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Auerthal-Zeitung : 01.11.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-11-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189611018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18961101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18961101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAuerthal-Zeitung
- Jahr1896
- Monat1896-11
- Tag1896-11-01
- Monat1896-11
- Jahr1896
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 01.11.1896
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vslMfch, »odfchn. »«ttschltm». *D« Kaiser stattete ta Begleitung de» Nrtnz«« Heinrich am Mittwoch der Kruppschen Fabrik in Essen den dieser längst zu» Gedachten Besuch ab. Bon Essen au« ist der Kaiser am Donnerstag nach Blankenburg nm Harz zur Jagd gefahren. *Da» russische ttatserpaar hat am Donnerstag Darmstadt verlassen, um sich »ach Petersburg zurückzubegeben. * Der frühere Kolonialdirektor Dr. Kayser ist -um SenatSpräfidenten am Reichsgericht ernannt worden. * Di« Erklärung im ,ReichS-Anz.', daß die Negierung auf die .Enthüllungen der .Hamb. Nach r.' nichts erwidern werde, gibt der deutschen Presse Anlaß zu den von den verschiedenen Parteistandpunkten auS diktierten Betrachtungen. ES wird übrigens versichert, daß Fürst BiSmarck jenen Enthüllungen fern stehe. * Die Verhandlungen mit Rußland wegen der Handhabung des Zolltarifs dauem fort. Die Befürchtungen, daß sie im Sande verlaufen könnten, find nach dem Hamb. Lorresp.' übertrieben. Die Besprechungen sollen den Boden für die Beratungen einer aus Ver tretern beider Telle bestehenden Fachmänner- Kommission vorbereiten. "Der preußische Landtag ist zum 20. November einberufen worden. * Die Zahl der Hilfsarbeiter soll, wie die.Post' mittcilt, auch im Reichspatent- a m t und im Auswärtigen Amt erhöht werden. Letztere sollen in der handelspolitischen Abteilung migestellt werden und die dort be- schüfiigtcn Räte entlasten, da auf diesem Gebiet sich eine Zunahme der Geschäfte ergeben habe, die die Vermehrung rechtfertige. Oesterreich-Ungar». *BiS Mittwoch abend waren im ganzen 202 Ergebnisse der ungarischenAb- geordnetenwahlen bekannt. Hiervon ent fallen auf die liberale Partei 155, auf die Nationalpartei 11, auf die Kossuthfraktion 18, auf die Ugronfraktion 4 und die Volkepartci 3. Ferner wurden 7 keiner Partei Angehörige ge wählt; außerdem sind vier Stichwahlen erfor derlich. Die liberale Parier gewann 34 Man date und verlor 6 Mandate. * Der .Pester Lloyd', welcher in engen Be ziehungen zur ungarischen Regierung steht, schreibt: .Wenn die deutschen amtlichen Kreise keinen Anlaß zum Eingehen in eine Diskussion über die erfolgte Verletzung des Staatsgeheimnisses und die Schädi gung wichtiger Staatsinteressen erblicken, haben wir nichts dagegen einzuwenden. Uns genügt der bisherige Zustand und die neue Versiche rung von der Aufrichtigkeit und Vertragstreue der deutschen Politik, welche durch diese Ent hüllungen nicht erschüttert werden können." Frankreich. * Die Unsicherheit aufMadagaS- kar wird durch folgende Meldung gekennzeichnet: Die Königin habe, begleitet von dem General Voyron und einer starten Eskorte, am 15. Sep tember Tananarivo verlassen, um sich in die Umgegend zu begeben. Die Eskorte hatte einen Zusammenstoß mit den Fahaoalos, die etwa 30 Tote verloren ; die Begleitung verlor an Toten dreisenegalfscheTirailleurs, fünf TirailleurS und vier Marinesoldaten wurden verwundet. Italien. * Die offiziöse .Agenzia