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Dresdner Journal : 10.03.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-03-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188003104
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18800310
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800310
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-03
- Tag1880-03-10
- Monat1880-03
- Jahr1880
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- Dresdner Journal : 10.03.1880
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287 Jan ist gescheitert. Man hat den Gesandten im Ver dacht, daß er em Verräher ist. Abdurrahman ver- jammelte die Hauptsirdars von Ätordasghanistan in Maimene und versuchte seine Wahl zum Emir von Afghanistan durchzujetzen. Die geheimen Vorbereitungen Rußlands zur Expedition gegen Merw dauern fort. Tt. Petersburg, 6. März. Ein Privattelegramm der „Wiener Sonn- und Montags-Zeitung* meldet: Gestern Mittag beschiel) General Loris-Melikow den Rector und die Klassenvorsteher der hiesigen Univer sität zu sich und theilte ihnen mit, die Regierung habe zu ih?em Bedauern Keuntniß erlangt, daß auch z hlreiche Univecsitätshörer, besonders Juristen und Philosophen, mit den Nihilisten im Bunde stehen und sich von denselben auch dazu gebrauchen lassen, um unter bas Volk aufrührerische Broschüren zu vertheilen. Der General producirte sogleich einen bei Mladeczky Vorgefundenen Zettel, auf dem sich derselbe erst vor einigen Tagen die Namen mehrerer Studenten, „die nun ebenfalls zur Armee der Freiheitskämpfer ge hören", ausgeschrieben hatte. Loris-Melikow drohte hierauf mit der Schließung der Universität, falls die Studenten nicht aufhören sollten, mit den Nihilisten unter einer Decke zu spielen. Die Studenten, deren Namen Mladeczky sich aufnotirt hatte, befinden sich schon seit Donnerstag in Hast. Bukarest, 8. März. (Tel.) Campineano ist nunmehr definitiv an Stelle Sturdza'S zum Finanz- minister ernannt worden. Philippopel, 7. März. Man telegraphirt der Polit. Corr.", daß sich Aleko Pascha und General Strecker, der Lommandant der Miliz, persönlich nach Herinanli begeben haben, nm den zwischen der mu- hamcdanischen und bulgarischen Bevölkerung entstan denen Conflict beizulegen und den Ausbruch neuer Reibungen zu verhindern. Es werde diesbezüglich im Einvernehmen mit Renf Pascha, dem türkischen Gou verneur von Adrianopel, vorgegangen werden. — Ein Schreiben deS bulgarischen Metropoliten demen- t'.rt den angeblichen Hirtenbrief, welcher die Bulgaren ausgefordert haben sollte, alle Beziehungen zu den Grie chen abzubrechen. Konstantinopel, 7. März. Ein Telegramm der „Polrt. Corr." meldet: Der hiesige griechische Ge- jandte, Konduriotis, hat am Sonnabend der Pforte die Note übergeben, welche den Abbruch der directcn griechisch-türkischen Grenzverhandlungen zu notificiren und zu begründen bestimmt ist. Die griechische Re gierung erklärt die von türkischer Seite als Ausgangs punkte der Grenztrace in Vorschlag gebrachten Punkte: Theben am Golfe von Volo und Anino am Busen von Arta für unannehmbar und fügt bei, sie könne fortan unmöglich auf die Fortführung directer Ver handlungen über eine Grenzlinie eingehen, welche sich von der durch die griechischen Bevollmächtigten vorge schlagenen Trace in einer absolut unvereinbaren Weise entferne. Die griechische Regierung theile vielmehr voll ständig die Ansicht ihrer Bevollmächtigten, daß eine direcie Verständigung zwischen den beiden verhandeln den Regierungen unmöglich sei, und sehe sich daher veranlaßt, zu erklären, daß sie die Fortführung der Verhandlungen für nutzlos erachte. — Essad Bey wird dem König von Schweden im Auftrage des Sul tans den Großcocdon des Osmaniehordens überreichen. — Die „Köln Ztg." erhält ausjührliche Mitthei- lungen über die Persönlichkeit des Or. MaruliS