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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 20.02.1936
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1936-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19360220029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1936022002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1936022002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1936
- Monat1936-02
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Nr. »r Srtte r Drttdver Nachrichten Donnerstag. 20. Februar 1SS4 Der NaiitsmMlk WM lm S«fei»»rM Die Schul» falscher Sumanität Schwert«, 20. Februar. Im Mordprozeb Seefeld vor dem Schweriner Zchwur- gericht nahm am Donnerstag, nachdem di« BeivetSaufnahm« aeichlossen worden war, der Vertreter der Anklage, Ober staatsanwalt Beusch, das Wort. Er führt« u. a. auS: Ein grauenvolles und erschütternde» Kapitel menschlicher Ver irrung und Entartung, menschlicher Verschlagenheit und BoS- kasttgkeit, menschlicher Hinterlist und Vertiertheit, mensch licher Gefühlsroheit und Stumpfheit ist an iin» vorüber gezogen, so das; eS mir manchmal bat scheinen wollen, als wenn in der Person des Angeklagten der personifi zierte Teufel durch die deutschen Gaue geschritten ist. Er hat nur ein Lebensziel gehabt: nämlich seinen» Laster von Jugend an bis in sein spätes Alter zu frönen, lieber hundert .«naben hat dieser Angeklagte verdorben. Er allein trägt die Schuld daran, wenn diese Menschen selbst aus die falsche Fährte sittlicher Entartung geraten sind. Die Folge» dieser sittlichen Entartung kennen wir: Verlogenheit, Untreue und wiederum Verderbnis. Die Zahl der Morde des Angeklagten Seefeld wird sich mit Sicherheit niemals mehr seststellen lassen. Wenn ich sie heute aus etwa dreißig schätze, so habe ich sicher nicht eine zu hohe Zahl genannt. U » g e b e u e r e S L e t d bat dieser Unmensch Väter» und Mütter» der Knabe» bereitet. Zahllose Tränen sind geweint, unruhige Tage und Nächte ver- bracht worden in der Ungewißheit über oaS Schicksal der Löhne. Wie ist es möglich, daß dieser Unhold immer wieder auf die Menschheit loSgelasien wurde, so bin ich ost und ost von vielen Volksgenossen gefragt worden. Diese Volksgenossen haben ein» vergessen: Sie haben schon vergessen, den Libe ralismus l» seiner höchsten Auswirkung in der Systein- zeit miterlebt zu haben. Tie Weltanschauung des Liberalis mus ist mit verantwortlich für die Taten des Angeklagten. Der Fall Seeseld ist «tue einzige Anklage gegen di« so genannte Humanität des Liberalismus. Diese Humanität, die in den Logen vcreinSmäfiig verankert war, ist eins der verdorbensten Lockmittel für den deutschen Spießer gewesen. Dabei hatte in der Systemzeit die Humanität nichts mit dem zu tun, was wir Deutsche unter Humanität verstehen: „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut", sondern jene Humani tät war die Hüterin des M i n b e r w e r t i g e n, des Faulen und de» vervrecher». Wär« «S nicht human gewesen, den bln- geklagten im Jahr« 1026 in der Strafanstalt Brunsbüttel zu belassen und ibn dort arbeitet» zu lassen, ober ist I» human gewtfen, ihn wieder aus die Menschheit lodzulassent Dieser einzige Hinweis mag genügen, um Fünen die wirkliche Humanität der nationalsozialistischen Gesetzgebung über Sterilisation. Entmannung und SicherbeitSverwahrung vor Augen zu führen. Der Fall Seeseld ist ein Schul, und Musterbeispiel sä» die Richtigkeit dieser