völlig auszunutzen begannen, ist der Vorwurf erhoben worden, die national!iberale Partei sei ja nur Regierungspartei und wage überhaupt keine Opposition mehr zu machen, und dieser Vorwurf kam nicht nur von den Gegnern, die ihn gegen die ganze Partei erhoben, son dern auch aus unser«» Reiher», die sich gegen di« Fraktionen wandten. Alle Versuche, in klaren, über zeugenden Auseinandersetzungen zu beweisen, daß die staatlichen Verhältnisse zu der Kompromißpolrtik führen mußten, und daß ia an der Jinanzreform nicht nur die nationalliberalen Abgeordneten, sondern auch das Zen trum beteiligt gewesen sei, waren vergeblichbei dem Miß mut und der Unzufriedenheit, die sich der Massen bemäch tigt hatte. . . Ich hoffe ja zuversichtlich, daß nun in der Zeit bis 1908 diese von den Gegnern über das Maß ge steigert« Erregung einer ruhigeren Erwägung und dann auch einer gerechteren Beurteilung unserer Fraktionen weichen wird, aber es ist unsere Pflicht, den Dingen wie sie sind, offen ins Auge zu sehen und hier nichts zu ver schönern. Der Heißhunger nach einer entschie deneren liberalen Politik, wie er in Eisenach gekennzeichnet wurde, ist n cht gestillt und wird im mer stärker werden. Mögen zu richtiger Zeit die rech ten Mittel dazu angewandt werden, «he «s zu spät wird." Ausgezeichnet! Aber nun müssen wir ein Geständnis machen. Als wir so weit gelesen hatten, waren wir sehr ge spannt auf die angekündigten Lehren, auf die praktischen Nutzanwendungen. Und mußten finden, daß der doch offen sichtlich gut liberale Autor di« sich aufdrängenden Konse- guenzen nicht gezogen bat. Empfehlung des Ausbaus der Organisation und folgender Schlußsatz: „Der ideale Inhalt des nationalliberalen Parteiprogramms allein genügt nicht, um die Massen fortzureißen, nüchterne Arbeit und unermüd liche Aufklärung zum Verständnis dieser Ideale kann allein unserer Partei die ihr gebührende Stellung in den Parla menten erhalten und verstärken." Das ist alles, was wir entdecken konnten. Zu unserem großen Bedauern. Denn der Mann, der so treffliche Porte der Wahrheit über die Stimmung der Wähler sagen konnte, hätte uns sicher auch manches Treffliche zu sagen gewußt über das, was uns not tut. Nun ist vielleicht einzuwenden, daß Herr Moldenhauer absichtlich auf diese Seite der Angelegenheit nicht näher ein gegangen ist, daß aber wohl anzunehmen ist, er befürworte eine schärfere Betonung des liberalen Moments in der Parteipolitik. Das ist möglich, aber wir wissen es nicht. Und jedenfalls hat es Herr Moldenhauer nicht gesagt Darauf aber, auf das Aussprechen, kommt es in solchen i Fällen an. Wie recht wir damit haben, beweist eine Be- I sprechung des Moldenhauerschen Artikels in der „National- I Zeitung". Das Blatt ist durchaus einverstanden mit dem Artikel, den cs sehr rühmt. Es nimmt das Bassermannsche Wort von dem „Heißhunger nach einer starken liberalen Partei" ebenfalls auf und ist überhaupt, im Prinzip versteht sich, so liberal, wie nur irgend möglich und wünschenswert. Aber was will nun das Blatt für Schlüsse gezogen wissen? Was soll geschehen, damit es besser werde? Hier die Ant wort: Nachdem erklärt worden ist, es sei einer großen Par tei unwürdig, reine Mandatspolitik zu treiben, heißt es: „Eine Tatsache jedenfalls, mit der die Nationallibe ralen in der künftigen politischen Werbearbeit in erster Linie zu rechnen haben, ist die, daß eine Partei, die not wendige, aber unbeliebte Gesetze hat durchbringen helfen, den die niedrigen Leidenschaften des Volkes aufreizenden Gegnern schwer zu entwindende Handhaben gibt. Hier muß