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Dresdner Journal : 10.03.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-03-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188003104
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18800310
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800310
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-03
- Tag1880-03-10
- Monat1880-03
- Jahr1880
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- Dresdner Journal : 10.03.1880
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gefaßt fein, an allen Stellen unfähige oder unredliche Menschen vorzufinden, welche ein korrupte- Patronage« fystem dahin gebracht hat, und seme nächste und be ständige Arbeit wird sein, sich unt Taufenden von Be werbern um Stellen herum zu schlagen und zudem mit anderen Tausenden, die hinter diesen Bewerbern stehen. Statt eine Politik vertreten zu können und betreff- der AuSsührung derselben, wie überhaupt aller Rechte und Pflichten feines Amtes und der unterge ordneten Aemter, auf di» in feinem Departement bereits Angestellten oder unter einem fystematifchen Aufnahme- und BesörderungSsystem Anzustellenden sich verlassen zu dürfen, hat bei uns ein Minister kaum Zeit, dte Bedürfnisse seines Departements ordentlich zu studiren, und von einen» Verlaß auf eine pünktliche und redliche AuSsührung feiner besonderen Anordnungen und der allgemeinen und dauernden Obliegenheiten der verschiedenen Amtsstellen ist vollends keine Rede. Durch die erschöpfendste geistige und körperliche An strengung könnte kein amerikanischer Minister Das er setzen , was drüben ein wohlgeordneter Bureaudienst und ein zur Ausfüllung selbstständiger Verwaltungsstellen herangezogenes, durch Ehrgefühl nnd Jnterefse gebun denes Beamtencorps freiwillig oder infolge eines ausge zeichneten EontrolsystemS leisten Hr. Schurz foll sich mit einer hier zu Lande unerhörten Aufopferung der Erfüllung feiner Amtspflichten gewidmet haben; aber felbst die aufreibendste Thätigkeit machte es ihm nicht möglich, den Augiasstall der Corruption, welchen wenigstens einzelne Zweige feines Ministeriums bilden, zu reinigen, um so weniger, als er gerade in der Wahl seiner Ge hilfen fehr unglücklich gewesen zu fein scheint. Wäh rend die Anfordei ungen an die Regierung sich beständig mehren, die Verwaltung immer umfassender und com- plicirter wird, geschieht gar Nichts, um daS zu einer solchen Verwaltung erforderliche Personal auf die einzige Werse zu organisiren, bei welcher die Verwaltung tüchtig und ehrlich werden kann. Man muß aus dem öffent lichen Dienst gerade so einen Beruf machen, wie dies in Europa geschieht, einen Beruf, welcher Demjenigen, welcher sich ihm widmet, eine gesicherte Lebensstellung gewährt und in welchem er insbesondere von den Wechselfällen des politischen Getriebes nicht mehr be rührt wird, als jeder andere Bürger auch. Natürlich wird dies ein frommer Wunsch bleiben, so lange die Aemterjägerei mit den politischen Parteien identificirt ist, und wir bezweifeln felbst, ob dies je anders wer den wird. Wenn aber nicht, so werden wir niemals eine ordentliche Verwaltung bekommen und ein Schurz wird auf einem Posten, wie der jetzt von ihm einge nommene, stets auf einem verlorenen Posten stehen." Tagesgeschichte. Dresden, 9. März. Beide Kammern hielten heute ihre Schlußsitzungen ab, in welchen an erster Stelle Vorträge über stattgefundene Vereinigungsver fahren erstattet wurden. Der Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung einer Bestimmung der revidirten Städte ordnung rc., wurde in der Art sestqestellt, daß die Erste Kammer dem jenseitigen Beschlusse, daß die von Wanderlagern für die Woche und von Waarenauctionen für den Tag zu erhebende