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Dresdner Journal : 10.10.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-10-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188010101
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18801010
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18801010
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1880
- Monat1880-10
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- Dresdner Journal : 10.10.1880
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OS37 L»—ck«6eut»eb«i lteiod« tritt?o,t- iiixl 8t«wp«I»i»»et»l»^ biw»«. I» ««»»-»« . . l» R»rb Mrlicb: « »0?t RiQMOivO^uMM^rar 10 I^t Pir <I„ N»oo> «o«r js«p«It«l»«» k«tit»«l« 10 ?L vot« „Lia^«»o«tt" <li» L«i« KO kl. kr»ri«l»«»t »it Xa»o»bw« 6«r 8o»v- so« keisrt»^» Xbeoä, kür ä«o fol^«n«iso V»?. Lonntaq. de» 10. Octebn. 1880. DreMerZourlml. In^rokninnnbmp »n»rrir<!<i ^r«»xle<tetter, ^uiiiuiln-iou^i 6«» Oroxiosr ^ourllitk; I»»d«iA->«rU» Vt«o L»»«I - ve„I»o?r»ukt»rl «. K.: Aaa»«nete»»« L kodier, >«rU» Vt«»-S»wdi»iA ?r»U-l^Il>rtss pr»»ktilrt ». «. «üoekso i A/»«»«,' I«rU»: <8. Lorn»et, . Lremea: L. 8e/Uotte, Zr«ii»»: I, ütli-Aen » Üürteidu; Odiwmr» /<> kv>At; lriutkturt ». II.: F ^aeAer^ücke u. <7. ^/errnia»»»- »cke I!uckk»n<iI"N^^ vvrUt»: k» ^/ü1/e>, 8»Li»or«r: 6 §c^u»/-e ' k»rl»N«ri>ll - kr»ok kurt » H. Stutt^urt! L«»-« 2 LEdiuA. k L?e«<iAe», Lteiner. Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. N«r«usxedvrr KSnisI. krpeUitioa 6e» vrssäosr ^o«rv»I», I>re«6«n, Xvivkksrslrll»»« dko. SO. Nichtamtlicher Theil. Ue»«rH*i. Telegraphische Rachrichte». Zeituugsschau. (Politische Lorrespondenz. Wiener Abendpoft. Time». St. Jame» Gazette. Daily Telegraph. Pester Lloyd.) Tagesgeschtchte. (Dresden. Berlin. Rastau. Weimar. Darmstadt. Prag. Buda-Pest. Paris. Bern. Rom. London. St. Petersburg.) Zur »rieutalischru Frage. Dresdner Nachrichten. Statistik und Lolkswirthschast. Feuilleton. Tageskaleuder. Inserate. Beilage. Ernennungen, Lersetzungen re. in» Sffeutl. Dienste. Provivzialvachrichteu. (Zwickau. Glauchau. Bären stein. Lauenstein. Plauen i.B. Pirna.) Vermischte». Statistik und Lolkswirthschaft. Stngesaudte». , Bsrseunachrichten. Telegraphische Witterungsbericht«. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Pari», Sonnabend, S. vctober. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die „Ageuce Havas" meldet an» Cattaro, Riza Pascha habe gestern alle regulä ren türkische» Truppen au» de« District non Dul- ctano zurückgezogen. Man glaube, er »olle die Montenegriner auf diese Leise zu« Angriffe ver anlassen, u« sich selbst «it den Albanesen »u ver binden, die unter de« Befehle von Huffuf Scotich den Mozuraberg besetzt halten. Al» nächste» Ziel der vereinigten Flotte »ird Malta bezeichnet. Ro», Freitag, 8. September, Abend». (Torr.- Bur.) Da» griechische Köuigspaar ist au» Florenz hier angeko«me« nud umrde von den Ministern, sowie vo« Bürgermeister am Bahnhofe erwartet. Die Journale melden, es sei zu Gunsten Canzio's und seiner Mitverhaftete« de« Könige ei« Decret der A«aestie zar Unterzeichnung vor gelegt worden. London, Sonnabend, S. Oktober. (Tel. d. Dresdn Journ.) Earl Granville, Rorthbrook und Spencer coaferirten gestern mit dem Premier Gladstone. Die Unterredung dauerte über eine Stande. Wie es heißt, find wichtige Depeschen von den Mächten eivgegangen. Skutari, Freitag, 8. October, Abends. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die in Montenegro wohnenden han deltreibenden christlichen Albanesen wurden ausge wiesen und gezwungen, ihre Waaren mit bedeu- lenden Verlusten zu verkaufen. Die montenegri nische Regierung nahm das aus dem Verkaufe erzielte Geld in Beschlag. Viele der ausgewie- seaea Albanesen find hier eingetroffen. Dresden, 9. October. Da» europäische Eoncert ist an einem Moment angelanat, wo e» sich zu erproben hat. Wie der neuesten .Politischen Torrrespondenz" au» London telegraphirt wird, befindet sich da» Tabinei von St. Jame» seit gestern im Besitze der zustimmenden Erklärungen sämmtlicher Tabmete der Großmächte zu seinem auf die Besitzergreifung eine» Psandobjecte» im Archipel gerichteten Lvörcitivvorschlage. Der Tommandant der vereinigten Flotte in der Bucht von Teodo ist ver ständigt worden, Alle» innerhalb 48 Stunden zum Abgänge der Flotte an deren neuen Bestimmungsort vorzubereiten. Auch Montenegro drängt zur Entsche,. düng. Wie demselben Organ vom 8. d. au» Eastel- nuovo gemeldet wird, hat der montenegrinische Mi nister de» Aeußern, Stanko Radonic, im Auftrage de» Fürsten Nikolaus dem Viceadmiral Seymour die Er klärung abgegeben, daß Montenegro wegen seiner pre- cärrn ökonomischen Lage seine Armee nicht mehr lange im Lager von Antivari erhalten könne. Er müsse ihn demnach ersuchen, bei den Großmächten Schritte wegen einer baldigen definitiven Entscheidung zu machen. So sehen wir denn mit einem Male den Moment herantreten, wo die Dulcignofrag« au» dem Gebiete der Zeitung»di»cussionen in Dasjenige der Thatsachen übertritt. Man kann dem Vorgehen der Mächte gegenüber verschiedene Gesichtspunkte einnehmen. Man kann die Frage aufwerfen, ob eS zweckmäßig war, dem Drängen Gladstone'» nachzugeben, und ob die Mächte nicht besser gethan hätten, die Vorschläge de» britischen EabinetS abzulehnen. E» muß, um diese Frage zu prüfen, auf die völkerrechtlichen Principien eingegangen werden, welche in der Neuzeit sich Geltung verschafften. Die heutigen Beziehungen der europäischen Staaten zu einander stammen im Wesentlichen aus der Zeit von 1813 und 1815, wo die Toalitionen der Mächte die WeltherrschastSpläne Napoleon'» zerstörten. Da mal» verbanden sich zum ersten Male die Großmächte Europa» mit einander zum gemeinsamen FriedenS- interess«. Durch den Vertrag von Thaumont (1. März 1814) vereinigten sich die vier Mächte England, Oesterreich, Preußen und Rußland zur Erhaltung deS Frieden», wenn nöthig mittelst Waffengewalt. Nach dem Sturze Napoleon'» schloß sich Frankreich den vier Mächten an, und e» entstand die europäische Pen« tarchie oder Fünfherrschaft. Auf dem Tongreß zu Aachen im Jahre 1818 wurde ein Protokoll unter zeichnet, welches die förmliche Constituirung der Fünf herrschaft proclamirte und die Grundsätze aufstellte, nach welchen in Zukunft verfahren werden sollte. Die Pentarchie war die erste feierliche Anerkennung deS gemeinsamen europäischen FriedenSbedürsnisseS. Sir beruhte wesentlich auf der Gemeinsamkeit der Principien, welche auch die Fragen deS innern StaatS- rechtS bestand, und damals brach sich der heute bei der Behandlung der orientalischen Frage festgehaltene Gedanke Bahn, daß da» gemeinsame europäische FriedenS- interesse nur durch gemeinsame Behandlung der schwebenden Differenzen gewahrt werden könne. Wenn