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Dresdner Journal : 04.09.1859
- Erscheinungsdatum
- 1859-09-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-185909047
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18590904
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18590904
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1859
- Monat1859-09
- Tag1859-09-04
- Monat1859-09
- Jahr1859
- Titel
- Dresdner Journal : 04.09.1859
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V 204 , Im tritt uad t^t«mp»l,u- iobt»x t>io,u. Hdonnnnrut«,reist: ^krllcb: 8 7-t,lr. 10 Ikxr. i-> »-L-». >/,jUUrI.: t ,. 10 „ .„ „ 4loo»tU«t> in vr—d«i 15 Hssr. Lin»«Ia« kiummsra: 1 V^r. rnscrateoprelst: l ür den K»nm einer eeipnitenen /eile: 1 )kxr. Vnter ,,t!inxe»»nat" die /eile: 2 kixr. krfchtiiuu- I'ü^Iieli, mit >n«n«I>me «ier 8onn- u»d keiertn^e, -tdenä» kik den folgenden I»x. Sonntag dm 4. September. 1 " ' 7 — ! Dres-nerImrnal. Lercmtwortsicher Redactem: I. G Hartmann. 1859. »useraknainiahmr auowätt«: LetpiiU: I ». Untnneriirr«», 6ommi»»iooitr de» Dresdner douronl»; »y»nd»»«Il,,t: II. Nk»»»»; LItov»: »n»,n,r»i> 1c Vooi.»n; Lerltn: O»vrit»'iel>« »nelib., !t»r»i«r«»'i kiorenu; Lrewe»; L. Hc»l.»rr»i VrnnKlart ». N.: I^narn'eck« LuekliLnälnne; Utin: Xvc>l-r LLvu»»», knrt»: v. Düsernrii.» (28, rue de» don» «»f«n»); kr»^: 4-«. knilnicn» NneNkimälunx. qrrausgrber: kilnixl klrpedition de» Dresdner lonrnnl«, Kreiden, H»rien,tr»e»e lir. 7. Amtlicher Thril. Dresden. 3. September. Se. Majestät der König sind gestern Abend All Uhr wieder in Pillnitz ein- gckoffen. Dresden, 1. September. Se. Königliche Majestät haben allergnädigst gcrubt dem vr. meck. August Christian Golthelf Mischel son. zu Dresden aus Anlaß seine- am 31. vorig. Monats stattgefundenen fünfzigjährigen Jubiläums als praktischer Arzt das Ritterkreuz des Albrechtordens zu verleihen. Dresden, 31. August. Se. Königl. Majestät Haden dem Rector deS Gymnasiums zu Freiberg, Professor' vr. ptiil. Carl Heinrich Frotscher, und dem Director des Schullehrer-Seminars in Grimma, Johann August Köhler, das Ritterkreuz d«S Verdienstordens zu ver leihen geruht. Nichtamtlicher Theil. Neber st echt. Telegraphische Nachrichten Zum 4. September. kagetgeschichte. Dresden: Reise Sr. Majestät des Königs. — Wien: Gustav-Adolph-Verein»-Samm lungen gestattet. Fenner v. Fenneberg. Buchhändler versammlung. — Prag: vr. v. Dietrich s. Oberreal schule zu Pisek. Freiwillige Schützen. Prag-Pilsener Bahn. Verwundete. — Berlin: Befinden deS Königs. Neuwahlen. Gestütwesen. Kriegsminister ins Bad. Eisenacher Unterschriften. — Köln: Dombau. — München: Vom Hofe. Beurlaubung. Kriegsschule wieder eröffnet. Gewerbeordnung. — Wiesbaden: Militär-Pferdeausleihung. — Schwerin: Körner's Todestag. Wohlthäfige Lotterie. — Gotha: Volks zählung. Viehstand. Ernte. — Paris: Tages bericht. — Brüssel: Vom Hofe. Senat. Zürich: Escher -f. — Luzern: Artillerie auf dem PilatuS. — London: Prinz Alfred nach Marseille. Frische Jnvasionshoffnungen. — Malta: Meuterei bestraft. — St. Petersburg: Expedition nach dem Amur. Goldsuckerei. Ehinesiscker Handel — Merico: Neueste Post. Dresdner Nachrichten. Provinzial»»chrichtru. (Leipzig. Chemnitz. Dippol diswalde.) Gerichtsverhandlungen. (Dresden.) Wissenschaft, Kunst und Literatur Vermischtes. Sächsische Bäder. Börseunachrichten. Inserate. Tageskaleuder. Telegraphische Nachrichten. Bologna, DonnerstagI Septbr. Der General gouverneur der Romagna hat in der