unverzüglich eine rührige Agitation und plan mäßige Aufklärungsarbeit im ganzen Reiche einsehen." Folgt eine längere Abhandlung vom Segen der Organi sation. Also Aufklärungsarbeit über das Verhalten der nationalliberalen Fraktion bei der Steuergesetzgebung soll geleistet werden. Wir fürchten freilich, wenn die Wähler genau wüßten, wie es zugegangen ist, und mit welcher Lust manche Leute diese illiberalen Gesetze gemacht haben, dann würden sie noch bedenklicher werden. Aber wir führen das Berliner Blatt hier nur zum Beweise dafür an, daß mar» den Moldenhauerschen Ausführungen sehr wohl zustimmen und doch von liberalen Nutzanwendungen weit entfernt sein kann. Wenn Herr Professor Moldenhauer die Gedanken, die er nach seinem Artikel haben muß, zu Ende gedacht, wenn er neben die liberale Kritik, auch ebenso liberale posi tive Vorschläge gesetzt hätte, wäre sein Tun noch wesentlich ersprießlicher. Dann gäbe es wahrscheinlich nicht so viel „prinzipielle Zustimmung", dafür aber eine klare Situation, die schon mit Rücksicht auf die Oktobertage von Goslar her beigeführt werden muß. Also versuchen wir. da fortzufahren, wo Herr Molden hauer, leider, aufgehörr hat: Die schlimmen Parteierfahrun- gcn bei den letzten Reick'stvgserfatzwahlcn sind auf die starke Abneigung der Wählermassen gegen die illiberale Gesetzgebung der letzten Zeit und gegen die Stellung der Partei zu diesen Gesetzen zurückzusühren. Wenn die Partei bis 1908 das Vertrauen der Wähler wiedergewinnen will, so hat sie sich gründlich zu liberalisieren, so hat sie den schon 1902 in Erfurt konstatierten Heißhunger nach einer starken liberalen Partei zu stillen: Wir wissen im voraus, was die bekannten Kom promißräte hier entgegnen werden: Mandatsrückfichten haben vor den Bedürfnissen des Staates zu weichen. In pathe tischer Stunde kann man aucb sagen: lieber der Partei das Vaterland! Hierzu möchten wir uns nun auch einmal prin zipiell äußern. Mit diesen Redensarten ist in den letzten Monaten ein gräßlicher Unfug getrieben worden. Mit ihnen kann man so ziemlich alles rechtfertigen, auch das reaktionärste Gesetz. Die Eisenbahnfahrkartensteuer, die Portoerhöhung, die neuen Stempel, alles wurde mit dem Vaterland entschuldigt, das über die Partei zu stellen ist. Wir bestreiten aber, daß vaterländische Interessen immer mit Steuergesetzen zusammenfallen. Wie kann man sich überhaupt ehrlich zu einer Partei bekennen, wenn nicht in der festen Ueberzeugung. daß mit ihren Tendenzen dem Vaterland am besten gedient ist? Das nächste ist doch also, mit allen Kräften den eigenen Idealen Gestalt und Inhalt zu geben. Treten dann wirkliche Konflikte mit dem Staats wohl ein, mag man immerhin prüfen, wie weit man nach- geben kann. Aber nie und nimmer darf dies Nachgeben bis zum Verleugnen von liberalen oder nationalen Grundsätzen gehen. Damit untergräbt man den eigenen Standpunkt, liefert den Gegnern Waffen und macht sich zum politischen Gespött. Und wer bei jeder Gelegenheit schon von vorn herein erklärt, er sei bereit, aus höheren Rücksichten seine Ueberzeugung zu opfern, wird gar nicht mehr ernst ge- nommen. Eine liberale Partei, die für Verkehrssteucrn stimmt, ja die eine Portoerhöhung ohne Not aus ihren eigenen Reihen anregen und verteidigen läßt, hat sich schon weit vergessen und hat das Vertrauen der Wähler erst wie- der ^» erobern. Jn dieser jüngsten Vergangenheit der Par tei liegt auch der Grund, weshalb ein solches praktisches Werben um die Stimmen der Wähler keine Erniedrigung und keine Selbstverleugnung ist. Vielmehr liegt die Sache so: Die wahre