Jtaliana' schreibt zu den Enthüllungen der Hamb. Nachr.': „Der zwischen Deutschland und Rußland be stehende Neutralitäisvertrag war für die ita lienische Regierung k e i n Geheimnis. Diese wußrc jedoch, daß die Bestimmungen dieses Ver trages dem Texte der Abmachungen zwischen Deutschland und Italien, sowie zwischen Italien und Oesterreich in keiner Weise widersprechen, Abmachungen, deren absolut defensiver Charakter durch besondere Vereinbarungen, die irgend ein Mitglied des Dreibundes außerhalb des Rahmens des letzteren einging, nicht beeinträchtigt wurde. Der ob der Veröffentlichungen des Bismarck- Organs entstandene Lärm sei deshalb ganz überflüssig, ebenso auch die Hoffnung der stan- zöfischen Presse, daß der Dreibund durch jene erschüttert worden sei." England. *Ueber Englands Ortentpolittk hiev der Staatssekretär deS Krieges Marquis of LandSdowne am Dienstag abend in LeedS eine Rede, in welcher er sich gegen ein gesonderteSBorgehen zum Zwecke der Entthronung des Sultan» auSsprach. Wenn England eine solche abenteuerliche Politik verfolgte, so würde der KriegS-Etat um Millionen überschritten und die Frage der Einrichtung eines Zwang» - Militärdienstes er wogen werden müssen. Die Regierung verlasse sich auf das europäische Konzert, welche» sicher eine Lösung finden werde. Gh»a«ie». "Nach einer Meldung aus Havana erklärte General Weyler auf Befragen, daß er auf eine rasche .Pazifizierung aller Provinzen deS westlichen CubaS" rechne. Wenn er sich nur nicht verrechnet! * AuS Madrid wird über einen von ameri kanischen Flibustiern unternommenen Versuch, den Insurgenten in Cuba auf dem Dampfer„Dauntleß" Waffen und Munition zu- zusühren, berichtet, daß die Ausschiffung dieser Äriegskontrebande thatiächlich schon geschehen war, als es den spanischen Truppen, von einem Kriegsschiffe unterstützt, gelang, sich nach fünf stündigem harten Kampfe nahezu der gesamten Waffen- und Munitionssendung, die in Rio de San Juan bei Cienfuegos aufgestapelt wurde, zu bemächtigen. In den Händen der Insur genten blieb nur ein Geschütz zurück. Mit diesem Kriegsmaterial sollen auch wichtige, die Flibustier und deren Förderer kompromittierende Papiere beschlagnahmt worden sein. *Eine amtliche Depesche auS Manila be richtet über eine auf den Sulu-Inseln entdeckte Verschwörung. Acht Soldaten wurden erschossen. Der Gouverneur hat eine Bürgerwehr bewaffnet. Von Manila find Truppen dorthin abgegangen. Stutzland. * Die Frage über die Abschaffung der Prügelstrafe in Rußland hat eine Lösung gefunden, und zwar von einer Seite, von welcher man sie am allerwenigsten er warten konnte. Im Alexandromschen Zwangs arbeitshause in der Nähe von JrkutSk wurde folgender bemerkenswerte Versuch gemacht. In dieser Anstalt wurde in den letzten drei Jahren die Rute als Disziplinarstrafe nicht in Anwen dung gebracht. Der Inspektor des Gefängnisses und sein Gehilfe hoben die Rutenstrafe auf eigene Verantwortung auf und erreichten ein un erwartet günstiges Ergebnis; die Disziplin und die Ordnung wurden durchaus nicht erschüttert, sondern im Gegenteil gefestigt. Im letzten Jahre arbeiteten 500 Zwangssträflinge des genannten Gefängnisses ohne Fußschellen an der Eisen bahn nnd gaben keine Veranlassung zu Klagen. Russische Blätter stellen nun die Frage, ob eS hiernach nicht möglich sei, auch friedliche Bauem ohne Ruten zu regieren. Balkanstaaten. *Der König Alexander von Ser bien hat Dienstag früh seine Reise zum Be such« des Königs von Rumänien ange treten. Während der Abwesenheit des Königs