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Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse : 29.12.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-12-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480533490-190712295
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480533490-19071229
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480533490-19071229
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse
- Jahr1907
- Monat1907-12
- Tag1907-12-29
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s Sonntag, den 29. Dezember 1907. Nr. 302. ----- Fernsprecher r ----- »«1 Dresd«, «r. 80S. Am 1 < b 1 t 1 M cke ßgl. Hmttl>anpt»A»nrcd-Nen vrenle» Rtlttsckt u. -Deurtaät, tlas ßgl. Amlsgericb, Dreisen, /siin^visiii Zuperinlensenlur Dressen II, sie Kgl. Forstrenlämter Dressen, Morilrburg rir a>« St»«iiOt,, Q»id»«i. r«w«v,a. vodMr, w«d«»r, Mtitnmn». N»"<nri», «II,»«. c«»di»n-«Nli Lor«»»,«. ^IdNltätiobr - OrgSV unä LollLl ^irriger tür blarevitr, torchvitr, l^ochvitr, (veirrn stirrch. öüklau. öie törrmlrgemrincken. oreräen 5ttie§en unck NeugninZ. Lelegrmmn . «drefir Ulbgaoprefle Blase»ip Beilagen: ^Jllnstrirntt« UnterhnlttMD-bl-tt^ ,««ch Aeler«»-Nd^ »H—- »»d »««euwleilch-f^ * ^Aremd-»-Liste-. Druck und Verlag: Elbgau-Vuchdruckerei und «erlagtanstalt Hermann Heyer ch Co., vernMw. ReLakievr: vr. K. B lesend «hl, Blaiewttz ! 69. Jahrg. Rev«kti»»»schl»st, » Uhn MW«»». Gprrchskmd« der Reduktion: C—C Uhn NlUtzmitt«!«. Ü»schristen in redaktionellen Angelegenheiten find nicht an den Redakteur persönlich, sondern ausschließlich au die Redaktion zu adressieren. 8r»kfte SreiMe. Der Verein zur Förderung Dresdens und des Frem denverkehrs strebt in einer Eingabe an den sächsischen Eisenbahnfiskus das Aushängen von Landschaftsbildern ,n den Bahnwagen an. Die Sächsisch-Böhmische Dampfschiffahrts-Gesell- schaft stellt von morgen an den Personen- und Güterver kehr wegen der Kälte und Eisbildung auf dem Elbstrom ein. Die Stadt Chemnitz verlieh ihrem Oberbürgermei ster Beck, dem künftigen Kultusminister, das Ehrenbürger recht und beschloß, eine Straße nach ihm zu benennen. Das Befinden des erkrankten Prinzregenten Luitpold von Bayern bessert sich andauernd. Im Prozeß Moltke-Harden wurden gestern die Ver handlungen fortgesetzt. Als Zeugen wurden Dr. Liman und Graf Reventlow vernommen, sowie eine Reihe von Sachverständigen. Darauf wurden die Verhandlungen auf Montag vertagt, da heute die.-kommissarische Verneh mung des Prof. Schweninger stattfinden soll. Der Kassendieb Goldschmiedt,. der aus der Kasse eines Wiener Artillerie-ükegiments 30'000 Kronen ge raubt hatte, wurde in Freysing in Bayern verhaftet. Bei der Hochstaplerin Michalescu, die in Czernowitz wegen des Berliner Juwclendiebstahls verhaftet worden war, kamen bisher 58 Perlen und ein Brillantring zum Vorschein. Der französische Kriegsminister hat die Garnisonen in Algier und Tunis angewiesen, Verstärkungen für Casa blanca bereit zu halten. Major von Schönebeck vom Dragoner-Regiment Nr. 10 wurde in Allenstein erschossen aufgefunden. Der Hauptausschuß des Brandenburgischen Flotten vereins macht Front gegen angebliche Beeinflussungsver suche im Interesse des Generals Keim. Ende s»t, alles gut! Das nun zur Neige gehende Jahr 1907 gehörte zu denen, von welchen man sagt, sie gefallen uns nicht, wozu allerdings schon die herrschende Teuerung und die von jeder Regel abweichende Witterung viel