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Dresdner Journal : 04.11.1859
- Erscheinungsdatum
- 1859-11-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-185911041
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18591104
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18591104
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1859
- Monat1859-11
- Tag1859-11-04
- Monat1859-11
- Jahr1859
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- Dresdner Journal : 04.11.1859
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2S5 Freitag, den L November. 1859 Luuunrnlent»»r»tttzr ' ^»tirlü w, b »vir. 10K^r. In S«^b»»»V I» »Mw,»« 1 to „ „ ,, koH v»a »I,p.«t!ick In Vrv»a,»: tö Xxe. s 8r»iup«t«N- Linrr-'n» ttnmmee«, ff ktxe. » »aÜInn Ill«»«. I^r ir'.„ ' . >i.- T'-./uI' Knsttnlrnprelst: . 5i>s s.» ir«»», <^»«^ r«u«,» r ,.IUvjk' üi« ILvile: L K-r. rrschcinrn DrrsdnttZomnal. I'r-'li'-l,. ml« ^n,mit>m« <I»r 8onn -^nä «Ne <t«x n<»n Verantwortlicher Redacteur: 3- G Hartmann. Saseratrnannahmr aoswärts: l.«ix»i^: t ». Il»L«l>»rirr>i«, k„nimi»«loa>r än» Orvirüuvr ^orrrunls: ebeuünüdb!,«: U. 110»«»!«; Lltoo»: ULL">l«»v»i» L Voonrn; r«rva: ttucUd., Ii»r^»u: Lrgw«v! R. bcn«.ow«; 5riuOlNu-r ». N.: ULi><-«ir'»cIr« lluclllianülu»^, NVUr: ^voi.» örrvin»; kvi»: v. 1,ü« ««errr.» lZg, rua ä«> Koni «ak»n»)i tu. I<)liiil.ic«'j Itucdk.u>6li»i>x. Herausgeber: tiünlgl. L»pväitroll <1e» Oresäirsr Oanrll»l», Oresä^n, sr»e>eu»tr»»»« Xr. 7. rr-lrl.:. iK Ljl , r, n-rtom Amtlicher Theil, ' Dretdev, I. November. S«. Königliche Majestät Haden de« zeirbkrigenRtgitNtngSrath b<i der Krei»dire«tioa zu Zwickau, Äottftird August Mann, zum Ministerial- rath und Borstand der Abteilung für juristische Bev- waltungSangelegenheitrn ün Krieg-Mtmstrriizm mit dem Prädikate «ne» KriegSrathrs, aller-nädigst -u ernennen geruht. Dresden, I. November. Seine Königliche Majestät haben dem Ortsrichter Johann Gottlob Steglich in Krakau bei Gelegenheit seine- fünfzigjährigen Amtsjubi läums in Anerkennung seiner treu geleisteten Dienste die zum Verdienstorden gehörige Medaille in Silber zu verleihen gnädtgst geruht. Dretdeu, l. November. Seine Königlich« Majestät haben dem Ortsrichter Christian Gottlieb Kratz sch in Namsdors in Anerkennung der von demselben in gedachter Function geleisteten langjährigen und treuen Dienst» die zum Verdienstorden gehörige Medaille in Silber zu verleihen gnädigst geruht. Bekanntmachung des Ministeriums des Innern, die als barte» Dachmatcrial zugelassenen Dach- pappen betreffend. Unter Bczugnahnre auf 8- 3 der Verordnung vom 29. September dieses Jahres, da- Abdecker« von Gcbändrn mit Dachpappe und Dachfilz betreffend (Gesetz- und Verordnungsblatt dieses JahreS, 15. Stück, Seite 321), wird hierdurch bekannt gemacht, daß die Dachpappen 1) aus der Fabrik von Daniel Beck in Döbeln, 2) au- der Fabrik der Gebrüder Ebart in Berlin, Spechthausen und Writlage bei Rcuftadt- EberSwaldc und 3) au- der Fabrik von Stalling und Ziem in Berlin, Breslau, Görlitz und Barge auf Grund der mit diesen Fabrikaten angestellten Ver suchen bis auf Weiteres als Surrogat der harten Dachung in der in obiger Verordnung angegebenen Beschränkung anerkannt worden sind. Gegenwärtige Bekanntmachung ist in allen 8- 21 deS Gesetzes vom 14. März 1851, die Angelegenheiten der Presse betreffend, gedachten Zeitschriften in Gemäßheit 8- 14 ». der Ausführungsverordnung zu diesem Gesetze zum Abdruck zu bringen. Dresden, den 28. October 1859. Ministerium