02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.07.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-07-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070708027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907070802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907070802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-07
- Tag1907-07-08
- Monat1907-07
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Abend Ausgabe 8. Bezugs-Preis str Le!»»<g und Lororte durch unsere TrL-cr und Spediteure in» Hau» gebracht: »u«- gad« t (nur morgen«) »ierteljLdrlich 3 M-, monatlich I M.: «utgabe 8 (morgen« und abend«) vierteljLhrlich 4.80 M., monailich 1.50 M. Durch die Poft bezogen (2 mal «»glich) innerhalb Deutschland« u der deutschen Kolonien vierteljährlich 5.25 M., monatlich 1.75 M. au»Ichl. Postbestellgeld, siür Oesterreich 9 X 68k, Ungarn 8 L vierteljährlich. «lbonnement-Annabme: Nuguftusplatz 8, bei unseren Drägern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Bries träg ein. Die einzeln« Nummer kostet 10 Nedaktion und Expedition: Johannirgasj« 8. Telephon Nr. 14892, Nr. 14893, Nr. I46S4. Handelszeitung. Berliner Nedaktion«.Bureau. Berlin 7, Prinz Loui« Ferdinand» Straße 1. Telephon I, Nr. 9275. Amtsblatt des Rates und des Vatizeiamtes der Stadt Leipzig. Anzeigen-Preis sstr Inserate au« Lcipstg und Umgebung die k gespaltene Petitzeile 25 Pl , finanzielle Anzeigen 30 Ps., Sicklamen 1 M.; von autwärt« 30 Ps, Reklainen 1.20 M,- »omAu«land5OPs., finanz. Anzeigen75Ps., Reklamen 1.50 M. Inserate v. Behörden im amtlichen Teil 40 Pf. Beilagegebübr 5 M. p. Tausend exkl. Post- gebühr. Uieichäftsanzeigen an bevorzugter stelle im Preise erhöht. Rubati nach Taris. Festerteilte Austräge können nicht zurück gezogen werben. Für da« Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. An,eigen.Annahme: Augustu-Platz 8 bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen de« In- und Au«lande«. Haupt - Filiale Berlin: Earl Dunck: , Herzog!. Bahr. Hofbuch. Handlung. Lützowstrahc 10. (Telephon VI, Nr. 4803). Nr. 187. Montag 8. Juli 1907. 181. Jahrgang. Das wichtigste vsiir Tage. * Der Landesausschuß des nationalliberalen Lan - desvereins tritt Sonntag, den 1t. Juli in Leipzig zur Be ratung der Wahlrechtsvorlage zusammen. * Die Vereinigten Staaten planen den Erwerb einer Koh len station auf mexikanischem Gebiet, vielleicht auch den An kauf von ganz B a ja C a l i s or n i a. lS. Ausl.) * Die deutsch-polnischen Abgeordneten planen einen Protest gegen preußische Enteignungsgesetze bei der Haager Konferenz einzureichen. lS. Ausl.j * Die Kündigung deS ungarisch, kroatischen AuS» gleich« und eine Anklage gegen denBanus stehen bevor. lS. Ausl.j * Der Nürnberger Jnwclendieb, Schauspieler Lütt e, ist in Lon - don verhaftet worden. Lvinnevungen an Nigra. lVon unserem römischen k.