zu Serres, dessen Wegsührung durch eine Räuberbande bereits telegraphisch gemeldet wurde. Der Genannte ist aus Epirus gebürtig, hat in Achen studirt, lebte seit 1867 eine Anzahl Jahre in Deutschland und er warb sich das preußische Staatsbürgerrecht Nament lich arbeitete damals MaruliS unter Leitung und Unter stützung von Or. Fabri. Nach der Türkei zurück gekehrt, gründete er das erste Lehrerseminar im Orient. Unermüdlich suchte er in begeisterter Rede Theilnahme für sein Werk zu erwecken. Marulis besitzt großen Ein fluß unter der griechischen Bevölkerung Makedoniens, und seme bisherigen Erfolge berechtigen zu außer gewöhnlichen Hoffnungen. Zum Glück ist inzwischen die Nachricht emgetroffen, daß Marulis seine Freiheit wieder erlangt hat. Wenigstens wird aus Konstanti nopel telegraphirt: Es ist ein amtlicher Bericht ver öffentlicht worden, welcher einige übertriebene Angaben über die Mißhandlung deS l)r. Marulis widerlegt. Vr. Marulis, ein naturalisirter deutscher Unterthan und Agent eines Gutsbesitzers von Frankfurt, wurde in der Nähe Salonichis von Räubern festgenommen und später auf das Versprechen hin freigelassen, den selben Kleidungsstücke bis zum Betrage um 100 L. zu liefern; einen Vertrauensbruch drohten die Räuber mit Tod zu bestrafen. Infolge der Vorstellungen, welche Graf RadolinSki, der Secretär der deutschen Botschaft, betreffs der Angelegenheit gemacht, hat die Pforte die nöthigen Maßregeln zum Schutz des l>. Marulis und zur Herstellung der öffentlichen Sicherheit in der Um gebung Salonichis ergriffen. Washington, 8. März. (Tel.) Hr. v. Lesseps hatte am letzten Sonnabend eine Unterredung mit dem Präsidenten HayeS, in welcher er dem Letzteren erklärte, daß nicht daran gedacht werde, den Panamacanal unter die Controle des Auslandes zu stellen, und daß die Interessen der Vereinigten Staaten durch den Canal in keiner Weise beeinträchtigt werden würden. Der Präsident HayeS erwiderte, er freue sich zu erfahren, daß das von LesfepS beabsichtigte Unternehmen nicht politischen Zwecken dienen solle. — Aus San Fran cisco wird gemeldet, daß die Regierung infolge der Agitation gegen die chinesischen Arbeiter Truppen dort hin gesendet hat. Die Waffendepots werden bewacht. Deutscher Reichstag. * Berlin, 8. März. In der heutigen (15.) Sitzung des Reichstag-, welcher der StaatSminister v. Kameke und mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesroth und Lommissare desselben, darunter der königl. sächsische Oberstlieutenant Edler v. d. Planitz, beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß die Com mission zur Vorberathung der Gesetzentwürfe, betreffend das Faustpsaudrecht für Pfandbrief: und ähnliche Schuldverschreibungen, und betreffend da» Pfandrecht an Eisenbahnen und die Zwang-vollstreckung, sich con- stituirt hab«. Sodann setzte da» Hau» die zweite Berathung des Etat» pro 1890/81, und zwar mit dem Etat deS ReichSheereS fort. Bei Cap. 35 (M'.litärerzlehlmgS- und Bildungswesen) kam die Stellung der Reichs behörden und der preußischen Ministerien zu der vom preußischen CultuSministerium ungeordneten deutschen Orthographie zu ausführlicher Erörterung. Avq Rickert bittet den preußisch«« Krirg-ministrr uai Auskunft über seine Stellung zu dem Erlaß deS preußischen Lultu-minister», betreffend die neue Orthogravhie. Die An ordnung sei einseitig ohne Einvernehmen mit den übrigen Bundesstaaten und Regierungen erlassen worden; auch hat man im preußischen Abgeordnetenhaus» erklärt, daß ein Einverneh men nicht zu erzielen gewesen sei. Die Reichsbehörden ver fahren nun verschieden, die eine Instanz acceplirt d,e Borschrist, die andere nicht. Adoptirt nun der preußische KritgSimnister die neue Orthographie, Württemberg und Sachsen aber nicht, wird dann vielleicht im nächsten Jahre der preußische Militär etat uns in neuer, der