Geseßgeb««g. Wenn eS immer noch Volksgenossen gibt, besonders in kirch- licheu Kreisen, die diese Gesetzgebung verurteilen, bann möge» sie sich, wenn sie überhaupt belehrbar sind, an dem Fall See seld unterrichten und sich eines Besseren belehren lassen. So sehr auch die Forderung vieler Volksgenossen, mit einem solchen Scheusal kurzen Prozeb zu machen, verständlich sein mag, so werden doch verschiedene Punkt« nicht dabei be rücksichtigt. Zunächst: Wir leben in einem Rechtsstaat, und ich habe nicht die rechtliche Handhabe, um mit einem solchen Menschen kurzen Prozeb zu machen. Ferner: Jeder Vater und sedc Mutter hat ein Recht daraus, zu wissen, wer ihren Lohn ermordet und geschändet hat. Ich darf mich nicht daraus beschränken, etwa nur zwei Fälle auszuklären. Dann würde immer die Unruhe im Volk zurückoletben, ob nicht noch «in zweiter Mann wie der Angeklagte sein Unwesen treibe. Wenn es uns gelungen is», innerhalb eine» Drei- vtertelsahres restlos Klarheit zu schassen, dürfen dir Volksgenossen zufrieden sein. Ter Prozeb hat für Staatsanwalt, Polizei und medizi nische Wissenschaft wichtige Erkenntnisse gebracht. Schlieblich ist aber dieser Fall auch ein furchtbarer Anscha«««s»««ter«tcht für die Sinder, Slter« «nd «rztetzer. Ich kann auch hier ««» alle« Slter« ««d Erzieher« ««» Her, lege«, die Kinder zu » ar « e < vor Slemente» wie der An» geklagte. Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen betonte der Oberstaatsanwalt, bah das Gesamtbild der Fälle den Beweis gebe, das, der Angeklagte der Täter lei. Zur Beruhigung der Bevölkerung könne gesagt werden, dab auch die in diesem Prozeb nicht behandelten Morbsälle noch genauestev» nach- geprüst werde». Der Oberstaatsanwalt ging sodann auf die einzelnen Fälle der Anklage ein. Görtny in Dialowtefch Warschau, 20. Februar. Wie die polnische Presse meldet, nehmen an der Jag- in Bialowiesch neben dem Ministerpräsidenten Göring un- üen deutschen Gästen unter anderem General Fabrycv, Ser Ehef d«S Militärkabinetts deS polnischen Staatspräsiden ten General Lchally und -er Vizedirektor deS politischen Tepartements deS Außenministeriums Gras I. Pvtocki teil. An -em Frühstück, das Anbenminister Beck am Mitt woch zu Ehren -eS Ministerpräsidenten Göring und Frau Göring gab, nahmen auber dem deutschen Botschafter und Frau von Moltke sowie -en mit dem Ministerpräsidenten Göring aus Berlin gekommenen Herren der Vizeministcr -e- Außenministeriums Graf Szembek, der Ehef des Protokolls Graf Romer, -er Ehef -<S polnischen Militär flugwesens General Rayski und Graf M. Potocki teil. Reichsliften für erste Fachkräfte Berlin, 20. Februar. Die Zusammenarbeit zwischen der Teutschen Arbeitsfront und -er Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeits losenversicherung wird sich in Zukunft zugunsten der schassen den Volksgenossen noch besser gestalten als bisher. Er ist be reits ein Uebereinkommen auSgearbeitct worden, dessen Ge nehmigung durch die Reichsanstalt demnächst bevorsteht. Das Abkommen siebt unter anderem vor, -ab die Verinitt- l u n g s e i n r i ch t u n g e n der Reichsanstalt nach der be reit» erfolgten Uebernahme der Stellenvermittlung der DAF nach einheitlichen Gesichtspunkten erweitert werden. Bei mehreren Arbeitsämtern werden neue Vermittlungsstellen für Angestellte errichtet. Tie La>U>eSarbeitsämter stellen besondere F a ch v e r m i t t l n n g e n für ihre Bezirke auf. Für bestimmte Berufe sind R e i ch s