-Korrespondentcn.j Der Tod deS Grasen Eostantino Nigra hat zu vielfältigen Erinne rungen an seine diplomatische Betätigung Anlaß gegeben, zu Erinne rungen, deren Wert man aus naheliegenden Gründen nicht als absolut, aber dock als sehr hoch anerkennen wird. Die Verbindung Viktor Eina- nuels von Piemont mit Napoleon III., die 1859 das Werk der italieni schen Einigung einleitete, ist zum großen Teile dem damals 31jährigen Nigra zu verdanken, der von Cavour an den Pariser Hof geschickt war. Napoleon wollte von einem Kriege gegen Oesterreich damals wenig wissen, und namentlich die Kaiserin Eugenie machte auS ihrer anti italienischen Gesinnung kein Hehl. Ten gesellschaftlichen Talenten Nigras und seiner dichterischen Befähigung gelang cs damals, durch ein seines Net) von mannigfaltigen Fäden die Kaiserin der italienischen Sache zu gewinnen und so weit umzustimmen, daß eincS TageS der Zweck der Hebung, nämlich der Bündnisvertrag, schwarz aus weiß gesetzt werden konnte. Allerdings, nachdem zuvor Viktor Emanuel auf Nigras Drängen seine junge Tochter Clotilde dem vierzigjährigen „Prinzen" Navolevn, dem Berater des Kaisers, zur Frau gegeben hatte. Als nach dem Frieden von Villasranca die Beziehungen zwischen Frankreich und Italien, das sich Umbrien und die Marken zugeeignet hatte, sich verschlechterten und Nigra, der selbst ein enragierter Natio nalist war, den diplomatischen Bruch nicht zu verhindern vermocht hatte, wurde er auS Paris abberufcn und kehrte erst 1861, als Napoleon in zwischen seine Ansichten geändert hatte, wieder dorthin zurück. Tort hatte er von neuem ein starkes Mißtrauen zu überwinden, da man seinem Volke und ihm persönlich Prätentionen auf Nom und den Stur- der weltlichen Macht des Pavstes nachsagte, und abermals war es seine dich terische, übrigens mit tiefgehenden linguistischen und literarischen Kennt- nisten verbundene Fähigkeit, die ihm dennoch zu einer sehr einfluß reichen Stellung bei Hofe und in der großen Gesellschaft verhalf. Als BiSmarck vor dem Kriege von 1866 bei dem damaligen ita- lienischen Ministerpräsidenten General Lamarmora anfragte, ob Italien mit gegen Oesterreich ins Feld zu ziehen bereit sei, erhielt er eine Zusage unter der Bedingung, daß Frankreich einverstanden sei. In Poris aber war man bereits auf Preußen eifersüchtig und war auch auf einen direkten Antrag Bismarcks kür eine Koalition gegen Oesterreich nicht zu haben gewesen. Nigra nun gelang es, der Kaiserin das italienische Interesse nahe zu bringen und mit ihrer Hilfe zu erreichen, daß Frank reich Italien den Feldzug und damit den Erwerb des vielersehnten Vcnc- netienS gestattete. 1870 arbeitete Nigra in Paris gegen den Krieg, trotzdem Victor Emanuel mit Frankreich und Oesterreich gegen Preußen zusammen zugehen geneigt war, und auch gegen ein solches Bündnis. „Ich meine", so telegraphierte er am 9. Juli 1870 an seinen Minister des Acußcrn, „daß Ihr in Berlin und Madrid alles tun müßt, um den Krieg zu ver hindern. ... Es heißt, schnell handeln. . . . Ich flehe Euch an, mit allen Euren Kräften dahin zu wirken, daß der König von Preußen oder der Prinz von Hohenzollern seine Kandidatur aus den spanischen Thron ohne Säumen zurückziehc: andernfalls haben wir in 21 Stunden den Krieg." Als am 12. Juli Kaiser Napoleon dem Grasen Nigra die tele graphische Verzichtcrklärung des Prinzen Anton von Hohenzollern zeigte, gratulierte ihm Nigra mit dem Bemerken, daß Frankreich hier einen großen moralischen Sieg gewonnen habe, und daß der Kaiser nun wohl befriedigt sei und ihn gerufen habe, nm ihm den Bestand des Friedens zu versichern. „Ja, es ist der Friede", erwiderte ihm der Kaiser, „und ich habe Sie kommen lassen, damit Sie das an Ihre Ne gierung telegraphieren. Ich habe keine Zeit gehabt, an den König zu schreiben. Ich weiß Wohl, daß