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Dresdner Journal : 12.05.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-05-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187405120
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18740512
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18740512
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1874
- Monat1874-05
- Tag1874-05-12
- Monat1874-05
- Jahr1874
- Titel
- Dresdner Journal : 12.05.1874
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L46 wegung und ging durch das Schulthor, wo sich weiß gekleidete Jungfrauen rc. anschlossen, nach dem Dom- pfanhause, Weber'» Wohnung. Hier hielt derselbe noch eine Ansprache, worauf der Aufzug mit Hochrufen aus einanderging. München, 9. Mai. Man schreibt der „Alla. Ztg.": Die (in voriger Nummer enthaltene) Mittheilung in Betreff der Befestigungen von Ingolstadt ist be züglich der in Aussicht genommenen neuen Borwerke ungenau und, soweit in derselben die Rede davon ist, daß von Berlin die Genehmigung der Pläne für die neuen Forts nunmehr erfolgt sei, unrichtig, da natur gemäß Bayern die fraglichen Pläne selbstständig aus arbeiten läßt, und die Genehmigung zur Ausführung derselben durch das königlich bayersche Kriegsministerium ertheilt wird. München, !0. Mai. (Tel.) Gelegentlich der heu tigen Fe st feier zur Weihe einer vom König Ludwig von Bayern verliehenen Fahne haben die beiden Vor stände des Münchner Beteranenvereins und des Kriegervereins an Se. Majestät den Kaiser Wilhelm folgendes Telegramm abgesendet: „Bei der heute statt- gebabten feierlichen Weihe der von dem Könige von Bayern dem unterzeichneten Vereine allergnädigst gespen deten Fahne bringen wir Ew. kaiserlichen Majestät aus treuevollem Herzen ein dreifaches Hoch." * Stuttgart, 9. Mai. Heute Vormittag um I l Uhr fand auf dem Cannstatter Wasen die Revue der ver einigten Garnisonen von Stuttgart, Ludwigsburg und Asperg vor dem Kaiser von Rußland statt. Der König und die Königin, sowie sämmtliche Gäste des Hofes wohnten der Parade bei, welche von dem General lieutenant v. Reitzenstein commandirt wurde. Der com- mandirende General des XIU. Armeecorps, General v. Schwartzkoppen, befand sich in der Suite des Kaisers Alexander. Der Kaiser sprach sich über die vorzügliche Haltung der Truppen im höchsten Maße befriedigt aus. Tie Zuschauermenqe war bei der günstigen Witterung eine außerordentlich große. Die hohen Herrschaften kehrten kurz nach l2 Uhr hierher zurück. Mainz, 9. Mai. (Fr. I.) Das großh. Obergcricht verurtheilte gestern den gewesenen Redacteur des „Mainzer Journals", Wasserburg, angeklagt der Be leidigung de» Kaisers, nachdem derselbe, wie in den Er- wägungsgründen bemerkt wird, die Beleidigung bereut und jede Absicht zu einer Beleidigung in Abrede gestellt habe, zu einer Festungshaft von 2 Monaten und in die Kosten des ganzen Verfahrens. -j-* Wien, 9. Mai. Die schwierige und wichtige Be- rathung über das Ordinarium des Kriegsbudgets ist im ungarischen Heeresausschuß erledigt. Milder allerdings nicht starken Majorität von 14 gegen 12 Stimmen hat der Ausschuß ohne wesentliche Abstriche (sie betragen zusammen weniger als IOO,<00 Fl.) alle Posten der ordentlichen Armeebudgets für die vorange- gangencn zwei Jahre wieder bewilligt und nur die Be dingung daran geknüpft, daß auf alle Rachtragscredite, die beispielsweise für das vergangene Jahr 2^ Mill, betragen, verzichtet werde. Die weiter gehenden Beschrän kungen des Ordinariumö lehnte er ab. Es ist nicht zu läugnen, daß in dieser Stellung, die der Pester Heeres ausschuß zur Sache einnimmt, guter Wille zu finden ist. Die ungarische Delegation wird sich wohl der Erwägung nicht verschließen, daß es nicht im