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Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse : 06.10.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-10-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480533490-192610064
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480533490-19261006
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480533490-19261006
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse
- Jahr1926
- Monat1926-10
- Tag1926-10-06
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Stärkung dazu benutzen, seinen Zahlungs verpflichtungen pünktlich nachzukommen und überhaupt die Finanzlage seines Unterneh mens zu sichern und zu festigen. In der Re gel ist aber ein derartiger Verwendungs zweck nicht festzustellen, vielmehr benutzen die Abnehmer vielfach jede Verlängerung der Zahlungsfrist zur Erteilung weiterer Auf träge. Es ergibt sich hieraus für den Liefe ranten eine einmalige vorübergehende Ge- schäftrbelebung, die aber mit Gefahren ver bunden sein kann. Bedenken wir, dah der Produktions- und Verteilungsapparat im Verhältnis zur Absatzfähiakett heute immer noch zu grotz ist, so besteht die Gefahr, dah sich der Abnehmer infolge verlängerter Zah lungsfrist in seinen Aufträgen übernimmt und bei Eintritt der neuen Zahlungsfähig keiten vor der Frage steht, entweder seinen Verpflichtungen gegenüber den Lieferanten nicht oder nicht pünktlich nachzukommen oder aber Warenvorräte unter Preis abzustoben. Wer derartigen Vorgängen nachspürt, wird Bemessung der Zahlungsfrist näherkommen Bemessung der Zahlungsfri näherkommen und die Ueberzeugung gewinnen, dah die Gesamftokrtichaft ohne Strafe willkürliche Regelungen der Zahlungsfrist nicht zuläht. Auf jeden Fast erscheint es verfehlt, einen Ausweg aus einer Marktkrisis nur oder in der Hauptsache mit einer Verlängerung der Zahlungsfrist suchen zu wollen. Verkürzungen der Zahlungsfrist, wie wir sie besonders in den kapital- und kredit- schwachen Jnflationsjahren zu verzeichnen hatten, lösen ähnliche wirtschaftliche Wirkun gen aus. Sie beschränken die Kapital- und Kreditkraft des Abnehmers, zwingen ihn not- falls zu Unterpreisverkäufen. Der Festsetzung der Zahlüngsfrist kommt gerade in der Gegenwart eine besondere Be deutung zu, da heute bei weitem mehr als in der Vorkriegszeit auch mittlere und klei nere Unternehmungen der Auffassung zu neigen, dah eine Besserung ihrer Lage nur durch Einräumung gröberer Kredite erfolgen könnte. Dabei wird zu ost vergessen, dah der Freude der Kreditnahme bald das Leid der Verzinsung und Rückzahlung folgt. Kredite, auch Zahlungsfristen, kön nen, wenn sie mit Vorsicht, Weitblick und Verantwortung genommen und genutzt wer den, wirtschaftlich segensreich wirken. Ihre Gefahren sind aber bei weitem gröber als ihre Vorteile. Sin tschechischer Minister unter Polizeiaufsicht Ungeheures Aufsehen erregt die Tatsache, Latz durch die Unvorsichtigkeit eines Polizei beamten bekannt wird, daß der Finanzmtnster Ler tschecho-slowakischen Republik Dr. Englisch "sowie eine Anzahl führender politischer Per- . svnlichkeiten aus der klerikalen und der sozta- ttsttschen Partei von der tschechischen Polizei Lurch Geheimagenten überwacht werden. Un ter die zu beobachtenden Persönlichkeiten gehört auch der frühere Ministerpräsident Lwehla. In der Oeffentlichkeit herrscht große Erregung hierüber, so daß verschiedene Par, teien unverzüglick eine Interpellation im Par lament angekündigt haben Man fordert so gar den sofortigen Rücktritt des Innenmini sters, den man für diesen Skandal verantwort lich macht DaS Bekanntwerden dieser pein. ltchen Angelegenheit ist darauf zurückzufüh ren, daß ein Beamter der Prager Polizeidirek- tion die Liste der von der Geheimpolizei be- aufsichttgten Personen in einem Gartenhause