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Dresdner Journal : 24.02.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-02-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188202245
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18820224
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18820224
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1882
- Monat1882-02
- Tag1882-02-24
- Monat1882-02
- Jahr1882
- Titel
- Dresdner Journal : 24.02.1882
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Zeit ist dergleichen nicht zu verschmähen Aber wenn unter guter Wille wirkungslos bleibt, kann unsere Mäßigung und Zurückhaltung nicht zu groß sein. Da» Duell deS Panslawismus und des Germanen« thumS interessirt un«. Aber eS wäre unpolitisch, An theil daran zu nehmen. Wir haben Besseres zu thun, als unS unüberlegter Weise in das Getümmel zu wersen. An unserer Haltung wird man erkennen, ob unsere UuglückSlection Früchte getragen hat. Es wäre geschmacklos, schon die Rolle definiren zu wollen, welche unS am besten ansteht einem Kriege gegenüber, der weniger unmittelbar bevorstehend, als unvermeid lich ist. Aber Frankreich kann sich nicht frühzeitig genug darauf vorbereiten, in allen Eventualitäten die ausgezeichneten Grundsätze zu beobachten, welche ihm allmählich seine Würde und seinen Credit wieder gegeben haben. E- ist nicht verboten, die Hiebe zu beurtheilea, die Andere au-tauschen; aber unser Land hat zu verdienstvoll gehandelt, indem eS 10 Jahre hindurch eine unerschütterliche Geduld bewies, um jetzt selbst verlockenden Aufreizungen, trü gerischen Verheißungen eine» vergänglichen Bündnisse» nachzugeben.* Die „France* sagt offener heran», daß sie ihrer friedlichen Gesinnung zum Trotz e» nicht für nüthig halte, einen Krepp an ihren Hut zu nähen, wenn Deutschland mit einer auswärtigen oder inner« Schwierigkeit zu thun habe. Von der Gefährlichkeit und Unüberwindlichkeit deS PanslawiSmu» macht sich die »France* eine etwas übertriebene und naive Vor stellung. Wa» man wünscht, glaubt man aber gern. In den hiesigen officiellen Kreisen hat die Haltung Skobelew'» einen sehr unangenehmen Eindruck hinter lassen. Man weiß e» dem Großfürsten Konstantin und dem Fürsten Orlow Dank, daß sie bei der Eröff nung einer russischen Gemäldeausstellung in der Avenue-de-l'Opöra da» Benehmen jenes Generals unverhohlen den anwesenden Landsleuten gegenüber getadelt haben. — Etwa 50 Präfecten sollen schon auf da» gestern erwähnte Rundschreiben deS Minister» dr» Innern geantwortet haben, daß man in ihren Departement» von Wiederansiedlungsversuchen der vertriebenen Longregationen nicht da» Geringste bemerke. ES hält die- da» »Paris* nicht ab, mit immer größerem Elfer solche Versuche der frommen Genossenschaften zu denunciren. Da» ganze Blatt ist heute voll von diesem Gegenstände. — Es heißt, daß der Nachfolger Roustan'» in Tuni» schon gewählt ist, und zwar ist eS der jetzige Generalconsul in Neapel, Godeaux, der seit langen Jahren ,m Orient thätig gewesen ist. Er war der Reihe nach in Zanzibar, in Hongkong, in Shanghai, in Aegypten u. s. w. Paris, 22. Februar. (Tel.) Die hiesige russische Botschaft ist angewiesen worden, dem General Sko belew die kaiserliche Ordre zuzustellen, unverzüglich nach St. Petersburg zurückzukehren. Wie e» heißt, befindet sich General Skobelew zur Zeit in London. Die hiesigen Zeitungen glauben, daß der