die öffentliche Meinung in Frankreich, aufgeregt wie sic ist, eine andere Lösung vorgezogen hätte, nämlich den Krieg. Aber ich erkenne an, daß der Verzicht des Prinzen von Hohcn- zollern eine befriedigende Lösung ist und jeden Vorwand zum Kriege weauimmt — wenigstens vorläufig." — Am 4. September war cs Nigra, der in Gemeinschaft mit dem österreichischen Botschafter Metternich die Kaiserin Eugenie aus den bereits von der aufrührerischen Menge bc- tretenen Tuilcrien rettete und sie in abenteuerlicher Weise den Weg nach England finden ließ. Nigra ist dann in Petersburg und London, vornehmlich aber in Wien, der Vertreter Italiens gewesen und hat namentlich aus dem letzten, viele Jahre hindurch versehenen. Posten in kritischen Momenten den Wert des Dreibundes betont und seinem Lande wie den Verbündeten manchen großen Tienst erwiesen. ZeitnirasstLinmen. Die Reise des Kaise.S nach Kopenhagen wird in eine, Reih- von Zeitungen politisch geweitet. Co schreibt die „Augsburger Abend zeitung": Wir dürfen jetzt darauf bauen, daß Dänemark unter allen Un Händen eine strenge und estrlig e Neutralität uns gegenüber bewahren wnd Mehr verlangen wir nicht. Ater cs ist von boleui Werte für die dcutiche Negiciung, zuverlächg zu wissen, woran sie mit Dänemark ist Das kleine Land könnte unS durst eine versteckte Feindschaft und eine geheime Begünstigung un ercr Gesurr in einem Kriegsfälle unendlichen Schaden zufügen. Deshalb bcarnßen w r es, daß eS sich für eine unbedingte und anscheinend rückhaltlose NcutralitälSvolilik cnl- sch edsn hat, unter die durch den Auslausch der Beiuche der beite» Heiljchcrpaare das Siegel gedrückt worden ist. Ja der „Königsberger Hartungschen Zeitung" liest man folgende Auslassungen über riefen Gegenstand: Mehr und mehr gewinnt in der dortigen Bevölkeruna die llehcrtrvgnna Boden, daß man sich mit dem tait äoeompli der historischen Tat'achen ahzukindru habe, und daß ein srennSnachbarltcl es Verhältnis zu Deutschland das bcfie sür Dänemark sei. Nicht w-nig trägt zur Verbesserung der Stimmunu gegen Deutschland ter gewaltige deutsche Besucherstrom bei, der alljährlich im Sommer Kopenhagen und den freundlichen dänischen Bä.ein am Lund, wie Manenlyst, Klampenborg, Bellevue, ScodSborg und neuerdings auch Fanü an der Noidicc- küste zuslrebt. Die deutscherseits viel ausgesuchte, iu wellige» Hügeln aussteigende Westküste des Leresun-s mit ihren im frischesten Grün prangenden herrlichen Buchenwäldern und ihren »ahlreichen Lrtschaiten, im Norden bei Hrlsingvc in dem stattlichen Schloß und Kastell Kronborgs endend, dielet eine ungemein liebliche Landschaft. Dänemark scheint zur Aufrechterhaltung strilter Neutralität rntschlossen. Für Deutschland ist cs von besonderer Wichtigkeit, wenn Dänemark in einem nordischen Kriege völlig neutral und seine Hauptstadt durch die Ani- rechterkaltung und Verteidigung ihrer Befestigungen westlichen Gegnern als Hwischenbasis verschlossen bleibt. Die „Frankfurter Zeitung" schreibt: Der Besuch des deutschen KaiservaareS in Kopenhagen ist ein erfreuliches Ereignis. Die endgültige Verständigung der däniichen und der preußischen Dstnaslie muß der Sache des Friedens zugute kommen. . . . Dabei ist auch nicht zu vergessen, daß die Verhältnisse Nordcuropas leit dem militüriichen Nicderbruche Nußlands andere geworden sind Während der