Rede, womit er die Nationalversammlung der Romagna eröff nete, gesagt: Die Völker der Romagna find, nach dem sie drei Monate lang ein verständiges Bench- «en gezeigt, in Masse zu den Wahlversammlungen herbeigeströmt. Ich habe versucht, für die Berthei- digung deS Landes zu sorgen, indem ich mit benach barten Ländern ein Bündniß abschloß. So ron- stituirt denn eine Staatsgewalt, vertraut sie Dem jenigen au, der euer Vertrauen besitzt. Zürich, Freitag 2. Septbr. Gestern waren die Bevollmächtigten aller drei Mächte versammelt. Wie man versichert, wurde die Reguliruna einiger Pupkte bezüglich der Lombardei, die Feststellung der Grenzen, die Trennung der bürgerlichen und kirchlichen Jurisdiction verhandelt. Zum 4. September. Der Jahrestag der Uebergabe der Verfassungsurkunde ist in frührrn Jahrzehnden öffentlicher und lauter began gen worden, als es jetzt der Fall ist. Man erinnere sich der Aufzüge, Reden und Festessen, welche damals zur Berfaffungsfeier stattfanden und vergleiche damit die heutige Ruhe, um sich den Unterschied im Charakter der Feier klar zu machen. Es würde aber ein Jrrthum sein, anzunehmen, daß wegen dieser größern äußerlichen Ruhe am heutigen Tage die VerfassungSurkunde vom 4. Sep tember 1831 jetzt weniger Wertschätzung und Liebe finde, al» zu jener Zeit, wo die Parteien mit lauten Demon strationen Hervorkalen. Spätere Zeiten haben uns be lehrt, daß jene Parteien, welche in den 30er und 40er Jahren am lautesten die Verfassung-stier begingen, sich nicht immer als aufrichtige Freundeder Verfassung gezeigt haben. Die wirkliche Anhänglichkeit an unsre Verfassungszustände ist jetzt größer, inniger und verbreiteter, als in den frührrn Decennien. Sie beruht auf einer klarern Er- kenntniß ihrer Vorzüge und segensvollen Wirksamkeit; sic beruht auf der Ueberzrugung, daß sie rin vei unS ringelebtes, vollkommen gesichertes Gut ist, dem weder durch drohenden Mißbrauch von Parteien, noch anderer seits durch grundsätzliche Gegner Eintrag geschehen könne. Denn die konstitutionelle StaatSverfaffung Sachsen» be findet sich heute in einer viel günstiger» Lage, verglichen mit frührrn Zeiten. Nach zwei Seiten hat sie sich ge sichert. Jene Parteitendrnzen, welche in der Verfassung nicht die Gewähr eine« neuen festbegründeten Zustande- sahen, sondern rin Mittel, dem StaatSlebrn jede Stetig keit zu benehmen und dessen Entwickelung vom wechseln den Ausfälle deS Kampfe» der Parteien abhängig zu machen, haben die Unterstützung im sächsischen Volke ver loren, welche» die Verfassung jetzt nach ihren segensrei chen Wirkungen für das Allgemeine schätzt, nicht fiach Parteistichworten. Aber auch jene Ansichten werden nicht mehr vernommen, denenzufolge im konstitutionellen Staats wesen ein immerwährender Keim zu großen Gefahren für die Erhaltung der Monarchie liegen sollte. Ein all seitiger aufrichtiger Anschluß an die Verfassung, ver mehrte Ucbereinstimmung in Betreff ihres Wesens und ihrer Principien: Das sind die Ursachen, welche heute unsrem Verfassungsleben einen gleichmäßigen, ruhigen, erfolgreichen Verlauf geben. Wir haben unsre schweren Lehrjahre durchmachen, angestrengt arbeiten müssen, bevor wir dahin gelangten. WaS die Arbeiten betrifft, so lehrt ein Blick in die Ge setzbücher seit 1831, daß seitdem fast alle Theile des Staats- und Gemcindelebens in Ucbereinstimmung mit den Verfassungsprincipien geordnet sind. Die völlig beendeten Ablösungen, die Landesculturgesetzr, die Steuer Verfassung, die strenge