01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 26.09.1907
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-09-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19070926018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1907092601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1907092601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1907
- Monat1907-09
- Tag1907-09-26
- Monat1907-09
- Jahr1907
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezug--Prei» str LetVjia und Vorurte durch unsere Lrtger und Spediteur« in» Hau» gebracht - Aufgabe L (nur morgen») viertrljthrlich 3 M. monatlich 1 M. Su»gab« 8 (morgen» und abend«) viertel, jährlich 4.S0 M. monatlich I SO M. Durch di« Poft bezoaen (2 mal täglich) innerhalb Deutschland« und der deutschen Kolonien vierteljährlich 5,25 monatlich 1.75 M aulschl. Post, dcstellgeld iür Oesterreich 9 L 66 d. Ungarn S tt vierteljährlich. Sbonnement-Snnahme i Uugukusvlatz 8, bei unserrn Drägern, Filialen, Spediteuren und «nnatziaeftellen. »wie Postämtern und Briefträgern. Die einzeln« Nuannrr kostet 1V Pfg. «edakttou und Expedttteur Iohannttgasse 8. Delevhon Nr. 11692 Nr. 14698 Nr. I46S4. ivrrltner vedaktion« ivureau: Berlin 8V7. < Prinz Loui» Ferdinand- Straße I. Delephon I, Nr. 9275. Morgen-Ausgabe 8. MipMti'TagMM Handelszeitung. ZÜmtcvsatt des Nates und des Nokizeiamtes der Lladt Leipzig. Anzeigen-PreiS für Inserate au» Leipzig und Umgebung d>« «gespaltene Petitzeile 25 Ps., finanzielle Anzeigen 3l> Pt., Reklamen I M.; von au»wärt» 30 Ps., Reklamen 1.20 M. vom Ausland 50Pt-, finanz. Anzeigen75Pf.. Reklamen 1.50 M. Inserate «. Bchärden im amtlichen Teil 40Pf. Beilagegebübr 5 M. p. Tausend exkl. Post, gebühr. Geschäst»anzeigen an bevorzugter Stelle im Preise erbäht. Rabatt nach Dams. Fist erteilte Aufträge können nicht zurück- gezogen werden. Für da« Erscheinen an bestimmten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeigen.Annahme: AuguKulplatz 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annonce»- Expeditionen des In- und Auslandes. Haupt Filiale Berlin: Earl Dllncki Herzog!. Payr. Hofbuch. Handlung, Lützowstraße 10. (Telephon VI, Nr. 4603). Nr. 267. 161. Iabraano. Donnerstag 26. September 1907. Das wichtigste vom Tage. * Der Zustand desGroßherzogs vonBaden ist unver ändert. lS. Letzte Dep.) * Am heutigen Tage finden in Sachsen dieWahIen der Abgeordneten zum Landtag durch die vor 14 Tagen ge wählten Wahlmänner statt. * Das „Neutersche Bureau" verbreitet die Meldung, daß die (Gräfin Montignoso mit dem Sänger Toselli gestern vor dem Standesamt Strand in London im Beisein von drei Zeugen die Ehe e i n g c g a n g e n ist. lS. Neues a. a. W.) * Das Abschiedsgesuch des Ministerialdirektors Alt ho ff ist genehmigt worden. sS. Letzte Dep.) * In Frankfurt a. M. beginnen heute die Verhandlungen des 12. i n t e r n a t i o n.a l e n K o n g r e s s e s f ü r Sonntags feier. lS. Dtschs. R.) * In der spanischen Provinz Malaga sind bei Ueber- lchwemmungen viele Personen ertrunken. lS. Neues a. a. W.) »König Karl von Rumänien ist in Wien eingetroffen, desgleichen der russische Minister v. Iswolski. zvo „neue" Richtevstelleii? Es verlautet gerüchtweise, die sächsische Negierung wolle beim Land- tage 100 „neue" Richterstellen beantragen. Leute, oic es noch besser