große Schwieger lohn, Alexander Hl., lebte und vielleicht noch zehn Fabre nach seinem Tode tonnte man sich am ttovenhagener Hof mit der Vorstellung ichmeicheln. der mächtige Gönner weide Däneinaik unter allen Umständen beschützen. Heute tönnen nüchterne dänische Politiker sich unmöglich der Erkenntnis von der Ge- fahr verschließen, die tarin läge, wenn Deutschland und ihr Vaterland in dauernder Entfremdung verharren. Wollen sie sich die Neutralität bewahren, die sür e nea Staat wie den ihren die ehrenvollste LelenSmöglichkeit bietet, so müßen die Dänen in Deutschland sich einen Veitudlger der Neutralität erstehen; andern falls bliebe ihnen unter den beistigen Ver mliuissen nichts übrig, als znm Vasallen Englands zu werden, wie gewisse südliche Königreiche. Die „Braunschwcigiiche LandeSzeitung" schreibt: Die Freundschait äusiausche zwi chen dem deutschen und dem dänischen Monarchen sind kein Akt bwger höfi cher Eiiketle. sondern auch rin politisches Ereignis. Ein Umsst wnng wai eingrtreten als der Naiser auS rigeoster Ent- fchliegung im Fahre IlOi zum 85. GcbnrlSlag deS üönigs Christian IX. nach Kvvcnhagcu l«>sle, nm dem greisen Herrscher — einige Tage vor der oifiziellen Feier am Hose — lein« Gisickwüusche darzubringcn. Schon ramals schmolz raS E>S. Wir Wunen nur m l Genugtuung aus die Eriolge der Pflege besserer Beziehungen zulückblicken und den gegeuwärligen Besuch des deutschen Kaiser- paaics alS ein neues Glied in diefer Kette rntclnationaler Bristön Zangen rui* le' b i>e i'esritdigung begrüßen. Deutscher Reich. Lcip-.g, 8. Juli. * Zn» Lauvtag-twahl. AuS Zittau w rd uns zur Wahl im Wahl liciö ZiiiLU-Lanv geschrieben: Von VcrirauenSmännern der zum Kreise gehörenden Orlschait.m ist Herrn Fabrilbesitzcr Carl Müller- Hiisbselse, Inhaber der bekannten Flachsspinnerei, dre LanvtagSkandidatur Ni, die iiativiialllberalc Partei angeNagen worben. Dieier bat sich auch ;ur An ahme der Kandidatur bereit erklärt. Der KieiS ist früher bereits uaiionalliberat verlieren gewesen, baS Wablgcctz von 1896 bat 1901 einem a rarilchen Abgeordneten, dem j tzt wieder kandidierenden Herrn GuiSb'sitzer He> d-Eckarlsberg, zum Lieg verheilen. — Im 12. länd lichen Wah kreis (Puna-Landl bat Direktor Türk-Heidenau eine ihm von nationalllberaler Seite angeborene Landtagskandivatur aa- geuo in in e n. * Ter Streit ui» Peters. Wie erinnerlich, bat Karl Peters gel geutlich d-S Münchacr P>o',csseS von einer durch ihn ausgegebenen Posttute erzähl', die ang blich erbrochen und rercn Inhalt teilweise ent» wendet worden sc. Demgegenüber gcht rer „Köln. Ztg." jolgenvc amtliche ElNärung zu: „Es sind damals (nämstch im Iabre 1899, als Herr Peters >n einer Broschüre dreie Bebaup'uug znm ersten Mai« russtellt«) durch die'Postv.rwaliung Eiuiiltelungeu angeslelli worren, weiche ergabt«, daß die von Pet.rZ ausgestellte B.hanptstng gan; unzutrcssend war. Die Pysd batte mit jener Kiste, ^rie von der Finna von der Heydt u. Eomp. einer Ezpeoilionefiruia übergeben war, gar nichts zu tun. Peters hat daran) den zu Unrecht eihobenen Vorwurf brieflich zurückgenommen. Dieser Brief ist >u der deutschen Messe veiösfeutlicht worden." * Von Vrr Ta nug pes Kriegcrbunaco in Thorn. Den gestrigen Abgcordnclcntag, aus dem 287 Delegierte nahezu 1»/, Millionen stimm» berechtigter Mitglieder veriraieu, eröffnete