würtlembergische und sächsische in der alten Orthographie vorgelegt werden/ Ich möchte den Herrn Krieg-Minister fragen, ob er in allen MUitärjchulen und Bil- dungSanstal'en die neue Orthogravhie einzuführen gedenkt Meiner Ansicht nach ist dieser Griff deS CultuSministeriumS kein glücklicher gewesen KriegSminifter v. Kamele: ES ist ja ganz natürlich, daß auch sür alle militärische Sache« eine nach Möglichkeit gleiche Rechtschreibung staltfinde Ich habe aber bis jetzt die Verfügung noch nicht in meinen Schulen bekannt gemacht; eS muß erst seststehen, wie die großen osficiellen Aktenstücke ge schrieben werden sollen. Ich warte also ab, wie die ReichS- behörden sich untereinander über die Sache abfinden; ein Be schluß darüber ist, soweit mir bekannt, noch nicht gesaßt Für mich ist also die Sache so lange in suapsnso, bis das Reich sich geeinigt hat. Abg. vr. Löwe (Bochum): Der Hr CultuSminifter sür Preußen ist nicht wie Zielen au» dem Busch mit seinem Erlaß hervorgetreten, sondern die Sache hat ja leider schon eine-, lange, viel versahrene Geschichte hinter sich Das Bedürfniß nach Einheitlichkeit ist von den Schulen ausgegangen, schon vor mehr als 10 Jahren faßte eine allgemeine deutsche Lehrer- verjammlung einen betreffende» Beschluß. Die im Anschluß hieran von Raumer gemachten Borschläge konnten die einstim miae Billigung einer großen gelehrten Sachverständigencom mission nicht erlangen, und nun ging ein neuer Anstoß von den Buchhändlern aus, welche einen deutschen v elehrten beauf tragten, entsprechende Vorschläge auSzurrbeiten, nach welchen dann allgemein gedruckt werden sollte. Dann erst sind die Re gierungen zusammengetreten, und zwar hat Bayern zuerst seine Orthographie einheitlich geregelt. Aus der Anarchie müssen wir endlich heraus und wollen auch jetzt eie Sache nicht wie der Verlagen oder aus die lange Bank der Staatsconserenzen schieben. Abg. Richler (Hagen): Die verschiedenen Berwaltungs- chesS, die in Berlin domiciliren, verfahre« also nicht einheitlich, wie man doch wenigstens von Denen erwartet hätte, die dem preußischen StaalSministerium angehören. Denken Sie sich nun die Zustände, welche durch den Erlaß im Lande entstehen. Die Militärschulen haben vielsach dasselbe Lehrerpersonal wie die Eivilanftalten, derselbe Lehrer muß also eventuell in der einen Stunde nach der alten, in der andern nach der neuen Ortho graphie unterrichten. Ebenso habe ich gehört, aber noch nicht verificiren können, daß Hr. v. Stosch im „Marine Ver ordnungsblatt" sür die Marine die neue Orthographie angc- ordnet hat. Diese würde also nur zu Wasser gellen, und nicht zu Lande. (Der Minister nickt zustimmend Heiterkeit) Der Muth, der sich aus der See entwickelt, wird ohne h geschrieben, der Muih aus dem Lande bleibt unverändert Der Geh. :Üaih im Kriegsministerium in der Leipziger Straße behält sein h, der Geh. Rath im Marineminlsterium am Leipziger Platz verliert es. Nun soll noch gar am 28. Februar ein Rejcript des Reichskanzlers ergangen sein, so geharniicht, als wenn russische Behörden eS erlassen hätten, welche» bei sortschreitenden t-eld- und OrdnungSstrasen verbietet, sich durch den Pullkamer'- schen Erlaß verführen zu lassen. Die Buchdrucker und Buch händler sind über demelben geradezu verzweiselt. Wird hier nicht eine Einigung erzielt, so wird man im Volke die Sachlage als ein deutliches Miniaturbild der Zerfahrenheit und Verwir rung in den oberen Regierungskreisen betrachten. Abg. Frhr. v. Nordeck zur Rabenau: Der Gegenstand gehört eigentlich gar nicht hierher. (Widerspruch links.) In der Nation besteht nach einer einheitlichen Regelung gar kein Bedürfniß, nur eine Anzahl Gelehrter Hal den Gegenstand aus die Tagesordnung gebracht Die deutsche Nation will in kiesem Punkte nicht reglementirt sein, sie verlangt die nothwendige politische Einheit, im Uebrigen