Ordnung der Staatsfinanzcn, die Gemcindeverfassungen für Stadt und Land, Gesinde, Schul- und Armenordnung, die Organisationsgesetzr über die Verwaltung-- und Gerichtsbehörden und über die Strafrechtspflege, alle die zahlreichen Finanzgesetze über öffentliche Anlagen für Verkehr, Kunst und Wissenschaft sind, um nur die wichtigsten Gcsttze der constitutionellen Periode zu erwähnen, sprechende Belege dafür, daß die Zeit seit 1831 emsig benützt ist, um die Principien unsrer constitutionellenStaatSverfaffunganzuwenden. Undworauf dasBedürfniß noch hinweist, aufNcorganisation derKirchrn Verfassung, der Gewerbe, der Provinzialverfassungen und des Civilrechts: dazu sind schon lange die Vorarbeiten im Gange, so daß kaum ein wahres Bcdürfniß allgemein gefühlt werden kann, zu bissen Ausführung auf kon stitutionellem Wege nicht sofort die Aussicht sich eröffnete. Lehrt uns dieser flüchtige Blick auf die Arbeitserfolge der constitutionellen Periode, welcke große und tiefe Veränderungen im Gefolge der StaatSverfaffung vom 4. September 1831 sich befanden, so zeigt uns aber auch ein näherer Einblick in den Verlauf, daß wir mit diesen Arbeiten die Schwankungen, Irrungen und Kämpfe schwerer konstitutioneller Lehrjahre bestehen mußten. Nichts war natürlicher. Die Verfassung bot eine wesent liche Beschränkung des bisherigen fürstlichen Rechts mit der Theilnahme der Kammern an der Gesetzgebung. Große Rechte wurden den Kammern eingeräumt: in Betreff der Gesetz- und Finanzentwürfe war die Regierung an deren Zustimmung und regelmäßige Einberufung gebunden, die Kammern erhielten das Recht der Beschwerde über die Minister, ja der Ministeranklage, in neuerer Zeit auch das der Initiative für die ganze Gesetzgebung. Mit und neben diesen großen Rechten lag indcß auch in den Principien unsrer Verfassungsurkunde der Satz, daß die Krone über den Bewegungen des Parteiledens erhalten, die Rcgierungskraft ihr voll bewahrt werden solle. Es galt nun, jene Freiheiten und diese Stellung der Krone mit einander zu verbinden. Um heute mit gerechtem Blick die Größe und Schwierigkeit dieser Aufgabe zu er fassen, ist cs vor Allem nöthig, daß man untersucht, was die constitutionelle Staatssorm an Erfahrungen bot, die der Entwickelung derselben bei uns zu Grunde gelegt werden konnten. Erfahrungen? Fast gar keine. In Deutschland gab es einige wenige Staaten, welche 1831 schon eine constitutionelle Verfassung besaßen, aber solide Anhaltepunkte für die Nachahmung waren dort noch nickt gegeben. Frankreich wollte erst 1830 ein „echtes" kon stitutionelles Leben beginnen, welches 18 Jahre später so traurig enden sollte. Belgien constituirte sich als kon stitutioneller Staat zu gleicher Zeit mit Sachsen, und auch für die Folge waren aus der Entwickelung des bel gischen konstitutionellen Lebens wenig Fingerzeige für uns zu entnehmen, da dort die Krone in der Weise des französischen Bürgerkönigthums oft nahe daran war, zum Spielball der Parteien gemacht zu werden, wenn nicht die seltene constitutionelle Weisheit des Regenten immer wieder künstlich das Gleichgewicht hcrzustellen vermocht hätte. Gelungen erschien die konstitutionelle Staatsform nur in England. Aber Englands sociale Verhältnisse und geschichtliche Entwickelung waren so grundverschieden von unfern deutschen, speciell sächsischen, daß jede Nach ahmung der konstitutionellen Art Englands für uns un möglich war. Englands parlamentarische StaatSverfas- sung beruht auf der geschichtlich