ist der Ministerrat mit der Regentschaft betraut. * Im Mittelmeer find am Dienstag die deutschen Fregatten „Stein" und „Gneiscnau" als erste von den vier für den Winter infolge der Wirren im Orient stationierten deutschen Kriegs-Fahrzeugen eingetroffen. * Keine Zwangsanleihe, sondern freiwillige Sammlungen sind das Mittel, mit dem der Sultan seine erschöpfte Staatskasse ivieder zu füllen gedenkt. Durch diese „freiwillige Sammlung" sollen die not wendigen Fonds zur Vervollständigung der Ausrüstung der Truppen aufgebracht werden. Die Muselmanen seien, so lassen die türkischen Offiziösen sich vernehmen, in erster Linie be rufen, an der Sammlung teilzunchmcii, an der jedoch auch Christen freiwillig teilnehmen können. Wahrscheinlich werden sowohl Türken al» Christen sich gleichmäßig diese« Attentat« aus ihren Geld- beutä erwehren. *Lin Erlaß de« Lroßvefir« an die mV dem SicherheitSdieft betrauten Behörden besagt, daß in der letzten Zett SO Armenier au» dem Autlande eingetroffen und in die armenischen Stadtteile eingedrungen seien, wo sie die Bevölkerung auffordern, ihre alten Quar tiere zu verlassen und sich in die christlichen und europäischen Quartiere zu zerstreuen, da da» Komitee binnen zwölf Lagen ein große» Komplott plane. Der Erlaß ordnet daher größte Wachsamkeit an. TS zirkulieren Gerüchte, daß von den Armeniern geplant werde, in den mohammedanischen Vierteln Feuer anzu legen. *Die vier Führer der bulgarischen Opposition, RadoSlawow, Grekow, Zankow und Karawelow, die um eine Audienz beim Fürsten Ferdinand nachgesucht hatten, um ihm die Bitte vorzulegen, zur Sicherung einer ge rechten Durchführung der Wahlen für die Zeit der Neuwahlen ein provisorisches Koalitions ministerium zu bilden, wurden am Donnerstag vom Fürsten empfangen. Karawelow traf zum ersten Mal mit dem Fürsten zusammen. Asten. *Li-Hung-Tschang ist nach der,Post' nicht zum Minister deS Auswärtigen, sondern nur zum Mitglieds deS Tsungli-Aamen ernannt und fomit einer von etwa -Wölf gleich berechtigten Räten geworden. Der KrAmaU irr Gpalerritza. Die bekannten Vorgänge auf dem dortigen Bahnhof gelangten am Mittwoch vor dem Schwurgericht in Mcseritz zur Verhandlung. Auf der Anklagebank erschienen: 1) der Schmiede meister Nepomuk Rajewicz, 2) dessen Sohn, der Kaufmann Kasimir Rajewicz, 3) der Fleischer geselle Hypolyt StelmaSczyk, 4) der Arbeiter Valentin Wawer, 5) der Arbeiter Kasimir KlaszynSki, 6) der Schlosser Stanislaus Ur- bansky, 7) der Fleischer Franz Smierzchalski, 8) der Schneidermeister Peter Filipowski, 9) der Bäcker Michael Roy. Am Nachmittag des 14. September verbreitete sich in dem in der Provinz Posen belesenen Städtchen Opalcnitza die Nachricht: der in Wicliechowo weilende Erz bischof werde am Abend von dort zu Wagen nach Opalenitza kommen, um mit dem von Opalcnitza abgehenden Abendzug nach Posen zu fahren. Auf Veranlassung des Schmiedemeisters Rajewicz beschloß der „Industrielle Verein" und der katholische Arbeiter-Verein zu Opalenitza, den Erzbischof mit einem Musikkorps und Fackel trägern zu empfangen und denselben in dieser Weise in geordnetem Zuge durch die Stadt nach dem Bahnhof zu begleiten. Auf dem Platze vor dem Bahnhofsgebäude dankte der Erzbischof für den ihm bereiteten Empfang, erteilte den Segen und begab sich in den Wartesaal. Kaum hatte der Erzbischof den Platz verlassen, so kam der königliche Distriftskommissar Otto v. Carnap mit seinem Fuhrwerk angefahren. Ms v. Carnap auf dem Platz vor dem Postgebäude angelangt war, soll die Menge