liegen gelassen hat. N KMMA tkt MAM I» MM Heute Begin« -ee 3eug«nver«eh»ung Der FemeauSschuß bet Retchstaaet trat gestern mittag im frühere« bayrischer» ver. kehrSmintsterium zusammen. Der Borsitzende Dr- Schetter ersuchte »te Pressevertreter um objektiv« Berichterstattung, um fpätere Rich, ttgstelluugeu zu verhindern und teilte »it, daß der Bericht de» Abg. Dr. Levi, der nicht mehr al» 150 Druckseiten umfaßt, nunmehr gedruckt vorltege. «Lg Münchberg. Komm erhob Beschwerde darüber, Zab tu -«» Par« terrerümue» de» verhandlnngtgebäudcs bayrische LandeSpolizet nntergebracht sei Der Vorsitzende stellt fest, daß Maß und Durchführung dieses Schutze» der Polizei überlassen werden müsse. Abg. Gräf-Thüstn- gen sDn.s rügte, daß der Ausschuß sich von fei- ner eigentlichen Ausgabe entferne. Der Vor sitzende erwiderte, eS iet nötig, zur Ergänzung auch Nebenfragen zu erledigen. Dann erstat- tete Abg. Dr- Schaeffer Bericht Er erklärte, daß er e» im Gegensatz zu den Ausführungen GräseS als seine Aufgabe betrachte, die Rich tigkeit der Beschuldigung nachzuprüfen, die von dem Abg Levi und in der Presse gegen die bayrischen Justiz- und Militärbehörden erho- ben worden sind. Den Sachverhalt in den Fällen Gandmeier, Dobner, GareiS und Har- tun« habe der Abg. Levi im ganzen zutreffend behandelt Aber er sei zu Trugschlüssen ge kommen. Das Verhalten der Staatsanwalt- schäft im Falle Hartung sei der beste Beweis für die Objektivität der bayrischen Rechts ¬ pflege, denn die Wiederaufnahme der Fälle Sanorneier und Hartung sei unmittelbar nach dem Amtsantritt des jetzigen bayrischen Ju stizministers Dr. Gürtner erfolgt Der Be richterstatter verlas dann große Teile der An- klageschrist gegen Schwetkhardt und Genossen Zu den bekannten Borwürse» Dr. LeviS gegen ben bayrischen Justtzminifter Gürtner bemerkte der Berichterstatter, daß sich au- den eidlichen Aussagen der Staatsanwälte Krieck und Kraus ergebe, daß der Beschluß zur Aus hebung der Haftbefehle von den Staatsanwäl ten gefaßt worden fei, bevor sie die Fahr» nach München angetreten hätten, daß also eine Ein flußnahme des damaligen Oberregierunasrats Gürtner nicht in Frage komme Beide Zeugen haben weiter positiv und unter besondrer Be tonung auSgesagt, e» könne keine Rede davon sein, daß Gürtner irgendwelche Weisung für die Behandlung der Sache gegeben habe. Nach längerer GeschäftSordnungsdebatt: beschloß der Ausschuß, die Aussprache über die Berichte und kie Entscheidung über den "orliegenden Antrag Troßmann lBayrische BolksparteN, der die in der Oeffentlichkeit erhobenen An- arUse deS Berichterstatters Dr. Levi gegen die bayrische Justiz und de« bayrischen Iustizmi nister Dr. Gürtner mißbilligt, sowie den An trag Schulte, wonach die Verwertung de? AktcnmaterialS durch den Berichterstatter Dr Levi im Vorwärts gegen den Beschluß deS Ausschusses verstoße, bis nach der Beweisauf nahme zu vertagen. Heute vormittag hat die Zeugenvernehmung begonnen. Ak WWW AW IN SWM Sin mißglückter Vorstoß -er linken Oppositionsführer — Nächtliche Re-e Trotzkis — Kein Singreiten -er Gowj tregierung Die Kris« in her kommunistischen Partei Ruhlands, die vorerst nur eine Parbeikris« ist, von der di« staatliche Autorität der Sow jets bisher nicht berührt wurde, dürfte zweifellos mit einer endgültige« Niederlage der linke« Opposition enden. Die intellektuellen Führer dieser Opposition, Trotzki, Radek und Sinowjew, hatten am Vorabend des bevorstehenden Oftoberkon- aresies der Partei den Versuch unternommen, die kommunistische Fabri'arbeiierschaft auf ihre Sei!