willen wollen, tuscheln geheimnisvoll, die Regierung -'stl- nur 30 Stellen fordern. Propheten vollends, denen ihre Talente ge statten, das Gras wachsen zu hören, geben ihre Orakelwcisheit dahin zum Besten: die Negierung werde 30 Stellen fordern, der Landtag aber werde 100 Stellen verwilligen und die Regierung veranlassen, sie zu schaffen. Genug: daß eine „Neuschaffung" von Richterstellen im Werke ist. scheint so gut wie gesichert. Und in der Tat war es höchste Zeit, daß man sich zu diesem Schritt entschloß. Mit dem Hilfsrichterwesen, wie eS bis lang besteht, kann es nicht so weiteryehen. Die Stellen, um deren Neuschaffung es sich handelt, sind nämlich nicht etwa Stellen, die wirklich „neu geschaffen" werden, sondern sie sind ausnahmslos etat mäßige feste Hilfsrichterstellen, die nur in ordentliche Richter stellen sAmts- und Landrichterstellen) umgewandelt werden. Nicht eine Stelle also wird neu geschaffen; nur schon vor handene Stellen werden gehoben. Gehoben im Gehalt und in der ver fassungsmäßigen Stellung. Im übrigen tritt keine Aenderung ein. Denn unsere Hilfsrichter üben die volle und ganze Funktion eines ordentlichen Amts- oder Landrichters ans; sie unterscheiden sich von ihm lediglich durch den geringeren Gehalt und durch die Absetzbarkeit. Der ordentliche Richter fängt mit 3600 .it Gehalt an und ist unabsetzbar; der Hilfsrichter bezieht 1800—2400 F Gehalt und kann mit Kündigung entlassen werden. Es liegt also die Sache so, daß von vornherein eine beträchtliche Anzahl fester Stellen nicht als Amts- oder Landrichter-, sondern als Hilfsrichter- stellcn in den Etat eingestellt ist. Das ist für den Staatssäckel sehr be quem: denn er läßt sich die gleiche Arbeit leisten und bezahlt dafür weit weniger, als er dem Amts- oder Landrichter bezahlen müßte. Er macht also ein ganz flottes Geschäft dabei. Da wir nun bei uns das System der festen Stellen haben, so bleibt demgemäß so ein Hilfsrichter soder „Assessor", wie er gewöhnlich genannt wird) so lange in seiner schwach dotierten Stelle kleben, bis es dem Schicksal gefällt, eine Amtsrichter stelle frei werden zu lassen. Das kann sehr lange dauern. Hört man doch von Leuten, die es wissen müssen, daß gegenwärtig ein Assessor fünf bis sechs Jahre warten muß, bis er darauf hoffen darf, ordent- licher Richter zu werden. Hier haben wir die Kehrseite der Medaille. Es ist gewiß nichts dagegen einzuwenden, wenn die Justizverwaltung die Leute, die sie auf Lebenszeit anstellen will und soll, vorher eine Zeitlang auf Herz und Nieren prüft. Manch einer besteht sein zweites Staatsexamen, der doch zum Richter, überhaupt zum Juristen, nicht recht taugt. Das sieht man erst in der Praxis. Aber diese Prüsungszeit darf doch nicht bis ins Aschgraue ausgedehnt werden. Ein bis zwei Jahre sind völlig hin reichend, um der Behörde die erforderliche Gewißheit zu geben. Legen wir noch ein Jahr zu, damit der junge Mann sich in mehreren Dienst zweigen umsehen und bewähren kann, so kommen wir auf drei Jahre. Dieser Zeitraum ist gewiß eine ausreichende Wartezeit für jemanden, der schon vorher vier Jahre hindurch als Referendar hat warten müssen. Es dürfte also erwartet werden, daß die Justiz jeden Juristen, den sie einmal annimmt, nach höchstens drei Jahren auch wirklich fest anstellt. Vorausgesetzt natürlich, daß er etwas