Interesse ihres Landes liege, den Kern der gemeinsamen Wehrmacht anzugreifen, was durch noch weiter reichende Beschränkungen unfehl bar geschehen müßte, und daß die vorgängige Ablehnung der Rachtragscredite der Wirkung nach ohnehin einem Abstriche von 4 bis 5 Millionen gleich zu achten ist. Die österreichische Delegation ihrerseits hat kein Motiv, unter eine Ziffer herabzugehen, die genau dem Noxmal- buvget entspricht. Wohl aber darf sie sich berufen er achten, darüber zu wachen, daß die hohen Summen, welche das Budget der Kriegsverwaltung erheischt, nicht nutzlos verschleudert werdew Und dies wäre der Fall, wenn der Kriegsminister erklären müßte, daß eine ihm votirte Summe nicht ausreicht, um die gesetzlich normirtc Anzahl der Wehrpflichtigen jener Ausbildung zuzuführen, die nothwendig ist, wenn die Wehrfähigkeit des Reiches nicht gefährdet werden soll. Der Moment dieser Gefahr wäre aber gekommen, sobald der Kriegsminister zu er klären gezwungen ist, er könne unter seiner Verantwort lichkeit nicht mehr entstehen für die auch nur allernoth- wendigste Ausbildung des Kontingents. Es ist also, wie man sieht, nicht in der Absicht der ungarischen De legation gelegen, dem Baron Kuhn zur Geldersparung Masscnbeurlaubungen zuzumuthen. Oesterreich hat eine Frievcnspräscnz von nur 24 >,000 Mairn. Von diesen 5",000 Mann beurlauben, hieße die Ausbildung der Truppen einfach unmöglich machen. Prag, 10. Mai. Nachdem der Zusammentritt des böhmischen Landtages bereits für den Monat September in Aussicht genommen ist, beginnt man im tschechischen Lager Borbereitungen für die aus die sem Anlasse nothwendig werdenden Ergänzungswahlen zu treffen. Die Jungtschechen haben nunmehr den definitiven Beschluß gefaßt, mit einer selbstständigen Candidatenliste aufzutreten, und deshalb in den jüngsten Tagen eine Konferenz von Vertrauensmännern zusam- mcnberufen, um über die Organisirung eines Central- wahlcomit s nnd einer entsprechenden Anzahl von Br- zirkSwahlcomitös zu berathschlagen. Ueber die bei dieser Conferenz gefaßten Beschlüsse ist bisher nichts in die Oeffcntlichkeit gedrungen, doch berechtigen die Aus lassungen inspirirter jungtschechischer Provinzialblät ter zu der Annahme, daß die Beschickung des Land tags «uns pli>»8t! als oberster Grundsatz des zu ent werfenden Wahlprogramms acceptirt wurde. Wahrschein lich wurde bei dieser Gelegenheit auch das definitive Pro gramm der künftigen national-liberalen Partei — so will sich von nun an die jungtschechische Fraction nennen — entwerfen. Das tonangebende Organ der „Jungen", die „Narodni listy", beobachtet bisher über die ganze Angelegenheit dns strengste Stillschweigen. — Die Ra tionaltheaterfrage ist in ein neues Stadium getre ten. Diejenigen Gemeinden und Corporat onen, welche aus Anhängern der alttschechischen Fraction bestehen, beginnen uämlich ihre Beiträge für den Theaterbau unter verschiedenen Vorwänden zu sistiren, so daß in der That die Vermuthung auftaucht, man wolle von alttschcchischer Seite den ganzen Bau in Frage stellen. Den Anfang hat die Städtvertrctung von Tabor gemacht, welche dem gegenwärtigen jungtschechischen Theaterausschusse in einer energischen Resolution ihr Mißtrauen aussprach und gleichzeitig die weitere Flüssigmachung der noch aus stehenden Raten der früher von ihr für das National theater gewidmeten Summe von 1000 Fl. für so lange suspend>rte, bis auch die alttschechische Partei im Aus schüsse entsprechend vertreten sein werde. Cs kann wohl nicht dem leisesten Zweifel unterliegen, daß dieses Bei spiel bald allenthalben, wo clericale und alttschechische Einflüsse dominiren, Nachahmung finden wird. — Am 25. d. M. wird hier ein allgemeiner tschechischer Schrift st ellercongreß abgehalten