de< Innern. ' Frhr. von Beust. Lehmann, S. Nichtamtlicher Clieil. Uebersich t. Telegraphische Nachrichten. ZeitNNgtschau. (Der Antrag der Mittelstaatrn be züglich der Bundeskriegsverfassung.) Tagrtgeschichtr. Dresden: Prof. Tischendorf'S neue Erwerbungen. — Wien: Das angebliche Programm der ungarischen Magnaten. Die Pesthrr Studenten versammlung. Ein Beitrag de» Erzbischofs zur Schil lerstiftung. Das französische Genrraleonsulat in Venedig. — Berlin: Die Heercsrevrganisationscommission. General v. Trotha -f. l>r. v. Pechhammer. Zur Echil- lcrfeier. — Aus Kurhessen: Kammerverhandlnn- gen. — Au» Thüringen: Vermischtes. — Gera: Sturm. Dampftesselerplosion. — Pom Main: Die preußische Denkschrift in der kurhessischen Versastungs- augelcgenheit. Keine österr. Note in der Rcformsrage. Pari»: Revue. DaS Kaiserpaar nach CompEgne. Zurückgekchrtc Amnestirte. Au» Algerien. — Bern: Abreise der österreichischen Schiffsmannschaft. — Tu rin: Die Verlegung des Cassationshofs. Eisenbahn überwachung. Räuber. — Parma: Aushebungs- widerspänstigc. Proclamation Garibaldi'S an die Neapolitaner. — London: Zur italienischen Krage. Strphenson'S Nachlaß. Rüstungen. Vermischtes. — Kopenhagen: Aus dem Rcichsrathe. — St. Pe tersburg: Vermischte-,— Bukarest: Provisorisches Preßgesetz. Neues Ministerium. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichteu. Ernennungen, Versetzungen rc. i« Sffrvtl. Dienste. Gerichtsverhandlung««. (Druden.) Wissenschaft, Knust und Literatur Börsen Nachrichten. Inserate. Lagetkalender. Telegraphische Nachrichten. Paris, Mittwoch, L. November. Der Mini ster des Innern. Herzog von Padua, hat. wie der „Moniteur" meldet, wegen Gesundheitsrückfichten seine Entlassung genommen. Herr Villault ist zu sei»,« Nachfolger ernannt Ihre Majchäten der Kaiser und die Kaiserin find gestern unter dem Jubel der Bevölkerung in «ompirgue eiugetroffen. Dresden, 3. November. Der in der Sitzung der Bundesversammlung am 20. October von den Mittelstaaten eingebrachte Antrag bezüglich d«r BundeSkriegSversassung, dessen Motivirung, sowie die von Preußen hierbei ab gegeben« Erklärung haben natürlich in der deutfchen Presse vielfache Besprechung«» gesunde«. I« Allgemeinen scheint es, als winn man etwas Umfangreicheres, »m nutzt zu sagen Schärfere» und Entschied,««», von den Ministerberathungen in München erwartet hätte. Die» gilt sowohl von der den Mittelstädten befreundeten wie feindlichen Presse. Die Einen hatten schon feit Wochen viel g,f«b«lt von Noten, in denen die Mittelstädten Preu ßen aufgesordert haben sollte«, sich über seine Stellung zum Bunde zu erklären, von Entwürfen für eine BundeS- reorganisation, in denen die Mittelstädten die Kleinstaa ten sich aunerircn wollten, um Preußen geschlossener gr -enübertreten zu können, und «aS solche Erfindungen «roch mehr sind, wie sie eine gewisse Partei periodisch immer wieder vorbringt, gewiß in der wohlmeinenden Ab sicht, da- Vertrauen in Deutschland zu stärken und die Eintracht zu erleichteru. Natürlich entsprach diesen Nach richten der gemäßigte Antrag der Mittelstaaten nicht, dem doch so gern dies« Presse die Absicht der Beleidigung und Provocation gegen Preußen vorgeworfen hätte, um daran allerlei genugsam bekannte Bettachtungen über „Groß machtgelüste" zu knüpfen. Die Andern hatten erwartet, daß allerdings die Mittelstädten mit einer umfangreichen Vorlage über eine Reorganisation der ganzen Bundesver fassung sofort hervorttetcn uüd somit zeigen würden, in welchem Umfange eine Reform