entwickelten Oligarchie aristokratischer Familien und Parteien. Wenn cS eine bekannte Thatsache ist, daß die ganze englische Staats regierung und beide Häuser deS Parlaments bis auf verschwindende Minoritäten von etwa hundert aristokra tischen Familien beseht sind und daß diese bei dem durch ihren Reichthum bewirkten Einfluß auf da- Volk der Wähler, bei der hohen Kostspieligkeit der Ehre, Parla mentsmitglied zu werden und zu sein, und endlich bei der freiwillig vom englischen Volke den aristokrati schen Volksspitzen gezollten Anerkennung sich mit Sicher heit in diesen Stellungen behaupten können, so wird man die Behauptung gerechtfertigt finden, daß es in Deutschland, wo die Kronen seit Jahrhunderten über alle Stände hoch hinausgehoben wurden und in dieser Stellung durch Aussöhnung und Beschwichtigung ver schiedener Ansprüche und Interessen im Volke so Großes für die materielle Entwickelung und moralische Erziehung ihrer Völker thun konnten, an jeder Aehnlichkeit mit den englischen Verhältnissen gebricht. Hat dort das Parla ment, gestützt auf solche sociale Unterlagen, sich zu einem wirklich mikegierenden Körper entwickelt, so mußte bei unS die Regierungsgewalt unabhängig von Partei kämpfen bleiben, die bei der Derketung aller Stände in den Kammern einen sondern, umfassenderen Charakter haben, al» tzie aristokratischen Parteikämpfe im englischen Parlamente. Unter solchen Umständen fehlte eS also in Sachsen an jedem Vorbilde, dem man mit der Entwickelung der VerfassungSurkunde vom 4. September 1831 hätte fol gen können. Die dreißiger und vierziger Jahre zeigten deshalb sehr verschiedene Auffassungen deS Wesens der konstitutionellen Staatsverfassung. Während einerseits Parteitrndenzen entstanden, welche die Verfassung zu einer Mediatifirung der fürstlichen Regierung au-bilden wollten und in der Kammerfouveränetät da» Ziel de» ConstitutionaliSmus erblickten, machte sich, als natür licher Gegensatz zu solchen Strebungen, auf Seiten be sorgtcr Freunde der Monarchie die Meinung geltend, der ConstitutionaliSmus müsse der Monarchie zum Verderben gereichen. So konnte es im Volke zu keiner allseitigen Uebereinstimmung über den Entwickelung-gang der con stitutionellen Staats form kommen. Das Jahr 1848 gab den erster» Parteitrndenzen das Urbergewicht. Die nächste Folge war, daß der Absolutis mus viele Freunde fand. In demselben Maße, wie die konstitutionellen Formen mißbraucht wurden, um dem Throne und Volke eine wüste Patteienherrichaft auf zudrängen, vermehrte fick das Mißkauen zu den con stitutionellen Zuständen überhaupt, und man übertreibt keineswegs, wenn man behauptet, der Drang nach einer kräftigen Wiederherstellung der Rrgierungsgcwalt war so stark, daß eine solche auch ohne Erhaltung der constitu tionrllen Einschränkungen in den weitesten Kreisen als rin Fortschritt zum Bessern begrüßt worden wäre. Durch Weisheit und Mäßigung einerseits, durch die Vaterlandsliebe und den gesunden politiscken Sinn der Stände andererseits gelang es mit Gottes Hilfe, daß die Fundamente unsers constitutionellen Leben- von jenen Gegensätzen nicht gefährdet wurden. Es gereicht Sachsen zu hoher Ehre, daß die Restauration von 1850 mit so gemäßigten Mitteln durchgeführt und die Ausschreitungen vrrwichener Jahre äußerlich und innerlich überwunden werden konnten. Trotz der gemachten Übeln Erfahrungen war der Anschluß der Regierung an die restaurirte stän dischr Verfassung rin aufricktiger. Der wirkliche Fort schritt, welcher