werden, als dessen Zweck die Bildung eines tschechischen Litcratenvereins be zeichnet wird. Unter den Unterzeichnern des aus diesem Anlasse publicirten Aufrufes befinden sich auch die Herren 1O>. Rieger, Feuilletonist Neruda, Landesschulinspector Swoboda, Professor Durdik und die Romanschriftstel lerinnen Podlipska, Svetla, Luzicka und Krasnohorska. * Pest, 9. Mai. Zn der heutigen Vormittagssitzung des Finanzausschusses der Reichsrathsdelega- tion interpellirte der Berichterstatter Oe. Schaup anläß lich der Berathung des Budgets des Ministeriums des Aeußern den Minister des Aeußern darüber, welche Stellung derselbe gegenüber den provocatorischen Aeuße- rungeu sciten des Vaticans anläßlich der in Oester reich erlassenen confessionellen Gesetze eingenommen. Graf Andrassy erwiderte hierauf: Es sei in der Ange legenheit der Encvklcka von Seite des Ministeriums des Acu- Hern eine einzige Note erlaßen worden. Er bedauere, dieselbe dem vollen Texte nach nicht nuttheilen zu können. Er bedauere dies speciell deshalb, weil er zwar, worauf er stets zurückkommen müsse, nicht glaube, daß irgend ein Rothbuch von der Thatlg- keit des Ministeriums des Aeußern auch nur ein annäherndes, geschweige denn ein vollkommen erschöpfendes Bild geben könne, es aber dafür um so nothwendiger erachte, daß der Delegation das volle Recht gewahrt werde, in allen Fragen der auswärti gen Politik die möglichst eingehenden Aufklärungen zu erhalten, ja, foweit es nur immer angehe, auch die betreffenden Docu- mente selbst einsehen zu können In diesem Falle jedoch könne dies aus dem spcciellen Grunde nicht geschehen, weil die Rote blos die Ergänzung eines Privatschreibcns bilde, welches Se. Majestät an den Papst gerichtet hat. Die Rote hatte die Be stimmung, die Darlegung der persönlichen Motive, welche Se. Majestät in seinen Entschließungen geleitet, zu vervollständigen. Der volle Text des Schriftstückes entziehe sich daher der Mit- thcilung nicht etwa des Inhalts wegen, welcher das volle Tages licht in keiner Beziehung zu scheuen habe, sondern ausschließ lich wegen der Form. Der Minister skizzirl hieraus den In halt der Note ungefähr in folgender Weise: Die Rote hat vor Allem die Ansicht ausgesprochen, daß Diejenigen, weche die Encyklika inspirirt haben, vielleicht weniger von dem^Bestreben geleitet waren, einer Kollision zwischen Kirche und Staat vor- zubcugen, als vielmehr von dem Wunsche, eine solche zu provo- ciren. Die Rote hat durchaus nicht, wie von mancher Seite behauptet worden, das Recht des Papstes, in kirchlichen Dingen den Bischöfen feine Meinung mitzuthellen, in Frage gezogen; aber sie hat entschieden bedauert, daß die Encyklika über diese Grenze hinaus ein verdammendes Urtheil in Dingen gefällt hat, d>e durchaus nicht dogmatischer Natur, sondern in dem souve ränen GcsevgcbungSrechle des Staates begründet sind. Weiter erklärt die Regierung in der Rote, daß sic auch m dieser, zu ihrem Bedauern erschwerten Lage trachten werde, Nichts zu thun, was eine Kollision zwischen Kirche nnd Staat provo- nren wurde, daß dies aber nur dann möglich sei. wenn gerade im Gegensätze zu dem entschieden und absolut verdammenden Urtheile der Encyklika den Bischöfen der Rath ertheilt werde, rückzuverweisen. Der Antrag wurde beide Male abge- lehnt und alsdann, ohne weitere Debatte beide Vorlagen in der in zweiter Lesung beschlossenen Fassung artikel weise und im Ganzen angenommen, und zwar erstere in namentlicher Abstimmung mit 257 gegen 95 Stimmen. — Im October 1872 ist bekanntlich zu Dresden eine Conferenz über die gemeinsamen Angelegenheiten des höheren Schulwesens in Deutschland avgehalten worden, deren Ergebnisse den Gegenstand weiterer Ver Handlungen zwischen den Bundesregierungen gebildet