die au» der heiligen Allianz entsprungene Pentarchie nicht überall ihre Zwecke erreichte, so muß die Ursache darin gesucht werden, daß der geistige Leiter der heiligen Allianz, Metternich, in der Folge auf die gemeinsame Behandlung schwebender Fragen nicht hinreichend Ge wicht legte und beispielsweise in Italien eigenmächtig gegen dle Revolution intervenirte. Wäre Oesterreich damals, wie diese» heute von deutscher Seite geschieht, in ähnlicher Welse mit rücksichtsvoller Achtung den Mächten entgegen gekommen, wäre e» daraus bedacht gewesen, sich ständig deren Einverständniß zu sichern, so würde das Band der heiligen Allianz dauerhafter geknüpft »orden sein. Dessenungeachtet ist alles Gute, was die heilige Allianz brachte, insbesondere die lange FriedenSepoche von 1815 bis 1848, einzig und allein dem, wenn auch vielfach lockeren Einvernehmen zu danken, das die Mächte unter einander erhielten, welches aber immer noch stark genug war, größere europäische Zwistigkeiten fern zu halten. Napoleon III. gelang rS, die Gemeinsamkeit der Großmächte Europas zu kennen. Durch den Krimkriea zerfiel die Pentarchie in zwei Hälften. Auf dem Balancement der beiden Gruppen beruhte bisher das Gleichgewicht Europas, welches einen gewaltsamen Eonflict verhindert hatte. Nach dem Krimkrieg ging die Pentarchie stufenweise ihrer Auflösung entgegen, und der Krieg des Jahres 1859 vollendete, was derjenige vom Jahre 1853 begann. Die Heiligkeit der Verträge hatte von da an aufgehört. Die Pentarchie erlosch, weil ihr das innere Bindemittel, die Gemeinsamkeit der Principien und Interessen, abhanden gekommen war. Die Diffe renzen überwogen die gemeinschaftlichen BerührungS- punfte, und so brach die bisherige Gemeinschaft Euro pas in sich zusammen. Als nach den großen, im Jahre 1870 bewirkten Umgestaltungen wieder das Bedürfniß nach einer conservatlven Politik, nach dauernder Er haltung de- europäischen Friedens das Dreikaiserver- hältniß ins Leben rief, mußte naturgemäß wieder die Idee einer Gemeinsamkeit der europäischen FriedenS- interessen erwachen. Wie die heilige Allianz zur Pen tarchie wurde, so entstand au» dem Dreikaiserverhält- niß durch den Anschluß Englands, Italiens und Frank reichs das heutige europäische Eoncert. Dasselbe ist wesentlich ein Erfolg der deutschen Politik, und ging man bisher dabei von dem Grundsätze aus, jede ein seitige Einmischung au-zuschließen. Rußland mußte sich dem europäischen Eoncerle unterwerfen, und der Tongreß von Berlin annullirte den Vertrag von St. Stefano. Es ist folgerecht, daß — nachdem die Tür kei durch ihre, den Tongreßmächten entgegengesetzte Weigerung, den Berliner Vertrag Montenegro gegen über auSzuführen, einen Lonflict provocirt — nunmehr die Mächte für die Verwirklichung des Vertrage» ein- treten und die Executive ergreifen. Die angekündlgte Pfandergreifung wird, wie auch die „Wiener Abend post" betont, allgemein al» eine gemeinsame, von allen Mächten ausgehende europäische Maßnahme verstanden und wird eine europäische Einigung hierfür voraus gesetzt. ES ist bezeichnend — und gerade diese That- sache vermag angesichts der drohenden Gestalt, welche die Orientfrage angenommen, zur Beruhigung zu die nen —, daß die Nothwendigkeit der Erhaltung der europäischen Einigung eine allseitig anerkannte ist. — Die „Times" legen vorwiegend Werth auf daS euro päische Eoncert und warnen England