die Jahre vorher unter den wüthendcn Parteikämpfen ganz gernht hatte, war sofort wieder er sichtlich. Die Stände ihrerseits können das Verdienst in Anspruch nehmen, fortan nach vorwiegend praktiscken Ge sichtspunkten, vergessend alter Parteislichworte, ihre Tä tigkeit ausgeübt zu haben. Die Wirkungen eines solchen konstitutionellen Lebens auf das Volk waren die besten. Die Parteiwnth früherer Jahre schwand gänzlich, Mä ßigung wurde der Grundzug aller politiscken Ansichten. Der Gedanke verbreitete sich immer weiter, daß eine segensvolle Entwickelung des konstitutionellen Lebens nur möglich sei, wenn von allen Thcilen mit Treue und Mäßigung die constitutionellen Reckte gebraucht würden und keiner Parteileidenschaft die Handhabung derselben überlassen werde. Die Erfahrungen de» letzten Deren niumS haben das Volk belehrt, daß ein durch keine Par- teivoreingenommenhcit getrübte- Zusammenwirken der Stände und Regierung dem Lande die raschesten Fort- Hwittr verbürgt. » Widersprüche und Verschiedenheiten der Meinungen verschwinden darum noch nickt. Di« Interessen und Sym pathien sind versckieden in den Ständen, den natürlichen Volksparteien, und Kämpfe zwiscken ihnen haben auch die letzten 10 Jahre in der lebhaftesten Weise gekannt. Aber worin der große constitutionelle Fortschritt besteht, den wir gemacht haben, das ist, daß diese Verschieden heiten der Interessen zum Wohle des Ganzen ihre Aus söhnung finden und keine Parteihartnäckigkeiten erzeugen, welche der regelmäßigen Entwickelung hinderkch wären. In der That, kein Stand in Sachsen kann sich mit Recht beklagen, übergangen, vernachlässigt zu werden. Will man einen schlagenden Beweis dafür, daß es nicht der größern Anzahl von Vertretern eines Berufes in den Kammern bedarf, um dessen Interessen sicker zu stellen, so denke man an Alles, was mit unfern, zum größten Theile aus Grundbesitzern zusammengesetzten Kammern für Handel und Gewerbe ins Werk gesetzt werden konnte. Will man einen recht hervorragenden Fall der Versöh nung verschiedener Interessen zum allgemeinen Beiten, so erinnere man fick an die Jagdangelegenheit, welche Mäßigung, Ncchtsgefühl und weise Nachgiebigkeit von den verschiedenen Seiten zu einem Abschlüsse brachten, der einzig in Deutschlands Kammern dasteht, und sich auch sicher in solchen Kammern nicht wiederholen würde, wo abstrakte Patteigliederungen — Rechte, Linke, Cen- kum rc. — die constitutionelle Thätigkeit beherrschen. Hüte man sich überhaupt vor dem Gedanken, daß die hitzigen parlamentarischen Kämpfe, welche zwischen den Parteien in andern deutschen Kammern geführt werden, — z. B. in Preußen — .einen Vorzug bildeten. Sie beweisen vielmehr nur, daß man dort noch nicht mit sich selbst fertig ist über Anlage und Entwickelung der Con stitution und daß dort di« einer constitutionellen Durch dringung deS Staatswesen- widerstrebenden Interessen nock nicht zur Aussöhnung gebracht wurden. Jene Kämpfe, so glänzend auch mitunter ihr parlamentarisches Licht schim mert, sind doch nur Kämpfe um die Verfassung, welche immer noch in der Krisis liegt und für ihre Entwickelung keinen gemeinschaftlichen festen Anhalt bei den Parteien finden kann. Sie beweisen, daß die Verfassung weder vor Mißbrauch durch Parteien, noch vor principiellen Gegnern ganz sicher gestellt ist. Auch wir haben ja ähn liche Schwankungen und Kämpfe erlebt. Der jetzige Frie den ist da- glücklich errungene Resultat, — Frieden ohne Stagnation der Geister und Zustände, Vertrauen