von ihnen erstrebt würde. B«id«u Seiten ist nun, wie schon gesagt, durch den iu der Sitzung am 20. Oktober eingebrachtcn Antrag der Mittelstaatrn kein Genüge geschehen. Die Presse ver schiedener Richtungen äußert sich in dieser Beziehung fast mit denselben Worten, indem sie den der Motivirung fol genden Antrag „stumpf" nennt und von ihm sagt, daß er die Rrformerwartungen nicht befriedige. So äußert sich die „Ost-Deutsche Post": „Die Mittelstaaten er klären, daß sie an dem Bunde, wie er ist, fcsthalten wolle». DaS ist sehr bedeutsam und lobenSwerth in der Beziehung, daß dadurch dem von verschiedenen Seiten andringenden Bestrebungen, den Bund als solchen auf zulösen, ein Veto entgcgcngestcllt wird, welches, da eS voll den vereinigten Mittelstädten ausgesprochen wird, da» Gewicht der Erklärung emer höchst respektabel» Groß macht hat. Dir Mittelstädten protestircn durch diese Er klärung gegen jede neue Staatengruppirung, gegen jede wie immer geartete und benamsetc Mediatisirung im Bunde. Sie gehen aber noch viel weiter, sie sprechen die Ueberzcugung aus, daß der Bund, wie er ist, gut und hinreichend sei, die innern und äußern National zwecke zu realisier», wofern nur die Bestimmungen der Bundesverfassung von allen Staaten mit aufrichtigem und ernstem Willen zur unverkürzten Ausführung ge bracht würden. Die Mittelstädten erklären die öffent liche Meinung Deutschlands für irre geleitet in der An sicht, daß die Bundesverfassung den Brund der Unaus- führbarkeit einiger ihrer wesentlichsten Bestimmungen in sich selber'trage, und sie lgnonken gänzlich diejenige« lauten, dringenden und gerechten Wünsche der Nation, für deren Befriedigung in der jetzigen Dundesacte gar keine Vorsorge getroffen ist. ES wird nur zugegeben, daß die bestehende Verfassung und die vorhandenen Ein richtungen des Bundes der Entwickelung und Verbesserung fähig seien, aber die Grundprincipien müßten unverrückl festgehalten werden, von einer Ergänzung derselben, um dadurch dem Bunde etwa erst den wirklichen lebendigen Inhalt zu geben, dürfte keine Rede sein. Es darf nicht verschwiegen werden, daß die Regierungen der Mittel staaten sich einer Täuschung hingeben, wenn sie hoffen, durch diese ihre Erklärung die öffentliche Meinung Deutsch lands eine- Jrrthums überführt und die Reformagitation beruhigt zu haben. Zu der lleberzeugung, daß die Bun desverfassung wesentliche Ergänzungen braucht, um ari der bisherigen Leblosigkeit zu einer organischen Tätig keit erweckt zu werden, ist das deutsche Volk nicht erst durch die politischen Ereignisse der jüngsten Zeit gebracht worden; diese lleberzeugung ist so alt wie der Bund selber, und sie wird nach Anerkennung und Geltung ringen, so lange der Bund so bleibt wie er ist, und sie wird die Geltung auf irrigen, verzweifelten Wegen suchen, wenn ihr der klar vor Augen liegende richtige und rechte verschlossen bleibt. Die Mittelstaatrn stumpften, wie ge sagt, ihre scharfe Erklärung schließlich zu einem sehr un bestimmten Antrag ab, der preußische Gesandte aber faßte diese stumpfe Spitze, um seinerseits daraus eine sehr spitze Erklärung zu schmieden. Der Vertreter Prenßens vermeidet cS in auffallender Weise, seine Zustimmung zu der bedeutsam mahnenden Erklärung der Mittelstaaten auszusprechen, daß der Bundesverfassung, „„insolangc eine Aenderung in verfassungsmäßiger Weise nicht ein getreten ist"", von allen Bundesstaaten gehorcht werden müsse ; er vermeidet es uicht nur, der Ansicht beizutreten, daß die