liberale Gesinnung war in dieser Zeit nicht bej der Fraktion, sondern bei den Wählern. Deshalb heißt ein Bekehren zu den Ansichten und Forderungen der Wähler nichts anderes, als «in Wiederbesinnen auf den Grundzug des eigenen Wesens. Bis 1908 hat die Partei, hat insbe sondere die Reichstagsfraktion zu -eigen, daß sie frühere Sünden nicht wiederholen, daß sie vielmehr gutmachen will. Eine Gelegenheit dazu auf sozialem Gebiet wird vom Zen trum schon angekündigt. Bei weiterem Steuerbedarf will das Zentrum auf die diesmal noch zurückgestellte Ausdeh nung der Erbschaftssteuer auf die Erbschaften von Abkömm lingen und Ehegatten bei großen Vermögen zurückgreisen. Wen» die untere Grenze hoch «enug liegt, etwa bei 100 000 Mark, gibt es wohl keine gerechtere und sozial einwand- sreiere Steuer. Und auch sonst wird es an Gelegenheiten zur Betätigung fester liberaler Gesinnung nicht fehlen. Programmreden freilich rechnen wir meist nicht dazu. Und auch di« Wähler sind unangenehm skeptisch geworden in der Beziehung. Ei» echt liberales Votum im Parlament ist eindrucksvoller und dem Wähler lieber als ein Dutzend libe- raler Reden. Wenn die hier ausgestellten Grundsätze be folgt werden, so kann die Partei nach tüchtiger Organi- sations- und Wühlarbeit den nächsten Wahl«« mit Zuver sicht entgegensetzen. Von bloßer Aufklärung aber bei un veränderter praktischer Politik erwarten wir nicht das go- ringste. Das ist unsere Ansicht. Ob nun Herr Professor Molden hauer mit dieser Fortsetzung seines Artikels in allen Blink ten einverstanden ist, wissen wir freilich nicht. Wir können es nur hoffen. Aber vielleicht äußert sich Herr Molden hauer hierüber selbst. Wir halten es jedenfalls für sehr er wünscht, wenn die Partei gezwungen wird, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, so unbegucm sie manchem sein mögen. veutscves keicb. Leipzig, 2. August. * Vom Verein Deutscher Studenten in Leipzig werden wir um Aufnahme nachstehender Erklärung gebeten: Bezugnehmend aus den Leitartikel der Leipziger Neuesten Nachrichten vom 31. Juli d. I. „Ein Schrittmacher Bebels" sehen sich die unterzeichneten Vertreter des Vereins Deutscher Studenten zu Leipzig zu folgender Erklärung veranlaßt: Der V. D. St. verlangt von seinen Mitgliedern nationale und monarchische Gesinnung, hält sich aber nicht für berechtigt, seine Mitglieder nach irgend einer Richtung parteipolitisch festzulegeu. So hat er auch mit der Partei richtung des Herrn Pfarrer v. Naumann nicht das ge ringste gemein. Wir halten aber unseren Alten Herrn v. Naumann nach wie vor für einen durchaus national denkenden Mann, wie z. B. sein Eintreten für Heer unv Flotte beweist, und rechnen ihn daher immer noch zu den Unseren. Um so mehr bedauern wir es, daß man cs gewagt hat, die Ehrlichkeit unseres Alten Herrn gegenüber dem Verein anzuzweiseln. Jeden Versuch der politischen Presse, unsere Stellung zu einem unserer Alten Herren zu be einflussen, weisen wir init Entschiedenheit zurück. gez. v. ver Decken. Oßwald. Essers. Hosstaetter. * ' * Der Besuch König SvuarvS. Unsere gestrige Nachricht wird jetzt amtlich bestätigt. Die „Norddeutsche Allge meine Zeitung" schreibt: Der Kaiser gedenkt Mitte dieses Monats an der Enthüllung des Laudzrafendenkmals in Homburg teilzuuehmen und wird in Verbindung hiermit mehrere Tage iu Schloß Friedrichshos verweilen. Während dieser Tage wird der König von England zum Besuche dort eintreffe u. * Das Katscrpaar. Aus Swinemünde wird gemeldet: Der Kaiser und die Kaiserin speisten gesie»n mittag an Bord der „Iduna" und unternahmen