mit beigetragen haben mag. Viel böse Tage hat es uns beschert, doch auch schöne Stunden gebracht, und es wäre undankbar gegen die Fügung des Schicksals, wenn wir nicht mindestens aner kennen wollten, daß es wiederum ein Friedensjahr geblie ben ist. Vergegenwärtigen wir uns zunächst den Ent wickelungsgang, den die innerpolitische Geschichte des Rei ches in dem ziemlich abgelaufenen Jahre nahm. Sie be gann schon unter den Nachwirkungen der Reichstagsauf lösung vom 13. Dezember 1906, stand also unter dem Zei chen der inneren Kris-/ Wild wogte der Wahlkampf, Er regung und Zweifel sller Orten. Wahlreden und Wahl manifestationen alle^ Art erfüllten die Tage und hatten auch vor dem Weihnacht-feste nicht einmal Halt gemacht. Es war eine bewegte, .stürmische Zeit, und auf aller Lip pen schwebte die Fraget Wie werden die Würfel fallen? Wird die alte antiyationale Mehrheit des Reichstages in Trümmer gehen, wird der neue Block die Mehrheit errin gen, was wird werden? Mit dem damaligen stellvertreten den Kolonialdirektor Dernburg stieg auch der Reichskanz ler Fürst Bülow wider alles Herkommen in die Kampf arena herab, legte in seinem Sylvesterbrief an den Gene ral von Liebert sein Wahlprogramm dar und verteidigte es in einigen Reden, die, obschon im geschloßenen Kreise gehalten, doch selbstverständlich die Runde durch das ganze Deutsche Reich antraten. Dann kam der 25. Januar, der Wahltag, der die sozialdemokratische Reichstagsfraktion dezimierte, und von der stolzen Höhe ihrer 81 Köpfe betra genden Mitgliederzahl auf 43 hcrabwarf. Das war ein Jubel in allen Kreisen des nationalen Deutschlands, das war ein Sieg des deutschen Bürgertums in Stadt und Land, der der Freude wert war. Die neue nationale Mehr heit war da; sie sollte aber durch Taten beweisen, daß sie ihren Namen auch verdiente. Der erste nur kurze Sessions abschnitt brachte keine starke Belastungsprobe des Blocks; um so stärker war diese, als der Reichstag in dem am 22. November begonnenen Tagungsabschnitt die eigentliche Arbeit begann. Der Blockturm schien gefährlich ins Wan ken zu geraten; doch als er zu stürzen drohte, da trat der Reichskanzler selbst hervor. Seinen! entschiedenen ent weder — oder gelang es nicht nur, die augenblickliche Ge fahr zu beschwören, er schmiedete auch die Blockparteien fester an einander, als sie je gestanden hatten. So scheidet das alte Jahr für die innere Politik des Reiches versöh nend und Erfolg verheißend. Das neue Jahr, das aus der Zeiten Schoß aufsteigt, kann erst die endgültigen Entschei dungen bringen. Niemand kann den über die künftigen Geschehnisse gebreiteten Schleier mit seinen Blicken durch dringen; aber nach dem Voraufgegangencn haben wir ein Recht dazu, der Zukunft mit Vertrauen entgegen zu gehen. Mit der wirtschaftlichen Hochkonjunktur, die fünf Jahre lang angehalten und in diesem Jahre ihren Höhe punkt gefunden hat, ist es vorbei; aber die Zeit ist hoffent lich nicht ferne, in der man das auch von der Bewegung der Gegenwart sagen wird: Ein Lustrum ungefähr haben, die Wogen Wirtschaftlichen Aufschwungs mächtig anschwellend, die Welt durchflutet. Immer mehr wuchs die Flut zu sehends, leichter und schneller ging die Fahrt; glänzender und lockender wurden die Ziele! Jetzt aber ist kein Zwei fel mehr: des 20. Jahrhunderts erste wirtschaftliche Hoch flut ist vorüber, das Wirtschaftsjahr 1907, das ihren Höhe punkt gesehen, es sah auch ihren Niedergang. Jahrelang