taugt. Bei den gegenwärtigen Zuständen ist das, was wir hier forderten, völlig ausgeschlossen. Es fehlt einfach an Stellen, in die der junge Mann einrücken könnte. Hilfsrichterstellen sind genug da. Aber wenn es sich darum handelt, weiterzukommen, aufzurücken: ja, dann fehlen die Stellen; das Tor ist verschlossen. Und so warten dann die jungen Leute vier, fünf, auch wohl sechs Jahre, bis sich ihnen endlich die Tür öffnet zu demjenigen Amte, dessen Bürde sie schon jahrelang tragen, aber ohne die Würde und die sonstigen Vorteile des Amtes zu genießen. Die „jungen Leute"? Nun freilich, die erste Jugend ist über solchen Geduldsproben allmählich dahingeflossen. Wer sein Richterexamen mit 28 bis 30 Jahren macht und dann noch sechs Jahre ins Ungewisse hinein warten muß, der pflegt am Ende dieser Zeit seinen ersten Lebens mai hinter sich zu haben. Dazu kommt das Aufreibende deS Berufes. ES ist erstaunlich und bedauerlich, was für müde, verbitterte Menschen sich zuweilen als Assessoren vorstellen. Ueber die Kalamität der späten Eheschließung ist schon viel ge. schrieben und gesprochen worden. Es liegt klar auf der Hand, daß unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnissen ein akademisch gebildeter Mann mit 2400 ^k keine Frau ernähren kann. Ja, dem Schreiber dieser Zeilen bleibt es schwer verständlich, wie mit einem solchen Betrage em Richter auch nur sich selbst standesgemäß soll unterhalten können, ohne Schulden zu machen. WaS ist die Folge? Wem eS widersteht, ein« jener sogenannten Finanzehen zu schließen, die nicht immer die glücklichsten sein sollen, der bleibt eben ledig und setzt das gewohnte Kneipcnleben wohl oder übel so lange weiter fort, bis — er ein für allemal fürs Heiraten zu alt und bequem geworden ist. Die hohe Prozentzahl älterer Junggesellen unter unseren Richtern ist auffallend. Ob solche Richter gerade das Ideal darstellen, ob gerade sie geeignet sind, über mannigfache häusliche und bauswirtschaftliche Angelegenheiten ein Votum abzugebm, lassen wir dahingestellt sein. Es ist vorgeschlagen worden, man solle dadurch Abhilfe schaffen, daß man vom dritten Jahre ab den Gehalt des Hilssiichters auf 3000 K er höht. Natürlich handelt es sich hier nur um ein Verlcgenhcitsrezept. Wollte man cs verordnen, so läge die Gefahr nahe, daß nun der Hilfs- richter auf diesen tausend Talern ebenso festgenagelt sitzen bliebe wie vordem auf den 2400 .<k. Seine pekuniäre Lage wäre um 200 Taler ver bessert; im übrigen wäre er um keinen Deut verbessert. Eine Verbejse- rung von Grund aus läßt sich auf diesem Wege nicht erreichen. Es bleibt nichts anderes übrig: die Angelegenheit bedarf einer gründlichen Neuordnung, einer durchgreifenden Reform. Es gibt nur zwei Wege, wenn diese Reform Sinn haben soll. Entweder man gibt das unselige System der festen Stellen auf und entscheidet sich frischweg kür das Dienstalterssystem, das allein wahrer Gerechtigkeit entspricht. Daß unsere Negierung diesen Entschluß fassen werde, ist freilich kaum zu hoffen. Bleibt nur noch e i n anderer Weg, ein Weg, den die Negierung anscheinend vorzieht: Hält man am System der festen Stellen fest, so muß man unweigerlich so viele Stellen, speziell so viele untere Stellen schaffen, daß ein rechtzeitiges Aufrücken in diese snach etwa drei Jahren vom Staatsexamen an