davor, auch nur einen Schritt allein zu thun. England könne sonst sehr in daS Wasser gerathen. Nur mit Hilfe der übereinstimmenden Weisheit und vereinten Kraft Europas könne England unbeschädigt über Untiefen steuern. — Die „St. James Ga zette" warnt dringend, sich durch eigenmächtiges Vor gehen in einen unübersehbaren Krieg zu stürzen. — Der „Daily Telegraph" hält den Weltfrieden für ungleich wichtiger, als den Beweis der Unfehlbarkeit für die Ansichten Gladstone'». — Um Gladstone zu hemmen, ja gewissermaßen ein UeberwachungSrecht au»- zuüben, haben sich die Mächte zur Intervention entschlossen. Man wollte, wie der „Pester Lloyd" sich ausdrückt, „gewissen Tabineten den Vorwand zu einer selbstständigen Action der Gewalt benehmen." Dieses ist der leitende Gedanke, der die Intervention veranlaßte, und von diesem Gesichtspunkte ausgehend, vermochten sich alle Mächte derselben anzuschließen, ohne daß durch dieselbe eine ernstere Gefahr für den europäischen Frieden zu befürchten stände. Die konservativen Mächte, sagt der „Pester Lloyd", werden Alles zu vereiteln trachten, was darauf abzielt, der Türkei den Gnadenstoß zu geben. Auch für Rußland, dessen Einfluß die Pentarchie stärktej kann in dem gegenwärtigen Stadium der Frage der Eintracht der Mächte gegenüber nichts zu hoffen sein. Bis jetzt hat diese Gemeinschaft, wie der Con- greß von Berlin ergab, das Vordringen russischen Ein flusses nach dem Südosten Europas nur gehindert. Rußland befindet sich im europäischen Eoncert einer Gemeinsamkeit von Ländern gegenüber, welche durch zahlreiche Culturinteressen und eine gemeinsame RechtS- anschauung mit einander verbunden sind und welche sich kaum zu Schritten entschließen werden, welche dem slawischen Element innerhalb Europas einen Einfluß verleihen würden, der demselben, in Rücksicht aus die Tultur der slawischen Völker, nicht gebührt. Die Ein heit, welche die Mächte im gegenwärtigen Stadium angesichts der schwierigsten aller internationalen euro päischen Fragen bewiesen, erscheint daher nach keiner Seite hin als eine Bedrohung, sondern als ein ent schiedener Fortschritt aus dem Gebiete der internatio nalen Rechtsentwickelung. Tagesgeschichte. Dresden, 9. October. Se. Majestät der König wird Sich den hierher gelangten Nachrichten zufolge heute von Ischl nach Schönbrunn begeben und voraussichtlich Mittwoch, am 13. d. MtS. früh in der königl. Villa zu Strehlen eintreffen. * Berlin, 9. October. Nach den der „Nordd. Allg. Ztg." zugehenden Mittheilungen wird eS al- sicher angenommen, daß der preußische Landtag, wie wir bereits angedeutet hatten, am 28. October er öffnet werden wird. — Wie dasselbe Blatt erfährt, wird außer Sr. Majestät der Kaiser eine große Zahl deutscher Fürsten daS Kölner Dombaufest durch ihre Gegenwart ehren. Beide kaiserl. Majestäten, die Prinzen und Prinzessinnen der königl. Familie, Se. Majestät der König von Sachsen und die großherzogl. badischen Herrschaften werden im Schlosse Brühl ihr Absteigequartier nehmen. Von den übrigen deutschen Fürsten hat bereits die größere Mehrzahl ihr Er scheinen fest zugesagt, während nur drei der Einladung zu folgen verhindert sind. Von wenigen Souveränen, unter ihnen Se. Majestät der König Ludwig von Bayern, steht die Entscheidung, ob dieselben dem Feste beiwohnen wollen, noch aus. Die Fürsten selbst neh men als Gäste deS Kaisers in Köln ihr