den Pferden in die Zügel gefallen sein und auf v. Carnap mit teils brennenden, teils ausgelöschten Fackeln, Papier laternen, Stöcken, Fäusten rc. geschlagen haben. Dabei soll die Menge in polnischer Sprache unaufhörlich gerufen haben: „Schlagt den deutschen Hund, das deutsche Hundeblut, den Lumpen tot" rc. v. Carnap, der, als er von der Menge angegriffen wurde, vom Wagen ge stiegen war, soll, als er sich zur Wehre setzte, vor die Brust und schließlich derartig gestoßen und geschlagen worden sein, daß er taumelte. Selbst der herbeigeeilte Oberwachtmeister Studer vermochte den in Zivilkleidung befindlichen Distrittskommiffar kaum vor der von neuem an stürmenden Menge zu schützen. Erst als der Kutscher Klimpcl dem Distriftskommissar den Säbel gebracht und dieser blank gezogen hatte, gelang es dem Distriktskommissar, die Menge von sich abzuwehren. Zu den Hauptschuldigen dieser Vorgänge sollen die Angeschuldigten ge hört haben. Dem Vernehmen nach geben letztere zu, ohne vorherige polizeiliche Genehmigung den öffentlichen Aufzug teil» veranlaßt, teil« a« demselben tetlgenommen zu haben, da sie der Meinung waren, daß sie dazu berechtigt seien. Dageaen bestreiten die Angeklagten, den DistriktS- kommlffar geschlagen zu haben und behaupten, letzterer sei mit seinem Fuhrwerk im Galopp direkt in die Menge hineingefahren, so daß man, um ein Unglück zu verhüten, den Pferden in die Zügel fallen mußte. Durch da» schnelle Fahren und durch die von dem Distrikts- komniiffar auSgestoßenen Rufe: „WaS thut ihr hier, ihr verfluchten polnischen Schweine? Wa» wollen die verfluchten Pollacken" ,e. sei die Menge in Wut geraten und habe auf den DiftnktSkommifsar eingehauen. Diese Behaup tung, ganz besonders daS schnelle Fahren de« Distrittskommiffar» soll von verschiedenen Zeugen bestätigt werden. Bon einer Reihe anderer Zeugen soll dagegen die ersterwähnte Schilde rung der Vorgänge behauptet werden. Die Staatsanwaltschaft und die Beschlußkammer scheinen die erstere LeSart für die richtige zu halten, denn die genannten neun Angeklagten haben sich wegen LandftiedenSbruchS und zwar zum Teil al» Rädelsführer, sowie wegen vor sätzlicher Körperverletzung mittels eines gefähr lichen Werkzeuges auf Grund der 88 125b und 123» deS Strafgesetzbuches und außerdem wegen Verletzung des preuß. Vereinsgesetzes vor ein gangs bezeichnetem Gerichtshof zu verantworten. Die Angeklagten, die sich zum Teil noch in sehr jugendlichem Alter befinden, find sämtlich katholischer Konfession. Die Angeklagten Stel- . maczyk, Smierczchalski, Felipowski und Roy sind bereits wegen vorsätzlicher Körperverletzung, Smierczchalski deshalb mit anderthalb Jahren Gefängnis bestraft. Die anderen Angellagten sind unbestraft. — ES waren für die Verhand lungen zwei Tage in Aussicht genommen. « Don Mah a«d Fern. Berlin. 3192 entlassene Sträflinge hat im letzten Jahre der Verein zur Besserung der Strafgefangenen in auswärtige Arbeitsstellen untergebracht, nur 436 erhielten in Berlin selbst Beschäftigung. Die Gesamtzahl der in den letzten fünf Jahren durch den Verein verschickten Sträflinge beläuft sich auf nicht weniger wie 14 221. Es ist unbestreitbar, daß damit Berlin von einem ganzen Heer gefährlicher, zum min desten fragwürdiger Menschen befreit ist. Die Sträflinge find meistens nach Mecklenburg ge- ' schickt; dies hat bereits ein Einschreiten der mecklenburgischen Regierung veranlaßt, das zu einer Aendemng im System der Verschickung bisher aber noch nicht geführt hat. Im all gemeinen hat der Verein