Gemeindeabgabe dem Jahres- betrage der Steuer für den Gewerbebetrieb im Umher ziehen gleich fein foll, zwar beitrat, zu gleicher Zeit aber festgesetzt wurde, daß die Abgabe die Summe von 60 M nicht übersteigen soll. In Bezug auf das königl. Decret, fortgefetzte Erörterungen über das Be- dürfniß eines Waldschutzgesetzes betreffend, einigte man sich zu dem gemeinsamen Beschlusse, zur Zeit sich mit dem an die Stände gelangten Nachweise befriedigt zu erklären und von weiteren in dieser Richtung fortge setzten Erhebungen abzusehen. Die Petition Guido Hahn's und Gen., die Abtrennung des Ortstbeils Neuer Anbau von der Gemeinde Schönefeld betreffend, wurde für erledigt erklärt, nachdem sich die Slaats- regierung bereit erklärt hat, die in der Petition er betenen Verhandlungen wieder aufzunehmen. Bezüglich der Petitionen der Stadtgemeinderaths zu Meißen, die Aufhebung des § 30 der revidirten Städteordnung betreffend, und des Gutsvorstands Thümmler in Costewitz und Gen. um Erstattung des Aufwandes für Wachdienste gegen Einschleppung der Rinderpest trat die Zweite Kammer den, den Petenten minder günstigen Beschlüssen der Ersten Kammer bei. Bezüglich des Antrags des Abg. Walter auf Aufhebung des tz 18 der Justiz - ministerialverardnung vom 31. Juli 1879, der Peti tion der Liquidatoren der Centralbank für Landerwerb und Bauten in Dresden um Rückgabe der Schanze Nr. 4 an die frühere Besitzerin und der bei der Be schlußfassung über da» königl. Decret, die Benutzung des KammergutS Kalkreuth zur Anlage einer Fohlen aufzuchtanstalt, »wischen den beiderseitigen Beschlüssen entstandenen Differenz sind die Vereinigung-verfahren erfolglos geblieben. Beide Kammern ermächtigten ihre derzeitigen Di- rectorien, wenn am 4. September 1881 die Stände de» Landes nicht versammelt sind, sie bei den etwaigen Feierlichkeiten zu Ehren de» 50jährigen Bestehens der Verfassung zu vertreten. Nach Erledigung dieser Gegenstände und, soviel die Erste Kammer anlanqt, einer Anzahl von Petitionen, wurden in beiden Kammern die üblichen Geschäfts übersichten mitgetheilt. Nach den Schlußansprachen der Präsidenten und nachdem beide Kammern ihren Direktorien durch Erheben von den Plätzen ihren Dank ausgesprochen und die Vertreter der StaatSregierung den Dank derselben den Kammern abgestattet hatten, schlossen die Kammern unter dreimaligem Hoch auf Se. Majestät den König ihre Sitzungen. * Berlin, 8. März Zum Geburtstage Sr. Ma jestät des Kaisers wird das Präsidium des Reichs tages, wie die „N. Pr. Z." meldet, in üblicher Weise Sr. Majestät feine Glückwünsche darbringen, während das übliche ParlamentSdiner wegen Vertagung des Reichstags dies Mal aussällt. — Se. kaiserl. und königl. Hoheit der Kronprinz wird morgen Mittag aus Italien hier eintreffen. — Der geh. Oberregierungs- rath Tiedemann ist an Stelle des verstorbenen StaatSministerS v. Bülow zum Bevollmächtigten zum Bundesrath ernannt. — Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Rechnungswesen, die ver einigten Ausschüsse desselben sür Zoll- und Steuer wesen und für Handel und Verkehr, die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen, für Rechnungs wesen und für Elsaß-Lothrmgen, die vereinigten Aus schüße für Zoll- und Steuerwesen und für Rechnungs wefen, der Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen und der Ausschuß für Justizwesen hielten am Sonnabend Sitzungen. — In der heutigen Sitzung des Reichs tags kamen diejenigen Theile des Etats der Ver waltung des Reichsheeres zur Verhandlung, welche der Budgetcommission vorgelegen hatten. Beim Capitel „Militärerziehungs- und Bildungswesen" entspann sich eine längere Debatte über die neue Rechtschreibung, welche der preußische Cultusminister angeordnet hat. Am Schluß der