will sie Freiheit. Für seine neue Orthographie ist Hr. v. Pullkamer nicht uns, sondern dem preußischen Abgeordnctenhauic verantwortlich Wenn die von vr Löwe erwähnte Commission sich geeinigt hätte, wer wollte die deutsche Nation zwingen, nach ihren Vorschlägen zu schreiben. Ich wenigstens hätte mich ihr nicht unterworfen. Abg. Frhr. v. Minnigerode: Die Debatte hat eine Form angenommen, die mir wenig genehm ist und die ich rigenihümlich finde. Ich begreife nicht, warum wir beim Mili täretat über eine Verfügung des Hrn. v. Pullkamer disculireu. Wir erwarten ja doch, daß unsere Armee mehr mit dem Schwerte, als mit der Feder leiste. Der Abg. Rickert bricht heute in Klagen aus über diese Neuerung und zeigt sich jetzt den Neuerungeu überhaupt abhold, nachdem bisher seine Partei so sehr viele und nicht immer gute Neuerungen gemacht hat. Von seiner Partei gilt doch sonst, was Cäsar von den Galliern sagt: rerum uvvurum eupickr! (Heiterkeit ) Abg. vr. Stephani: Line lange Geschichte hat die Frage der deutschen Orthographie wohl, ich leugne jedoch, daß eine Anarchie bezüglich derselben vorhanden sei, und noch vielmehr, daß die bisherigen Verschiedenheiten schwinden werden, wenn die Reglementirung eintritt Die deutsche Orthographie hat sich durch die Jahrhunderte entwickelt, und ich meine, es ist recht gut, daß wir sie nicht auch zu einem Object der StaatS- allmacht gemacht haben. Wir sind in diesem Falle durchaus nicht rerum novarum oupicki, aber wenn einmal eine Regelung erso.gen soll, so muß sie deutjchgemeinsam geschehen. Es ist schon das Lächerliche des Zustandes hervorgehoben worden, wenn die Verfügung aufrecht erhalten wird. Ich freue mich, daß das Militär hierbei conservativ und gerade das CultuS ministerium den Neuerungen hold ist. Wir wollen dieses Gebiet der nationalen Entwickelung überlassen. Der Gegenstand hat ja auch große wirlhschaftliche Tragweite. Millionen Exemplare von Schulbüchern und Stereotypausgaben werden sosort werth- los Ferner werden ganze Familienschäye in Frage gestellt. Wrr haben eben vom Hrn. zur Rabenau einen ganz revolutio nären Grundsatz gehört (Heiterkeit) er hat ohne Weitere- gesagt: Sie können versügen, was Sie wollen, ich süge mich nicht! Tin Familienjchatz wird ohne Weiteres vernichtet: das sind unsere jämmNichen Bibeln und Gesangbücher, und nun bedenken Sie, wie Biele in Deutschland gerade diese Bücher wie ei» Heiligthum bewahren. Ich bedaure, daß es möglich war, einen derartigen Schritt überhaupt zu thun, und ich bin dem Hrn. Krieg»mimster für seine Erklärung fehr dankbar. Im Uebrigen halte ich sür selbstverständlich, daß der Gegen stand nochmals zur Sprache kommt. Abg. vr. Völk: Ich glaube, daß es gerade kein Eingriff in die persönliche Freiheit ist, wenn man vielleicht, wie ich, Joses heißt und wenn nun vorgeschrieben wird, daß man diefen seinen Ramen statt mit pH mit f schreiben soll Aber die Versügung des Hrn v Pullkamer greif» gar sehr in das Privalvermögen ein, wenn die Verleger von Schulbüchern künftig veranlaßt sind verschiedene Ausgaben zu veranstalten, welche je nach der Orthographie Preußens deS Reiches, Oester reichs, Bayern« und Württembergs verschieden sein sollen, wenn sogar andere Ausgaben sür da» Landhee» al- für die Marine erscheinen sollen Da- Schlimmste aber ist, daß die Anarchie auf dem Gebiete der Rechtschreibung dadurch noch größer wird. Menn un- ein Kind fragt, wie ein Wort ge schrieben wird, sind wir kaum im Stande, eine richtige Antwort zu geben, und wenn wir e» ihm heute sagen, lacht e» un- vielleicht morgen aus, da ihm der Lehrer unsere Angabe al- falsch bezeichnet. In der bayerschen Kammer wurde au-drück- lich gefordert, daß sich die einzelnen Staaten über diese Frage verständigten: der preußische CultuSminifter bat e- indeß vor gezogen, einseitig vorzugehe« Aber so kann eS nicht bleidcn, eS