haben. Wie die „N. A. Z." berichtet, ist auf Grund dieser Verhandlungen festgeslcllt worden, daß hinsichtlich der allgemeinen Principien der Verwaltung des höheren Schulwesens zwischen den deutschen Staatsregierungen volle Ucbereinstimmung herrsche, und daß die Bereit willigkeit vorhanden ist, in allem Wesentlichen demgemäß auch die besonderen Einrichtungen einheitlich zu ge stalten. Durch das praktische Bedürfniß ist man nament lich auf eine Einigung wegen der Maturitäts-Prüfungen der Gymnasien hingcführt worden, und es wird fortan in Deutschland allgemein nach den in dieser Beziehung vereinbaren Grundsätzen verfahren werden. ES liegt in der Absicht des preußischen CullusministerS, die vom MichaeliStermin d. I. ab von den nichtpreußischcn deutschen Gymnasien ausgestellten Maturitäszcugnissc als den preußischen gleichgeltend zu behandeln und es wird deshalb einer ausdrücklichen Anerkennung dieser Zeugnisse von Seiten des CultuSminifiers in Zukunft nicht mehr bedürfen. — In Betreff der Zeugnisse über die Prüfuizgen für das Lehramt an höheren Schulen ist eine allgemeine Einigung für jetzt noch nicht als er reichbar erachtet worden. — Die „Sp. Z." will wissen, daß der Kaiser am Donnerstag das Preßgesetz vollzogen hat.— Dasselbe Blatt schreibt: Die Unterredung zwischen dem Kaiser und dem Fürsten Bismarck, welche am Freitag stattge funden hat, hat sich, wie verlautet, u. A. auch auf die Form bezogen, in welcher die Entlassung deS Grafen Arnim aus dem Staatsdienste erfolgen solle. Das bisherige Verhalten des Grafen Arnim beweise, daß er freiwillig ein Entlassungsgesuch nicht einzureichen beab sichtige und die Initiative in dieser Angelegenheit der Regierung überlassen will. Was andererseits die leiten den Persönlichkeiten unserer Regierung betreffe, so seien dieselben von der Nothwendigkeit überzeugt, auf die ferneren Dienste jenes Diplomaten zn verzichten. Diese Nothwendigkeit ergebe sich, wie jetzt in den betheiligten Kreisen mit aller Bestimmtheit erklärt werde, nicht nur aus den jüngsten Publicationen des Grafen Arnim, sondern aus noch manchen anderen Beschwerdegründen politischer und nichtpolitischer Art. BreSlau, 9. Mai. Aus Beuthenin Oberschlesien geht der „Schles. Ztg." vom 8. d. folgende Mittheilung zu: Nachdem der hiesige Stadtpfarrer Schafiranek — derselbe war als Priester und als Mensch gleich hoch geachtet und vertrat auch in den Jahren 1848—49 den Wahlkreis Beuchen-Tost-Gleiwitz im Abgeordnetenhaus — gestern gestorben ist, erschien der königl. Landraths- amtSvcrweser heute Vormittag in Begleitung eines Po- lizeiinspectors in dem hiesigen Pfarrhause, um das Kirchen- und Fundationsvermögcn der katholischen Pfarr kirche, das Pfarrarchiv und die Pfarrgebäude im Auf trage der Regierung mit Beschlag zu belegen. Der inzwischen eingetroffene Erzpriester des Decanats, pro- testirte im Ramen des Fürstbischofs gegen dieses Ver fahren, zu welchem bis jetzt kein Gesetz eine Berechti gung gäbe. Hierauf wurden dem bisherigen Kirchen rendanten die Kassenschlüssel abverlangt, und die Ver waltung der Rendantur dem Krciscommunalkassenren- danten übertragen. Dem Kirchenvorsteher, der gegen die Herausgabe der von ihm verwahrten Schlüssel protestirte, wurde eine Frist bis Abends 6 Uhr gestattet, nach deren Ablauf event. Gewalt angewendet werden würde. Der Kirchenvorsteher hat sich sofort telegraphisch um weitere Instructionen an das fürstbischüfliche Generalvicariatamt nach Breslau gewendet. Fulda, 8. Mai. Ueber die bereits kurz erwähnten Demonstrationen bei Gelegenheit der Haftentlassung des gesperrten Kaplans Weber erfährt das „Fr. Iourn." folgende Details: Als der Geistliche gestern Abend das Landgerichtsgcbäude verließ, wurde er von einer, nach