der Vorsitzende General der Infanterie v. Spitz nut einer Begrüßung der Gäste, für die der kommanricreude General des XVII. AuneekorpS General v. Braun» Ickweia, ferner der Geheime Neaierungsrat Schlosser als Vertreter deS Ministers des Innern, Oberbürgermeister Dr. Kersten und der bayeriicke Generalleutnant z. D. Winueberger dankten. Letzterer belunocte mit starkem Nachdruck die absolute Uebercinstiinmung der bayerischen, sächsischen, wnrltembergischen, badischen und hessischen Kriegcrverbände mit dem Deutschen Kriegerbunde in allen natio nalen Angelegenbesten. Seine Ansprache wurde mit brausendem Beifall ausgenommen. Dann erhob General von Spitz, nachdem er auf die politischen Kämpfe in unseren Ostmarken eingegangen war, schärfsten Protest gegen die von gegnerischer Seite ausgestellte Behauptung, als ob der Kriegerbunv in louseisionellcn und GlaubenSsragen für oder gegen Feuilleton. Begangene Fehler können besser nicht entschuldigt werden als mit dem Geständnis, daß man als solche wirk lich sie erkenne. Calderon. Die Deutsch-Nationale Annftausstellnng zu Düsseldorf. Der Titel dieser Ausstellung bedeutet ein stmstlerischeS Programm. Prinzipiell hat daS sehr viel sür sich. Die große diesjährige Kunslrevue zu Düsseldorf will nur deutsche Kunst zeigen und hat sich das «Ziel ge fetzt, einen umfassenden Uebcrblick über das gegenwärtige Kunstschassen in Deutschland zu vermitteln. Schade nur, daß die Ausführung eincS solchen Programms nicht Gleichschritt hält mit der Güte der Idee. Weil man immer wieder ans künstlerische Programm denkt, muß man zu dem leider barten Schlüsse kommen, daß unter solchem Gesichtspunkt die Düsseldorfer Veranstaltung versehlt ist. Man kann heuligen Tages Ausstellungen nach mannigfachen Prin- zipev arrangieren. Entweder man poussiert die Masse, oder aber die Qualität. Das ergibt von selbst daS Endresultat schlecht oder gut. In die Kategorie der guten gehören die Ausstellungen der Sezessionen und kleiner, geschloffen auftrctender Künstlergriippen, .vie man sie gottlob häufig genug auch in besseren Kunstsalons erleben 'ann, zu den schlech ten Veranstaltungen zählen in Deutschland in erster Linie die großen Hahrcsrevuen im Glaspalast und am Lehrter Bahnhof. Liesen schließt sich Heuer Düsseldorf an. Man kann aber endlich auch Massenausstellun- gen unter dem reinen Gesichtspunkt der Qualität arrangieren: freilich gehört dazu ein schärferes kritisches Urteil und ein stärkeres Maß von Charakter, als sie den landesüblichen Künstlerjurys eigen sind. In unserem Vaterlande ist das AuSstellunqswcsen nachgerade zu einem Un wesen geworden, das mehr Plage als Wohltat ist. Wenn man im all- verneinen die Bildung des Geschmackes mit der Art des Arrangements solcher Veranstaltungen identifizieren wollte, man käme zu sehr be- oauerlichen Rückschlüssen. Eine Ausstellung, in der wahllos Gute« und Schlechtes eng beieinander hängt, ohne daß einem nur von ferne der Gedanke an irgend welche Höhere künstlerische Absicht kommt, ist versehlt. Denn sie kann dem kunstliebenden Laien nur verderblich sein — und be- beutet alle« andere eher als einen Versuch, erzieherisch zu wirken. Schon "fff diesem Grunde muß man die Düsseldorfer .Kunstausstellung als m zeichnen. Aber auch das an sich treffliche Programm ist in die Bruche gegangen. Einen Ucberblick über das deutsche