« zu bringen. Sie operierten dies mal in Moskau, weil ihnen der Boden in Petersburg, wo sie über «ine starke An hängerschaft ve fügen, wegen der Wachsam keit der Tscheka nicht ganz sicher erschien. Sie begaben sich in di« staatliche Fabrik für Autozubehör und beriefen dort «in« Ver sammlung der kommunistischen Arbeiterschaft ein. Nach d«m Bericht der „Prawda" spra chen Radek und Sinowjew unter schärfstem Widerspruch der Versammlung, di« stürmisch gegen die Opposition Stellung nahm. Als Sinowjews Spiel verloren war, als di« Ver sammlung es ablehnt«, weiter« Angriffe ge gen di« Gxe"utive mit airzuhören, erbat sich Trotzki das Wort. Sein Ansehen war doch immerhin groß genug, um jeden Widerstand in der Versammlung im Keime zu ersticken, und so konnte Trotzki seine Ansichten über bi« Parteikris« «ntwickeln. Trotzki sprach ruhig und gemäßigt, und verlangte, daß di« DiSkussionSfreiheit in der Partei wiederher gestellt werd«. D«r Vorstoß Trotzkis und Sinowjews hat bei ben herrschenden Parteiinstanzen große Beunruhigung hervorgerufen, und deshalb wird in dem Bericht der „Prawda" beson ders stark unterstrichen, daß in der Arbeiter Versammlung groß« Entrüstung über den entfachten Streit geherrscht hab«. Es steht zu erwarten, daß nunmehr das Zentralkomi-t«« der Partei scharf« Maßregeln gegen Trotzki, Sinow jew und Radek ergreifen wird. Man darf sich aber nicht vorstellen, als ob damit ein« gerichtliche Bestrafung der Oppo sitionsführer geplant sei. Die Sowjetregie rung selbst und die Justizbehörden denken nicht daran, in den Konflikt der Partei ein zugreisen, denn dies würde das Mißtrauen der Par ^ianhänger Hervorrufen. Di« einzige Strafe, die di« Opposition trrff«n kann, be steht in dem Ausschluß der Partei, und dies ist gewiß in den Augen der russischen kommu nistischen Parteigänger eine sehr harte Maß regel, zumal dies «in ausdrückliches Verbot jeHicher politischer Betätigung bedingt. Nach Lage der Dinge besteht jedenfalls für Trotzki nicht die geringste Aussicht, die erneute Nie derlage wieder wettzumachen, und er riskiert jetzt, daß er auch den Posten im Obersten Wirtschaftsrat verliert, und in Zukunft nur noch klein« Aemt«r im Staat bekleiden darf. Ltngarn zahlt feine Vorlriegsfchul-en ab Dte ungarische Regierung hat Lurch die Rationalbank 250 00« Lstr. an die britische Staatskasse als Rate auf die BorkriegSschulb überwiesen. Vor einem Krieg im Osten? Die finnische Regierung beurteilt dir neuerliche Spannung zwischen Polen, Li tauen und Sowjetrußland außerordentlich ernst. Eine diplomatische Persönlichkeit, die soeben aus Warschau zurückgekehrt ist, hat erfahren, daß dir polnische Regierung mit dem Ausbruch eines Krieges gegen Litauen und di« Sowjetunion sehr ernst haft rechnet. Pilsudski befürchtet Ber» Wicklungen mit Litauen und erblicke da her in der Haltung der Sowjetunion, di« die Wtlnafrage erneut aufgerollt habe, eine direkte Drohung gegen Polen. An der polnisch-litauischen Grenze seien auf bei den Seiten so umfassende militärische Sicherungen zu beobachten, daß eS kein Wunder wäre, wenn eines Tage- Lurch ein paar nervöse Flintenschüsse der Krieg im Osten entfacht würde. Englische Bergarbeiter gegen -ie Kegierungsvorfch»äge Die Vertreter der Bergarbeiter von Süd- waleS und Schottland haben tu ihren Ver sammlungen in Cardiff und Glasgow die Einigunasvorschläge der Regierung abgelehnt. Auf mehreren großen Gruben von Südwale» wurden die Sicherheitsposten zurückgezogen. * Dem „Daily Herald" zufolge ergab die Abstimmung in den BergwerkSbcztrken bisher, -aß sich sechs Bezirke mit ungefähr 480 000 Bergleuten gegen den Regelung-Vorschlag der Regierung ausgesprochen haben und nur 14 000 Bergleute in Leicestershire dafür. Die Ge samtzahl der Bergleute beträgt ungefähr eine Million. Einschränkung -es Eisenbahnbetriebes in England Wie die Blätter melden, wird der TranS- Portminister den Vertretern der Eiscnbahn- gcsellschaften am Sonnabend vorschlagen, vom 16. Oktober ab zum Zwecke der Ersparnis von Kohlen den Eisenbahnbetrieb um 30 bis 50 Prozent