vielen Hunderten zählenden Menge empfangen, welche ihn mit Hoch- und Hurrahrufen begrüßte. Ein Bürger, der das Geschrei intonirte, wurde sofort verhaftet; dies hiuderte indessen nicht, daß der Skandal noch größere Dimensionen annahm. Als Weber in Begleitung zweier Bürgerausschußmitglicdcr in den bereitstehenden, mit Kränzen geschmückten Wagen stieg, wurde er mit Blumen fast überschüttet; eine Dame hatte sogar für einen Lor beerkranz gesorgt. Der Festzug setzte sich sodann inBe- Flcgcleien und sonstigen Plumpheiten wirklich in der Rolle des Herrn Lakaien stehen. O. B. Episode aus dem Kriege gegen die italienischen Briganten. (Schluß aus Nr. lO7.) Es war eine aufregende Scene. Einige Bersag- lieri wollten die Rasende ergreifen, diese aber zog einen Dolch aus ihrem Gürtel und versuchte damit noch einen Stoß gegen den Vater zu führen, woran sie aber ver hindert wurde. Es entstand nun ein Ringen, das Mäd chen führte wüthende Stöße mit dem Dolche um sich herum, und unsere Soldaten, die ersichtlich ihre Waffen gegen sie nicht gebrauchen wollten, konnten sie nicht erfassen. Dies benutzend, rief sie »roch einen gellenden Fluch der Rache über das Haupt des eigenen Vaters, der ihr den Gelieb ten gctödtet, und stieß sich bann mit voller Kraft und sicherem Stoß ihren Dolch mitten durch das Herz. Sie hatte gut getroffen, tanmclte noch einige Schritte wie wankend hin und her, kam dabei dem Abgrund zu nahe und stürzte mit schwerem Fall den Berg hinunter. Ich stand zufällig nicht weit von der Stelle und konnte sehen, wie der Körper des unglücklichen Mädchens, sich förmlich überschlagend, den ganzen Felsen hinabrollte, eine blutige Bahn an dessen Gestein huitcrlassend. Mit Hilfe meines Haudfernglases konnte ich später die Leiche, deren rother Rock weit schimmerte, im Bett deS wild- schäumenden Cratiflusses erkennen. Sowie der Vater diesen Selbstmord der Tochter gesehen, kletterte er mit katzenartiger Schnelligkeit den Pfad herunter und ver schwand bald unseren Blicken. Ich habe ihn nicht wie der getroffen, Hötte aber später, daß es ihm mit vieler Mühe gelungen sei, die ganz zerschmetterte und zerfetzte Leiche aus dem Flußbette herauszuholen und nach «t. Giovanni in Fiore zu schaffen, wo sie ein Grab auf der geweihten Erde des Kirchhofs gefunden habe, dann sei er spurlos aus der Gegend verschwunden. Es ist eine gar wilde trotzige Bevölkerung, welche in den Bergen Calabricns wohnt, und das heiße Blut pulsitt hier den Menschen mit einer Leidenschaft durch die Adern, von der wir in unserem ruhigen Deutschland glücklicherweise kaum eine Ahnung haben. Und während hier auf dem engen Raume der Felsenklippe ein blutiges grausiges Drama spielte, ging die Sonne mit unbe- jchreiblicher Pracht hinter den Bergen auf und ihr gol denes Licht erhellte ein Panorama von solcher Schönheit, wie mein Auge es nur selten sehen durfte, so viele ent zückende, mein Inneres auch in der Erinnerung noch mit unvergänglicher Freude erfüllende landschaftliche Schönheiten ich auch in den verschiedensten Theilen von Europa schon gesehen habe. Alle Briganti sahen ärmlich und zerlumpt aus, und auch ihre Büchsen, Dolchmesser und sonstigen Waffen, einzelne wenige Stücke abgerechnet, die alterthümlichen Werth hatten, waren schlecht und abgenutzt. Sämmtliche Todte und Verwundete, in der üblichen Tracht der cala- brischen Gebirgsbewohner gekleidet, hatten Sandalen, die aus ungcgcrbtcr Ochsen- oder Wildschweinshaut be standen, an den nackten Füßen. Die ungemein kräftigen Waden hingegen waren mit Lumpen, durch farbige Kreuzbänder scstgebunden, umwickelt. Kurze enge Hosen, oft von grobem Sammt, mitunter von Bockledcr, Alles so sehr beschmuzt, daß man die Farbe kaum noch zu er kennen vermochte, bedeckten