nachmittags rm» der Jacht eine Segelfahrt. * Deutsche Dilettanteovolitik. Jn der Generalversamm lung hesDoulsch-Oesterreichffch-Ungarischen Binnenschiffahrts verbandes, die unlängst in Stettin stattfand, Haven die Magyaren ihr Bedürfnis nach Anerkennung ihrer staats rechtlichen Selbständigkeit mit Erfolg geltend gemacht. Jn den Satzungen des Verbandes wurden nämlich bisher das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn als zwei Reiche an geführt; um diesem für den magyarischen Größenwahn un erträglichen Zustand ein Ende zu machen, reichte nun der ungarische Ministerialrat Gouda in der Ausschußsitzung des Verbandes einen Antrag ein. der darauf ausging, „die selb- ständige staatsrechtliche Stellung Ungarns in den Statuten deutlich zum Ausdruck zu bringen und dementsprechend statt Oesterrelch-Ungarn Oesterreich und Ungarn und statt ves Ausdruckes „Tie beiden Reiche" die Bezeichnungen Deutsch- land, Oesterreich und Ungarn in den Text auszunehmen". Der Ausfchuß und auf seinen Antrag auch die Generalver sammlung nahmen den Antrag einhellig an, und damit die Sache sich noch feierlicher gestalte, ließ der Präsident des Verbandes bei dem darauf folgenden Bankett den Kaiser von Oesterreich auch als „apostolischen König von Ungarn" extra leben, worauf die Musikkapelle den magyarischen „Hymnus" spielte, ,^vas besonders", so berichten die Pefter Blätter, „seitens der anwesenden Som- mi täten begeisterte Demonstrationen aus löste". Die deutschen „Sommitäten^ in Stettin scheinen offenbar keine Ahnung davon zu haben, daß sie mit ihrer verschwommenen „Begeisterung für das unabhängige Ma- gharien gegen Oesterreich demonstrieren, und daß cs vor allem ein selbständiges, von Oesterreich getrenntes Ungarn überhaupt noch nicht gibt. — Es ist doch eine unerhörte Pfuscherei, wenn in Privatverbänden hohe Politik gemacht wird. Die staatsrechtlichen Verhältnisse Oesterreich-Ungarns stellen em so ungeheuer verwickeltes Problem dar und sind zugleich in so hohem Maße eine Lebensfrage für di« uns eng verbundene Monarchie, daß von namhaften Privaten, Einzelpersonen wie Körperschaften, die allerpeinlimstc Kor rektheit bei allen öffentlichen Veranstaltungen beobachtet Verden muß. Zum mindesten haben wir Deutschen doch wahrhaftig kein Interesse, den Magt-aren entgegenkommender als die Wiener Regierung zu sein und ein« leider Gottes mögliche sehr bedenkliche Weiterentwicklung des heutigen Dualismus zur reinen Personalunion durch marklos nach giebige Gcfälligkoitshascherei gegenüber ausländischen Gästen zu antizipieren. * Des Kaisers Informationen über di« Jourualistcu. Angesichts der Berichte französischer Zeitungen von ab sprechenden Urteilen des Kaisers über den Journalisten stand gewinnt eine Mitteilung der „Hamb. Nachr." ein er höhtes Interesse, nach welcher der Kaiser Ausgangs des vorigen Jahrhunderts eine förmliche Enquete veranstaltet habe über die persönlichen Verhältnisse der deutschen Jour nalisten. Die „Hamb. Nachr." schreiben: „Durch Vermitte lung aller möglichen amtlichen Instanzen, durch Offiziere und Privatpersonen ließ der Kaiser sich unauffällig über die Verfasser von Artikeln, di« in irgend einer Weis« seine Auf merksamkeit erregt "haben, erkundigen. Die Ermittelungen über journalistische Personalien, die in den Jahren 1898 und 1899 stattfanden, erstreckten sich auf allgemeines Wissen, Ver gangenheit, Veickehr. Sachverständigkett im sv-riellen Fall, den Besitz des als Unterlage für ein Urteil erforderlichen Materials und ähnliche Dinge. Das Ergebnis mußt« viel fach befremden und hat di« seitherige Stellung des Kaisers zur deutschen Presse zur Folge gehabt. Da waren einfluß reiche Journalisten, die in der Tat eine sehr bemerkenswerte „Vergangenheit" hatten, andere, die, hauptsächlich ihrer Privatverhältniff« wegen, mit der Welt, über die sie ab urteilten, nicht die leiseste Fühlung unterhielten, groß« Ber liner Redaktionen, di« ihre internationale Politik von Aus ländern, und wieder solche, die sie von Leuten, die nie die Grenzen des Reiches überschritten hatten, vertrauensvoll er ledigen ließen, Redaktionen, die zwar über das Regieren der Beamten vom grünen Tisch aus zeterten, aber niemals einen Versuch machten, ihrerseits anders als vom grünen Tisch aus zu urteilen, Redakteure endlich, die Skandalosa ver öffentlichten und zur Sensation machten, ohne die ihnen von untergeordneten Berichterstattern öder unbekannten Privat personen zugetragenen angeblichen Tatsachen irgendwie per sönlich geprüft zu haben. Es fanden sich Kritiker, die gewohn heitsmäßig jede neue Moderichtung in Kunst und Literatur mit Inbrunst verhimmelten, um sie den Tag darauf der aller- neuesten zuliebe wieder zu vergessen und fallen zu lassen. Da saßen in den Redaktionen demokratischer Blätter Leute, die für Geld ihre Vergangenheit und ihr« ganz und ^gar nicht demokratischen Instinkte verleugneten, da fanden sich umge kehrt in den Redaktionen rechtsstehender Blätter Krypto- sozialdemokraten iu nicht unbeträchtlicher Zahl. Bei dem Mißtrauen, das der Kaiser dem politischen Verständnis der Bureaukratie von jeher entqegeubringt, konnten ihm auch die unbedingten Verteidiger jeder amtlichen Dummheit nicht sonderlich imponieren — kurz, der Einblick, den er sich ver schaffte, legte Verhältnisse bloß, die für die Presse in der Tat keineswegs empfehlenswert waren! Auf dem Wege bedauer- licher Verallgemeinerung ist dann Wohl das augenscheinlich Vorhängen« Vorurteil entstanden, daß bei uns Kundgebungen und Mitteilungen der großen Mehrzahl der Zeitungen über- hauvt kein Wert beizumessen sei, und oaß man ss« am besten ganz unbeachtet lasse." * Depesche französischer Arbeiter an den Kaiser. Die Abordnung der Geretteten von Courribres, welche in .Aerne angekommen ist, um den Rettern von der Hibernia persönlich Dank abzustatten, hat eiu Telegramm au deu deutsche» Kaiser gerichtet: „Die Geretteten von CourriSreS Neny", Pruvost Vater und Sohn, Vertdon und Dubois, erlauben sich beim Betreten der deut schen Erde ibre aufrichtige Hochachtung Ew. Majestät dem deutschen Kaiser darznbringen. Wir kommen nach Deutschland, um iu eigener Person deu teuren Retter» von der Hibernia Herne unser» Dank auszusprechen, auf die Ew. Majestät mit Stolz blicke» kann, den» ihr Mut hat unsere Rettung erleichtert. Di« ganz« Wett hat sie bewundert. Neny." * Ost asiatische Stndienfahrt der Reichstags-Abgeordneten. Der Reichspostdampfer des Norddeutschen Lloyd „Prinz Heinrich" mit den an der Studienreise nach Ostasien teil nehmenden deutscheu ReichstagSabgeordueten au Bord ist gestern von Genua abgegangeu. Mit dem Dampfer hat auch der Gouverneur von Kiautschau Kvutreadmiral Truppe! die Reise nach Tsingtau angetreten. * Tic RcichStagSfahrt auf der Mrogoro-Etseubah». Vou dem gemeldeten Ausflug erzählt der „Tag" Näheres: Die Firma Holzmann veranstaltete Montag (30. Juli) vormittag- einen Ausflug auf der Mrogorobahn. Die deutschen Reichs- tagSabgeorvneten, der .Herzog von Westminster sowie außer dem etwa 40 Herren waren dazu geladen. Zum ersten Male wurde der Zug vom fertig gestellten Bahnhof abgelassen. An einem grünen BergeShang wurde ia geräumigem