Sitzung verhandelte das Haus über die Forderung von 800000 M. als erste Rate für den Neubau einer Caserne für das von Meißen nach Dresden zu verlegende Jägerbataillon. Richter (Hagen) bemängelt die Höhe des bezüglichen Kostenanschlages und beantragt die Zurückverweisung des Titels an die Budgetcommissiou. Die Abgg. Ackermann und Frhr. v. Mlnnigerode empfehlen die Bewilligung, ebenso der Bundesbevollmächtigte königl. sächsischer Oberstlieutenant Edler v. d. Planitz. Die Abstim mung über den Antrag Richter war zweifelhaft. Bei der Zählung ergab sich nur die Anwesenheit von 162 Mitgliedern; das Haus war allo beschlußunfähig. (Bgl. den ausführlichen Sitzungsbericht nebenstehend.) — Seiten der Deutschconservativen ist wiederum, wie im vorigen Jahre, der Antrag eingegangen, den Reichs kanzler um Vorlegung eines Gesetzentwurfs zu ersuchen, durch welchen verschiedene Titel der Gewerbeord nung abgeändert werden sollen. Die vorgeschlagenen Abänderungen beziehen sich auf die Theaterfreiheit, auf das Gewerbe der Auktionatoren, auf den Gewerbe betrieb im Umherziehen, auf die Heranziehung der Wanderlager zu den Gemeindelasten und auf das JnnungSwesen. Der Antrag lautet: .Der Reichstag wolle beschließen, den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen 1) der § »2 der Gewerbeordnung dahin abgeändert wird: .die Erlaubniß zum Betrieb des Gewerbe- als Schauspielunternchmer ist dann zu versagen, wenn dir Behörde auf Grund von That- sachen die Ueberzeugung gewinnt, daß dem Nachsuchenden die zum Betrieb des beabsichtigten Gewerbes erforderliche Zuver lässigkeit, insbesondere in sittlicher, artistischer und finanzieller Hinsicht abgeht " 2) die 88 3- und »8 der Gewerbeordnung in dem Sinne abgeändert werden, daß .das Gewerbe der Auktionatoren nur von Personen betrieben werden darf, welche als solche von den verfassungsmäßig dazu befugten Staats- und Lommunalbehörden oder Corporationen angestellt oder von der competenten Behörde concessionirt sind." ») Bei der in Aussicht gestellten Revision de- Titels » der Gewerbeordnung über den Gewerbebetrieb im Umherziehen sind 1) die Fragen über die Wanderlager und die Auctionen von Waaren eines Wanderlagers mit zur Erledigung zu bringen, insbesondere 2) find die Waarenauctiouen im Umherziehen gänzlich zu ver bieten, und ») ist den Inhabern von Legitimationsscheinen, welche außerhalb ihres Wohnorte» und ohne Begründung einer gewerblichen Niederlassung Waaren in festen Verkaufsstellen feilbieten, die Verpflichtung zur Anmeldung dieses Gewerbe ¬ betriebes be» der OrtSbehürd« aus zerlegen -) Insoweit die Reichsgesetzgebung die Heranziehung der Wanderlager zu den Gemeindelaften an den Orten, in welchen dieser Gewerbe betrieb ausgrübt wird, unmöglich machen sollte, sind dir rnt> sprechrndrn Abändrrungrn auf lrgislatorijchrm Wege herbei zuführen." Ein fünfter Punkt verlangt die Abänderung des Titels 6 (tzß 84 b>S 104) über die Innungen und ist eine genaue Wiederholung des vorjährigen Antrages über Bildung, Befugniffe, Compeienz der Innungen und deren Ueberwachung durch die Gemeindebehörden. Die Anträge der Fraktion sind gegen die vorjährigen infosern modificirt, al- die in den damaligen Commis- sionSberathungen gefaßten Befchlüsfe, welche »m Ple num nicht mehr erledigt wurden, berücksichtigt worbe»» sind Der Antrag ist unterzeichnet: v. Seydewitz, v. Helldorff-Bedra, Ackermann und Graf v. Kleist-Scharen» zm. — Durch die Zeitungen läuft die Notiz, daß trotz des Aufschwunges m der Eisenindustrie die Lohn- verhältnisfe unverändert geblieben und die von der Schutzzollpartei in Aussicht gestellten VoUheile für die Arbeiter nicht eingetreten seien. Der Verein deutscher Eqen- und Stahlindustrieller hat hierüber eine Enquete veranstaltet, die