die Schenkel und wurden um den Leib durch einen Ledergutt oder eine schmuzige rothc Schärpe von grobem Wollenstoff festgehalteu. Ein sehr langes, breites, scharfes Dolchmesser, ost nur mit rohem Holz- oder Horngriff, mitunter aber auch mit schwarzem Ebcnholzgriff, in welchem ein silbernes Cruci- fix eingelegt war, un Lederfuttcral alte schlechte Pistolen, häufig auch eiue sehr kurze Tabakspfeife staken in diesem Leibgurte. Die Jacke war lang, weit und gewöhnlich von einem gelbbraunen Stoff, der aus Ziegenhaar und Schafwolle im Lande selbst verfertigt wird, mitunter auch aus Sammt und dann vorn mit einer Dovpelreihe klei ner runder Silberknöpfe besetzt. Das meist weiße, jetzt aber vor Schmuz dunkelbraune grobe Baumwollenhcmd war vorn am Halse offen und ließ die schwarzbehaarte gebräunte Brust sehen. Ohne Ausnahme trugen alle ge fangenen oder tobten Briganti ein kleines schwarzes Crucifix an einem Lederricmcn oder einer schmalen Silberkette auf der bloßen Brust. Einzelne hatten auch noch alte Silberniünzen mit Heiligenbildern, Amulett von Korallen oder Eberzähnen geschnitzt, oder auch .Re liquien in einem kleinen Hornfutteral an einer Kelte um den Hals hängen. Mebicin. In neuerer Zeit hat man die Jnjectionen von Heilmitteln in die Venen bei dem Biß von Gift schlangen und bei ähnlichen Blutvergiftungen vielfach geprüft. Professor Ore in Bordeaux hat mit Erfolg Chloralhydrat in die Vene eines derart Erkrankten ein gespritzt, bei dem sich bereits Starrkrampf eingestellt hatte. Ein 17jähriger Jüngling war von einer Viper gebissen worden; über 24 Stunden waren seit dem Moment der Verletzung verflossen. Anschwellung des verletzten Dau mens, heftiger Schmerz, starkes Fieber, Schlaflosigkeit und Ohnmächten waren die Erscheinungen, die zuletzt in dem Eintritt des Tetanus gipfelten und doch noch glück lich beseitigt werden konnten. Die Vervollständigung der Cur glaubt Ore übrigens einer Einspritzung von am moniakhaltigem Wasser (>0 Tropfen Ammoniak auf 7 Gramme drstillirten Wassers) zuschreiben zu müssen, da schon nach wenigen Stunden Besserung eintrat, Fieber und Geschwulst abnahmen und der Puls endlich ganz normal wurde. Branntwein in großen Dosen, dem etwas Ammoniak zugesetzt wird, ist übrigens in Frankreich und Algier ein bekanntes und beliebtes Mittel gegen Vipern- biß. Die Leute müssen so lange trinken, bis sie gänzlich bewußtlos werden; sie erwachen in der Regel ganz ge sund. Es fragt sich nun, ob in solchen Fällen der Alkohol oder der Zusatz von Ammoniak daS wirksame Agens war, oder ob beides zusammenwirken mußte. den Gesetzen deS StaateS Folge zu leisten. Zum Schluffe er klärt die Note, daß in dem Falle, als gegen alle Voraussetzung der innere Friede dadurch gefährdet werden sollte, daß den sanctionirten Gesetzen von Seite deS Klerus nicht Folge ge leistet würde, sich die Regierung ebensowohl berechtigt als ver pflichtet erachte, die Rechte des Staates zu wahren, und daß dieselbe auch die Ucberzeugung habe, daß es ihr gelinge« werde, den Gesetzen volle Geltung zu verschaffen. — Auf die weitere Anfrage deS Berichterstatters, ob Se. Excellenz über einen Kr folg dieses Schrittes Mittheilungen zu machen io der Lage wäre, erwidert der Minister, die Note sei nicht darauf berechnet gewesen, eine Gegenantwort zu provociren, und eS sei auch eine lolche nicht erfolgt: er habe keinen Anhaltspunkt, von einem thatsachlichen Erfolge deS Schrittes zu berichten, aber auch über das Gegentheil könne er nicht klagen, denn es scheine vielmehr eine gewisse Beruhigung eingetleten zu sein. Eilte weitere Frage des Berichterstatters, welcher an die jüngsten Erörterungen im englischen Parlamente und an die Mittheilungen der „Times" bezüglich der Anwesenheit Victor