Vermittlungs stellen in Aussicht genommen. Tie Beobachtung des Ber- mittlungsausgleichs führt eine ReichSauSgletchstelle bei -er Hauptstell« der Reichsanstalt durch. Bemerkenswert ist dabei die in Erwägung gezogene Veröffentlichung von Reichslisten für erste Fachkräfte. Schlieblich wird das Uebereinkommen sicherstelle», dah Veranstaltungen der Reichsanstalt zur beruflichen Weiterbildung von Arbeit-- losen aus Unterstützungsempfänger beschränkt wer den, und -ah sämtliche TchulungSmaßnahmen der Reichs anstalt in engster Zusammenarbeit mit der DAF erfolgen. Im Zusammenhang hiermit wird das Amt für ArbeitSsüh- rung und Berufserztchung «ine Arbeitsgemeinschaft für Be rufsberatung und Lehrstellenvermittlung clnrichten, an der sich die Rcichsanstalt durch Entsendung von Fachbcarbcitern beteiligt. Auch wird in dem genannten Amt eine Verbin dungsstelle znr ReichSanstalt bestehen. Satter Winter in Ostpreußen Königsberg, 20. Februar. In Ostpreussen herrscht strenger Frost. Nachdem in der ganzen letzten Woche das Thermometer nachts bereit» unter 10 Grad Kälte gesunken war, wurden tn der Nacht zum Don nerstag in Königsberg sogar 18 Grad unter Null ge messen. Im ganzen Gebiete ist viel Schnee gefallen. Der scharfe Nordostwind hat auf den Straßen grobe Schneewehe» gebildet. Ans der Elbinger Höhe haben -ie Schneewehen eine Höhe von mehreren Metern erreicht, so -atz nur noch die Baumkronen aus dem Schnee herauSragen. Das Frische Hass ist völlig zugesroren. Fußgänger und Schlitten überqueren die Eisfläche. Gchneefturm über Dänemark Kopohage». 20. Februar. Ueber einem groben Teil Dänemark» tobt« am Mitt, woch wieder ein heftiger Schneesturm. In Nordsee land war der Verkehr fast völlig lahmgclegt. Mehrere E i s e n b a h n z ü g e blieben im Schnee stecken. Große Ver- kehrSschwierigkeiten verursachte der Schneesturm auch auf -er Insel Bornholm, deren östlicher Teil fast gänzlich von der Umwelt abgeschnitten wurde. Httsa Eichler noch immer vermißt Ueber 200 Anzeigen erstattet Tros, umfassender Fah«bn«gS«ab«ahme« der kriminal, Polizei und regster Anteilnahme der Bevölker««» — e» wurde« bereits über LOO Anzetgen erstattet — konnte der Aus, enthalt der kleinen Helga noch nicht ermittelt «er, de«. Sin Schaffner der Straßenbahnlinie 1», der mit feinem Wagen am Tage des Verschwinden» der kleinen Helga (11. L. 1066) gegen 16,17 Uhr von Mickten ab, »«fahre» ist, hat folgende» erklärt: Er habe einen etwa 60 bis 70 Jahre alten Mann al» Fahrgast t« feinem Waae« sehabt, der ««tweder a« der Oschaßer Straße oder am Moritzburger Platz z«, gestiegen sei und den Wagen au der Haltestelle Louifeu- straße verlassen habe. Der Mau« lei etwa 170 bis 178 Zentimeter groß gewefen und habe ei««« heruntergekommene» »edrechltchen Eindruck gemacht. Bestimmt hab« er Brille ««trage«. I« feiner Begleitung hab« sich ein kt«b besuude«, da» beim Verlasse« der Straßenbahn sich gesträubt hab«, de« Ma«« z« folge«. Nach der Beschreibung de» Zeugen dürste es sich bei dem Kind um die Helga han deln. Der Schaffner hat noch gefehe«, daß sich der Un bekannte mit dem Kind die Lonisenstraße eutlang in Rich tung Königsbrücker Straße entfernt hat. wer ist mtt dem fraglichen Straßenbahnwagen stadlwärls gefahren? Wer hat ähnliche Beobachtungen, wie oben geschildert, ge, macht? Wer hat den Man« auf der Lo«ise«ftraße ge» sehen? Jeder, auch der kleinste Hinweis, kan« wertvoll fein. Sachdienliche Mitteilungen erbittet daS Kriminalamt nach