noch nicht abgeschlossen ist, aus der aber jetzt schon die Unrichtigkeit jener Behauptung klar erhellt. Bis Ende Februar waren die Antworten von l60 Werken aus allen Theilen des Reichs eingegangen. Dieselben bejchäf Noten im Januar »879 v» 608 Arbeiter und zahlten b »86 982 M Monatslohn Im Januar »8,0 waren dagegen aus den selben Werken i0i) ivL Arbeiter mit einer Gesummtlöhnuna von 8 077 949 M beschäftigt. Demnach war die Zahl der Arbeiter um 8589 ^9,8 Pcocent), der Arbeitsverdienst pro Monat um 910 987 M. (17,8 Procent) gestiegen, woraus folgt, daß nicht blo» mehr Arbeiter eingestellt, sondern auch die Löhne einerecht erfreuliche Gejammtsteigerur.g erfahren haben, denn im Januar »879 verdiente durchschnittlich (mit Einschluß der jüngsten und geringer bezahlten Arbeitskräfte) 1 Arbeiter monatlich b6,4^ M , rin Januar »880 dagegen 60,88 M Dabei ist nicht außer Acht zu lassen, daß die meiften Werke infolge früherer Abschlusse im Januar »88 » die vollen Tagespreise für ihre Lieferungen noch nicht erhielten. Run reprä>entiren dies« »So Werte nur erst einen Theil der gejammten deutschen Eisenindustrie, sie find aber jetzt schon in der erfreulichen Lage, pro Monat 900 ooo M. — pro Jahr demnach ca »» Millionen Mark — Mehrverdienst ihren Arbeitern zuzuwenden. Wien, 8. März. Die halbamtliche „W. Abdp." schreibt: Se. k. und k. Hoheit der Kronprinz Erz herzog Rudolf hat sich gestern in Brüssel mit Ihrer königl. Hoheit der Prinzessin Stefanie, Herzogin zu Sachsen, Tochter Ihrer Majestäten des Königs und der Königin der Belgier, verlobt. Die Nach richt dieses frohen, beglückenden Ereignisses, welche gestern m den Abendstunden bekannt wurde, hat sich blitzgleich in der Reich-Hauptstadt verbreitet, und von hier trug sie der Telegraph bis in die entfernteste Stadt der Monarchie. Sie hat, auf das Freudigste überraschend, alle Herzen m Wien tieslnnerst berührt, hoch ansschlagen gemacht. Ein Segenswunsch, ein Glückwunsch, die dem Wohle des jugendlichen Braut paares galten, bebten auf allen Lippen, und das freu dige Mitempfinden deS Glückes Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin bewegte tief die Gemüther. So wie die Bevölkerung Wiens ist heute jene der ganzen Monarchie freudig erhobenen Empfinden-. E»n Familienfest de- Kaiserhauses ist ein Familienfest sür ganz Oesterreich. Die schönen Namen: Landesvater, Landesmutter sind in Oesterreich von erhabener pa triarchalischer Bedeutung, und das Band der Treue, Liebe und Anhänglichkeit, das die Völker an die er lauchte Dynastie schließt, gestaltet jedes Ereigniß am kaiserlichen Hofe zu einem eigensten Feste jedes öster reichischen Hauses. Die Feier der silbernen Hochzeit Ihrer Majestäten im verflossenen Jahre hat der Welt das glänzende und erhebende Schauspiel eines Volke- gegeben, das mit seiner besten politischen Empfindung in seinem Regentenhause lebt, und heute ist es die schöne Frühlingskunde dieses Jahres, die Nachricht von der zukünftigen GlückeSblüthe des österreichijchen Kronprinzen, auf den Alles im Vaterlande mit Hoff nungsfreude, mit gerechtem VolkeSstolze blickt, welche das schöne österreichische Nmionalblld: Herrscherhaus und Volk, umschlungen von unveränderlicher Liebe, Treue und Anhänglichkeit, so rührend, so ergreisend vor Augen führt. Mit dem Kalserhause auf immer dar! dieses österreichische Nativnalgelöbniß wird heute allerorten laut, wo sich Herzen zu der jubelnden Em pfindung zusammenfinden: Gott segne, Gott schütze, Gott erhalte Ihre Majestäten den Kaiser und die Kaiserin, den Kronprinzen und dessen hohe Braut! — DaS Herrenhaus wird morgen eine außerordent liche Sitzung abhalten, in welcher wegen Entsendung einer Beglückwünschungsdeputation anläßlich der Ver lobung des Kronprinzen