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Dresdner neueste Nachrichten : 11.03.1933
- Erscheinungsdatum
- 1933-03-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490223001-193303110
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490223001-19330311
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-490223001-19330311
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner neueste Nachrichten
- Jahr1933
- Monat1933-03
- Tag1933-03-11
- Monat1933-03
- Jahr1933
- Titel
- Dresdner neueste Nachrichten : 11.03.1933
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— - --7^- S«lte 2 Dre«b»«r Re««ft« vkachrdche«« Sonnabend, lk. ML», ISSA «». « Oer Leidensweg Amerikas >. . I, t , Bon «nferm Korrespondenten > Washington, Anfang März Die allgemeinen Ursachen und Wirkungen -er Krise in Amerika sind am dieser Stelle seit längerer Zett tn regelmäßigen Zwttchenräumen eingehend ge schildert worden. Es erübrigt sich daher, das Klagelied zu wiederhole». Aber,eine besondere Wirkung hat sich tn den letzten Wochen ist den Vordergrund gedrängt, die allgemeiner Beachtung und kritischer Prüfung rvert ist: das ist die Angst vor dem Dollar und die daraus resultierenden Erscheinungen: Flucht des Kapitals ins Ausland sowie der Schrei nach Hilfe bet den Millionen von Amerikanern, dtc nicht genügend überflüssiges Kapital haben und denen die Angst vor den JnflationSzustänben im Stacken sitzt, die ivtr 1828 jn Deutschland erleben mußten. In wenigen Tagen muß Franklin Roosevelt dir Führung eines Staatsschisfeü übernehmen, das einige morsche Planken und kleine, beunruhigende Löcher aufwcist. Beneidenswert ist seine Lage nicht. Ucber 15 Millionen Arbeitslose, vor dem Bankrott stehende Eisenbahnen, sttllstchcnde Fabriken, Geschäfte ohne Käufer, staatlich geschlossene Banken in den Staaten Michigan, Ohio, Maryland, und dazu der Druck der Farmer, denen es ja schon seit zehn Jahren schlecht geht mrd die durch ihre Abgeordneten im Senat und Repräsentantenhaus aus Inflation dringen, damit sie höhere Preise erzielen und ihre Schulden leichter ab zahlen können. Wohl eisern die Großbanken gegen Inslation und drängen aus rigoros» Ausgleichung des Bundes- Lndgcts, sowie auf Kapitalschrumpsnng bei den tnsol- vent gewordenen Eisenbahnen, Kraftwerken, Grnnd- stückSbetricben. Aber baS Publikum hat zur Zeit kein Vertrauen zu den Banken. Jetzt rächt sich die Hoch- drnckvcrkanföorgaiiisatton, welche die Banken in de» Jahren 1ILN/2Ü ans das ahnungslose Heer der Sparer lloögclasscn haben. Dtc Millioncnverluste tn Krcugcr n. Toll-Aktien, der zerplatzte Jnsnllkonzcrn, bei dessen Zusammenbruch über zwei Milliarden Dollar in pyramidcnartigcm Gründcrschwindcl vcrlorengingen, waren ein bitteres Erwachen. * Wie blutiger Hohn wirkte cö, als der bisherige Präsident der international bekannten National Eil» Bank os New Bork vor dem Untersuchungsausschuß des Bundcsseunts zugebcn mußte, daß seine Firma während -er Börsenpanik vom Herbst 1»2ü zwar rück sichtslos alle Konten nuölöschte, deren Inhaber die täglich höher werdenden Nachschnßsordcrungcn nicht ausbringen konnte», dabei aber den eigene» Direk toren großzügig Vorschüsse für eigene Börscngeschästc bewilligte, daß seine Firma eine zweifelhafte Anleihe an Pern gewährte und an die harmlosen Kunden mit gntcm Prosit abschte, daß seine Firma eine faule Schuld kubanischer Zuckerbetriebc in Höhe von 2g Millionen Dollar an eine Tochtcrgciellsä-ast abwälzle, -aß schließlich er, der Präsident selbst, seine Bank aktien au einen Strohmann vcrkanste, um der Steuer behörde einen Verlust Nachweisen und sich um die Zahlung von über zwei Millionen Dollar Steuern drücken zu können ldic Aktien kaufte er später zum gleichen Preis zurück). -„. Sein Wunder, baß das große Publikum endlich Mißtrauisch wird ugd ähnliche Zustände bei andern Banken vermutet. Es begann rin Nun auf die Banken, denen nur wenige Finanzinstitutc gewachsen sind. Rasch wurden i» den betroffenen Staaten „Bank- Feiertage" proklamiert, und kein Cent konnte ab gehoben werden. Tie bedrängten Banken rufen ihre Guthaben aus andern Staaten zurück, und die Panik verbreitert und vervielfacht sich. Es wird wieder ge hamstert, und ein Teil der Gnthaben flüchtet sich in französische und Schweizer Banken, wo man keine Zinsen bezieht, sondern im Gegenteil eine Gebühr für Aufbewahrung zahlt; das Gelb wird nicht an gelegt, sondern eingcspeichcrt. Auch Goldbarren werden gekauft, denn sie sind Ware, während ge münztes Gold beschlagnahmt oder außer Kurv gesetzt werden könnte. Die Stimmung ist außerordentlich ge drückt, bet Beamten wie bei Privatpersonen. Die bisherigen Hilfsmaßnahmen haben sich nicht als wirkungsvoll erwiesen; die Reconstruction Ftnance Corporation shicr kurz Rcsicv genannt) wurde in der Kriscustimmnng des Vorjahres ge schaffen, um den Zusammenbruch des FinanzsystemS aufzuhalten. Das hat sie vorübergehend getan, In dem sie viele Banken vor der Pleite bewahrte. Die zweite und ebenso wichtige Aufgabe aber war die Ankurbelung der Wirtschaft; hierin hat die Rtfleo vollkommen versagt. Die Banken benutzten bi««n-i leihen, um ihre eigenen Schulden abzudecken unh,uutz kurzsristtge Regierungsanleihen zu kaufen. Die Großindustrie verwandte das BundeSgelb dazu, "die drückenden Bankschulden abzutragen. Kein Cent wurde für neue Produktion auögegeben; Arbeiter wurden entlassen anstatt neu eingestellt, damit man- solvent bleibe. Langfristige Anleihen wurden nicht erneuert, sondern von den Banken erbarmungslos gekündigt, und viele Warenhäuser und andre Zwischen- oder Detatlhändler mußten schließen, weil das Betriebskapital fehlte. Eine vorübergehende Belebung tn der Textilindustrie und in gewissen Kettenorganisationen wurde alsbald von den Groß banken zur Eintreibung alter Schulden benutzt. Die lteberkapitaltsierung der Eisenbahnen und Grund- stückssirmcn zwingt zur Beibehaltung unwirtschaft lich hoher Raten zwecks Aufrechterhaltung des Zinsendicnstes auf die in maßloser Höhe auS- gegebenen Aktien. Die Bundesregierung braucht täglich neun Millionen Dollar zur Deckung der laü« senden Ausgaben für allgemeine und Refteo- Bcdllrfnisse; bald wird der Geldmarkt auch mit diesen Regierungsanleihen übersättigt sein, und dann bliebe als einzige Rettung nur die Nntenpresse. Bedeutet das Inflation? Bekanntlich besteht be reits seit vielen Monaten dl« .Kreditinslation"; die Banken Halten sich möglichst flüssig, und die Regierung pumpt durch die Refico täglich neues Geld tu die Ft na na inst linke, wo eS jedoch stecken bleibt, da die Banken an niemand Geld seihen, der nicht ganz, zweifelsfreie „goldsichcre" Bürgschaft stellen kann. Ein hoher Beamter der Bundesreservebehövde sagte mir neulich mit bitterem Lächeln, daß «in« Bank gern Geld für den Ankauf von vergoldeten Vogelkäfigen leihen würde, sofern der Antragsteller RegierungS» anleihcpavicre hinterlegen könne, -daß sie aber für Modernisierung seiner Fabrik keine» Cent riskieren würde. Unter diesen Umständen ist das so dringend benötigt« Anziehen der Warenvrcise ganz unmöglich, ganz zu schweigen von einer „PreiSiuflatiou". * Neben der Kreditinslation besteht bereits In ge wißem Maße eine „Währnngsinflation": durch die Glaß-Stcagall-Bilt wurden Regierung« Wertpapiere als Deckung für Banknoten zugelassen; durch das Glaß-Borah-Ämcndement wurden die Nationalbanken ermächtigt, Banknoten bis zur Höhe ihres Eigen kapitals nnter Verpfändung von Negicrungswert- papieren — bis zu einer Zinshöhe von 3'K Prvz. — drucken zu lassen. Hierdurch wurde jedoch die gesetz liche Gvlddecke von SO Prvz. des Banknotennmlauss nicht berührt, und von einer Inflation im euro päischen Sinne kann man unter diesen Umständen sowie angesichts der geringen Erhöhung des Bank notenumlaufs nicht sprechen. Stark ist die Forderung »ach BimctalliSinuS, nach Verwendung der großen Lilberschütze des Landes als zusätzliche Währnngsdecke. Auch diese Wünsche bewegen sich in vernünftigen Grenzen. Man verlangt, daß bis zu etwa 2äO Millionen Dollar Silber zu festem Kurs aus den Silbcrbergwerken des Landes angekaust, clngeichmolzen und als Deckung für 100 Millionen Dollar Papiergeld benutzt werden sollen. Dieser Be trag wäre zu klein, um die Währung zu erschüttern; auch wäre hierzu wohl-esne Vereinbarung wlt.Eng- land erforderlich, bämi"Indien nicht sein Silvtr auf den hier dann stark anziehenden Silbermarkt werfe. Gold und Silber und Kredit sind genügend vor handen; und cS fehlt vvr allem das wichtige Gefahren. Moment, das Dcntschland und England vom Gold wcgdrücktc: die passive Zahlungsbilanz. Amerika hat immer noch aktive Handels- und Zahlungsbilanz, nnd damit fehlt dieser gewaltige Druck auf den Dollar. Amerika kann zwar im Fertigwarcncxport mit Län- bcrn ohne gesunde Währung nur schlecht konkurrieren; aber für Rohstosse (Baumwolle, Weizen, Oci) ist man ans Amerika Hoch zum guten Teil angewiesen. Und im Zahlungsverkehr ist Amerika nicht Schuldner, son dern Gläubiger, und zwar ein sehr vorsichtiger, der sich durch hohe Zollmauern vor der Warencinsnhr und damit der Gelbaussuhr sorgsam schützt. (Jnwie- wcit dies kurzsichtig ist, soll in diesem Zusammenhang nicht erörtert werben; cs kommt hier aus den tat sächlichen Bedarf an Zahlungsmitteln an.) * Unter diesen Verhältnissen würde Währungsinsla- iion nichts nützen, sondern bei der Verflechtung der amerikanischen Wirtschaft durch Kcttenorgauisalioncn aller Branchen nur gewaltig schaben und die Schrecken -er deutsch«» Inflation weit in den Schatten stellen. Sie würde nicht» nützen, weil die Hauptagrar- Produkte schon jetzt Welhnarktpretse haben und die konkurrierenden Länder alsbald ihre eigenen «ährun- gen Eprechenb herabsetzrn würden. Sie würbe dem inländischen Schuldner nicht» nützen, weil letzten Endes jeder Schuldner gleichzeitig ein Gläubiger ist: der Farmer schuldet di, Hypothekenschuld und-ist Gläubiger sür da» grNeferte Korn usw.; der Bankier schuldet die Depositen und ist Gläubiger sür die An leihen; der Angestellte ist Gläubiger für das Gehalt und Schuldner für Waren des täglichen Bedarfs. Die Reihe der Beispiele ließe sich beliebig verlängern. ES ist angenehm, in schlechtem Geld zahlen zu können, aber sehr bitter, in schlechtem Gelb bezahlt zu werden. Bekanntlich bleiben sich auch bei WtihrungSinslation die Warenpreise gleich, da der höhere Geldbetrag in schlechter Währung ja nicht mehr wert ist als vorher. Die Hoffnung auf gesteigerte Ausfuhr- infolge ver ringerter Währung ist gleichfalls trügerisch, wie oben ausgefithrt wurde. Bekanntlich sank das britische Pfund nicht, weil England vo» der Golddeckung ab ging, sondern England ging von der Golddeckung ab, weil da» britische Pfund sank. Wenn eS jetzt ziemlich stabil ist, so liegt das daran, weil es künstlich dem spekulativen Verkehr entzogen wurde. Eine Belebung des Verkehrs durch Abgehen von der Golddeckung ist also nicht zu erwarten, und da Amerika nicht» dringen der braucht, als verstärkten Umlauf seiner Zahlungs mittel, so wäre Verzicht ans die Golddeckung ein Ver such mit untauglichen Mitteln. * Stabilität der Währung ist nach Ansicht Hoovers sowohl wie Roosevelts die Grundbedingung für das Bestehe» eines Wirtschaftssystems. Die hier teils be- schloffenen, tetlSgeplänten Hilfsmaßnahmen find: Ein» frieren -er Depositen in gefährdeten Staat»» und Nationalbankent Zwecks geregelter und allmählicher Befriedigung äße» Depositoren; ein Moratorium für Schuldner, «infibtießlich der Eisenbahnen, und zwar teil» durch Weittrsührung der vetriebe unter Ge. schästSaufsickt, teils durch Herabsetzung der Zinsraten und der Kapttalschüld; energische Inangriffnahme vsfentltcher Arbeiten zweck« Stärkung der allgemeinen Kaufkraft untu, Garantie der Lohnlisten durch die vun-eSreqierung und die Einzelstaaten; «»»gleich de» Buudesbubgets -durch scharfe Einsparungen bei der Kriegsveteranenfürsorge und Reorganisation L«S ganzen, großen BerwaltungSapparates. Daneben g«ht die Ankurbelung des Währungsumlaufs im Lokalbetrirb durch Ausgabe von Markennotgelb, das innerhalb eine» Jahres mit 52 wöchentlichen Marlen beklebt sein muß, wa» die Weitergabe zweck» Ber- metdung der Stempelgebühr sehr anregt. Amerika befindet sich zur Zeit in sehr delikater, deprimierter Verfassung. Aber «S ist nicht anznneh- men, daß «S den nichts nützenden, dagegen ungeheuer schadenden Weg der Währung»inslation durch Ab wertung de» Dollars geben wird. Roosevelt und seine Ratgeber werden alles daransetzen, um das im Juni 1032 abgegebene feierliche Versprechen (Beibehaltung gesunder Währui^) nicht zu brechen. Roosevelt» rege Verhandlungen mit England (dessen Rückkehr zur Goldwährung hter au» ÄelthandelSgründen sowie zur Abbremsung inflationistischer Bewegungen -ringend gewünscht wird) und mit Frankreich (dessen Bormacht, stellung im internationalen Geldmarkt nicht ignoriert werden kann) zeigen, daß er auch von -er Seite des internationalen Wirtschaftsverkehr» her die Erholung au» -er Weltkrise eifrigst betreibt. Or. Lurt 0. 8oU MWt kW Wtzk «WW Die ersten «Schritte gegen die Bantenlrise S on derkabelbtenst der Dresdner Neuesten Nachrichten Washington, 10. März. (Durch United Preß) Der Kongreß trat gestern zu der mit Spannung erwarteten Sondertagung zusammen und wurde durch folgende Botschaft Roosevelts eröffnet: „Am 8. März ist unser Banksystem außer Funk« Non getreten. ES ist unsre erste Ausgabe, alle gesunden Banke« wieder z« öffnen. Diese Maßnahme ist eine wesentliche Voraussetzung für die sich anschließende Reformgesetzgebung, die die Spekulation mit den Einlagen der Bankkunden und andre Nebertretungen verhindern soll, deren sich Jn, Haber von Bertrauenspostcn schuldig gemacht haben. Ich fordere vom Kongreß die sofortige Verabschie dung eines Ermächtigungsgesetzes, das mir die Kontrolle über die Banken zum Schutz der Einleger gibt. Außerdem muß ich dazu autori siert sein, diejenigen Banken so rasch wie möglich wieder zu öffnen, die bereits glaubhaft nachgewiesen haben, daß sie solvent sind. Auch zur Reorganisation und Wiedereröffnung derjenigen Banken muß ich ermächtigt «»erden, bei denen «ine Nachprüfung er, gibt, daß ein« Reorganisation sie wieder aus gesund« Grundlage stellen wird. ,, Weiterhin fordere ich die Verabschiedung von Zusatzbesttmmnngen zum Federal Reserve Act, die die Ausgabe zusätzliche«, angemessen gedecktenGcldeS insoweit ermöglichen, als die Ausgabe sich zur Befriedigung aller Ansprüche auf Bereitstellung von nmlausenbcn Zahlungsmitteln als notwendig erweist. Dieses Ziel soll erreicht wer den, ohne daß di« ungedeckten Schulden der Regie rung der Bereinigten Staaten vermehrt werden. Die Verabschiedung des vorgeschlagenen Gesetze» wirb diese Notlage beenden, und ich hosfe, daß sie in Kürze zur Wiederaufnahme des GeschästSlebcns füh ren wird. Binnen kurzer Z«it werde ich vom Kon greß die Genehmigung z« zwei andern Maßnahmen fordern, die ich sür dringlich notwendig erachte. So bald diese Maßnahmen burchgestihrt sind, können wir zur Prüfung eines geschloffenen Wiederaufbau« Programms schreiten." Die Bankbtll, die Roosevelt sehr weitgehende Vollmachten gibt, ist denn nach längeren Beratungen von beiden Häusern LeS Parlaments gebilligt und vonk Präsidenten unterzeichnet worden. Sie ermächtigt Roosevelt, alle GelbtranSaktionen mit dem Ausland zu überwachen, zu regulieren und eventuell zu untersagen. Außerdem erhält der Präsi dent das Recht, die Auösuhr Hamsterei, baS Ein schmelzen und Vereitstellen für Sonderkonten von Gold und Silber in Barren und Münzen zu verbieten. Ter Schahsekretär wird auf Grund der Bestim mungen der Äankvorlage ermächtigt, alle Federal. Reservebanken aufzufordern, ihre gesamten Gold münzen, Goldbarren oder Goldzertisikate an das Bunoesfchatzamt abzuliefern. Die Bankbtll gibt den Federal-Reservebanken da8 Recht zur Ausgabe neuer Banknoten gegen Hinter legung von RegierungSbonds oder erstklassigen Han delspapieren beim Schatzamt. Dem Schatzamt wirb ans diese Weise die Kontrolle über die Emission neuer Banknoten der Federal-Reservebanken etngeräumt. (Bgl. dazu die Meldungen im HandelStetl der vorliegenden AnSgabe) Schutzhaft sür SPV.Aührer X Köln, 10. März Der Regierungspräsident teilt mit: „Gestern nach mittag wurden der ReichStagSabgeordnete Chef redakteur Sollmann und der Redakteur Esse- roth von der sozialdemokratischen .Rheinischen Zei- tung' in ihren Wohnungen von Gruppen politisch Andersdenkender angegrisfen. Sie erhielten dabei leichtere Körperverletzungen. Die ver breiteten Gerüchte über ernstere Körperschädigungen entsprechen nicht den Tatsachen. Um ber Gefahr wei terer derartiger tätlicher Angriffe voxzubeugen, wurden Sollmann und Esseroth sowie einige andre sozialdemokratische Führer im Interesse ihrer eigenen Sicherheit in Schutzhast genommen. ES sind außer- dem in Uebereinstimmung mit führenden, hinter der Regierung stehenden Kreisen Maßnahmen getroffen, um solche Zwtschenstille zu verhindern." Die SPD. hat wegen dieser Maßnahme Pro testtelegramme an den Reichspräsidenten, Len NeichStagSpräsidenten und an den Vizekanzler von Papcn als ReichSkommtssar für Preußen gerichtet. Außer den beiden sozialdemokratischen Redak teuren Sollmann und Esseroth von ber „Rheinischen Zeitung" tn Köln sind, wie uns von der Regierung». Pressestelle bestätigt wird, Bürgermeister YreSborf, Beigeordneter Mecrseld und der frühere Poltzetpräsi- bcnt von Köln, Bauknecht, tn polizeiliche Schuhhast ge nommen worden. Alle drei gehören der SPD. an. Graeners „Friedemann Bach" ! Erstaussührung in der Staatsoper Diese Oper ist eine der erfolgreichsten der lehten Zeit, eine der erfolgreichste» auch von Panl Graeuer. Etwa dreißig Bühne» haben sie bereits gegeben. Jetzt kommt sic nach Dresden, mit der sic schon stofflich besonders eng verbunden ist, kommt an die Billine, die dem Schassen Paul GraruerS von jeher bereits große Aufmerksamkeit gewidmet hat. Und auch hier ist sie des Erfolgs nun sicher geworden: durch den würdigen Ernst der Musik, durch die Wirksamkeit des theatralisch geschickten Buches, durch die überzeugende Kraft einer sehens- und hbrcnswerten Ausführung. Der Held dieser Oper hat freilich mit dem histo rischen Friedemann Bach kaum mehr als den Namen und das Jahr seines ersten Auftretens in Dresden gemein. Tatsächlich kam Johann Sebastians ältester und begabtester Sohn 1733 nach der sächsischen Haupt stadt. Am 1. August trat der Dreiunbzwanzigjährtge , fein Amt als Organist der Lophienkirche an, das er , dreizehn Jahre, bis zu seiner freiwilligen Uebcrsied- lung nach Halle auSübte. August der Starke war bereits et» halbes Jahr vorher (am 1. Februar 1783) gestorben, ber Graf Brühl kam erst unter seinem Nach, folger zur Macht, weder dessen Frau noch dessen Tochter haben rin Liebesverhältnis zu Friedemann gehabt und aus dem Königstein hat dieser Bach nie ge- fangen gesessen. Erst Carry Brachvogels Roman hat die Dresdner Episode Friedemanns zu einer aben teuerlich schillernden Legende auSgcsponnen. Rudolf Lothar hat sie nun in seinem von Graener vertonten Opernbuch verwendet. Er schildert Friedemann Bach als jungen Feuerkops, ber andre Wege gehen muß als sein großer Vater. „Lieber als - zuckende Flamme verlöschen, denn anSzugchen wie ein kleines Licht." Der Graf Brühl hat ihn nach Dresden . berufen, um im Wettstreit gegen den Italiener Mar chetti zu kämpfen. (Der Idee zugrunde liegt der Ülavierwettstrett Johann Sebastians gegen den ge- flohen«», Franzosen Marchand sechzehn Jahre früher km Hause de» Grafen v. Flemming.) Friedemann ist Lei Bachs Freund, dem Hoforgantsten Merberger zu , Gast. Die zur Begrüßung versammelten Schüler de» ! Leipziger ThomaSkantor? erwarten einen ernst ge- stimmten Kirchenmusiktr, doch sie finden einen lebens- lustigen Künstler, dem nach den Freuden und Ehren ber großen Welt dürstet. Die Fraurnherzen fliegen ihm zu und seinem sieghaften Willen scheint alles zu tzeltngrn« Jn seinem Rausch verkennt er da» Herz der braven Ulrike, die ihn liebend warnt. Der Glanz des Hofes, der im zweiten Att geschildert wird, blendet ihn. Ter Prunk Augusts des Starken übertönt seine innere Stimme. Zwei Frauen verwirren ihn vollends: die reine Liebe zu Antonic, der Tochter des Grasen Brühl, und die sinnliche zu Arabella, der Frau des Grafe». Bon Arabella erhält er den Schlüssel. Be geistert singt er sein Pretolted: „Willst du dein Herz mir schenken." Der Italiener Marchetti hat sich gar nicht erst auf einen Wettstreit eingelassen. Er ist ge- flohen. Friedemann erhält den Lorbeerkranz auS Arabellas Hand. Er ist auf der Höhe seines Ruhmes und an der Wende des Glücks. Brühls Spion, ber Baron v. Sipmann, hat das erlauschte Schlüsselgehetm- nts verraten. Der Graf läßt Friedemann verhasten nnd lebenslänglich auf dem Königstein sestsetzen. Der dritte Akt zeigt Frtedeman» als gebrochenen nnd ge läuterten Menschen. Nach zwei Jahren Festung wird er durch Antonte befreit, die in die Heirat mit dem Baron v. Sipmann willigte. Wieder wohnt er bet MerbergerS. Der Alte ist gestorben. Ulrike wurde die Frau des Bachschülers DoleS, ber nun Hosorganist ist. Drüben in der Kirche feiert man die Hochzeit Anto- ntenS. Der Klang der Orgel und Glocken läßt Friede- mann zu neuem Leben erwachen. Er hört den Ruf seiner Stimme. Er muß in die Kirche, dem jungen, unerkannten Paar sein Lieb singen, dasselbe, baS er auch Antont« sang: „Kein Hälmlein wächst auf Erben." Die Braut Antonie stürmt die Treppe zur Orgel empore hinan, Friedemann stirbt tn ihren Armen. Er ist also «ine Gestalt freier Phantasie, dieser Friedemann Bach brr Oper, ein« historisch un gebundene Gestalt, nicht anders etwa als ber Sachs Wagners. Dem Komponisten Paul Graener ging es babet um die Formung einer Idee. «Diese Idee'', schreibt er, „soll von nichts künden, als von dem Schicksal eines jungen Künstlers, mag er nun Friedemann Bach oder anders heißen, der au» der strengen Welt des elterlichen Hauses zum erstenmal In die große Welt äußeren Glanze» und Schein«» tritt, ber in dem Bestreben, sich gewaltsam von allem Vergangenen sret zu machen, nicht bi« Kraft besitzt, den Lockungen dieser Welt zu widerstreben und daran -erbricht. Bon dem wahren Künstler, Her dann durch tiefste» Erleben aufaerüttelt, am End« wieder zu dem Heiligsten, das er In sich trägt, zurück- findet nnd als Besiegter dennoch Sieger bleibt." Das Textbuch soll dem Tondichter „nur Anlaß zur Musi« s«tu — die Oper ganz nur auf Musik gestellt". Reizvoll für den Komponisten ist nun an einem solch«» Stoff natürlich di« Darstellung d«, verscht«- denen Stile, thrc Durchdringung, ihre Heber, lagernng. Gerade das ist Graener tn seiner neuen Oper hervorragend gelungen. Jn der Aufnahme und Neubelebung alter Stile hat dieser Komponist ja auch früher schon wtrkungSretche Musik geschrieben. „Die Flöte von Sanssouci und das „Divertimento" gaben unter auderm davon Zeugnis. Graener kommt auch hter vom Instrumentalen her wiederan die Oper. Die Jnstrumentalsorm überwiegt, sie trägt auch den Gesang, dessen Linie selbst meist auch mehr instrumental als vokal geführt wirb. Inter- essant etwa wie das Rezitativ gestaltet ist. Im ersten Akt spinnt das Orchester mit dem llembalo strecken weise ganze konzertante Sätzchen an. Die GesangS- stimme parliert darüber. Die Stimmung, da» Zeit kolorit wird derart ausgezeichnet getroffen. Die Strenge und Starre der Bachschen Schule liegt darin auSgedrlickt. Wie bei Wagner bleibt das Orchester im wesentlichen immer StimmungSsaktor. Di« streng«, barocke Polyphonie weicht der Ekstase, wenn das Gefühl aus de» Gestalten bricht. TaS Orchester wird dann Instrument der romantischen Seelenschilberung. Oder «s illustriert auch kurz im pressionistisch. Dergestalt vereint ber Künstler Graener die Stil« dreier Jahrhunderte zu einem Ganzen, da» in seiner Grunbstimmung durchaus neu- romantisch-deutsch ist. Entstanden ist so die Form einer durchkomponterten „Nummernvper", die durch bas Leitmotiv gebunden wird, igum vorherrschenden Leitmotiv nimmt Graener die symbolisierte Folge über den Tönen 8—v—II. Die leitet da» Werk «In und schließt es in großartiger Berschltngung mit dem Lieb vom Hälmlein ab. Al» Komponisten diese» Liebes hat man bekanntltch lange Zeit Friedemann genannt. ES entstammt aber dem 10. Jahrhundert, und paßt daher üut »u dem romantischen Charakter der Oper. Doch auch Friedemanns Preislted (eS wird Johann Sebastian zugcschrieben) ist in einem üppigen Wohlklang romantisiert. Am glücklichsten freilich ist Graener, wenn er sich al» Jnftrumen. talist frei geben kann. Zu seinen besten Stücken ge hört die anmutig empfundene und erfundene Ballettmustk des zweiten Aktes. Hter sind Sara- banbe, Gavotte, Giziliano und Finale, di« barocken Tanzsormen, wirklich au» dem Zeitempfinden wieder- gewonnen und un» nahtgebracht. Aehnltch ist mit ber imitatorischen Polyphonie im Borsptel b«S letzten Aktes eine Stimmung erreicht, die in dem Kolorit der sck'inerzhafien Akkorde an „Varsisal" erinnert. li«berhau»t zeig' sich die Innigkeit de» Komvonisten t» b«r Darstellung seelisch«, Konflikt«, di« n» PfitznerS „Palestrina" erinnern, stärker al» in ber Schilderung der Vorgänge auf dem prunkvollen Hoffest«. Doch die sicher« Zeichnung ber Gegensätze macht auch hier die theatralisch starke Wirkung dieser Over aus. Sie fand an der GtaatSoper «fire kultivierte Auf. kührung. Dem Dirigenten Kurt Striegler war vie Liebe zu diesem Werk anzumerken. Mit gesteigerter Teilnahme erschloß er die Effekte der Par- titur. Besonder» schön gelang die Einleitung zum -ritten Att, die in ihrer Intensität packte. Und mit kundiger Hand wußte er zudem Bühne nnd Orchester znsammenzuhalten un- vor allem die Ensembles wirk- sam zu steigern (an denen auch die von Pembaur sorgsam studierten Chöre beteiligt sind). Die weitaus anspruchsvollste Partie war Curt Taucher zugefallen. Seine starke Persönlichkeit weiß auch die Illusion «ine» jungen, feurigen Friedemann Vach zn erwecken. Die ost sehr exponiert geführt« G«sang»ltnt« erfüllte er kraft seine» sicheren Gestal- tungsvermögens. Er war als Sänger und Darsteller der wichtigste Träger des Erfolgs. Eine eindrucksvolle Charakterstudio gab Robert Burg al- Graf v. Brühl. Ein Hofmann und ver- schlagener Kopf, ein Kavalier und Tyrann. Elisa Stünzner verkörpert die Gräfin Brtthl, Arabella. Dank ihrer vornehmen Kunst wir- das Triebhafte dieser verführerischen BenuSgestalt veredelt. Jeder Zoll eine Gräfin. Sie verschönt -a» Hemmung»!»» Begehrlich« dieser Arabella. Angela Kolntak ist die Tochter Antonie. Mit dem neutralen Klang ihrer klaren, gerundeten Stimme versteht sie da» nach außen hin neutrale Wesen dieser Liebenden zu kennzeichnen. Camilla Kallab, Ulrike, ist schließlich di« Driti« im Bunde. Mit der Schlichtheit ihrer Art charakteri siert sie einprägsam die einfach« Muflkantentochter. Die Freude über den vefitch Friedemann» strömte Willy Bader al» Hosorganist Merberger au» dem Herze». Martljr Kremer spielt und singt gewandt wie immer: -ter den hinterhältigen Baron v. Siv- mann. Sven Ntl»fon gestaltet -en Dole» sehr synlpathtsch. Gesanglich find dies« Partien all« nur episodisch bedacht. Sie umspielen Taucher-Frie-emann und baS fundamentierenbe Orchester. Entschiedener ErsolgSfaktor sind auch di« Bühnen- btlber und Kostüme, die Leonhard Fanto ent- morsen hat. Di« schneebedeckte Frauenkirche sieht im ersten Akt -um Fenster hinein, in -aS hübsche.Zimmer de» Hoforganisten. Mit einfachen Mitt«n wird bi« barock« Pracht tm Palat» Brühl «or-etäuscht. vor allem ist e» -ter d«r Glan» -er UliMpchsN» RÄtAMtz -- .— . , !. t.,
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