etnzuschränken. Zielbewußte russische Außenpolitik (Eigener Informationsdienst.) Die Nach»ich1«n über den Abschluß eines rus.isch-estni'chen GaranlievertraZeS nach dem Muster des russisch-litauischen Vertrages werden laut Moskauer Informationen 'be stätigt. In Berliner diplomatischen Kreisen wird die Aussicht auf diesen neuen Vertrag als ein großer Erfolg der russischen Außen politik verbucht. Besonderes Interesse bringt man den nächsten Schritten der polnischen Regierung entgegen, die sich wahrscheinlich mit der Tatsache der Vertragsabschlüsse nicht begnügen wird. Zu -em Bombenanschlag auf Java Den Bemühungen der Polizei ist es gelun gen, die Täter des gestern gemeldeten Bom- ben-Attentates zu verhaften. Einer von ihneu hat bereits ein Geständnis abgelegt. Kleine politische Nachrichten Degradierung spanischer Artillerieoffiziere. Auf Grund des UrteilSspruche- deS Kriegs gerichts sind vier Obersten, drei Oberstleut nants, zwölf Majore, achtzehn Hauptleute und fünf Leutnants her Artillerie wegen BeteM- guwg an der jüngsten Aufstandsbewegrmg in Spanien degradiert worden. Wettervorhersage. Von Morgennebel abgesehen vorwiegend heiler. Sehr kühl« Na<Ä. O«rtlich Boden frost nicht ausgeschlossen. Winde aus öst lichen Richtungen, im späteren Verlauf an Stärke zunehmend. Voraussage für Freitag: Noch trockene Herbstwiiterung. Di« Hochdruckwetterlage geht in den nächsten Tagen jedoch ihrem Ende entgegen. Rabin-ranaih Tagore im Albert-T-eater Das Albert-Theate r ehrte Ra bindranath Tagore durch eitle fest liche Veranstaltung eindrucksvoller Art. Musik eröffnete den Abend und führte das lauschende Ohr in eine fremde Welt. Paul Bornemann, Paul Aron und Bernhard Güntber spielten Len 1. Satz für Geige, Klavier und Cello aus dem Trio von CyrillScott. Neu- tünermusik mit reichem StimmungS- aebatt. Man könnte wähnen, Indiens ge heimnisvoller Nachthimmel spanne sich über murmelnden See, und viele Tier- stimmen würden lebendig, und feine Schellen klängen, und dumpfe Glocken mischten sich drein, und Wassergeister sän- gen ihr sehnsüchtig Lied. DaS alle formten Lie drei Künstler in wirksamem Einzel-, in farbigem Zusammenspiel und gewan nen viel anerkennenden Dank für die Lö sung ihrer anspruchsvollen Aufgabe. So dann verbreitete sich Lucy v. Jacobi tn kuyer, prägnanter, gefühlSaesSttigter, formschöner Weise über den irdischen Dich ter und Philosophen selbst und hob dies hervor: Tagore kam am 7. Mai 1861 in Kalkutta zur Welt. Zwar wuchs er in einem vornehmen Patrizierhause aus, ver lebte aber in ihm eine einsame, traurige Jugend. AuS solch düsteren Erfahrungen, aber auch aus liebeheißem Herzen, aus weisem Geiste schus er sein Lebenswerk, sein« Bücher. Sie sollen Künder der Sanft- mut und Güte sein und verschmelzen Hel- fen das zerrissene, furiengehetzte Europa mit seiner geistig und seelisch reichen Mut ter, mit Asien Diesem Zwecke soll auch ßetöe im Norden Kalkuttas errichtete Schule dienen: ihre Angehörigen sind zu werktätiger Liede, zu mildem Verstehen, zu brüderlicher Förderung verpflichtet. Paul Smolny las sodann ein Prosa stück Tagores, hastig und gedämpft, aber geschickt charakterisiert und ausgebaut. Mit viel Innerlichkeit und Leben formte hierauf Lott« Minckwitz drei Gedich te. Zum Schluss« führte man das schon bekannt« „Postamt" auf, ein Bühnen spiel in 2 Akten. Ein hauchzartes Werk- chen ist es; Märchenart und indische Weiche liegen darüber, aber auch Traumschatten, Krankheitsdunkel, Rätselschwere. Madhav hat als sein Kind den wunderlichen Amal angenommen, der nun sein ganzes Herz erfüllt und alle Batersorgen wachruft. Amal ist ein ungewöhnlichesBürschchen,das wie ein später Stern am Morgen gar wundersam in die Welt leuchtet. Hinaus drängt «S den Knaben unbändig in die Weite; alle Wandergeheimnisse möchte er ergründen, ins Land -er Wunder ziehen zu Wäldern, Flüssen, Bergen. Und der barte Arzt bannt ihn ins düstere Zimmer; denn eine tückische Krankheit wühlt im Körper, den es vor Herbstwind und Son nenglut zu schützen gilt. Und je siecher -er Leib, desto reger die bunte Phantasie. Sehnsüchtig sitzt der Knabe am Fenster, schließt mit aller Welt Freundschaft und erobert alle Herzen. Mit dem Blumen mädchen möchte er Wiesen plündern; stimmt der Milchmann seine melodische Weise an, möchte er Bergkühe melken und teden mit dicker Milch beglücken; wte deS Wachmanns Gong möchte er di« Zeit sin gen zu den Wolken hinauf. Als aber gar an der Weabiegnng ein Postamt des Kö- niaS aufn^ichst. wäre alle Seligkeit, als Postbote von Haus zu H<ms zu schreiten, Wonne auch, einen Brief zu bekommen, vielleicht gar vom Könige selbst. Der Jun ge sinkt müde aufs Lager; die Schmerzen weichen; Dunkelheit legt sich auf die Augen. Und siehe, -es Königs General arzt tritt ins Zimmer; ein Herold kündet -es Herrschers Kommen zur Stunde -er 2. Wache an. Und bei Sternenflimmer kommt -er König, der alles Menschenseh nen stillt. — Der Spielleiter Paul Smolny war erfolgreich bemüht, den Duft der Dichtung nicht zu verwischen; er tönte prächtig ab und dämpfte, dämpfte. Nur Richard Bendey als selbst bewußter Vorsteher durfte ein wenig pol tern. Alle anderen Darsteller bändigten das Organ zu weichen Tönen und wurden zu lebender Milde, Albert.Willi als liebesorgender Vater. Gertru-Mainz als leichtfüßiges Blumenmädchen, Al bert MartenS als freundlicher Milch mann, Horst Smelding als hilfsbe reiter Wachmann, Oskar von Ly- lander besonders als weiches Väterchen mit -em feinen Kinderverständnifse, Ju lius v. Klinkowström als feier licher Generalarzt. Ausgezeichnet traf Deli Maria Teichen das Wesen Amals. Sie wirkte so recht mimosenhaft, gütig, hinfällig und lebenshungrig; das Auge glühte in Wandersehnsucht, flackerte in Krankheitsnot. In stummer Ergriffen heit nahm man zunächst das Spiel hin, dankt« dann aber herzlichst den Darstel lern und bracht« Tagore ein« Ovation dar, der mit seiner indischen Begleitung in der Direktionsloge Platz genommen. Hanns Fischer hatte die Herrschaften schon beim Kommen begrüßt und mit Blumen reich beschenkt: er feierte dann -en fremden und doch so bekannten Dich ter mit dem patriarchalischen Aeußeren, mit dem gütigen, durchgeistigten Auge von der Bühne aus, und dieser dankte sodann in leiser, weicher, schier schüchterner Art. Vor -em Theater drängte sich schließlich die Meng«, um das fremdartige Schau spiel der gefeierten Gäste zu genießen. Carl Baum. * 8 Entfesseltes Theater. Im Elberfelder Stadttheater würde von unreifen Bur schen bei der 25. Aufführung des „Fröh lichen Weinbergs" im Salamander eine Attacke auf -ie Bühne unternommen, nachdem schon einmal während einer Ler ersten Aufführungen das Spiel durch Wer fen von Stinkbomben gestört worden war. Bon den Balkonen links und rechts wur den plötzlich Raketen auf die Bühne los- gelassen, die dort feuersprühen- verknall ten. Ein „Donnerschlag" vermehrte die Aufregung. Alsbald erschienen Schupo beamte, denen es gelang, elf Täter zu ver haften und nach der Polizeiwache abzu führen, wo sie die Nacht verbringen durf ten. Uebelrtechende Stoffe, wie Flaschen mit Schwefelwasserstoff, wurden bet ihnen gefunden. Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen. 8 Gedenkseier sür Beetho»ea in Mai land. Bom 7. bis 11. Oktober wirb das Skalatheater in Mailand eine Gedächtnis feier für Beethoven abhalten, tn -er Form von vier großen Beethoven-Konzerten, tn denen alle neue Symphonien Beethovens zu Gehör gebracht werben sollen. Die Konzerte stehen unter der Leitung von Toscanini. Den Schluß der Konzerte wirb die Aufführung der neunten Sinfonie bilden.
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