gerechnet) faktisch gewährleistet ist. Dieser Einsicht scheint sich weder die Regierung zu verschließen, noch hat bisher der Landtag sich ihr entzogen. Gerade der Landtag war cs, der immer und immer wieder — bereitwilliger als die Negierung selbst — auf die Vermehrung der Richterstellen gedrungen hat Auch der neue Landtag wird, dessen sind wir gewiß, von dieser Forderung nicht um einen Schritt zurückweichen. Die finanziellen Bedenklichkeiten des Ministertisches müssen ihr gegenüber zurücktreten. Sind wir recht unter richtet, so warten zurzeit über 3M Assessoren auf ihre definitive An stellung als Richter. Daß hier mit 30 sdreißig!) neuen Stellen weniger wie nichts getan ist, sieht jedermann ein. Wir sprechen die Hoffnung aus, der Landtag werde sich, wenn wirklich die Regierung swir bezweifeln es) mit einer derartigen Zabl an ihn herantreten sollte, wie ein Mann gegen solche Halbheit auflehnen. Hundert neue Stellen sind das mindeste, was zurzeit geschaffen oder richtiger umgewandelt werden muß. Wir: haben ein Recht dies zu erwarten, nicht mrr im Interesse unserer Söhne uod Angehörigen, die die Nichterlausbahn ergriffen haben, sondern auch im Interesse unseres Landes und Volkes selbst. Unter einer mißmutigen Justiz leidet schließlich auch das rechtsuchende Publi kum. Wir haben das Recht zu verlangen, daß diesem Mißmut, wie er unsere jüngeren Juristen zurzeit beherrscht der Nährboden entzogen werde. Ist Englische und deutsche Manöver. (Von unserem Londoner L. - Korrespondenten.) Mr. Haldanes Armeereform reift allmählich ihrer Realisierung entgegen. Soeben sind die Einzelheiten der Organisation für die Terri torialarmee. die sich aus Freiwilligen zusammenseht, festgestellt worden. Sie tragen durchaus das Gepräge einer am nächtlichen Studiertisch mit saurem Schweiß erdachten zivilistischen Schöpfung. Der schlimmste und völlig berechtigte Vorwurf, den man ihr machen kann, besteht darin, daß im Frieden die Generale ihre Divisionen nicht genügend in die Hand bekommen, während bei der Mobilisation plötzlich die gesamten Verwal tungsgeschäfte, die bis dahin von Selbstverwaltungsbehörden in den Kreisen geführt worden sind, auf sie unvermittelt übergehen. Das be zieht sich auf alle Einzelheiten der Bekleidung und Verpflegung, und da der Wechsel auch bei den alljährlichen Manövern Platz greift, welche die einzige Gelegenheit zu feldmäßigen Hebungen in größeren Verbänden als dem Bataillon bilden, so ist eine gehörige Verwirrung zu erwarten und kaum abzusehen, wie in den kärglichen 14 Tagen die bisherigen Volunteers und nunmehrigen Territorials leistungsfähiger gemacht werden sollen. Die Konservativen werfen denn auch Mr. Haldane nicht ohne Grund vor, „er hätte dem Lande wertvollere Dienste erwiesen, hatte er seine Wochen- und monatelangcn Studien mehr dem Versuche ge widmet, die taktische Leistungsfähigkeit der Bürgersoldaten zu erhöhen." Auch die diesjährigen Flottenmanöver, soweit sie schon stattgefunden haben und noch geplant sind, beschäftigen die öffentliche Aufmerksamkeit zurzeit sehr stark. Man erinnert sich noch der glänzenden Schilde rungen, welche die englische Presse den vorjährigen Flottenmanövern widmete, trotzdem si« in Wahrheit gründlich verunglückt waren. Jetzt heißt es ganz anders. So lesen wir in einem Tory-Organ: „Die vor jährigen