Bundesverfassung gut und ausreichend sei, son dern er tritt dieser Ansicht indirect in der schärfsten Weise entgegen, indem er die Autorität der Bundesbeschlüsse von der nie gelösten und unlösbaren leidigen Competenz frage abhängig macht, und indem er offen ausspricht, daß es in der jetzigen Bundesverfassung praktisch unaus führbare Bestimmungen giebt. Gegen das Grundprincip des Deutschen Bunde-, nämlich gegen das Princip einer Genoffenschaft vollkommen gleichberechtigter Mitglieder, verstößt die preußische Erklärung, indem sie die volle Br rückstchtigung der „ „realen Machtverhältnisse" " verlangt." " Wir haben die vorstehenden Aeußerungen de» Wie ner Blattes hier citirt, obwohl sie den Antrag der Mit telstaaten ziemlich abfällig kritisieren. Wir glauben aber diese Kritik mit wenig Worten entwaffnen zu können. Das, was das Wiener Blatt an dem Anträge zu tadeln hat, nämlich daß er nicht „spitz", nicht, um so zu sagen, herausfordernd genug an eine deutsche Großmacht gerichtet ist, wird ihm in den Augen aller Deutschen, welche die Ein tracht wollen und erkennen, daß nur au- dem bundeSge nofsrnschaftlichen Sinne Aller eine weitere Entwicke lung der deutschen VerfassungSzustände hervorgrhen kann, zur Empfehlung gereichen müssen. Nun, das Wiener Blatt hat recht, der Antrag ist nicht „spitz", und da, was nicht spitz ist, stumpf sein muß, sogar mit Recht stumpf zu nennen. Der Antrag sollte aber auch keine verwundende Spitze hab««. Er ist deshalb, bevor man ihn stellte, Preußen mitgrttzrilt worden, um jeder Klage, man habe überraschen wollen, vorzubeugen, und um viel mehr Alle» zu thun, ein Einvernehmen zu fördern. Der Antrag soll anrcgen zur Untersuchung eines Gegrnstan- standeS, der jetzt von so manchen Seiten am meisten in den Vordergrund geschoben ist, wobei alle Theile ihre Ansichten von den Bedürfnissen aussprcchen können. Der Gegenstand selbst aber ist von der Art, daß bei jeder eingehenden Verhandlung desselben am Bunde die wich tigsten Grundsätze deS Bundesrechts, die Unabhängigkeit und Gleichberechtigung der Einzelnen neben der Rück sicht auf die Verschiedenheit der Machtverhältnisse, zur Erörterung kommen müssen. Es ist also eine hinreichende Anregung zur Aeußerung aller Meinungen und Be strebungen in der Bundesversammlung gegeben. DaS Verdienst deS Antrag- scheint uns lediglich hierin zu bestehen und in der Offenheit seiner Motivirung. Ge wiß wird eS nun auch auf anderer Seite nicht an offe nen Aeußerungen fehlen, und dadurch wird dann, ohne daß von vornherein durch „Spitzen" der bundesgenossen schaftlichc Sinn gestört wäre, Material genug zu einer gründlichen, parteilosen Untersuchung sowohl den Regie rungcn als der Ocffcntlichkcit geboten werden. Der An trag der Mittelstädten hat in seiner Motivirung an den conföderativcn Principicn de» Bundes festgehalten und mit Freimüthigkcit die hiergegen gerichteten Partei Agi tationcn für eine Irreleitung des Bolksgeistes erklärt. Eine größere Entwickelung in der Anwendung dieser Principicn auf die allgemeinen Interessen, eine gesicherte und bereitwillige Vollziehung der Bundesgesetze ward hier gegen als das Ziel der benöthigten Reformen dargestellt. Daß hierin die „Ost-Deutsch Post" — ein österreichi sches, also doch aus vaterländischem Interesse gegen das Prostet eines kleiirdculschen Kaiserthums gesinntes Blatt noch keine Absicht, die vom deutschen Volke herbeigc wünschten Reformen zu verwirklichen, erkennen will, er scheint schwer erklärbar. Was wünscht denn die „Ost- Deutsllw Post" eigentlich in Bezug auf die Verfassung der Bundesverhältnisse? Wenn sic nur ein einziges Mal eine praktische Andeutung in dieser Beziehung ge macht hätte, man würde doch einschcn können, ob die gestrenge Richterin über alle Reformanregungcn, sic mö gen sein wie sie wollen, wirklich im Besitz des großen Geheimnisses ist, die deutschen Verfassungszustände so zu verbessern, daß die Allgemeinheit gewinnt und die innere Eintracht gesichert bleibt; da indcß das Wiener Blatt bisher auch gar Nichts vorgebracht hat, was hiermit in Zusammenbau z stände, so hat sie noch viel weniger Recht, mit vagen Phrasen über die Nothwendigkeit „wesentlicher Ergänzungen" der Bundesverfassung den Antrag der Mittelstädten herabzuseven, als selbst die gotbaifchen Blät ter, welche eS d»ch wenigstens an Ausstellung von for- nwllirtc« Parteiprozrcten feit 10 Jahren nicht haben seh len lassen. Aber auch in Bezug auf das Urtheil der „Ost-Deut schen Post" über die „sehr spitze" Erklärung des preu ßischen Gesandten sind wir abweichender Meinung. Die „Ost-Deutsche Post" glaubt in derselben eine Verläug nung der Bundesprincipien sehen zu müssen. In ganz gleichem Sinne äußern sich die Blätter gothaischer Rich tung. In denselben wird auseinandergcsctzt, es liege der preußischen Erklärung die Auffassung zu Grunde, daß Preußen wohl rcformircn wolle, aber nicht anders, als wenn zunächst ihm eine Stellung gewährt werden würde, in der cs ganz unabhängig von den Bundesbeschlüssen und dadurch bedingten Bundespflichten sei, mit andern Worten: Preußen wolle sagen, daß es wohl den Bund beherrschen, aber nicht ihm verpflichtet sein wolle, und daß, so lange cS das Erstere nicht erreicht, das Letztere von ihm ignorirt werden würde. So äußert sich die „Deutsche Rcichszcitung": „Die tiefe Kluft, welche zwischen dem jetzt veröffentlichten Anträge der Mittel staatcn wegen einer Revision der Bundcskriegsverfassung und der gleichzeitigen Erklärung des preußischen Bun- dcstagsgesandtrn liegt, liefert von Neuem den Beweis von der Unzulänglichkeit der Bundesverfassung. Wäh rend die Antragsteller es als eine unzweifelhafte Ver pflichtung aller Bundesglicdcr betrachten, für Aufrecht haltung und Vollzug der bestehenden Bundesgesetze wie der von der Bundesversammlung in ihrer Zuständigkeit gefaßten Bundesbescblüsse cinzustchen, erachtet Preußen es als das sicherste Mittel, den Bundesbeschlüssen ihre Autorität und den bundesverfassungsmäßigen Bestim mungen ihre Wirksamkeit zu sichern, wenn jene inner halb ihrer richtig beschränkten Competenz und diese aus der Basis praktischer Ausführbarkeit sich bewegen, wobei der Bund zugleich den wohlverstandenen Bedürfnissen der Nation und den realen Machlverhältnissen seiner Mit gliedcr ihre volle Berücksichtigung widerfahren zu lassen hätte. Die preußische Regierung ist also fest entschlossen, den Standpunkt auch ferner zu behaupte», welchen sie bereits während deS italienischen Krieges eingenommen hatte. Sie will sich nicht majorisiren lasse» und ver sagt in» Voraus jedem Bundesbeschlusse ihre Anerken «ung, der gegen ihren Willen zu Stande kommt. Die Mittelstädten sind sonach allerdings in ihrem Rechte, wenn sie gegen Preußen den Vorwurf erheben, daß es alsdann seine Bundespftichten nicht erfülle; vom Stand punkte des Bundesrechts aus hat Preußen gewiß eben so gut den Beschlüssen des Bundes sich zu fügen, wie der kleinste Bundesstaat. Andererseits aber kann man cS Preußen nicht verdenken, wenn es eine Berücksichti