Kunstschaffen der Gegenwart bekommt man in Düffeld-zn nicht. Man hat versuch» Gruppen zusammenzubrmgen und nach Städten zu ordnen. Gan- al» saubere Winterbilder, aus denen kräftige Naturlaute entgegentönen. Einer der Begabtesten unter den Jungen ist Fritz von Wille, der mit Vorliebe die Eifelgegcnden malt. Auch von ihm sieht man eine prächtige Winterlandschaft, daneben eine Darstellung der Burg Mander- icheid mit weitem Fernblick, aus der es uns wie schmerzliche Melancholie entgegenklingt. All diesen Meistern ist eine Zwiste Grundnote eigen, die sich nicht verleugnen kann. Sie sind ohne Traditionen zur Natur hingekommcn und haben gelernt, in der Landschaft Stimmungen des menschlichen Herzens zu erkennen. Das gibt ihren Bildern künstlerische Reife. Sie stehen der Natur naiver gegenüber als beispielsweise die alten Worpsweder, in deren Werken der Duft der Scholle zur Maxime geworden ist und die uns heute nicht mehr so zu ergreifen vermog-n, weil wir deutlich genug merken, wie hier mit der Naivität kokettiert wird. Man kennt unter den Düsseldorfern auch Gregor von Bach mann, dessen Heimat der Norden ist und der am liebsten die weite Ebene der Pußta malt, über der schweres Gewölk herabhängt, Bilder von einzigartigem StimmungSgehalt und feinster malerischer Verve. Auch Heuer zeigt Bachmann wiederum eine Pußtalandschaft, die er „auf verlassener Heerstraße" nennt und die mit diesem Titel in der Tat genau das an innerem Gehalte trifft, was wir vor ihr empfinden. Bei Max Stern kann man die Schule, aus der der Künstler kommt, gut erkennen. Er bewegt sich etwa auf derselben Linie, auf der Mar Lieber mann zu Ruhm gekommen ist und verschmäht auch eirw stärkere An- lchnung an dessen Meister Israels nicht, während sich der Düsseldorfer Henri Nordenberg mehr zu den alten Holländern hingezogen fühlt und vor allem von Pieter de Hooch und JanffenS die Interieur malerei gelernt hat. Wenn man nun von den Jungen zu den Alten weiterwandert, so kann man leicht Gutes und Schlechtes gegenüberstellen durch zwei gleich mäßig gekannte Meister Eduard von Gebhardt und Peter Janssen. Der eine ein König in seinem Reiche, den dle deutsche Kunstgeschichte mit Ehren nennt, der andere ein schwache« Talent, da» wie so viele andere eine kritiklose Zeit zu Ansehen gebracht hat. Bo- Janssen siebt man auf der Ausstellung ein unsagbar minderwertige» Bild „Am MeercSstrand", über daS der Dresdner Hermann Prell seine Freude haben könnte, weil es seiner Kunst nicht nur äußerlich, sonder» auch der Qualität noch verwandt ist. Dagegen ließe sich Iber den Alt meister Eduard von Gebhardt an Hand der drei in Düsseldorf au»» gestellten Bilder leicht ein eigenes Kapitel schreiben. Zwei dieser Ge mälde behandeln biblische Sujets — „Johannes der Täufer nn Kerker" und „Andächtige Zuhörer bei der Bergpredigt" —, auch a» dritte, „Groß mutter und Enkelin", mutet wie eine alte Legende an. Zeichnerisch groß sind bei diesem Meister de) Stils, dessen streng konstruierte Linie an Mantcgna gemahnen könnte, alle Werke, aber innerlich tief, echte „Geb- barbtS" im besten Sinne, sind nur die beiden zuletzt aenannte« Bilder. Ter „Bergpredigt" feblt zwar die geschlossen-einheitliche Komposition, dafür aber hat sie im Detail io wn»dervolle Schönbeiten, sind die ein zelnen Physiognomien wie die Saiten einer Laute, so »ttodiö» D» Wd» gesehen davon, daß, wie man an hundert Beispielen nachweisen kann, der Jury in Düsseldorf ieder Sinn für Qualität «baing, fehlte es zur Verwirklichung solcher Absichten anscheinend doch zu sehr an Platz. Was man daher an Leistungen unserer ersten deutschen Küuitlervcrciniguugeu sieht, sind Fragmente traurigster Art. Weder München, noch Berlin, noch Dresden oder auch Leipzig sind so vertreten, wie cs unbedingt not wendig gewesen wäre, um halbwegs einen Ucberblick über die Höhen- lcistungcn unserer Moderne zu ermöglichen. Bezeichnend genug ist, was mir einer der ersten Münchener Maler im Gespräch sagte, der von „alten Schinken" redete, die er nach Düsseldorf geschickt habe, weil sie dafür eben gut genug seien. Nebenbei bemerkt, gehören diese „Schinken" immer noch zu dem Vesten, was die Ausstellung zu vergeben hat. Aber man scheint außerhalb der Rheinstadt selbst nicht anders gedacht zu haben. Wie anders wäre es möglich, daß man so viele alte gute Bekannte aus den vergangenen Jabren in Düsseldorf beieinander sieht, während ihre Meister in Berlin, München und Mannheim ihr Bestes und Neuestes zeigen. Düsseldorfs Renommee als Kunststadt datiert eben nur noch von Anno siebzig, und der Kenner weiß nur zu gut, wie starr konservativ und fortschrittfeindlich hier der waltende Geist umgeht. Auch kann es für die Nichtdüsseldorser Künstler nicht besonders ermunternd sein, zu sehen, wie in dieser deutsch-nationalen Kunstausstellung etwa ein Drittel des Raumes von qualitativ sehr unterschiedlichen, einheimischen Meistern belegt worden ist, während sich die übrige deutsche Kunst — und ich denke, es gibt anderswo noch Besseres alS in Düffeldors — mit sehr engem Platz begnügen muß. Das Fazit aber erklärt sich 'omit von selbst: Weder das Programm ist bei dieser Ausstellung gelöst, noch aber ist hier überhaupt etwas geschaffen worden, das aus Anerkennung Anspruch erheben könnte. Schade immerbin kür dieses und jene-, das sich unter der erdrückenden Fülle als wirklich bemerkenswert hcraushebt; denn au guten Einzclleistnnqen fehlt cs nicht, und manches Werk versüßt einem redlich die bittere Laune, die der Besucher über die Ausstellung als Ge samtleistung empfangen muß. Neues läßt sich iiber die deutsche Kunst als solche nicht sagen, dazu sind die einzelnen Städte viel zu unzu reichend vertreten, aber die Düsseldorfer Kunst einmal eingehender zn betrachten, dazu bietet diese Ausstellnna en» vortreffliche Gelegenheit. Auch in Düffeldors sind es wie anderStvo die Jungen, die für die Sünden der Alten versöhnen. Die Liesegang, Schmurr, Cla- renbach, NikutowSki u. a. genießen auch außerhalb der Rhein stadt Rus und Ansehen und dürfen sich immerhin mit den besten Namen des künstlerischen Jungdeutschland messen. Was sic Heuer zu zeigen haben, überrascht nicht, aber man bemerkt gern, öaß sich ihre Schassens kraft aus voller Höhe erhalten hat und Achtbare? zu Wege gebracht hat. So zieht man von Liesegang einige atmosphärisch ertiefte Landschaften, von Schmurr ein großes Winterbild, den Maler Clarenbach bei *>er Arbeit darstellend, nicht besonders glücklich in der Komposition und ohne sonderliche malerische Vertiefung, von NikutowSki ein ausgezeichnetes Gemälde der Burg Lauffenburg und von Max Clarenbach endlich zwei
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