Flottenmanöver wollten ein Beispiel der Bedingungen liefern, unter denen ein Angriff auf unseren Seehandel in Kriegszeit möglich ist. Aber der hierfür adoptierte Plan war überaus künstlich und hatte wenig Aehnlickkeit mit wirklich kriegsmäßigen Voraussetzungen. Das Netto-Ergebnis der Manöver für geschulte Beobachter bestand in der Ueberzeugung, daß die Flott« wegen des schlechten Reparaturzustandes nicht kriegsfertig war." Im laufenden Sommer haben bekanntlich die Home Fleet und die Kanalslotte )ede für sich manövriert; wie wir aus persönlicher Beobachtung bestätigen können, durchaus wenig kriegs gemäß. Die Jingos sind über diese Trennung der beiden Flotten sehr böse. Und die Spitze ihrer Argumentation richtet sich gegen Deutschland. Ter dem aggressiven Flügel der britischen Navy-League zum Organ dienende „Standard" drückt sich in dieser Beziehung unmißverständlich aus: „Die Trennung der beiden Flotten und ihres Kommandos bleibt ein Rätsel. Ist es eine Anordnung für den Krieg, so ist sie schlecht. Ist es nur ein Friedensarrangement, so ist es auch schlecht: keine Kom mandoverteilung, die bei Kriegsausbruch geändert werden muß, kann gut sein. Solange es eine deutsche Flotte in der Nordsee gibt, mag Deutschland unser Bundesgenosse oder unser Freund oder unser Feind sein, so lange sollte in oder nahe der Nordsee ein Geschwader sein, das stärker als di« ganze deutsche Flottenmacht ist und ein einziges Kommando bildet". Daß dem nicht so ist, und zwar zu einer Zeit, „wo die ganze deutsche Flotte unter einem einzigen Befehlshaber manövriert, erregt viel Sorge". Bekanntlich sind diese Sorgen übertrieben, inso fern als Lord Charles Beresford der Kommandeur der Kanalflotte, im Oktober eine Division der Home Fleet, die Atlantische Flotte, zwei Tor pedogeschwader und neun Kreuzer erhalten wird, um mit ihnen und der Kanalflotte in der Nordsee zu üben. Die beiden Flotten sind eben als unabhängige, aber einander aushelfende und gelegentlich unter einem Kommando gegen denselben Geaner, Deutschland, operierende Flotten gedacht. Was das zu bedeuten hat, davon gibt eine fachmännische, an die neueste „Flottcnpanik" anknüpfende Zuschrift an die „Times" Aus kunft. Darin wird die Angriffskraft der Beresfordschen Uebungsflotte mit derjenigen Der ganzen deutschen Flotte verglichen. Ter Vergleichs- maßstab ist der in England übliche: daS Metallgewicht, das die Geschütze zu schleudern vermögen. Die deutsche Flotte wird auf 19 Panzerschiffe mit 80 schweren und 286 Hilssgeschützen berechnet, die eine Breitseite von 47 202 englischen Pfund zu versenden haben. Die Kanalflotte unter Beresford soll sich auf 20 Schiffe mit 102 schweren Geschützen und 218 mittleren Geschützen stellen. Die Breitseite der Kanalslotte wiegt 67 580 Pfund. Dazu kommen im Oktober weitere 19 Panzerschiffe mit 68 schweren und 198 mittleren Geschützen oder eine weitere Breitseite von 53 500 Pfund. Das ist allein schon 62M Pfund mehr als bei der ganz-:! deutschen Hochseeflotte, das ballistische Gesamtplus dieser Uebungsflotte über die deutsche Marine käme danach aus 73 878 Pfund zu stehen, die „Dreadnought" und die „London" nicht mitgercchnet. Der Veriasser ver- gleicht noch die beiderseitigen Reserven, und erklärt dann „die gegen wärtige Bedrohung durch die deutsche Flotte für den größten