hatte man in stetem Vorwärtsschreiten um neue Formen wirtschaftlicher Ordnung und Tätigkeit gerungen, immer heftiger war der Kampf sozialer Schichten um ihren Anteil an dem durch Technik und Organisation gesteigerten Ar- Berlin» Kries. Bon A. Silviu». (Nachdruck verboten.) S' ist noch gul geworden. — Ein Rückgang in bar. — Wa rum liebe ich Berlin? — Der alte Strantz und der kleine Komiker. — Alles Wiener. — Walzertraum und Rühr seligkeit. — Kein Tisch mehr. — Silvester. — Die drei Junkermänner. — Profit Neujahr! Es ist alles noch gut geworden, oder gut ist's g'angen, nix ist g'schehn! Wir sahen nämlich den Weihnachtsfeier ragen mit großer Beklemmung entgegen; wirklich mit sehr großer Beklemmmung. Erstens das Welter! Daß es fürch terlich aussah — ich meine vor den Feiertagen — brauche ich nicht besonders zu versichern, die Wetterlage war überall ziemlich dieselbe, aber in Berlin war es besonders unge mütlich. Einen Tag vor Weihnachten fetzte der Regen noch einmal mit besonderer Vehemenz ein, aber dann über Nacht wurden annehmbare, passable Feiertage. Man sieht, der Mensch soll nicht verzagen, er soll hoffen bis zum letzten Augenblick. Das haben nun Tausende in Berlin allerdings getan bis zum Weihnachtsfest, aber ihr Hoffen hat sich nicht erfüllt. Es wird nämlich allgemein geklagt, Saß bis auf wenig Ausnahmen die Weihnachtsgaben in bar einen merk lichen Rückgang aufzuweisen haben. Es ist das ein weite res Charakteristikum der so oft bejammerten schlechten Zei ten. Die Geschädigten, ich meine diejenigen, die sich in ih ren Hoffnungen getäuscht fühlen, behaupten allerdings viel fach, daß viele EhofS die Gelegenheit benutzt haben, die Ge legenheit der notorisch schlechten Zeil, um die Gratifika tionen herunterzufehen. Das scheint mir aber doch Wohl bloß eine Verdächtigung zu sein; denn die Berliner sind wirklich nicht so, sie laßen bei passenden Gelegenheiten un bedingt etwas draufgehen, und drehen das Fünfmarkstück nicht zehnmal um. Und darum liebe ich mein Berlin, möchte ich am liebsten sagen! Mich hat zwar niemand ge fragt, aber ich kann ja auch mal ungefragt reden. Die Um fragen sind modern, und so hat Herr August Scherl wieder einmal «ine ganz interessante Umfrage ergehen laßen: „Worum liebe ich Berlin?" Viele bekannte Namen sehe ich unter den Antworten, manche aber auch, die mich recht nach denklich machen. Wenn Ferdinand v. Strantz, der 86 Jahr alte Berliner Operndirektor a. D., sagt, Berlin liebt er, weil die S:adt so gute Luft hat, so muß man ihm Recht geben, denn er folgert ganz logisch, sonst wäre ich nicht 86 Jahre alt geworden. Wenn aber ein bekannter kleiner Ko miker sagt: „Ich liebe Berlin, weil es in seiner gewaltigen Entwickelung mir den Boden für die Entfaltung meines be scheidenen Könnens gegeben hat!" so ist das, wenn man die sen Ausspruch streng kritisch analysiert, eigentlich für den kleinen Komiker nicht sehr schmeichelhaft. Es ist also in Berlin alles möglich; „bescheidenes Können" drückt sich durch, weil Berlin so groß ist. Ja, ja, man sieht, wenn kleine Komiker eigene Gedanken aussprechen, hapert es ge wöhnlich immer. Aber die Umfrage kann man auch ver- teufelt^ernst nehmen. Ich bitte, genauer hinzufehen. Das jpezifßch Berlinische verwischt sich immer mehr. Ueber die ganz unmotivierte Invasion österreichischer Operettenleute habe ich schon oft ein Wort gesagt. Wir haben hier die neue Direktion Palfy, welche sich mit „Blaubart" einfllhrte, und uns zwei Drittel Ocsterreicher servierte; wir l)aben im Theater des Westens die Direktion Monti, jenen Monti, der uns die Wienerische lustige Witwe bescherte, und schon in dieser Operette nichts weiter wie Wiener Bühnenleute zeigte. Jetzt har er auch den Walzeriraum gebracht und auf der Bühne ist nicht ein einziger Berliner zu finden. Und wenn es noch erste Wiener Kräfte wären! Wo bleiben die Berliner, warum lieblich Berlin? Weil ich auf den Ber- liner Bühnen bald nur Oesterreichcr finde!? Ja wenn Leute wie Sonncnthal, Girardi, die Dirkens zu uns kom men! Pardon, die Dirkens ist, nebenbei gesagt, Berlinerin, sie ist aber leider schon so verwienert, daß man sie für ein Donauweibchen halten kann. Aber das Malheur ist eben das Verwienern. Dieser Walzertraum, diese erschreckliche Wiener Rührseligkeit drei lange Akte hindurch, und fünf zig Prozent der Berliner Zuhörer glauben daran. Erst im Restaurant, bei Hiller, Dreffel, Bristol, Adlon usw. fangen sich die Herrschaften darauf zu besinnen an, daß sie doch eigentlich in Berlin leben. Mich freut s immer, wenn ich so recht Berlinische Erscheinungen konstatieren kann. Für eine ganz waschechte Berliner Erscheinung halte ich näm lich die unbestreitbare Tatsache, Saß schon heute — ich schreibe diese Zeilen am zweiten Feiertag — daß schon heute in den „gangbarsten" Berliner Weinstuben kaum ein Tisch für die Silvester-Nacht zu haben ist. Das ist doch echte Berliner Silvester-Bummelei! Und doch sind auch hier nach gewisser Richtung hin die Berliner anders geworden. Ich will aber hier keinen Vergleich mit den Wienern anstellen; ich will nur konstatieren, daß der Berliner Polizei-Präsi dent nicht mehr wie früher Angst und Besorgnis wegen der Silvesternacht zu haben braucht. Der Silvcsterradau, dem die übliche polizeiliche Warnung stets voraufging, hält sich in mäßigen Grenzen, ein eingetriebener Zylinder gehört zu den Seltenheiten. Aber „Tische" sind, wie gesagt, absolut nicht mehr zu haben. Eine ähnliche Zugkraft hat eine ganz eigenartige Veranstaltung im Thalia-Theater ausgeübt. Es handelt sich um ein Jubiläum ; der berühmte Reuter- Darsteller August Junkern,ann ist 55 Jahre bei der Bühne; er ist soeben 75 Jahre alt geworden, ist aber noch beweglich und frisch wie ein Fünfziger. Eine lange Zeit war er Mitglied des Stuttgarter Hofthcaters und so hat er denn auch auf besondere Einladung der Württembergischen Intendanz Geburtstag und Jubiläum am Stuttgarter Hoftheater unter ehrender Auszeichnung auch seitens des Königspaares gefeiert. Alte Freundschaft verbindet das Thalia-Theater mit der Junkcrmannschen Familie, die in Berlin ansässig ist. Der „Alte" hat oft dort gespielr, Hans Junkermann begann seine Karriere im Thalia-Theater, und der jüngste derer von Junkermann, Fritz, ist cchen im Anfang seiner Karriere am gleichen Theater. Am ZV. De zember werden die drei Junkermänner im „Onkel Bräsig" auf der Bühne des Thalia-Theaters vereinigt sein. Sonst ist — ich mesne im allgemeinen — für die Berliner Büh nen der Jayresfchluß nichi sehr erfreulich, es war ein schlechtes Theaterjahr. Aber die Berliner Theaterleute sind wie die anderen Menschen auch, sie hoffen immer wie der auf das nächste Hahr, und in diesem Sinne rufen sie sich und dem Publikum auch herzlichst „Prosit Neujahr* zu, was ich übrigens unfern Lesern ebenfalls herzlich gern zu- rufe.
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