Logis. — Die baldige Abänderung des EivilstandSgesetzeS, schreibt die „N. Pr. Ztg.", erweist sich immer mehr als unumgänglich nothwendig, wenn der Gesammtheit unsere- Volkes der christliche Charakter bleiben soll. Die Bemühungen, welche dieses Ziel im Auge haben, werden immer intensiver und, so weit wir sehen können, nachhaltiger. Die westfälische Provinzialsynode hat ihr Votum in diesem Sinne abgegeben. Die von der Provinz Sachsen ausgehende Petition, welcher der Ent wurf eines Abänderungsgesetzes beigefügt ist, wird zwar lebhaft von den liberalen Blättern befehdet. Feuilleton. Nedigirt von Ott» Bauet. K. Hoftheater. — Altstadt. — Am 8. Oktober: „Der Kaufmann von Venedig", Schauspiel ia fünf Acten von Shakespeare. Rach Schlegel'S Ueber- setzung vo» Ed. Devrient bearbeitet. Fast durch alle größeren Städte Deutschland« geht die angenehme Wahrnehmung, daß die in den letzten Jahren eingerisseue Lauheit deS Theaterbesuches wie der in der Abnahme begriffen ist. War doch dieser schwach« Besuch so zur Gewohnheit geworden, daß selbst die neu erbauten Häuser an verschiedenen Orten trotz ihrer Pracht und ihre» Darstellung»aufwande» ganze Reihen unersprießlicher, erschreckender Abende zu verjeichnnl batten, obgleich der Reiz der Reuheit bei solchen Häusern erfahrungsgemäß mindesten» zwei bi» drei Jahre lang da» Publicum durch seine Anziehung»- traft zu fesseln pflegt. Der Mißstand wurde ein so großer, daß eine An zahl von Prwatbühnen ihm vorübergehend oder dauernd zum Opfer fielen. Noch manche andere Ber- hältnissr und Verschuldungen wirkten dabei allerding» mit, und der Sturz hatte einige Reformen und Säu- berungen der Theaterzustände zur Folge, wie denn auch noch ferner eine neue Theatergesetzgebung eine Auf- gab« der Zukunft ist. Sie wird e» leicht haben, dabei mit praktischen Ergebnissen zu arbeiten nnd die graue Theorie z» vermeiden. Die jetzt «ehr und mehr hervor tretend« gesteigerte Theilnah»« d«s Auditorium» ist gegenwärtig doppelt erfreulich und für die Kassen der Bühnen doppelt nöthig, da man sich, einer künstlerisch zum Theil be rechtigten neuen dramaturgischen Richtung folgend, all gemein mit mehr Eifer al» kaufmännischer Berechnung einer luxuriösen äußern Ausstattung der Stücke zuge wandt und in Toulissen, Tostume und anderes Beiwerk ungeheure Kapitalien hineingesteckt hat. Die Dividende fing hier und da an kleiner zu werden, als weiland bei der berühmten Seherin von Koltern. Man hatte wie Antonio die Galeeren auf dem trügerischen Meere in Wind und Wellen deS launischen Erfolgs, und e» braucht kein Shylock mit dem scharfen Messer im Hin tergrund« zu stehn, um eS willkommen zu finden, wenn Einige mit mereantilem Gewinn zurückkehren. Auch bei unS hat man der von den Meiningern angeregten JnscenirungSmethod« mit großer Bereit willigkeit kühne Opfer gebracht, von denen sich anfangs nur eines trefflich verzinste. Run beginnen auch andere prachtvoll auSgestattete Stücke sich immer mehr gangbar und lebendig zu gestalten, und dieser Accept deS PublicumS wird einen Ausgleich und eine Uebertragung zur Folge haben, die daS Regieverdienst belohnt. Eine solche Erfüllung guter Hoffnungen kitt nun auch bei dem „Kaufmann von Venedig" ein, der den mißlichen Fall repräsentier, daß die Haltung und die leichten Lontouren deS Werkes von der Gewalt und dem Faltenwurf einer reichen Dappirung bedrückt und beschattet