berathen werden soll; die aufgeführt, indem die ersten Acte gefielen, während der ungenügende Schluß erkältend wirkte. — Im Pariser Theater „FantaisieS Parisienne-" hat eine Operette von A. Cordes (Text von Boccage und Hennery) „La Girouette" („die Wettersahne") einen erheiternden Erfolg gehabt. Mehrere Chanfons, z. B. ein spanische- Rondo, fanden durch melodiösen Reiz allgemeinen Anklang. — Jule» de Swert'S Oper „Die Albigenser" ging in Frankfurt ü/M, mit im Ganzen ansprechender Wirkung soeben in Scene. Schleppend war darin der zweite Act, glücklich gesteigert der Schluß. — Bon der nur in London möglichen fast unend lichen Wiederholung desselben Stücke-, namentlich wenn e» sich dabei um einen LiebiingSschauspieler handelt, kann man sich durch die neueste Thatsache einen Be griff machen, daß Irving jetzt den Shhlock hundert Mal hintereinander vorgeführt hat. Es ist wahrschein lich, daß sogar dieser unkünstlerische Unfug, der überall den handwerksmäßigen Niedergang der Schauspielkunst bedeutet, noch fortgesetzt und die zweihundertste Ab- leierung eine- classischen Stückes angestrebt wird. Medici«. Au- Berlin vom 3. März berichtet die „N. A. Z." über eine seltene Operation: Der Opera- tionSsaal de- Hofraths Professor- vr. Billroth war gestern mit Prosessoren, Docenten, praktischen Aerzten und Studenten vollgesüllt. E» galt der schwierigsten, gefährlichsten aller Operationen, der Oeffnung der Speiseröhre. Der Patient, ein etwa 21 jähriger Comp toirist, hatte ein falsche- Gedieh getragen; vor etwa vier Monaten war ihm da» Unglück passirt, daß er drei Zähne sammt einem Stück de» Kautschukgaumen» und die Feder, welche den Gaumen hielt, verschluckt hatte; die Feder hatte sich in die Speiseröhre eingehakt. Um das verschluckte Object zu entfernen, mußte also die Speiseröhre geöffnet werden. Die schwierigste aller Operationen wurde mit Ruhe, Sicherheit und Meister schaft vollbracht. Der Patient war gerettet Nach beendeter Operation knüpfte Billroth einige Bemerkungen an den Fall. Geradezu Sensation erregte da» Ge- ständniß Billroth'», daß die gemachte Operation bereit» die dritte derartige sei. Der erste Fall betraf eine Dame, die eine Perle verfchluckt hatte, »m zweiten Falle hatte gleichfalls eine Dame einen kantigen Knopf ver schluckt. Perle und Knopf mußten dann durch Oeff nung der Speiseröhre entfernt werden. Auch diese Operationen waren geglückt. * DaS neueste und stärkste Panzerschiff der ita lienischen Flotte ist der kürzlich in Spezzia vollendete „Duilio". Derselbe traf vor einigen Tagen von Spez zia in Genua ein; er hatte die 45 Seemeilen betragende Strecke in 3 Stunden zurückgelegt. Das Schiff hat Maschinen m der Nominalstärke von 7500 Pferde- kräften und eine Panzerung von 60 cm Dicke. ES führt 4 Kanonen von 100 Tonnen Gewicht, 12 kleinere Geschütze und 4 Mitrailleusen. Zur Ladung der 4 großen Kanonen, die wie alle schweren Verrichtungen an Bord durch Anwendung von Maschinenkraft ge schieht, sind je 250 Kg Pulver erforderlich, und diefe 4 Geschütze schleudern bei jeder scharfen Salve zusam men 4000 ka Eisen, jede dieser Salven kommt auf etwa 4000 Lire zu stehe«. Diese Ladung ist sehr theuer, doch theurer wird sie noch, wenn, wie da» dem „Duilio" soeben geschah, da» Springen einer R'esen- kanone eintritt, Schiff und Menschen beschädigend. Solches Springen ist neuerdings einige Male vorge kommen und beweist die Unsicherheit der Berechnung so großen Gewalten gegenüber. Die Berechnungen sind richtig, doch da» Widerstandsmaterial täuscht. * Nach Hugo de Vries (Forschungen a. d. Geb. d. Agriculturphysik) tödtet nicht das Erfrieren, d. h. das vollständig oder doch zum großen Theil erfolgende Erstarren der Pflanzensäfte zu EiS die Pflanzen, sondern vielmehr nur ein nachherige-rasches Aufthauen Daß gesrorene Pflanzen noch am Leben sind, folgt am deutlichsten daraus, daß sie bei langsamem Aufthauen am Leben erhalte»» werden können. Das entstehende EiS bildet sich nicht in den Zellen, sondern zwischen diesen m den sogenannten Jnterzellularräumen. Ein Zerspringen der Zellhäute, wie man früher annahm, findet nicht Statt Man wird also zunächst darauf Bedacht nehmen, die Pflanzen nicht gefrieren zu lasten, andernfalls aber die bereit» gefrorenen durch langsames Aufthauen zu retten suchen. * Bei den Ausgrabungen am Forum Romanum zu Rom wurde das Postament eine» Denkmal» auf gedeckt, welche- zu Ehren deS tapferen Heere» unter Stilicho errichtet war. Aus einer Jnfchrift: „kost eoukectum gotbicum bellum" schließt man, daß da» Monument nach der Niederlage der Gothen im Jahre 405 und zwar in demselben Jahre errichtet wurde, in welchem auch ein Triumphbogen erbaut ward, in besten Nähe sich später die dem heiligen Celso geweihte Kirche erhob. Die Inschrift de» Postament» sagt auch, daß da» Denkmal unter dem Stadtpräsecten Pisidiu» Ro« mulu», dessen sonst nirgend» Erwähnung gethan wird, errichtet ist. Obmänner der Club» de» Abgeordnetenhaus.» werden morgen vor der Plenarsitzung einen ähnlichen Schritt vereinbaren Der Bürgermeister wird morgen dem Gemeinderath von der freudig erregten Stimmung der Bevölkerung Kunlk geben und die Entsendung einer Deputation beantragen, welche den Kaiser anläßlich der Verlobung de» Kronprinzen beglückwünschen soll. — In der vielbesprochenen Angelegenheit der Tschechi- firung de» Gymnasium» in Walachifch-Meferitsch liegt heute eine neue Meldung vor. Wie man der „Pr " nuS Brünn berichtet, ist gestern der Gemeinde vertretung von Walachisch - Meseritsch eine vom 3. d. datirter Erlaß de» mährischen Landesschulrathes zuge- kommen, welcher unter Berufung aus einen Erlaß des Unterrichtsministers vom 26. vor. Mts. die Vervoll ständigung der genannten Lehranstalt in nachstehender Weise versügt: ,E» find nur Obergymnafialklasien mit slawischer Unter richtssprache zu errichten. Hiernach werden Vie Parallelabthel- tungen der Umertlaflen dieser Lehranstalt mit deutscher Unter richtssprache vom Schuljahre »8808» angejangeu succrssive ausgehoben werden " Dieser Erlaß, bemerkt die „Pr.", steht im Wider spruch mit Demjenigen, was nach allen Meldungen Minister Baron Conrad noch am 3. d. M. erklärie Er theilte nämlich am genannten Tage dem Abg. v. Czedik gegenüber, der an der Spitze einer in einer Schulangelegenheit erschienenen Deputation stand, mit, eS sei die Auslassung der deutschen Parallelklassen anläßlich der Vervollständigung de- Gymnasiums in Walachisch - Meseritsch zwar beschlossen, sie solle aber wieder rückgängig gemacht werden. Die- scheint nun doch nicht geschehen zu sein. Um klares Licht in die Sache zu bringen, soll die Regierung übe» die Angelegen heit morgen im Abgeordnetenhaus interpellirt werden. — Seit dem 4. d. wurden >n Triest eine Reihe von Verhaftungen vorgenommen, welche auf Umtriebe der „Italia irreäeuta" zurückzuführen sind. Die Ver anlassung hierzu gab ein in Triest ansässiger junger Mann, geborener Zaratiner, der, au- Italien kommend, sich in Triest zur zollamtlichen Visitirung meldete. Man fand bei ihm zwei Pakete, welche etwa circa 70 Exemplare des Revolutionsblattes „b,'Italia irrellenta" enthielten und offenbar zur Verbreitung in Görtz be stimmt waren Auch in dem Comptoir, in welchem der junge Mann beschäftigt ist, ergab eine alsbald vor genommene Durchsuchung compiomittirende Schriften. Buda-Pest, 8. März. (Tel.) Die Deputirten- tafel nahm die Gesetzentwürfe über die Bedeckung der Anlehenstilgungsannuitäten, sowie über die Tilgung der Weinzehenlschulden und der Grundentlaflungtz- obligationen an. Pari», 8. März. Privattelegramme der „Nat.