muß «ine Aenderung eintrete«, und e« wird vor Allem Sache der preußischen Regierung sein, eine Vereinbarung mit den anderen Staaten herbeizusühren Krieg-Minister v. Kameke constatirt dem Abg Richter (Hagen) gegenüber, daß im „MarineverordnungSblatt" von dem Ches der Admiralität keine Verordnung bezüglich der anzu- wendenden Orthographie publicirt worden ist. Abg Rickert bemerkt dem Abg v Minnigerode, daß die Angelegeiiheit auch mit derBudgetberalhung zusammenhänge; man muffe wisst«, ob im nächsten Jahre der preußische Militärrtat im ReichSelat ander» werde geschrieben sein, al» der sächsische und würltembergische. Im Uebrigen habe sich unsere Armee nicht nur durch da» Schwer», sondern auch durch ihre geistigen Leistungen seit lange vor allen anderen ausgezeichnet Abg. Ruppert häl» es sür seine Pflicht, ausdrücklich hervorzuhcben, daß man in der bayerschen Abgeordnetenkammer keineswegs die Regelung der Orthographie von Reichswegen gewollt habe. Abg Graf Fred Frankenberg: Nachdem der Abg Rickert angekündig» hat, daß dieser Gegenstand heule zum ersten, aber nicht zum letzten Male von ihm berührt worden ist, möchte ich bitten, diese quvrvUv alleinuucks heute zu schließen und zur Budgetberalhung zurückzukehren. Hätte Abg Rickert mit seiner Anfrage einen praktischen Zweck verbinden wollen, so hätte er Demjenigen, von dem die Reglementirung unserer Orthographie ausgegangen, dem preußischen CultuSminifter v Pullkamer, der Mitglied de» Hause» ist, seine Absicht kundgcben sollen. Der- felbe wäre dann vielleicht in der Lage gewesen, unS schon heute praktische Vorschläge zu machen und über viele unaufgeklärte Dinge, welche die heutige Debatte angeregt hat, Auskunft zu geben. Ich glaube, heute kommen wir keinen Schritt weiter Wenn Rickert in anderer Weise und in geeigneterer Weise die Sache wieder zur Debatte stellen wirb, so wird er, glaube ich, auf vielen Seiten des Haufe», wo er eS auch heute nicht ver- muthete, Anklang finden, und wir finden vielleicht den Weg, um au» Unerquicklichteiten herauszukommen, und zwar ohne Schaden für die Verhandlung de» Reichstags, während derselbe heute so unvorbereiteter Weise die Sache durch eine Debatte nicht erledigen kann. (Zustimmung) Hierauf wurde Cap. 35 unverändert bewilligt. Da» Extraordinarium des MilitäretatS hat die Commission um die Summe von 2 327 886 M. gekürzt und beantragt im Uebrigen die unveränderte Bewilli gung der in Ansatz gebrachten Beträge. Zu einer längeren Discussion führt zunächst Tit. 10 (zur Ein richtung des großen Sitzungssaales »m Erweiterungs bau des großen Generalstabsgebäudes in Berlin zu Blbliothekzwecken 88 000 M. statt der geforderten 198000 M.). Abg. Stumm beantragt Wiederherstellung der Regierungs vorlage Eine Ersparniß werde mit Herabsetzung der Summe nicht erzielt, man müsse vielmehr Rücksicht nehmen aus die Würde eines Institut», das ruhmvoll sür da» Vaterland sei. Sparsamkeit sei eine schöne Sache, hier habe sie aber keinen Sinn. Abg v. Benda ist gleichfalls der Ansicht, daß das Ge- .leralstabsgebäude vielsache Mängel biete, und schließt sich dem Anträge der Vorredners an. Abg. Rickert: Die Commission hat die vorliegende Sache nicht als eine solche betrachtet, mit der die Würde de» General- stabeS zusammenhänge. Wenn mir vom BundeSrathstische au» die Versicherung gegeben wird, daß ein Mal die Nichtferlig- stellung der Fa^ade für daS nächste Jahr große Reparalurkosten im Gesqlge haben werde und andererseits die Fertigstellung in sanitärem Interesse geboten sei, dann würde ich gleichfalls sür die Wiederherstellung der Regierungsvorlage stimmen. Bundescommissar Oberst v. Sandkuhl glaubt die erste Frage bejahen zu müssen. Vom sanitären Gesichtspunkte aus seien bisher keine Klagen laut geworden; indesfen fei es auch nicht üblich, daß über jeden kleinen N ichtheil der in einem militärischen Gebäude bestehe, sosort geklagt werde. Doch sei die Fcriigstellttng im sanitären Interesse keineswegs unerwünscht. Abg. v. Pullkamer (Lübben) schließt sich den Ausführungen des Abg. Stumm an. Der Antrag der Budgetcommifsion wird abgelehnt und die Regierungsforderung wiederhergestellt. Bei Tit. 53 „Offiziercasino sür die Hauptcadetten- anstalt Lichterfelde", der mit Tit. 22 „Casernements für das Gardeschützenbataillon Lichterfelde" verbunden ist, rügt Abg. Richter (Hagen), daß an einem Orte mehrere Osfi- zierspeiseanstallen für verschiedene TruppenlheUe errichtet wer den sollen. Weshalb können die Osfiziere des Gardejchützen- bataillonS nicht auch in dem sür die Lehrer der Ladcttenanstall errichteten Casino speisen/ Außerdem sind die Summen, welche der Bau des Casernements sür dir Gardeschützen verlangt, sehr hohe, sie werden sich im Ganzen auf i^ Millionen M belause«. Warum ist man bei Offizierwohnungen so generös verjähren? Im Normaljahre 1874 sah man eS al» normal an, daß jede casernirte Abtheilung eine Ojfizierwohnung halte, in der Praxis ist man jetzt dahin gekommen, daß jede Com pagnie einen Osfizier in der Caserne zu wohnen hat. Eine Osfizierwohnung setzt sich auS einer Wohnstube, einer Kammer, einer Gesindestube und einem Aufbewahrungsraum zusammen; daS ist ein Raum, wie er in der Caserne sür ll) bis »2 Mann eingerichtet ist. Ich beantrage, beide Posten prlneipaliter noch einnia, der Budgetcommission zu überweisen und sie nochmals zur V.rhandlung zu bringen Für den Fall der Ablehnung dieses Anträge» beantrage ich, die Militärverwaltung auszu- sordei n, Erwägungen nach der Richtung hm cimrete» zu lassen, wie der Bau einer zweiten Osfizierspeiseanstalt in Lichterselde sich erübrigen laste. Bundescommissar Oberst v. Sandkuhl: Beide Titel enthalten bereits bedeutende Ersparnisse gegen den vorigen Etat E» ist bisher der Grundsatz aufrecht erhalten, sür jeden Truppentheil eine besondere Speijeanftalt zu errichten. Abg Richter (Hagen): Wir find nicht reich genug, für jeden Truppentheil eine besondere Speiseanstalt zu errichten Wir lönnen da» vor den Steuerzahlern nicht verantworten Abg v Schalljcha pflichtet den Ausführungen deS Abg Richter bei und bittet ebenfalls, die beiden CafiuoS in ein- zu vereinigen. Der Principalantrag deS Abg. Rechter (Hagen) wird angenommen, die Tit. 22 und 53 demnach in die Budgetcommifsion zurückverwiefcn, die übrigen Titel des Capitel 5 des Exlraordinariums werden da gegen bewilligt, desgleichen Capitel 6, Titel 1 bis 38. Eine längere Debatte knüpfte sich an den Antrag der Budgetcommifsion, die für die Verlegung deS 2. BalaillonS des 5. westfälifchen Infanterieregiments von Soest rach Detmold geforderte Summe von 100000 M zu streichen. Für die Verlegung der Garnison nach Detmold trat der Abg. Büxten mit großer Wärme ein, während Abg. v. Bockum-Dolffs ebenso entschieden das Verbleiben des Bataillons in Soest befürwortete. Für den ersteren Vorschlag erklärte sich aus militärisch- technischen Gründen auch der Bundescommissar Oberst v. Sandkuhl; daS Hans trat jedoch dem Anträge der Commission bei Zum Neubau eines Casernements für da- von Meißen nach Dresden zu verlegende königl. sächsische Jägerbataillon Nr. 13 werden 800000 M. verlangt. Abg Richter (Hagen) sprich» sich gegen diese Forderung au»; der Gejammlkostenanjchlag von 146O0VO M. sei doppelt so hoch, al» sonst da» Caftrnement eine» Bataillon» zu stehen komme; die alten Caftruen feien au» der Altstadt verlegt, zur Eut- fchädigung für den Ncubau hätte der sächsische Fiscut die alten Tasern.n erhalten, und nun wolle man aus dem theuerstcn Terrain in der Altstadt wieder eine neue Caserne bauen und nehme dafür «och sogar mehr Dienstwohnungen in Anspruch al» g.wöhniich Redner beantragt die lleberweisung de» Posten» an die Budgetcommission. Bundcsbevollmächtigter Oberstlieutenant Edler v d. Planitz tritt sür die Bewilliaung der Position ein; die Anlage der Caserne sei vom militärischen Standpunkte au« nothwendia; Dleostwohnungcn würden den eiyenthßmkchtu Verhältnissen entsprechend nicht mehr al» gewöhnlich geordert. Abg Ackermann. Ich will nicht eine längere Rede über diese» Postulat halten, um mich nicht in den Verdacht zu bringe«, al» ob ich pro ckowo spreche Der Abg Richter hat ja auch an sich die Verlegung de» Bataillon» von Meißen nach Dre-Seu nicht angegriffen; er hält nur da» Postulat für zu hoch, und da, glaube ich, bin ich verpflichtet, aus Grund der genauen Keuntniß der localen Verhältnisse zu bestätigen, daß die Höhe de» Postulat- in der Hauptsache durch deu großen Preis sür daS Bauland seine Erklärung finde». Aber da- ist auch zuge- gcben, daß. wenn einmal aus militärischen Rücksichten die La serne in der Nähe einer Brücke an der bezeichneten Stelle auf gebaut werden muß, daS Bauland um einen billigeren Preis nicht zu haben ist. Mau hat früher sich der Hoffnung hinge geben, mit looovv M. sür das Areal auszukommen; eS läßt sich aber aus einer Menge von Beispielen darthuu, daß, wenn jetzt 340 000 M. sür da« Areal gefordert werden, das Bauland immer noch wesentlich billiger bezahlt wird, al- es in der dor tige« Gegend von Privaten bei verschiedenen Kausen, die man iu der jüngsten Zeit vollzogen hat, bezahlt worden ist. Ob di« Caserne luxuriös im Plane angelegt ist, darüber kann ich nicht urlheilen. Zu bestätigen habe ich nur, daß, dasern au» mili tärischen Rücksichten die Errichtung einer Caserne in der Nähe der Elbbrücke nölhig ist, der Preis sür das Bauland in der hier geforderten Höhe immer noch als ein billiger gelten muß. Abg. Frhr v Minnigerode: Meine Herren, ich bitte doch, davon Abstand zu nehmen, diesen Gegenstand noch einmal an die Budgetcommission zu verweisen Welche neuen Momente, die unS dazu bestimmen könnten, hat die heutige Plenarsitzung uns denn vor Augen gestellt? Die ganze geforderte Summe ergiebt sich aus den Erläuterungen; die Zahl der Dienstwoh nungen ergiebt sich aus den Erläuterungen, die nicht unwesent lichen Kosten sür die Terrains sind deutlich aus den Erläute rungen zu ersehen und alle diese Momente bestimmten bereit» die Beschlüsse der Budgetcommission. Mit welchem neuen Material betraut, wollen Sie jetzt die Commission veranlassen, an ein neues Votum heranzutreten ? Ich sehe wahrhaftig keine Veranlassung, die Commission von Neuem mit dieser Aufgabe zu betrauen. Ich bitte Sie, den hieraus bezüglichen Antrag abzulehnen und weiter von meinem Standpunkte au» unmittel bar jetzt die Position in der Höhe, wie die Reichsregierung sie verlangt, zu bewilligen. Bei der Abstimmung über den Antrag des Abg. Richter ergiebt die Zählung die Beschlußunfähigkeit des Haufes. Um H4 Uhr wird die Sitzung abgebrochen. Nächste Sitzung Donnerstag Vormittag 11 Uhr (Etat, Wahl prüfungen und Brausteuervorlage.) dresdner Nachrichten vom 9. März. * Im Monat Februar sind bei der königl. Poli- zeidirection als in Dresden vorgekommen 10 Selbst morde und 5 Selbstmordversuche angezeigt worden. Zu u. Selbstmorde betr.. so haben sich « Persooen er hängt, alle männlich, 6 verheirathet, l ledig, S Personen er tränkt, alle männlich, 1 verheirathet, 1 ledig, l unbekannt (2 durch H rabstürzen von der Brücke in die Elbe), l Person ver giftet, weiblich, ledig. Von diesen 10 Personen waren » in Dresden domicilirend gewesen, 6 von auswärts gekommen, 1 unbekannt und noch nicht ermittelt. Sie standen im Alter von 60, 63, 62, 46, 38, 30, 23, 22 und 2» Jahren, 1 unbekannten Alter», 3 waren Gewerbsgehilsen, t Handarbeiter, I Fleischer- meister, l Maurer, l Bergmann, 1 Agent, i Fabrikarbeiterin, I unbekannten Standes Alle S bekannten sich znr christlichen Religion evangelisch-lutherischer Consejsion, l