auch im letzten Jahre wieder recht erfolgreich wirken können. Solingen. Um die zu vielen Unzuttäg- lichkeitcn führenden Verschiedenheiten m der Krankenversicherung der einzelnen Orte deS Kreises auS dem Wege zu schaffen, hat der Kreistag des Landkreises Solingen ein Statut beschlossen, daS die Krankenversicherung für alle Kreisgemeinden einheitlich regelt. Bei der , Beratung dieses Statuts rief der Vorschlag zur Versicherung der Familien-Angchörigen.land wirtschaftlicher Betriebsunternehmcr eine längere .. Besprechung hervor, die mit der Ablehnung des Vorschlags endete. Die Familien-Angehörigeu gewerblicher Betriebsunternehmer dagegen find, sofern sie im betreffenden Betriebe beschäftigt werden, verficherungspflichtig. Kassel. Die Feuersbrunst, die am 26. d. vormittag in dem Dorfe Moshe,m ausbrach, hat' den gesamten nordösteichen Teil des etwa 400 Einwohner zählenden OrteS in Asche gelegt. Es find 13 Wohnhäuser, 16 reich gefüllte Scheunen und die dazu gehörigen Stallungen nicherge- brannt. Der Schaden wird auf 400000 Mark geschätzt. Die Mehrzahl der Abgebrannten ist versichert. Ein fünfjähriger Junge' soll der Ur heber des Brandes sein. Aachen. Ein schwerer Unglücksfall hat sich auf der Kohlengrube „Teut" nn Wurmkohlen- revier zugetragen. Dort wurde der Hauer Esser verschüttet. Man nahm sofort die Rettungs arbeiten auf und war am Montag abend soweit, daß Esser gerettet schien. Leider erfolgte aber im letzten Moment ein neuer Gesteinssturz, der ISj Ei« Ehrenwort. Roman von L. Haidheim. WorNqung.i „Ich habe von Ihnen auf Sylt viel Freund liches gehört, Herr Winzcek. Ern junger Herr, Graf LangSfeld, der in unserem Kreise verkehrte, hat mir erzählt, mit welch fürsorgender Güte Sie Gräfin Rheustein, seine alte Verwandte, vor jeder Sorge bewahren I Das ist eine wahr haft edle That, Herr Winzcek, und höher als Ihre Güte steht die rücksichtsvolle Art, mit welcher Sie die alte Dame in ihrer Unkenntnis der Sachlage zu erhallen verstehen." „Hoheit schlagen mein geringes Verdienst zu hoch an," war Winzceks nchige Antwort. „Ich habe niemand, dem ich LiebeS erweisen kann, seit meine arme Frau starb; da bildete ich mir denn zuweilen ein, Gräfin Rheustein sei meine Mutter oder Tante, und eS gewährte mir Freude, mir in meiner stillen Stube zu denken, dort drüben im anderen Flügel wohne jemand, an dem ich tefl hätte." Die Antwort gefiel der Prinzeß. „ES ist sehr zu bedauern, Herr Winzcek, daß Sie daS alle Schloß mit seinen vielen Räumen allein bewohnen," sagte die Prinzeß mit warmem Lächeln. „Ich sehne mich selbst nach Freunden, die an mir teü nehmen; aber man ist nicht immer Herr der Verhältnisse," erwiderte er ernst. Sie brachte die Rede auf die frühere Ein richtung de» Schlosses, fragte, ob die« oder jene» noch so sei, wie sie e» als Kind gesehen hatte. „Und dann hatten die RheusteinS ein schönes Bild über dem alten Kamin eines Salons -?" „Es ist noch da, Hoheit!" „Ah, wie würde eS mich interessieren, eS einmal wieder zu sehen, es erfüllte alle meine Kinderträume; die drei schönen Schwestern waren immer die guten Feen! Wenn ich einmal Gräfin Rheustein besuche, müssen Sie mir erlauben, daS Bild wiederzusehen." „Hoheit würden meinem Hause die größte Ehre erweisen." „Ja, ich komme eines Tages. Ich habe wirklich Verlangen nach dem schönen Bilde." Und Prinzeß Mathilde nickte fröhlich und schritt mit Winzcek hinter den andern her. Mit Erstaunen bemerkten diese die Bevor zugung deS so angefeindeten ManneS und WinzcekS Veränderung. Er war wie neu