gung seiner realen Machtverhältnisse verlangt. So lange daher eine Aenderung der Bundesverfassung nicht statt gefunden hat, werden die Bundesglieder cS vermeiden, den drohenden Conflict heraufzubeschwören, oder die Bundesverfassung muß nothwendig Zusammenstürzen." Wenn solche Ansichten in der That durch die preu ßische Erklärung ausgedrückt wären, so würde dieselbe neben dem „stumpfen" Anträge der Mittelstaaten eine sehr verwundende Spitze bieten. Uns scheint aber die preußische Erklärung zu solcher Ausdeutung keinen An laß zu bieten. Eine genaue und vorurtheilsfreie Prüfung der preußischen Erklärung muß vielmehr das Resultat ergeben, daß dieselbe dem Anträge der Mittelstaatrn nicht widerspricht und vielmehr nur einige Gesichtspunkte für da» Revision-Werk hcrvorhrbt, welche wohl nach der Mei nung aller Bundesregierungen zu beachten sein werden. Die weitere Entwickelung der Bundesinstitutionen wird für nothwendig erklärt und für die Richtung dieser Ent wickelung eine Berücksichtigung der Machtverhältnisse, die Basis einer richtig beschränkten Competenz und der Aus führbarkeit der Bundesbeschlüsse empfohlen. Der Unter schied der Machtverhältnisse widerspricht den Bundcsprin- cipicn keineswegs; er ist schon jetzt in der BundeSver faffung durch die ungleiche Verthcilung der Stimmen aus gedrückt, und selbst wenn in dieser Richtung eine weitere genauere Abwägung stattfindcn sollte, würde dies sich mit einem organischen Weiterbau deS Bundes wohl verein baren lassen. Die Mittelstädten selbst zeigen durch die Politik, sich in ihren deutschen Strebungen zu vereinigen, daß sie diesen letztcrn die Grundlage einer größer» Macht repräsentativ» zu geben für sehr räthlich halten- und man kann deshalb ihrem Einvernehmen nur mit Unrecht den Vorwurf »rachen, als wenn cs auf eine künstliche Uebcrhcbung oder Sonderung dabei abgesehen wäre. Zweierlei wird man freilich auch bei einer allgemeinen Anerkennung der Berechtigung der Machtverhältnisse für die organische Entwickelung des Bundesrecht- beachten müssen, und die preußische Erklärung steht auch dem nicbt entgegen: erstens nämlich, daß da- mechanische Princip der Machtabwägung nicht das einzige sein kann, nach dem die historisch viel tiefer begründete Stel lung jedes Einzclstaatcs zuzustutzen ist, da es bei der großen Verschiedenheit der Einzelnen schon äußer lich unmöglich sein würde, eine aus de» Machtvrrhält nisten allein abgeleitete Scala aufzusindcn, welche in jeder Beziehung das Maß der Souvcränctät und des Einflusses jedes Einzelstaatcs der Gesammtheit gegenüber genau und gerecht ausdrückte. Sodann würden es di« Grundprincipien des Bundes erfordern, daß, wie auch die Machtabwägung der Einzelnen auSfallcir sollte, ob den Großen noch so viel, den Kleinen noch so wenig gegeben werden sollte, dies Alles doch nur die Mittel zum Zwecke, die Unterlagen für den Bund Aller wäre, woraus sich einmal crgiebt, daß die Pflichten und Rechte Aller der Gesammtheit zu Gute kommen müssen, nicht einem Einzelnen, und sodann, daß die Gesammtheit aus die Pflichterfüllung von dem Größten wie dem Kleinsten rechnen können muß. Mag man auch noch so sehr centtali siren wollen, ob die Centtalgewalt au» drei, acht, zwölf oder mehr Stimmen bestehe: Das wird immer die Grundbe dingung für die Machtstellung Deutschlands sein, daß jeder Einzelne in seinen Pflichten dem Ganzen sich wid mct. Zu diesem Zwecke ward der Bund aufgcrichtet, denn Deutschland wie ganz Europa erkannten 1815, daß den Gefahren einer Weltherrschaft feiten einer euro päischcn Macht nur durch die Schöpfung einer kolossalen mittel-europäischen, die Unabhängigkeit und das Recht vcrthcidigcndcn Macht begegnet werden könnte, und da eine vielhundertjährige Geschichte bewiesen, daß die Grün düng einer solchen Macht unter einem Fürsten unmög lich sei, mußte man die Form eines Bundes von in ihren Souveränetätsreckten gleichstehendcn Staaten wählen. Vergegenwärtigt man sich immer bei Beurtheilung der BundeSverhältnisse diese historische Anlage des Bun des, so wird man stets den rechten Maßstab für dessen Weitcrentwickclung finden können. Auch auf di« Com petenz des Bundes angelegt ergiebt sich dann, daß die selbe nichts Willkürliches ist und sein kann, sondern durch eine in den Grundgesetzen genau gezogene Linie begrenzt wird, die weder von der einen Seite »<i libitum über schritten, noch von der andern ebenso beliebig verengert werden kann. Die Competenz des Bundes ist, wie jeder Kenner des Bundes weiß, durch ziemlich weit abgesteckte Grenzen der Souveränetät der Einzclstaaten gegenüber scstgestellt. Nach außen hin die militärische Machtstel lung, im Innern Sicherung der Rcchtszustände in einem sehr umfassenden Sinne, sowie Maßnahmen im Handel und Verkehr: damit wurde cin großes Feld nützlicher Thätigkeit für den Bund geöffnet. Daß diese rechtlich bestellende Competenz beschränkt werde, scheint wahrlich nicht in den von allen Seiten erkannten Bedürfnissen zu liegen, und die preußische Erklärung drückt dies auch keineswegs aus. Aber daß sie thatkräftig ausgearbcitet und vollzogen werde: dazu haben di« Mittelstädten eine geeignete Anregung — und wir glauben im Sinne vieler deutschen Vaterlandsfreunde — geben wollen. Was durchführbar sein wird in dieser Beziehung, wird aller dings von dem guten Willen der Regierungen und ihrer Hingabe an die allgemeinen Interessen abhängen. Dieser Auffassung widerstreitet die preußische ErkKrung eben falls nicht. Einer Lostrennung des preußischen Interesses von dem allgemeinen deutschen, der Aufreihung einer tiefen Kluft zwischen beiden und der Einnahme einer Sonder stellung Preußens den Bemühungen gegenüber, welche jetzt von den Mittelstädten eingcleitet sind, um die Thätig keit des Bundes im allgemeinen Interesse zu beleben, kann deshalb die preußische Erklärung in keiner Weise Ausdruck gegeben haben, und die Blätter, welche gleich der „RcichSzeitung" die- aus derselben herauslesen wol len, sagen damit nur Etwas, was ihrer aus die Zwie tracht Deutschlands und Verkümmerung des Bunde- ab zielenden Politik gerade genehm ist. Wir erwähnen schließlich, daß die Blätter von der Farbe der „Reichszeitung", z B. die „Deutsche Allgr meine Zeitung", Weser-Zeitung", „Hamburger Nachrich len" rc., den Antrag der Mittelstaaten als einen ersten Erfolg der Eisenacher „patriotischen" Bewegung hinstellen. E» liegt hierin etwas Wahres, sofern anstatt Erfolg gesagt wird: Folge der Eisenacher Bewegung, denn eS wäre doch ein sonderbarer „Erfolg", wenn das gerade Gcgentheil von Dem zu Tage trrtt, wa» man erstrebt. Die „patrio tische" Agitation jener Blätter war auf eine Abthuung der Bundesprincipien gerichtet, darauf, daß die Pflicht deS Einzelnen nicht mehr der Gesammtheit gewidmet s«in sollte, sondern die Abhängigkeit des Einen von dem Andern ausgesprochen würde. Der Antrag der Mittel staaten aber redet einer Durchführung der Pflichten Aller gegen das Ganze das Wort. Nennt man das einen
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