- Ztg." melden: Die von dem französischen Ministerrath in der Hartmann-Frage gefällte Entscheidung hat in den St. Petersburger Regierungskreisen die tiefste Verstimmung hervorgerufen. Um derselben einen un zweideutigen Ausdruck zu geben, ist der Botschafter Fürst Orlow angewiesen worden, Paris für unbe stimmte Zeil zu verlassen und mit der interimistischen Führung der Geschäfte den ersten Botschaftsrach zu betrauen. Die Abreise Orlow's wird unmittelbar er folgen. Man betrachtet diese Thatsache als ein Symp tom einer nur schwer und langsam auszugleichenden Störung der bisherigen intimen Beziehungeir zwischen den beiden Ländern und als eine neue gute Bürgschaft für die Erhaltung des Friedens. Wenn jetzt officiös versichert wird, Hartmann habe selbst verlangt, Frank reich sofort zu verlassen, so ist die- richtig und auch sehr natürlich, da der Polizeipräfect ihm den Beschluß der Regierung mit folgenden Worten angekündigt hat. „Ou n'a pus jusqu'ä pr«8sut etabli que vou8 öte« Üurtmuun, mui8 In lumiere pourruit 8« lurre; purter!" Diese von den Journalen mitgetheilte Aeuße- rung bestätigt also, daß man befürchtete, die von der russischen Botschaft erwarteten BeweMücke könnten die Regierung zwingen, Hartmann auSzuliefcrn oder die Auslieferung de-ielben als eine- politisch:« FlüchtlingS zu verweigern. Hartmann ist direct vom Depot der Polizeipräfectur nach dem Westbahnhofe gebracht wor den und hat mit dem Zuge 3 Uhr 50 Minuten Paris verlaffen. Die Nachricht bezüglich de- Entlassungs gesuches de- Polizeipräsecten Ändrieux wird demen- tirt. Der Chef der Sicherheitspolizei, Mac«, der wegen der ihn befchuldigenden Stelle des von Engel hard eingereichten Memoire feine Entlassung einge reicht hatte, hat dieselbe zurückgezogen. Amsterdam, 7. März. (Wes. Ztg.) Der hohe Rath hat gestern im Kerdyk'jchen Processe sein Ur theil verkündet. Dasselbe ist, wie man übrigens auch allgemein erwartet hatte, für den Angeklagten sehr ge linde ausgefallen, »ndem er nur zu 2 Jahren Gesang niß verunheilt wurde. In den Entscheidungsgründen wird Kerdyk zwar von den meiften ihm zur Last ge legten betrügerischen Handlungen sreigesprochen, und werden diese auf daS Conto v. Pincoffs gesetzt; dagegen wurde die Thatsache, daß er die mit seinem Vorwissen gefälschten Bilanzen mitunterschrieben hat, als strafbar angerechnet. — Infolge der Stürme der letzten Woche sind an der holländ schen Küste viele Schiffe ge strandet. Bei Katwyk wurden vorgestern etwa 200 Petroleumsässer angetrieben. London, 8. März. Ein Telegramm der „K. Z." meldet: Die Vorbereitungen zur Reise der Königin auf den Continent sind im Gange. Die Königin und die Prinzefsin Beatrice reifen incognito als Gräfin und Comtesse Balmoral. Die Abreife erfolgt am 22. d. über Port-mouth, Cherbourg, P riS direct nach Baden-Baden, die Ankunft dort am 24. Da- Ab steigequartier dort ist die Villa Hohenlohe. Ein Besuch des GrobherzogS von Hessen und des Grabes der Großherzogin Alice ist beabsichtigt. Der „ Morning Post " zufolge beabsichtigt die Königin nur eine kurze Ab wesenheit von England. — Der neueste Bericht der Herzogin v. Marlborough über den Nothstand in Irland lautet ungünstiger; keine Verschlimmerung ist eingetreten, indessen weichen die Wirkungen de» Noth- stande» langsamer, als vielleicht erwartet wurde. Gegen wärtig ist die hilfsbedürftigste Zeit; indesfen hält die Hilf-bedürftigkeit voraussichtlich bi- Mitte Sommer an. — Der „N. st. Pr." telegraphirl man au- Lon don: Nach den letzten Nachiicbtcn ist e» unzweifelhaft, daß die Feindseligkeiten in Afghanistan bald wieder -eginnen werden. Habibullah'» Mission -ei Mahomeh
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