Zimmer 16L. Ser KtithWNWier im «retenbatner Bezirk Am Mittwoch weilte Reichsstatthalter un- Gauleiter Mutschmann tn Begleitung des sächsischen Minister» für Wirtschaft und Arbeit, Lenk, un- des GauwalterS der DAF, Peitsch, in der Amtshaupimannschaft Großenhain, um hier eine Reihe von Besichtigungen durchzusühren. Nach einer zweistündigen Besichtigung des Flugplatzes tn Großen hain, wobei die fertigen und noch im Entstehen begriffenen Bauten sowie die Flugzeughalle und sonstigen Anlagen ein gehend in Augenschein genommen wurde», begab sich der Gau leiter mit den Herren seiner Begleitung zu der Kattun fabrik in Naundorf. Nach einem Gang durch die Werk anlagen wurden auch die kürzlich erbauten Arbeiter- fiedlungen der Firma besucht. Nachmittags fuhr Gau leiter Mutschmann weiter nach Nünchritz zur dortigen chemischen Fabrik und später nach Gröditz, wo er in einer Betriebsversammlung das Wort ergriff. Der Gauleiter sprach dabei von dem Zweck dieser Besichtigungen, die eine lebendige Verbindung der politischen Führung mit den Volksgenossen Herstellen wollten, und schilderte die Wiedergeburt des deut sche» Volkes im Nationalsozialismus, dessen wichtigste Ga ranten allezeit die Kameradschaft und Volksgemeinschaft sein müßten. Abends sprach der NeichSstatthalter ans einer Groß kundgebung der Deutschen Arbeitsfront tn Großenhain, während Wtrtschaftöminister Lenk auf einer weiteren Kund gebung tn Riesa zu den Volksgenossen sprach. —* Horst Wessel »nm Gedächtnis. Am Sonntag 11 Uhr veranstaltet die SA-Brigade 88 im VereinShauS eine Feier stunde anläßlich des Todestages Horst Wessels. Ein- trittskarten lin beschränktem Umfanges werden kostenlos durch die Dienststelle der LA-Brigade 88, Parkstraße 8, abgegeben. Zur Feierstunde, die musikalisch umrahmt ist, spricht der Führer der Gruppe Sachsen. Gruppenführer Schepmann. — Die deutschen Siseubahuer - KriegSteil«eh«er (Front- kämpfer und Feldeisenbahners liessen sich vom 18. bis 1V. Juni inPlauen «Bogtl.s zur 17. W i e d e r s e h e n s f«t« r. An- Meldung und Auskunft durch Kamerad Hermsdorf, Dresden, Gartenheimallee 11, 2. —* Lebensmüde. Am Donnersiagvormtttag gegen 10 Ubr hat Och In dem Grundstück Diirersiraß« ü» ein« rNtihrig« Arbeiterin in selbstmörderischer «bücht vom vierten Stockwerk in den Hof ge stürzt. Di« LebensmUd« wurde tn bestnnung»losem Zustand mit gebrochenen Gliedmaßen in das Rudvls-Heß-Srankenhau» »ingeliesert. Bismarck auf der Bühne Sin» Wvlfgang-Gortz-AraufMrung tm Derltnee Gtaatstheater Tas Preußische Staatstheater bereitete in seinem „Kleinen Haus" der jüngsten Arbeit von Wolfgang Goetz, einem sünfaktigen Schauspiel „Der M i n i st e r p r ä s i d e n 1", seine llraufsührung. Ter Theaterzettel verrät es nicht, wer der Ministerpräsident ist,' er gibt statt Namen nur die Angaben von Titel und Würden, wie die Fürstin, der Staatssekretär, der Geheimrat, der Graf usw. Erst di« szenische Wirklichkeit macht «S klar, daß Wolfgang Goetz hier dem Publikum seinen Bismarck schenkt, der in Kürafsierunisorm und, noch mehr später im schwarzen Gehrock mit der weißen Halsbinde und dem mächtigen Zchlapphut in der massigen Leiblichkeit von Emil JanntngS Lenbachsche Porträtähnlichkeit gewinnt. Goetz gibt dem Publikum einen BiSmarck, der tn seinen wesent- lichsten Eharakterzttgen historisch belegbar erscheint: ebensosehr in seiner graziösen Plauderkunst wie in der männlich-humor vollen Hieb- und Schlagkraft seiner Rede, in seinem politischen Zielbewußtsein und der Kunst seiner Diplomatie nicht minder als in der Tiefe seines menschlichen Gefühls. TaS Stück GoctzenS zeigt BiSmarck in der.Höchstspannung politischer und privater Atmosphären, zeigt ihn in einem nicht ungefährlichen Augenblick, in dem der Vater-Sohn-Konslikt empfindlich mitschwinat. An» dem Vrutwinkel der konservativen BiSmarckfronbe her entwickelt Goetz sein Schauspiel, von der mit großer Leich tigkeit eingeschlagenen Komödie zum Schauspiel mit beinahe tragischem Auögang, zur Ausblendung ins historisch-sym bolische Großbild. In diesem Vrutwinkel der adligen BtSmarck- oppositton wird -le Idee geboren, -en Gewaltigen, den Ge fürchteten und Gehakten zu Fall zu bringen durch eine künst lich gesponnene Affäre des Grasen Herbert v. BiSmarck mit einer geschiedenen Herzogin, die nur zu gern ans jedes Abenteuer «ingrht. Eine schon halb kindisch gewordene Groß- nmtter dieser Familie, die noch von ihren Erfolgen beim Fürsten Metternich zehrt und redet, ist die Anstifterin dieses Plan», der der Schule ihre» einstigen Liebhaber» Ehre macht. Die Intrige blüht, der Plan gelingt. Der dreißigjährige Herbert v. BiSmarck verliebt sich in die Fürstin Elisa- beth v. Carolath-Beuthen, Tochter -es Fürsten Hatz- feld-Trachenberg, di« eS darauf ablegt, Schwiegertochter deS Fürsten BiSmarck zu werden. Er verläßt mtt ihr heimlich einen HauSball im Palais deS Ministerpräsidenten und ent- kernt sich mit ihr von Berlin. Inst in einem Augenblick, wo tnntl« Wetterwolken über Europa stehen und ein neuer Krieg unvermeidlich scheint. Der „Geheimrat" — «» ist Holstein — entdeckt alles und klärt den Fürsten auf. Der weiß, dab ihm sein ganzes Werk nicht» mehr wert ist, wenn er feinen Sohn verliert. So fährt er dem Paare nach, stellt «» vor die entscheidende Frage, zwingt den Sohn mit Aufgebot aller väterlichen Autorität zur Rückkehr tn da» Amt, das er heim lich verlieb. Bismarck, der um alle» oder nicht» zu kämpfen gewohnt ist, der mit Androhung seiner Demission dem jungen Paare klarmacht, baß eS nicht um Einzelschicksale, sondern gerade in diesen politischen Augenblicken um da» Volk geht, wird in dieser Tragödie seines Hause» Sieger. Im Schluß- akt kehrt er au» dem Parlament heim, wo er ein« seiner genialsten Reden gehalten hat, die die gezückten Degen Europa» wieder in die Scheide zwingt und ihm sein Friedenswerk sichert. Wie er eben da» Parlament mitsamt der Opposition bezwungen hat, bezwingt er jetzt auch den Sohn und zerbricht da» Eheversprechen, da» dieser der Herzogin ge geben, und bezwingt auch die Herzogin, die mtt dem Revol ver im Muss gekommen war, -um Verzicht auf die inzwischen in ihr groß Gewordene Liebe zu seinem Sohn. Draußen aber jubelt das Volk seinem großen Kanzler zu, der eben seinen schwersten Sieg erfochten hat, von dem die Welt da draußen nichts weiß. Goetz, -er sich bei diesem Konflikt im wesentlichen auf historische Belege berufen kann, wenn auch die dramatische Zuspitzung mit den zeitlichen Begebenheiten nicht ganz über- einsttmmt — da» Stück spielt gegen End« deS vorigen Jahr hunderts, während die Episode Herbert v. BiSmarck» aus -em Ende der siebziger Jahre datiert —, hat die geschmackliche Sicherheit, die ihn davor bewahrt, da» Bild des großen Kanz lers mit falschen Zügen zu zeigen und ihn in falschen Tönen reden zu lassen. Ihm gelingt es, von dem Komvdientum des Anfang» -um tragischen Ernst de» Schlusses ohne stilistischen Bruch zu