ohne Blindheit Mäßigung persönlicher Liebling-Meinungen aus Rückficht auf da- Wohl des Ganzen, echter Ge- mcinsinn! Mögen solche Fundamente des constitutio- nellcn Lebens uns immerdar bewahrt werden, sie sind die tiefste Gewähr unsrer Verfassung, denn Eide können Wohl dieselbe aufrecht erhalten, aber keine Bürgschaft für segen-volle Anwendung leisten. Sachsens Stände, ja, das ganze sächsische Volk werden von der Geschichte einst einen Theil des Ruhms dafür zugespro chen erhalten, daß die schwere und gefährliche Arbeit, eine ursprünglich fremde, ohnehin nur in der Theorie für richtig erkannte Staatsorganisation unfern deutschen, sächsischen Bedürfnissen passend zu machen, sie organisch mit den bei un» gegebenen monarchisch-ständischen Zu ständen zu verbinden, trotz mancher Schwankungen und Irrungen tüchtig vorwärts gebracht ist. Die StaatSrrgierung ist sich bewußt, durch ihr System zu einer solchen Entwickelung redlich beigekagcn zu Ha den. Nie hat sie Patteitendenzen oder einzelne ständische Interessen bevorzugt. Hat es gleichwohl an so mancher Opposition nicht gefehlt, so sind die Differenzen wieder beschwichtigt worden, indem sich die Anerkennung Dessen, was die Regierung wollte, verbreitete und die Vater landsliebe die Opposition davon'zurückhielt, durch factiö- ses Verhalten das constitutionelle Leben zu vergiften. Mit herzlicher Befriedigung kann Sachsen, neben andern Staaten, deren Verfassungszustände noch schwan kcnd und unfertig erscheinen oder vom wüthenden Par tcicnkampfe erschüttert werden, auf seine Verfassungs zuständr sehen. Möge der Allmächtige unS auf dem jetzigen Entwickelungsgangc erhalten! Tagesgeschichte. Dresden, 3. September. In Nr. 202 unsers Blat trs wurde gemeldet, daß Se. Majestät der König, nach dem Allerhöchstdieselben am 1. September Ihre k. k. Ho heit die verwitwete Frau Großherzogin von To-cana bis Hof begleitet, sich von da in da- Voigtland begeben haben. Heute liegen uns aus einigen der auf der Rückreise von Sr. Majestät berührten, beziehentlich mit einem, länger» Aufenthalte beglückten Ortschaften folgende Berichte vor: O Reuth, 2. September. Gestern Nachmittag trafen Se. Majestät der König in Begleitung des Flügeladju- tanten MajorS v. Falkenstein aus der Rückreise von Hof hier ein. Aus dem Bahnhofe, woselbst sich auch Kreis director v. Schimpfs, geh. Finanzrath v. CrauShaar, Amtshauptmann lk. Braun, Kammerherr v. Mrtzsch und Kammerjunker v. d. Hzvdte eingefundcn hatten, geruhten Se. Majestät beim Verlassen des Eisenbahnwagens die ehrerbietige Bewillkommnung durch den Besitzer des Schlos srs zu Reuth, den als langjährigen Präsidenten der Ersten Kammer bekannten Major v. Schönfcls, in huld voller und herzlicher Weise entgegen zu nehmen. Auf dem Wege vom Bahnhofe nach dem Schlosse waren drei Ehrenpforten zum festlichen Empfange des hohen Gastes errichtet, — die erste am Bahnhofe aus der Straße nach Reuth von der königl. Eisenbahnverwaltung, die zweite am Markstein der Flur Reuth von der Gemeinde Reuth, deren Ortsgeistlicher, Pastor Förster, hier Sc. Majestät mit einfachen und herzlichere Worten ehrfurchtsvoll be grüßte. Auch hatten sich hier der Schullehrer und die Schuljugend aufgestellt, welche den verehrten Landesvater mit der sächsischen Nationalhymne empfingen. Auf dem Wege dahin wurden von weißgekleideten Mädchen Blu men gestreut. Am Eingänge deS Schloßhofe» war von de« Besitzer des Schlosses, Major v. Schönfel», eine dritte Ehrenpforte erricktet worden, welche neben passen den Emblemen die Inschriften „Willkommen!" und „Heil dem Könige!" kug. Das Schloß, woselbst Se. Majestät abzuketen und den Nachmittag und die Nacht zuzubrin gen geruhten, prangte mit Flaggen in den sächsischen Nationalfarben. Zu dem später auf dem Schlosse ver anstalteten Souper hatten sämmtlichc obengenannte Herren Einladungen empfangen. Die Abreise Sr. Majestät erfolgte am nächsten Tage, den 2. September, früh A7 Uhr und zwar in Begleitung der bereits mehrerwähnten Personen. Den Bewohnern von Reuth aber blieb in dem huldvol len königlichen Besuch eine Erinnerung, welche den 1. StP tcmber in den Annalen ihres Orts für immer zu einem denkwürdigen Tage machen wird. (7) Werdau, 2. September. Heute Morgen 8 Uhr langten Se. Majestät der König, aus dem Voigtlande zu- rückkchrend, in Begleitung des Herrn Kreisdirectors Ritter» v. Schimpfs mittelst Ertrazugs hier an, geruhten auf dem Perron des Bahnhofes durch den Herrn Amtshauptmann v. Welck die Vorstellung einer Deputation der Ritter schaft, des Vorstandes des hiesigen Gerichtsamtes und der Friedensrichter des Bezirks anzunchmen, wurden so dann nach Besteigung der bereit gehaltenen Wagen an der, an der Grenze deck Stadtweichbildcs errichteten Eh renpforte von den Raths- u. Stadtvcrordnetcncollegium, sowie dem größer» Bürgerausschuß durch ehrfurchtsvolle Ansprache des Bürgermeisters bewillkommnet, begaben Sich sodann durch die von den unisormirten Schützencorp», dem Militärvercin, den sämmtlichcn Innungen und zahl reich ausgestellten Bürgern gebildeten Spalieren nach der Stadt, wo Allerhöchstdieselben an einer zweiten Ehren pforte durch die Geistlichkeit und das Lehrercollegium be grüßt wurden und von einem weißgekleideten Mädchen einen Blumenstrauß anzunchmen geruhten. Sc. Majestät nahmen hierauf durch daS von der Schuljugend gebildete Spalier fahrend Ihren Weg nach dem GerichtSamts- gebäude, geruhten daselbst nach vorgängiger ehrfurchts voller Begrüßung von Seiten des GerichtsvorstandcS von dem Geschäftsgänge eingehende Kenntniß zu nehmen, wohnten einem von dem Assessor Weinert geleiteten Ver höre bei, begaben Sich darauf in das Bürgcrschulgebäudr, woselbst Sie dem Unterrichte in der 1. Knabenklasse einige Zeit widmeten. Nach Besichtigung der Frohnveste ge ruhten Se. Majestät den Arbeiten in der festlich geschmück ten C. B. Göldner'schen Tuchfabrik Ihre besondere Auf merksamkeit zuzuwcnden, nahmen sodann auf dem Rath Haussaale eine veranstaltete Ausstellung hiesiger gewerb lichen Jndustrieerzeugnisse in Augenschein, ließen Sich in dem RathssitzungSzimmer durch den Bürgermeister die Mitglieder deS Stadtraths und Stadtverordnetencolle giums vorstellen und kehrten sodann nach einem Besuche der Eli - Schwalbe'schcn Maschinenbaufabrik auf den Bahnhof zurück, nahmen daselbst dem ausgestellten Schützen- corpS die Parade ab und fuhren sodann, begleitet von den Segenswünschen der zahlreich anwesenden Bürgerschaft, nach Crimmitzschau weiter. Dem königlichen Auge nach der Stadt und von da zurück, welchem eine Anzahl Forst beamte, dir berittenen Offiziere der Schützengarde und mehrere Civilisten vorritten, schlossen sich eine Menge Equipagen an. Die Einwohnerschaft hatte in vollem Bewußtsein der hohen Bedeutung deS Tage» die ganz, Stadt überaus reich mit Blumen und Flaggen geschmückt. D Chemnitz, 2. September. Se. Majestät unser allergnädigstrr König kam heute Nachmittag auf der
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