Zelt das Frühstück eingenommen. Abgeordneter Justizrat Dietrich wieö in längerer Rede auf die Wichtigkeit der Bahnen uud Verkehrswege in den Kolonien hin, bedauerte, daß leine deutsche Bahn den Abgeordneten die Besichtigung der deutschen Gebiete am Viktoria Njanfa ermögliche, und sprach seine Freude aus über die guten Beziehungen zu unfern englischen Nachbarn, dieunsmit der Ugandabahn belsend entgegenkommen. Die Rede endete mit einem Hoch auf alle, welche an dem großen Werke der Erschließung unserer Kolonie mithelfeo. Regieruugsrat Riefe, Chef der Firma Holzmann, gab der Hoffnung Ausdruck, daß die Anwesenheit der Abgeordneten dazu bei tragen möge, das Tempo der Erschließung der Kolonien durch Eisenbahnen zu beschleunige». Schließlich ergriff der Herzog von Westminster das Wort und dankte für die Ehre, welche ihm durch die Einladung zuteil geworden sei. Er wünschte der Babn ichnelles und glückliches Gedeihen uud fortsetzend bis zum Tanganjika. Um 3 Uhr nachmtttagö laugte die Expedition wieder in Dar-es-Salam au. — „Helfend entgegenkommen" ist übrigens vortrefflich gesagt. * Professor Seelig 4». Wie wir schon im Abendblatt gemeldet haben, ist der ehemalige Reichstagsabzeordnete Professor Seelig, der Senior der Universität Kiel, Lehrer der Staats- und Finanzwissenschaften, im Alter von 85 Jahre» gestorben. Seit der Einverleibung Schleswig-Holsteins in Preußen stand Seelig in der ersten Reihe der liberalen Politiker. Der überwiegend ländliche Wahlkreis Oldeuburg- Plvn-Segeberg wählte ihn 1871 mit großer Mehrheit m den Reichstag, und von 1890 bis 1893 vertrat er deu Kreis To»dern- Husum-Eiderstedt. Volle 20 Jahre sandte ihn der Wahlkreis Kiel-Neumünster in den preußischen Landtag. Prof. Seelig war Mitglied der Fortschrittspartei, später der deutschfrei sinnigen und stand stets in engster Fühlung zu seinem AmtS- genossen Prof. Hänel. Mit Hänel teilte er entschieden liberale Gesinnung und Abneigung gegen verknöcherte Fraktions-Simpelei, hat auch um die zunehmend engere Ver- jchmelzung der liberalen Kreise in Schleswig-Holstein sich die größten Verdienste erworben. — Seelig war ,n Cassel geboren und bat seit 1854 bis vor JahreSsrist in Kiel als Professor der Nationalökonomie uud der Finanzwiffenschasten gewirkt, auch durch die Errichtung der landwirtschaftlichen Lehranstalt in Kiel, die Gründung eines Obstmustergarlens und die Schaffung eines nationalökonomischen Seminars die praktische Landwirtschaft gesördert. Die Beseitigung der Erbpacht war im wesentlichen sein und Hänels Werk. * Ter nttionaUtdcrnle si«nk»tdat für Stade. Zu der Kandidatur Senator ReeseS im 18. hanuoverschcn Wahlkreise schreibt das „Stader Tagebl.": „Senator Reese erfreut sich nicht allein in Stade, sondern im ganzen Gebiet der Unter elbe, in Stadt und Land, großer Achtung, Wertschätzung und Beliebtheit. Ein Mann von unabhängiger, nationaler und liberaler Gesinnung, dürste er der geeignetste Ver treter unseres Wahlkreises im Reichstage sein, und auch die Wähler im Lande werden sicherlich die Aufstellung dieses Kandidaten mit Freude begrüßen. Herr Senator Reese ist stets für eine freiheitliche Entwicklung unseres Vaterlandes eingetreten. Seine entschieden liberale Gesinnung wird eS auch den Freisinnigen möglich machen, für ihn einzutretcn, und wir geben unö der Hoffnung bin, daß die Freisinnigen, um eine Zersplitterung uud Schwächung des Liberalismus zu vermeiden, von einer Sonderkandidatur Abstaud nehme» werden. — Auch das „Berliner Tageblatt" hatte kürzlich im
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