gelangen. Da» Theater ist ihm willfährig, denn er gibt ihm sicher gezeichnet« Figur«« und eine Atmosphäre, die, w«nn sie auch nicht» Dichterisches ausströmt, da» Publikum für sich gewinnt. Diese» geht benn auch schon von den ersten Szenen an mit wachem Gefühl und einer BetfallSfreudigkeit, die die Schlagkraft mancher Dialogstellen unmittelbar be klatscht, mit. E» entzündet sich willig und dankbar an der Ge stalt des großen Kanzlers, die hier allerding» in einer voll- endet durchaearbrtteten Ausführung erscheint. Der Spielleiter Richard Weichert hat die verschiedenen Profile zu Höch- ster Klarheit herauSgearbeitet, Rochu» Glies« hat in Bühnenbildern und Kostümen ebensoviel historische Treue wie geschmackliche Kultur erwiesen. Und Emil Janntna», den, der joviale bttrgerliche BiSmarck näher liegt al» da» politisch« Genie, hat e» leiqt, durch seine blutvoll« LebenSnähe da» Publikum zu begeistern. Helene Fehdmer ist, nobel und gefühlsstark, die Fürstin, Paul Hartmann Graf Herbert, Paul Henckels ist Exzellenz ». Holstein. Einen Sonderbeifall holt sich Maria Koppenhöser in der aus gezeichneten Charakterstudie der schon halb mumtsizierten, intrtgcngeivandten Gräsinmuttcr. Sie alle können sich ge meinsam mtt Wolfgang Goetz für stürmischen und ehrlichen Beifall bedanken, an dem sich auch Ministerpräsident Herman» Göring mit größter Lebhaftigkeit beteiligte O. Lotz. Kulturaben- -er RGVAV tm Gtu-enttnhau« Die Ortsgruppe Dresden v. Schill versammelte ihr« Mitglieder zu einem vorzüglich besuchten Musik« aben- im Saale des Stu-entenhause». DaS ostbewährte Mandolinenorchester Chart ofilax umrahmte mit tadellos auSgesührten Gesamtvorträgen seiner gedanklich wie formell interessanten H-Moll-Vuvertüre von k. Bvlckt, einem VolkSwetsen-Potpourrt von Ritter) und mtt verschiede nen Quartett- und Etnzelstttcken von Haydn, Brahm» und Beethoven eine lange Reihe von Gesang»- und Jnstrumen« talkolis, nnter denen -ie ganz hervorragende Leistung eine» jungen Geigers aus der Schule von Kammermusiker Kratina, HanS-Werner Herrknrth, durch die technische Geläufigkeit de» Spiels und di« saubere, beseelte Bildung de» Geigenton» Aussehen erregte Der begabte Violinist spielte unter lautem Beifall zwei Mozartsche Violinkonzerte, vorzüglich begleitet am Klavier von Konservatoriumslehrer Kurt Hesse. Hocherfrrulich war auch die Bekanntschaft, dl« man mit einer jungen Sopranistin, Iren« Reichest, machen konnte. Eine irische, gntaeschnlte Stimme lieh dem von der Pianistin Hedwig WnlftuS begleiteten Liedvortrag sBrahm», Schu bert, Jensen) Liebreiz und Wärm«. Auch «in sttmmbegabter Tenorist, Pg. Horst Meyer, ließ sich unter Klavierbeglei tung von Eva Krieger hören und feiern mit dem Gesang von Schubert- und Schumannlledern, denen er später auch noch N. Wagner» „Wlnterstllrme* folgen ließ. Dem vielseiti gen Ausbau des langen Programms dienten weiterhin zwei Lellovorträge von Heinz Adler, mehrere begeisterung-voll geboten« Sprechvorträge (von Heribert Menzel und Ä. von Münchhausen) deS Dresdner Rundfunksprechers Pg. E. Parts, mch zwei anmutende Straußwalzer, getanzt von Schülerinnen der hiesigen Tanzlehrerin Irene Menzel. Berechtigt« Beachtung sand auch eine kleine Ausstel lung von Hitler-, Beethoven, und Goethebüsten und -relief», geschaffen von dem jungen Dresdner Bildhauer Johanne» Bernhardt. Der anregende AbenL bereitet, Genuß und sand viel Beifall. —ckt,
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