belebt und hatte nichts mehr von der Abgespanntheit, mit welcher er kam. Wie ein Lauffeuer ging es noch an dem selben Abend durch die Stadt, daß Winzcek von der Prinzeß mit huldvoller Freundlichkeit beehrt und von dem Baron Luyken wie ein Kavalier behandelt worden sei. Apotheker Birkert fühlte sich sehr bedrückt und sagte abends beim Zubettegehen be klommen zu seiner Gattin: „Ich fürchte, wir haben uns trotz bester Meinung recht im Licht gestanden." Frau Bükert weinte ihrem Manne was vor. Sie hatten aber noch kaum den ersten süßen Schlummer gefunden, als mit ungestümer Hast an der Nachtglocke gerissen wurde. Mit beiden Füßen sprang der Apotheker aus dem Bett und rief: „Das muß etwas vom Schlosse sein; wenn'» die Prinzeß doch wäre! Dann kriegte ich endlich einen Orden oder Titel." Schneller war Herr Bükert nie in der Nacht zur Stelle gewesen, als dieses Mal, aber zu seiner bitteren Enttäuschung sah er keine Hof- livree, sondern nur einen gewöhnlichen Arbeiter, der ihm ein Rezept vom Sanitätsrat ein händigte. „WaS ist denn los? Ihr reißt mir ja bei nahe den Glockenzug ab. Solche Eile hat'S ja wohl nicht!" schalt er. „Eile? Du liebe Zett, er war ja schon fast verblutet, als der Kutscher ihn gefunden hat. Wir wissen gar nicht, wann er von hier weg geritten ist, das Pferd hat lammfromm neben ihm gestanden." „Wer? Von wem sprechen Sie denn?" rief Herr Bükert und sah ärgerlich auf den Papier streifen, auf dem nichts stand, als die Forde rung von Verbandmull, Karbolwatte und Karbol wasser. „Zum Kuckuck, so lassen Sie mich doch nur erst zubinden. Wer lag da verblutet?" wieder holte er seine Frage. „Herr Winzcek! Es hat einer nach ihm geschossen, von hinterrücks. Und der Kutscher hat mich zu Pferde -um Herrn SanitätSrat und der hat mich zu Ihnen geschickt. Adieu." Und damit nahm der Mann die Arzneien und rannte fort. „Nun schießen sie ihn noch gar tot! Aber warum fängt er an? Er hat neulich mit dem Totschießen gedroht, nun trifft «S ihn selber!" murmelte Herr Bükert und ging zu seiner Frau zurück, nachdem er die Apotheke wieder geschloffen hatte. . , * ... - - Trautmann ward in aller Morgenfrühe ge weckt, nicht in seiner Eigenschaft als Freund ' Winzceks, sondern als Gerichtsbeamter. „Herr Winzcek wünscht sein Testament zu machen!" berichtete der treue Heinrich, der Kutscher, leichenblaß mit strömenden Thränen. , Trautmann schickte zum Aktuar, und ein« halbe Stunde später waren beide auf dem Wege; Heinrich erzählte, daß sofort nach Berlin telegraphiert sei, an den ersten Chirurgen im Lande, da der SanitätSrat und der junge Herr Doktor die Kugel nicht finden könnten, und daß „der Herr" meist in Ohnmacht liege. Wer war der Thäter? ES lag sehr nahe, daß einer der entlassenen Arbeiter das Ver brechen begangen habe, aber der Kutscher wider sprach lebhaft. Sein Gesicht verriet dabei noch anderes — Unverständliches. Inzwischen kamen sie an. „Da» schlimmste ist dtr enorme Blutverlust," sagte der Sanität? - rat. „Ein wahrer Segen, daß der Heinrich ihn fand. Ich erwarte Rückantwort von Langenbcck. Vorderhand glaube ich nicht, daß Sie etwas thun können, als in Bereitschaft sein." . , ... Trautmann trieb eS zu dem Freunde, und , als er ihn liegen sah, schoß ihm ein scharfen:. Schmerz durchs Herz; denn dem Aussehen nach war Winzcek ein Toter. Inzwischen flößte man ihm Champagner ein und that alle», die fliehenden Lebensgeister fest zuhatten. Dann kam ein Telegramm au» Berlin; Langcnbeck wollte kommen.
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