werden Dieser Gefahr wirken nun bei uns freilich wieder die Forcen einer guten Darstellung entgegen, wie sie sich i« der Titelrolle und in den Rollen Bassanio, Shylock, Portia durch die Künstlerleistungen der Herren Porth, Dett«er, Jaffs und der Frau Ellmen ¬ reich (oder deS Frl. Ulrich) geltend machen. Für die Partie der Jessica fehlt un» eine geeignete Per sönlichkeit, die vor allen Dingen racenhasten Naturell reiz hat und eS glaublich macht, daß sie als feurige Liebhaberin und Spitzbübin sich entführen läßt. O. B. Kuustverei«. Im KunstvereinSlocale auf der Brühl'schen Terrasse sind gegenwärtig mit vielen an- erkennenSwcrthen Opfern von Seiten ber Verwaltung 36 Gemälde französischer Künstler ausgestellt, welche Scenen aus dem bürgerlichen und militärischen Leben und Treiben während der Belagerung von Pa riS (187O>71) vorführen. Diese ost oecorativ gehal tenen Bilder sind fast alle in sehr großem Format auSgeführl und zeigen im drastischen Ausdruck, wie in der technischen Behandlung und breiten Pinselführung den Charakter und den BirtuosentypuS der modernen französischen Malerei. Die meisten Gemälde sind von lliäiar «t Ouiauä oder von Oumuä ot viäror. Aber auch andere Meister, wie Decaen, Du- mareSq, Laporte, Hervier und Andere sind vertreten, wie denn überhaupt nach anderen Vorgängen franzö sischer Production hier eine Theilung der Arbeit in Bezug auf Figuren, Landschaft und Architektur vor waltet. Als feinere Kunstwerke zeichnen sich auS: „Uv viaäue äu voint -äu jour" von Armand DumareSq, und ganz besonders ^larauäeur» 6« löaum«»", reizend in der Gruppenbewegung und Lharaktersstik von Guiaud und Laporte dargestellt. Auch „L» gu«u« s 1» port« ä'ao» »pioarie- von Decaen und Guiaud hat groß« Vorzüge. ES sei dieser Ankündigung noch die Be merkung hinzugesügt, daß es dem schaulustigen Pu blicum bei diesen Darstellungen aus einer interessanten, reich bewegten Zeit nicht an Fülle des Stoffes im Detail fehlt. O. B. Zur Charakteristik der Turkmenen. Der zum Theil sehr verhängnißreiche russische Krieg gegen diese verwegenen asiatischen Racen hat dieselben längst in das öffentliche Interesse gezogen. Durch die Arbeiten von Petru sewitsch hat Kiepert eine aus führliche Schilderung der Turkmenen mitgetheilt, der wir ein knappes Charakterbild entheben. Die Turkmenen aller verschiedenen Stämme leben durchweg in gleicher Weise. Eine eigentliche Obrigkeit giebt eS bei ihnen nicht. Ein jeder Turkmene ist voll kommen frei und unabhängig. DaS Einzige, was sie achten, ist die Macht und die Sitte, „Adat" genannt. Sie handeln ausschließlich in ihrem eigenen Interesse; allgemeine Interessen kennen sie gar nicht. Deshalb bekriegen sich die einzelnen Stämme ganz rücksichtslos unter einander. Der Adat — die Summe aller durch althergebrachte Bräuche und Sitten festgesetzten Be stimmungen — regelt auch nur die Verhältnisse der Aeltern zu den Kindern, giebt Anweisungen für Ehe schließungen, Beerdigungen, für verschiedene Feste, für daS Verhalten auf Raubzügen, die Theilung der Beute u. s. w. Hier ist überall da» persönliche und höch stens das Familieninteresse berücksichtigt. Um das allgemeine Wohl kümmert der Adat sich nicht. Die Turkmenen sind Muhammedaner und zwar Euniten. Mullahs giebt eS wenige unter ihnen; di« Turkmenen legen deu geistlichen Personen al» solchen,
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