unbekannt. Zu b, Selbstmordversuche betr., so haben sich von den gedachten b Personen 2 durch Erhängen. l durch Vergiften, i durch Herausstürzen aus dem Fenster, 1 durch Zerschneiden der Pulsadern zu tödten beabsichtigt Sie sind alle 6 männ lichen Geschlechts im Aller von 64, 46, 3b, 30, is Jahren ge wesen, von denen 3 verheirathet, 2 ledig, 1 Beamter, 1 Hand werker, l Handarbeiter, 2 Gewerbsgehilsen und alle christlicher Religion und evangelisch-lutherischer Consejsion waren. Unglückssälle haben im Februar 15 Personen betroffen, und zwar in Maschinenwerkstätten leicht, ohne eigene» Verschulden, durch Ueberfahrcn von Personenfnhrwerk 1, leicht, ohne eigene» Verschulden, durch Uederiahren von Lastfuhrwerk 1 sosort 4 durch eigenes Verschulden, durch Sturz vom Dache 1 sofort -f durch eigenes Verschulden, durch Sturz aus dem Fenster l so sort 4 durch eigenes Verschulden, durch Fallen aus der Treppe 2 (l schwer, später f, durch Verschulden Dritter, > leicht ohne eigene- Verschulde«), durch Fallen sonst: 3 (leicht, 1 unver schuldet 2 durch Verschulden Dritter), durch Quetschung bei der Arbeit: 4 (2 schwer, 2 leicht, 1 selbstverschuldet, 3 unverschul det), demnach 3 sosort -s, 1 schwer, mit späterem tödtlichen Ausgange, 2 sonst schwer, S leicht. Sie »rasen 11 männliche, 4 weibliche Personen 8 verheiraihele, 6 ledige, 1 unbekannten Familienstandes. — Zn der gestern unter Vorsitz des königl. Com- miffars Or. Ruge, Professor am hiesigen königl. Poly technikum, in Or. Ernst Zeidler's Erziehungs anstalt für Knaben (früher Albani) abgehaltenen Prüfung für den einjährig-freiwilligen Mili tärdienst hatten sich 11 Aspiranten gemeldet, denen sämmtlich das Reifezeugniß ertheilt werden konnte. — soft. Das Programm der Bochow-Umlauf'- schen Lehr- und Erziehungsanstalt (Bautzner Straße 14), welches zu den vom 16. bis 18. d. M. stattfindenden Prüfungen einladet, giebt zunächst einen Profpect der Anstalt, aus dem wir ersehen, daß sich dieselbe in eine höh.re Töchter- und eine Knabenschule gliedert. Die erstere, auf einen 10jährigen Cursus berechnet, besteht aus 8 Schulklassen und 1 Selecta für 14 - 16jährige Schülerinnen, während die Knaben- fchule 3 Elementarklassen und 1 Gymnasial- und Realklasse zählt. Aus den dem Prospekte folgenden Schulnachrichten geht hervor, daß sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler auf 209 gesteigert hat und daß diese von 14 Lehrkräften unterrichtet werden. Der neue Cursus beginnt am 5. April. —soft. Direktor Paul Mochmann ladet zu den am 18. und 19. d. in seiner Lehr- und Erziehungs anstalt stattfindenden Prüfungen mit der Bemerkung ein, daß dieselben dies Mal zum ersten Male in dem neuen Hmse, Chnstianstraße 8, stattfinden werden. Die Anstalt besteht aus 3 Elementarklassen, einem Pro- gymnasium und aus Realklassen. Die Klasseneinthe»- lung und Klassenziele sind dieselben, wie die der öffent lichen Gymnasien und Realschulen erster Ordnung, und es bereitet die Schule außer sür den Eintritt in die obersten Klassen der genannten Schulen auch noch für Handels-, Gewerbe- und Militärschulen vor. Da- Lehrercolleglum zählt außer dem Direktor 7 ordentliche und 9 außerordentliche Lehrer Mit besonderer Be friedigung wird des im Jahre 1874 durch das Lehrer kollegium begründeten und unter dem Pcntectorate Ihrer königl. Hoheit der Frau Prinzessin Georg stehen den LehrerpensionSverbandS gedacht, der heute bereit- mehr als 600 Mitglieder zählt a Aus Anlaß des Jahrmarktes war der Verkehr nach Dresden am gestrigen Vormittag auf dem böh mischen Bahnhose em recht lebhafter; man hatte, wie bei ähnlichen Gelegenheiten, so auch diese- Mal, für die Linien Pirna und Tharandt eine gramre An zahl von Extrazügen zur Entlastung der fahrplanmäßi gen Personenzüge eingelegt, welche sich durchaus alß
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