Emanuel's m Berlin anknüpfte, gab dem Minister Gelegenheit zu einigen Andeutun gen über die momentane europäischeLage, welche er als deil Frieden in keiner Weise bedrohend erachtet. Auf eine Aufforderung deS Delegitten O>. Groß, daß der Minister im Allgemeinen unsere Beziehungen zu den auswärtigen Mächten und die europäische Lage charak- lerisirc, erklärte Graf Andrassy Folgendes: Kr (der Minister) müsse, wenn die Frage sich dahin zu- spitze, ob er in nächster Nähe eine Kriegsgefahr lche, absolut mit „nein ' antworten; auf wie lange aber der Friede gesichert sei, darüber könne er leine Aufklärung geben, und er glaube, eS lebe >n Europa Niemand, der dies könnte; soviel aber müsse er wohl ausjprechcn: „Er kenne keine Regierung, die heule den Frieden zu stören gedächte. " Unläugvar jedoch bestehen große Antagonismen zwischen einzelnen Völkern. Gefühlen und Interessen, welche es nicht gestatten, den "Frieden auf lange Zeit als vollkommen sicher zu betrachten. Was uniere Monar chie betrifft, so müsse er Zweierlei betonen: das Eine ist, daß unsere Stellung zu den übrigen Mächten, wenn auch nicht sie allein den Frieden erhält, doch sowohl in den Beziehungen zu den Nachbarreichen, wie den anderen Staaten gegenüber we sentlich zur Erhaltung des Friedens deigetragen habe und bei tragen werde. DaS Andere ist, daß die Mittel, diese Action wirksam zu machen, immer nur darin bestehen, die Kraft der Monarchie derart zu erhalten, daß sie stark genug sei, so lange es möglich den Frieden, unter allen Umständen aber ihre eige nen Interessen zu wahren. Eine Aeugerung deS Delegirlen Scrinzi, er glaube den Äcußcrungen des Ministers entnehmen »l können, baß die vielfachen persönlichen Begegnungen der Monarchen eine große und beruhigende Garantie des Friedens geboten, veranlage den Minister, zu bemerken, dies sei der ausschließliche Zweck des persönlichen Meinungsaustausches zwischen den Monarchen und ihren Ministern gewelen; er habe eS sür um so unnöthiger erachtet, den mannichsachcu Zeitungs versionen zu begegnen, welche anläßlich der letzten Entrcvue über politilche Abmachungen, Theilung des Orients oder eine Richtung in der auswärtigen Politik laut geworden, weil die selben Nachrichten schon bei dec Drei-Kaiser-Zusammenkunft in Berlin ausgetaucht und wieder spurlos verscywunden sind und es deshalb ohnehin klar erscheint, das, wenn so weittragende Pläne oder gegen irgend Jemanden gerichtete Allianzen nicht geplant wurden, als alle drei Machte vertreten waren, dicS noch weniger durch zwei derselben geschehen könne. Aus dem weitereu Verlaufe der Verhandlungen he ben wir Folgendes hervor: Aus die Hinweisung des Del. Scrinzi, daß Oester reichs Seehandel und Schifffahrt Rückschritte mache, erwidert Graf Andrassy, das durch die Anbahnung von Handels- und Schissfahrtsverträgen eine Erweiterung der Beziehungen zu anderen Machten stelü iin Interesse deS Handels geichehen sei. Insbesondere habe ihn anläßlich der Kaiserreisc nach Rußland die Ucberzeugung geleitet, daß möglichst innige Han delsbeziehungen die beite Garantie deS Friedens gewähren. Graf Andrassy acceptirt hierauf eine vom Del. Dumba bean tragte Resolution, welche bezweckt, dahin zu wirken, daß die gegen die Erbfähigkeit der österreichischen Unlerthanen im Gebiete deS osmanischen Reiches bestehenden Schwierig keiten beseitigt werden. — Auf eine Interpellation, betreffend die Handelsbeziehungen Oesterreichs zu Rumänien und dre Stellung des diplomatischen Agenten Rumäniens in Oesterreich, erklärt Graf Andrassy, daß keine Gelegenheit zur ersprießlichen Regelung der Handelsbeziehungen zu diesem Ländergebiet ver absäumt werde und daß der rumämiche Agent in Wien genau dieselbe Stellung, wie die besondere Vertretung