Mond- schein". Jahrelang habe man ein „Denkdepartement" für die Marnie verlangt. Jetzt habe man cs und das beste Gehirn der Marine, ja einen „See-Staatsmann" darin. Die Jercmiaden seien also kindisch. Seit den fünfziger Jahren ist militärischen Organisationsfragen und Manövern kein so reges Interesse mehr entgegengebracht worden. Die Berichterstattung über die eigenen, aber kaum mit dem Namen Manöver zu bezeichnenden Feldübungen — es ist dem Kommandeur der roten Armee beinahe passiert, von den blauen Haupttruppen gefangen ge- nommen zu werden — treten ganz in den Hintergrund vor der Bericht erstattung über die deutschen und die schweizerischen Hcibstübungen. Von der Schweiz brachten die englischen „Experter" unwillkommene Kunoe mit. Oberstleutnant Fechtermann, der schweizerische Gencralstabscher, der sich über Englands Armee trefflich unterrichtet zeigte, gab ihnen die Versicherung mit, daß es mit der gegenwärtig von Haldane inszenierten Reorganisation nicht gehen wird, daß die schweizerische Milizarmee nicht zu kopieren ist, und daß Großbritannien, wenn es in der kontinentalen Politik Europas eine Großmacht bleiben will, früher oder später in irgend einer Form die allgemeine Wehrpflicht einführen muß". Die deutschen Manöver haben namentlich die Experten der Toryblätter ver sucht von der komischen Seite darzustellen, meist mit dem Erfola, sich selbst lächerlich -n machen. Der „Standard"-Korrcspondent z. B. be- schreibt gelegentlich einen Rucksack als ein „Stück Leinwand, das an einem Strick um den Hals getragen wird". Trotz aller Neigung zu Albernheiten kann sich doch keiner der Korrespondenten — und das ist von englischer Seite viel — der Anerkennung entziehen, daß die deutsche Armee eine großartige nationale Schule und die unvergängliche stille Liebe des in das Philistertum zurückgetretenen gereisten Mannes ist. Von unserer Kavallerie wird anerkannt, daß sie reiten und Pferde pflegen kann, ein Lob, das man aus englischem Munde schon akzeptieren darf. Daß ihre Lanzen ganz aus Stahl sind, erregt Verwunderung, die Kunst des Lanzenfechtens Bewunderung. Namentlich die alten Südafrikaner unter den Korrespondenten finden an der Infanterie aus- zusihen, daß sie sich noch nicht genügend von der Burentaktik zu eigen geinamt hat und noch zu sehr vom lauten Kommando der Offiziere ab hängig ist. Die Art, wie die Offiziere für ihre Leute sorgen, erregt den lebhaftesten Beifall der Korrespondenten, die ihre Erfahrungen bei der indischen Armee gesammelt haben. Im ganzen finden die Enaländer unsere Leute noch zu schwer belastet und körperlich zu wenig athletisch. Man sieht, es ist die Kritik von Leuten, die ihre militärischen Beob achtungen unter ganz anderen Verhältnissen gemacht haben und sie nicht immer korrekt zu übertragen wissen. Auf der anderen Seite geht doch auch aus den übelwollendsten Beurteilungen hervor, daß das Erwachen und die Ausbreitung des militärischen Interesses in England uns nütz- sich ist: Es stärkt zweifellos den Respekt vor Deutschland! Deutsches Reich. Leipzig, 26. September. * Zur sächsischen Wahlrcform. Eine freilich zunächst rein persön liche Kundgebung zur Wahlrecktsfrage erschein» kurz vor der konfe>v.ttiven Generalversammlung. Der ossizielle Titel, unter dem das lustorstche Dokument der Oesfentlichkeit übergeben wird, lautet: „Eine Wahlrechts- jkizze unter Anlehnung an die Regierungsvorlage." Der Verfasser der Wahlreä'tsski;;e ist der Kammerherr von Blumentbal, ein echter und rechler preußische» Konservativer, so preußisch-konseroauv, daß ihm offenbar das Verständnis für die Wünsche unv Beeinflusse deS sächsischen Volkes vollkommen abgeht. Herr von Blumentbal bringt ein Wahl system, bestellend aus der reinen Verhältniswahl, ohne PluraOvabl — nach diesem WahlmokuS sollen aber nur dreißig Abgeordnete aewählt Werren. Die doppelte Änzabl von Abgeordnete», un.eiäbr sech ia, soll nämlich nach dem Plurallyüem gewäblt werden. Dabei muß der Wäbler — wie auch bei der Verhältniswahl — über 3<> Jahre lein und den Wohnsitz im Wahlkreise seit einem Jahre haben. Schon riese Betonung des Alters und der Seßhaftigkeit ist verdächtig, denn in Stadtkreiien muß man sich vor Neuwahlen nut dem Umuehen ganz gewaltig in acht nehmen. Irrer Wähler verfügt über eine Grundstimme. Zuiatzwablen sollen eingeräumt werden: 1) dem reiferen Alter sJ.), 2) der höheren Bildung im weiteren Sinne s8), 3) der Schaffung von Arbeitsgelegenheit, beziehentlich der höher?» Steuerleistung, und 4) der Seßhaftigkeit sO und O). Man braucht seine Denkkraft nicht besonders anzustrengen, um zu dem Schluffe zu kommen, daß die Höchstzahl von fünf Stimmen im allgemeinen nur solchen Wählern zufallen wird, von denen die jüngste Entschließung des enqcrcn Vorstandes des konservativen Landesvereins sagt, daß sie „eine sichere Gewähr für eine vaterländisch grsinntc Mehr heit der Volksvertretung bieten", vaterländisch im Sinne der Konser vativen. Daß der Entwurf der konservativen Generalversammlung etwa als Richtschnur in der Behandlung der Wahlrechtsfrage dienen könne, er scheint uns ausgeschlossen, trotzdem .Herr Dr. Wagner so etwas jn einer kürzlich in Radeheul abgchaltenen Versammlung erwähnte. Dazu er scheint das Projekt doch zu wenig ausgearbeitet und — zu aussichtslos. alr. Tic amtliche Portokrethett in Bayern. Die gesamte amtl che Portosreibeit in Bayern wird mit Beginn der nächsten Fmanzperwde aufgehoben. Nur diejenigen wenigen Bebo,den. welchen die Portotreibeit durch Reichs» oder LandeSgesetz zugesichcrt ist, bleiben vorerst von der Aushebung der Portotreibeit unbettoffen. Der bisherige Einnakme- auSfall der Post durch Beförderung portofreier Sendungen ist durch eine einjährige Kontrolle auf 6 Millionen Mark ermittelt worden. * Ter Leiter der TtaatSbahnen in Württemberg Aus Stuttgart wird uns geickrieben: Der ErbolunaSurlaub, den Geb. Rat v. Batt. Generaldirektor der württembergi'chen StaatSei enbabnen, demnächst antritt, wird, wenn nicht alles täu'cht, der Vorläufer seines R ücktri r tS sein. Zwar beißt eS, er werde Ende Oktober in lein Amt zurückkebren und das Weitere von seinen Gesunkbe'tSverhäl,nisten abhängig machen; allein man har genug Anhaltspunkte dafür, daß cs sich mit dielen Gelund- heitSverbälin sten wie üblich verhält. Exrellcnz v. Balz dürste sich in seiner Stellung als Leiter der StaatSeisenbahnen nachgerade kaum noch be sonders wohl füblen, denn lwi'cken ibm und dem Ministerpräsidenien Dr. v. Weiz'äcker, der als Minister resAuSwärtigen zugleich V.rlebreminilker ist, soll in gewissen Fragen keineswegs eine volle Uedereuistimmuna der An-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht