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Dresdner neueste Nachrichten : 28.07.1935
- Erscheinungsdatum
- 1935-07-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490223001-193507282
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490223001-19350728
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-490223001-19350728
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner neueste Nachrichten
- Jahr1935
- Monat1935-07
- Tag1935-07-28
- Monat1935-07
- Jahr1935
- Titel
- Dresdner neueste Nachrichten : 28.07.1935
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Nr. 174 Sonntag, 2S. Lull 1S3S 4S. Jahrgang AniaiaENUrtiiL' Grundpreis: die 1 spassige wm-Z«sse Im An«! " — ,eigen, eil 14 Npf., Stellengesuche undprivaiei Aamlll«nant«igen S Rpf., die 79 mm breite wm-Zetle Im Texttetl 1,1» NM. Nachlaß nach Malslaffel l ober Mengenstaffel v. Lriefgebühr für Ziffer«^ anzetgen so Rpf. «usschl. Porto. Zur Zeit Ist Anzeigenpreisliste Nr. 4 gültig. Postanschrift: Dre-drn-H.1. vofisach«Fernruf: vrisvenehr Sammelnummer 24601, Fernvettehr 27981-27983«relegr.: Aevefte Vresdeu«Serllner Schristleltung: Lerlin N.ZS, vlNortastr.l«: Fernruf: Kurfürst 9361-0366 Postscheck: Dresden 20S0 - Nichtverlangte Einsendungen ohne Rückporto werdtn weder zurückgesandt noch aufbewahrt. - Zm Fall« höherer Gewalt ober LetrledSstömng haben unsre Lezieher keinen Anspmch aus Nachlieferung oder Erstattung de- entsprechenden Entgelt« Dresdner Neueste Nachrichten Ae,»e«»r«il«- Lvo««, Handels- UNd Lnhullol0'3aÜUNg Halbmonatl.1,00RM. Postbezug m°natt.2X>0RM.«inschl.47Rpf.p°stgebahr«n *** föhne JusteNungögebühr). Kreuzbanbsrndungen: Für die Woche 1/X) AM. Einzelnummer IS Apf., außerhalb Sr°ß.vr.ed.n« 20 M Schristleltung, Verlag und SaaptgefchMstelle: SreSdeu-SU zerdlnan-fira-e 4 Kriegerische Fanfaren aus Moskau " i . ' - Oeutschseindliche kommunistische Ausschreitungen in New tzork — Wieder eine irische Kirche in Brand gesteckt — Neuer Oevisenprozeß gegen katholische Ordensschwestern Zylinderhut und Ballonmütze In Moskau ist der VII. Weltkongreß der Kom munistischen Internationale unter groben Fansarenstößen gegen die nichtkommunistische Welt zusammengetreten. Wir haben gestern Art und Weise dieser Tagung deutlich gekennzeichnet. Das Inter essanteste aber ist die Tatsache, daß die revolutionären Führer aus aller Herren Ländern sich gerade jetzt zu einem allgemeinen JnstruktionSempsang tn Moskau zulammenfinden, da Herr Litwinow sich in Maricnbad körperlich und geistig in Form zu bringen sucht sür die bevorstehende Genfer Ratstagung, deren Präsident er ist. Litwinow soll in Genf eine große Aktion des Frte- tenS und deS Ausgleichs leiten, denn die Aufgabe des Völkerbundes ist eS ja, alle Streitfragen zwischen den Völkern auf friedlichem Weg zu regeln. Gleichzeitig sammeln seine Kollegen in Moskau alle die Kreise um sich, die den Kampf gegen den Frieden innerhalb und zwischen den Völker» auf ihre Fahnen geschrieben haben. Ter Kongreß ist lange verschoben worben. Im vergangenen Jahre waren einige Delegationen aus entfernteren Gegenden sogar schon in Moskau an- gekommen und wurden wieder nach Hause geschickt. Im vergangenen Jahre konnte man keine revo lutionären Phrasen und Kundgebungen brauchen. Man machte eben seinen Antrittsbesuch in Genf und bewarb sich um die Aufnahme in -en Völkerbund. Man saß tn den Vorzimmern des Pariser Aus- ivärtigen Amtes, um -aS Bltndnis mit Frankreich auszuhandeln. Man führte den französischen Minister Herriot durch die Potemkinschen Dörfer des russischen Jndustrieausbaues und bereitete sich vor, Herrn Laval feierlich zu empfangen. Heute kann man den Zylindcrhnt wieder einmal für einige Tage absetzen und zur alten lieben revo lutionären Sportmütze greise». Man meint, alles er reicht zu haben, was man erreichen wollte. Mau glaubt, fest innerhalb der europäischen Völkersamtlie zu sitzen, und hat sich vorgenommen, dastir zu sorgen, daß innerhalb dieser Familie die Unruhe nicht anfhört, bis sic völlig vernichtet ist. Und man rechnet weiterhin mit der Dummheit oder Ahnungslosigkeit gewisser westeuropäischer Politiker, die immer noch glauben, die Sowjetunion habe eine große Wandlung durch gemacht und werde bald ein ebenso sicherer Verbünde- ter tm Kampfe gegen das „gefährliche" Deutschland sein wie einst das Reich der Zaren. ES ist erstaunlich und bezeichnend zugleich, baß Moskau eS sich leisten zu können glaubt» diese» ' doppelte Spiel mit so zynischer Offenheit spielen zu können. Daß der WeltkommunlSmus zum Kampfe gegen Deutschland entschlossen ist, hat Herr Pieck in seiner säbelrasselnden Eröffnungsrede ja deutlich genug gesagt. Aber der Kampf gegen Deutschland soll ja die Einleitung -um Kampfe gegen alle nicht- kommunistischen Völker sei«. Man will erst Deutsch land mit Hilfe der andern unterwerfen, um sich dann gegen die bisherigen Verbündeten zu wenden. Denn man weiß,' daß Deutschland den Weg zur Weltrcvo- lution versperrt, seit Adolf Hitler den Kommunismus im Reiche niederwarf und damit auch Europa vor einer höchsten Gefahr rettete. Oie Taktik der Komintern Pieck treibt wettrevolutionöre Propaganda X Moskau, 27. Juli Am zweiten Tage deS VII. Weltkongresses der kommunistischen Internationale wurden zwei Sitzungen abgehalten, die fast völlig im Zeichen des Rechenschasts- berichteS des deutschen Kommunisten Wilhelm Pieck über die Tätigkeit des Vollzugsausschusses der Komintern standen. Pieck entwarf ein Bild von den großen Veränderung«« l« der tnternattonalen Lage von der „Entwicklung der revolutionären Be wegung der Völker" und von den Arbeiten der Sektionen der Komintern in den sieben Jahren zwischen dem sechsten und dem gegenwärtigen siebenten Kongreß. Pieck ging von „zwei grundlegen den Tatsachen, dem sozialistischen Ausbau in der Sowjetunion und dem wacklig gewordenen Kapitalist mu", aus, Tatsachen, die, wie der Berichterstatter meinte, durch den Gang der Ereignisse glänzend be wiesen seien. Gleichzeitig unterstrich er den „schmach vollen Bankrott" der Sozialdemokratie und der Opportunisten aller Schattierungen. Pieck teilte seinen Bericht in drei Teile ein: 1. An wachsen der revolutionären Bewegung, 2. die MevoluttonSbewegung in den Jahren der schärfsten Krise und 8. Umkehr der sozialdemokratischen Arbeiter zur Bildung der Einheitsfront mit den Kommunisten. Um seine Feststellungen zu „beweisen"*, sprach Pieck von der Zunahme der Streikbewegungen in aller Welt nach dem Abschluß be» sechsten Kongresses vor sieben Jahren. Die „gegenkapitaltsttsche" (inzwischen längst zusammengebrochene) Agrarrevolution in China steht Pieck als besonderen Beweis für den Erfolg der Tätig keit der Komintern. Die Sektionen der Komintern (die kommunistischen Parteien in den verschiedenen Ländern — d. Schrtstltg.) hätten zu dieser Zett für die Taktik „Klaffe -egen Klaffe ¬ besten» agitiert« Im. zweite» Teil seines Be richte» über , die „weltrevolutionäre Bewe gung" stellte Pieck bi« übliche bolschewistisch« Behauptung auf, -ab die .Imperialisten" einen neuen Krieg »ur Vernichtung der Sowjetunion vorbröestteten. Obwohl Pieck unter Hinweis auf Streikbewegungen t«i verschiedenen Ländern, auf die spünischr Revolrtsion, den Streik bet der englischen Kriegsflotte, den Ausstand tn der hvlläudische» Fsdtte «sw., von ettzei» Anwachsen der weltrevolutionären Bewegung sprach, mußte er dennoch mtt Bebauern feststellen, daß trotzdem diese Tatsachen „sich noch nicht zu einem politischen Massenkampf gegen den Kapita- liSmu» ausgewachsen hätten". Es fehle noch an einer revolutionären Einheitsfront, und die kommunistischen Parteien hätten sich noch nicht stark genug erwiesen. Anschließend ging Pieck auf bas beliebte Thema des Kampfes gegeu den Faschismus ffnd der Bildung einer gewerkschaft lichen Einheitsfront ' ein. Im letzten Teil seines Berichtes besprach Pieck, wie -er amtliche Kongreßvericht einsilbig > hervorhebt, „die Aussichten der weltpolitischen Entwicklung und der Weltrevolution". Was der „deutsche" Kom munist über dieses interessante Thema zu sagen hatte, darüber schweigt sich beramtliche Bericht aus, der an dieser Stelle die wemevoluttonäre Propaganda dieser ganzen Veranstaltung zugunsten der außenpolitischen Rücksichten der Sowjetunion und der Genfer Tätigkeit deS AußenkomMissarS Litwinow zurückgestellt hat. Nach der Rede des be- ritchttgten deutschen" Kommunisten Pieck sprach einer der Führer der Kontrollkommtssto« Über die Säuberungsakttonen innerhalb der verschiedenen Sektionen der Komintern tn den letzten sieben Jahren. Er führte zahlreiche — in dem amtlichen Tab-Bericht nicht näher bezeichnete — Beispiele aus der Praxis -er Kommunistischen Partei an und sprach von dem Kampf an zwei Fronten, den die Kontrollkommission für die „Reinheit der Lehre über die Wcltrevolution" zu führen gehabt habe. Wenn zahlreich« Widerstände in den eigenen Rethen hätten überwunden werden müssen, so habe «S gegolen, gegen, die „linken Trotzkisten" genau so wie gegen . die „richten Opportunisten" und gegen Abweichungen aller Ars vorzugehen. Im Ver- laufe dieser sieben Jahre seien aber alle Widersacher der „einzig wahren Stalinschen Richtung" beseitigt worden. - Im Verlaufe der NachmittagSslhung erschien auch der französische Schriftsteller, „Genosse" Barbusse im Saal. Auf Anweisung der Kommunistischen Partei werden in allen Fabriken Arbeiterversammlungen ab- gehalten, in denen kommunistische Agitatoren für die Losung der Komintern Propaganda machen. Litwinow in Marirnbad eingetroffen x Prag, 27. Juli Der sowjetrussische Volkskommissar für au«, wärtige Angelegenheiten, Litwinow, tras am Frei- tag tu Marienbad zstm Kurausentbalt «in. Gleich, zeitig traf auch der somjetrulstsche Botschafter in Pari», Pole mit», ein. Von Sonntag zu Sonntag Was im Ausland geschah — (Lin Querschnitt durch die Wettpolittt der Woche Kernwirkungen Jminer noch steht der große italienisch abessinische Konflikt im Mittelpunkt des weltpolitischen Interesses und wird auch noch sch länge Zeit dort bleiben. Den» es gibt wohl niemanden auf der Welt, der den naiven Glauben besäße, der Bölkerbundsrat werde tn der kommenden Woche eine friedliche Lösung dieses Konfliktes finden. Der Rat soll a m 31. Juli oder am 1. Augnst zusam mentreten, aber über seine Aufgabe ist man noch lange nicht einer Meinung. Auch die diplomatischen Ver- Handlungen, die hinter den Kulissen gesührt werden, NommunM'che Ausschreitungen in Nety York XNew »ork, 27. Juli Bei der Absahrt des Lloyddampfers „Bremen veranstalteten über 1000 Kommunisten eine lärmende Kundgebung. Sin starkes Polizeiaufgebot vertrieb dir Demonstranten vom Pier und nahm sechs von ihnen fest. Anschließend kam es vor der Polizeiwache zu heftigen Zusammenstößen zwischen Polizeibeamten und Kommunisten. Die Polizei mußte von der Schußwaffe Gebrauch machen, ein Demonstrant wurde schwer ver letzt» während eine ganze Anzahl weitere leichte Ver letzungen erlitten. kommen nicht vorwärts, soweit man im Gewirr der etimnder widersprechenden Meinungen überhaupt ein klares Bild gewinnen kann. England hgt sich in den letzten Wochen darum bemüht, Italien dazu zu bringen, sich mtt weitgehenden w i r ts cha s t l i ch e n Zugeständnissen Abessiniens zu begnügen. Abessinien war angeblich zu derartigen Zugeständnissen bereit und wollte auch dem Plan einer italienischen Eisen- bahn von Eritrea nach Sonraliland keine Hindernisse in den Weg legen, vorausgesetzt allerdings, daß diese wirtschaftliche Eisenbahnkonzession keine politische „Zone", wie sie einstmals in der Mandschurei den Japanern bewilligt wurde, in sich schlösse; denn das Beispiel Mandschukuos schreckt Addis Abeba. Es ist nach allem, was in Rom vorgegangen ist, kaum verwunderlich, daß Mussolini derartige Vermittlung Svorschläge bisher strikt ab lehnte. Mitten hinein in die mühseligen diplo- matische» Kompromißverhanblungen und die gekünstel- ten Lösungsvorschläge tönte bei den Kundgebungen am Donnerstagabend die heraussordernde Fanfare Mart nettis: „Abessinien muß unser setnl" Und mit verstärkter Eile werden die mili- täris.chen Vorbereitungen tn Italienisch-Eritrea fort gesetzt. Eine Korrespondentin des Londoner „Daily Telegraph" hat dieser Tage die italienische Etappe zwischen Asmara und dem italienisch-abessinischen Grenzfluß Mareb besucht. Sie schildert die ungeheuer, ltchen materiellen Schwierigkeiten, die sich dem italie nischen Vorgehen entgegenstellen. Am meisten aber ist ihr die todesmutige Entschlossenheit der Elite unter den Pionieren aufgefallen, die der Faschismus nach Afrika geschickt hat. Diese Männer sind, wie sie erzählt, ent schlossen, die Aufgabe, die ihnen ihr Führer gestellt hat, zu erfüllen ober zu sterben. Man darf die Er- Neuerung der italienischen Jugend an Geist und Kör- per durch Mussolini und den durch ihn erzeugten glauben-mutigen Fanatismus (dem ein ähnlicher Fanatismus auf abessinischer Sette gegenitberstehtf nicht außer acht lassen, wenn man die Entwicklungs möglichkeiten .des Konflikts betrachtet. Bloße diplo matische Methoden haben in solchem Fall bisher immer versagt und werden auch in Zukunft versagen. Kleine diplomatische Schiebungen Frankreich hat sich lange Zeit außerordentlich kühl und passiv verhalten. Dann ist man in Paris doch etwa» nachdenklicher geworben. Die englischen Diplomaten müssen am Quai d'Orsay,eine sehr ernste Sprache gesprochen haben, und wie man nach einigen dunklen Andeutungen von Pertlnax'im „Echo be Paris" vermuten darf, sogar die Möglichkeit eine- Austritt» England» aus dem Völker bund »mb den Verzicht der britischen Negierung aus -en von Frankvotch propagierten kollektiven Frieden». gedanken erwähnt haben. Das wäre aber das Ende der Stresa-Front gewesen, das heißt ein Schlag sür Frankreichs Außenpolitik, den die neue Freundschaft mit Rom nicht ausgewogen hätte. Deshalb war plötz lich im „Echo de Paris" zu leien, Frankreich habe zwar das dringende Verlangen, Italien zu Helsen, aber es könnte nicht einfach die internationalen Ab machungen und die Verträge außer acht lassen. Seitdem konzentriert sich die französische Politik vor allen Dingen daraus, den Völkerbund cinsach dazu zu benützen, Italiens Krieg sozusagen zu „legalisieren", gesetzmäßig zn machen. Wie zynisch man dabei verfährt, dafür ist ein Artikel von Madame Tabouiö, der außenpolitischen Chronistin des „Oeuvre", typisch. Tie Großmächte, schreibt diese liebenswürdige Dame, würden die Sache in Genf so „arrangieren", daß unter keinen Umständen Einmütigkeit im Rate zustande käme. Damit würde Italien nach der Völkerbundssatzung freie Hand gewinnen. Der Bund würde Italien eine ge setzliche Grundlage sür einen Krieg geben und eS ihm dennoch ermöglichen, Mitglied des Völkerbundes zu bleiben und so — diese letzten Worte muß man mit ganz besonderem Genuß lesen — „die inter nationale Ordnung in Europa aufrechterhalten, die auf der Grundlage des Völkerbundes ausgebaut worden ist". Abessinien und die Brennergrenze Diese internationale Ordnung aber ist baS System der Friedensverträge von Ver sailles, Neuilly und Trianon. Frankreich möchte Italien die Möglichkeit geben, die internationale Ord nung in Afrika zu verletzen, damit Italien die Auf rechterhaltung dieser Ordnung in Europa zu seiner Ausgabe macht. Der Erpcd 1 tion nach Afrika mttsranzösischcrDuldungentsprichtdie Wacht am Brenner aus französischen Wunsch und zu französischem Nutzen. Das bemerkenswerte ist, daß man derartige Pläne ganz offen vorträgt und sie völlig ohne Ironie ganz ernst haft erwägt. Und doch gibt cs keine wirksamere Satire auf den Völkerbund als den diplomatischen Herentanz, der jetzt um den lebenden Leichnam am Genfer See ausgefiihrt wird. In amtlichen französischen Kreisen suchte man in der letzten Zeit die allzu brutal vorgetragene These der Frau TabouiS ein wenig zu tarnen. Man erklärt, der Bölkerbundsrat habe in der kommenden Woche nichts andres zn tun, als den fünften Schiedsrichter für die Schcveninger Schlichtungskommission zu er nennen und eventuell weitere Vorschläge zur Schlich tung des abessinisch-italienischen Zwischenfalls von Ual- Ugl zu machen. Erst wenn diese neuen Schlichtungs versuche sich alS vergeblich erweisen sollten, müsse der Völkerbund, wie dies im Mai ausdrücklich beschlossen worden lei, Ende August erneut zusammentreten. Da mit habe man abermals vier Wochen Verhandlungs zeit gewonnen. Man könne ein englisch-sranzösisch- italientscheS Kompromiß ausarbeitcn. oder falls dies nicht möglich sei, Italien Zeit zur Vervollständigung seiner Rüstungen verschossen. Denn im September be- ginnt di« sür größere militärische Operationen günstige Jahreszeit. Die kläglichste Rolle in diesem diploma- tischen Spiel aber spielt der Genfer Völker, bund selbst. Seine Lage ist so gut wie ausweglos. Entweder verzichtet er daraus, den abessinischen Streit fall zu schlichte», um sich die Mitgliedschaft Italiens zu erhalten — dann verletzt er a»fs gröblichste eine seiner Hauptaufgaben, oder er unternimmt einen Versuch, die abessinische Frage gerecht zu lösen — dann ist der Aus- tritt Italiens sicher, damit aber auch das Ende deS Völkerbundes selbst. Wieder einmal tritt deutlich zu- tage, daß der Völkerbund in seiner jetzigen Form die Mission, die er sür sich in Anspruch nimmt, Vermittler und Schlichter und Bewahrer des Weltfriedens zu sein, unter keinen Umständen erfüllen kann. Wie immer, weiß man in Genf nicht, was man will. In Rom weiß man es um so besser. Vie Unruhe in der farbigen Wett Unterdessen mehren sich die Anzeichen, dqß «I» ' Italtenisch-abessinischcr Konflikt nur außerordentlich ' schwer zu „lokalisieren" wäre. Wir haben bereits iu der vergangrnen Woche an dieser Stelle auf die immer ' deutlicher werdenden Kern Wirkungen b«S Son- ftikteS hingewiesen. Jetzt sind auch in Frankreich einige bedenkliche Stimme» laut geworden. In der
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