Rumäniens m anderen Ländern einnehme. — Gegen die vom Del. Fürsten Czartoryski angeregte Auslassung des Rothbuches spricht sich Andrassy aus, indem er daS Rothbuch als eine Milgaranlie des constitutionellen Lebens bezeichnet. Bei dem Titel „diplomatische Auslagen' veranlaßte nur ein auf Aufhebung des Botschafterpostens beim pä st Uchen Stuhle gerichteter Antrag einige Debatte. Del. Oc. Groß beantragte, den Botschasterposten bei der Curie zu streichen. Der Kirchenstaat habe als solcher aufge- Hörl; Oesterreich stehe der Curie als einem confessionellen Oder haupte gegenüber, bas zufällig im Auslände weilt. Die Ge sandtschaft am italienischen Hofe vermöchte die etwaigen Ge schäfte der Botschaft zu versehen. Graf Andrassv erwidert: Allerdings habe der Kirchen staat als Staat ausgehört zu existiren; allein von ganz Europa sei dem Oberhaupte der katholischen Kirche die Exterritorialität und Souveranetät gewahrt so wie das Recht zuerkannt war- den, diplomatische Vertretungen zu bestellen und zu empfangen. Wenn ichon keine der Machte aus dieses Recht verzichtet habe, so liege sür Oesterreich-Ungarn gewiß kein geringes Interesse vor, dasselbe auszuübcn. Der Minister erinnert, wie sich gerade jetzt der Scheidungsproceß zwilchen weltlicher und kirchlicher Macht in ganz Europa vollziehe, und wie speciell der öster reichisch-ungarischen Regierung nicht blos die Interessen von 28 Millionen katholischer Unterthanen und deren Rechte, sondern auch insbesondere die Rechte des Staates und die Rechte des Kaisers und apostolischen Königs zu vertreten obliege, die nicht aufgegeben werden können. Die bestehende Repräsentanz mit jener am Hose des Königs von Italien zu verschmelzen, er- scheine absolut unthunlich angesichts der Beziehungen, wie sie zwischen der Kurie und der italienischen Regierung notorisch bestehen. Es bleibe sonach nur die Herabsetzung der Botschaft zu dem Range einer Gesandtschaft, was lediglich nur eine finanzielle Maßregel wäre, deren materieller Erfolg jedoch bei den ohnehin schon vorgenommenen Reduktionen der Bezüge verschwindend klein und keineswegs geeignet wäre, den Abbruch aufzuwägen, den hierdurch die Prärogative der Stellung unseres Vertreters erlitten. Der Antrag des vr. Groß wird hierauf abgelehnt und das Budget des Ministeriums des Aeußern in allen seinen Positionen consorm der Regierungsvorlage ange nommen. — In der heute Abend stattgehabten Sitzung des Finanzausschusses gelangte das Budget des gemein samen Finanzministeriums zur Berathung. Ueber die Theilung der Reichsactiven interpellitt, erklärte Frhr. v. Holzgethan, nach seiner Ansicht hätten beide Finanz ministerien ein Uebereinkommen zu treffen und dieses beiden Parlamenten zur Genehmigung vorzulegen. Da bei soll ein Theilungsvcrhältniß von 70 zu 30 Procent berücksichtigt werden. Unter den Aktiven sind 123,000 Stück refunditte Eisenbahnactten, die einen Werth von 20 Millionen repräsentiren, jetzt aber nur mit Schaden veräußert werden könnten. Ueber die gleichfalls bean tragte Resolution betreffs des österreichischen Rechnungs- Hofes erklärte Holzgethan, daß der Entwurf eines alle Wünsche in dieser Richtung berücksichtigenden Gesetzes schon vor länger als - einem Jahre beiden Ministerien zu kam, ohne bisher erledigt zu werden. Paris, 9. Mai. (Tel.) Eine Note des officiösen Journals „La Presse" bespricht die constitutionellen Gesetze und fügt hinzu, daß der Marschallpräsident Mac Mahon, welcher sich am 19. November vor. Js. vom Grafen Chambord zurückgezogen habe, jetzt auf dem Septennat beharre. Neue Agitationen zur Wiederher stellung der Monarchie wären unnütz, da eine Restau ration unmöglich sei. Wenn die Majorität das Septen-
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