Zwischenfall de» Generals Skobelew durch seine DeSavouirung seiten de» officiellen russischen Organs erledigt sei. Auch die gambettistischen Blätter tadeln das Auftreten Skobelew'». Das Journal »Paris* sagt: Um Europa zu verwirren und den Frieden zu bedrohen, den die ganze Welt nöthig habe, bedürfe eS denn doch ganz anderer Dinge, als der flammenden Worte eine» russischen, von seiner Regierung schon deSavouirten Offizier». Bern, 19. Februar. (Köln. Ztg.) Au» der inter nationalen Tonserenz für Berathung eine» Vertrage» über Feststellung de» Feingehalt» edler Metalle, sowie über gegenseitige Anerkennung und gegenseitigen Schutz der amtlichen Tontrolstempel wird nicht». Gutem Vernehmen nach haben die Regierungen Deutsch land-, England», Frankreich», Oesterreich-Ungarn», Italien» und Rußland» die von der Schweiz gestellte bezügliche Anfrage verneint. — Gestern hat das Bun- desgericht den Eanton Luzern auf die vom Bunde»- rathe erhobene Klage einstimmig zur Zahlung de» von ihm verweigerten Restbeträge» der Gott hard - bahnsubvention im Betrage von 100000 Frc». verurt heilt. London, 20. Februar. Man schreibt der »Köln. Ztg.*: Die englischen Tonsularberichte über die russische Judenhetze wurden dem Parlament heute in einem 30 Seiten starken Hefte unterbreitet und um fassen Depeschen vom 16. Mai 1881 bis zum 25. Januar d. I. von diplomatischen und Tonsularbeamten au» St. P«ter»burg, Odessa, Taganrog, Nikolajew und Warschau. ES ist nicht zu verkennen, daß diese Mit- theilungen den Umfang der Judrnhetze zusammen- schrumpfen lassen; daß insbesondere die Berichte der »Times* über die haarsträubenden Vorgänge in Odessa sich als arg übertrieben herausstellen. Generalconsul Stanley aus Odessa hat gerade die Widerlegung dieser Berichte zum Gegenstand einer besonder» Depesche vom 18. Januar gemacht und stellt zunächst die Schändung von Jüdinnen vollständig in Abrede, hebt die wach same Sorgfalt de» Generalgouverneurs, Fürsten Don- dukow - Korsakow, hervor und setzt den den Juden während der Unruhen entstandenen Gesammtverlust auf blo» 20000 Rubel (2000 Pfd. Sterl.) fest. »Zwar beanspruche die jüdische Gemeinde*, so schreibt Stanley, »einen Schadenersatz von 300000 Rubel, aber schon die bessere Klaffe ihrer Glaubensgenossin tadelte sie wegen deS Uebermaße». Die Uebrigen gestanden dies auch ein, entschuldigten aber die Uebertreibung damit, daß sie nur auf diese Weise annähernd zn einem Schadenersätze gelangen könnten. Ein sehr anständiger Jude bemerkte mir, der Schaden könne bei der höchsten Schätzung nicht 50000 Rubel überschreiten.* Fallen auf diese Welse zwei Klagepunkte gegen die Juden weg, so wird andererseits in einem Berichte deS Viceconlul» in Nikolajew, Wagstaff, über die antisemitische Be wegung in Südrußland eine schwerwiegende Anklage gegen da» sociale Gebaren der südrussijchen Juden erhoben, welche zum Theil wenigsten» die Abneigung der Kleinrussen gegen sie erkläre. Wagstaff sagt, daß zwischen den dortigen Christen und Juden ein ein gewurzelter Haß bestehe, der nicht auf religiösem Fana tismus, sondern auf Ausbeutung und Mißbräuchen beruhe. »Da den Juden die Staatslausbahn und andere Berufs arten verschlossen sind, werfen sie sich naturgemäß aus den Handel, den sie bei Trägheit und Thaiivsiqkeil der einheimi schen Bevölkerung völlig in der Hand haben. Anzuerkennen tft dabei ihre Arbeitsamkeit, ihre Nüchternheit und Mäßigkeit und vor Allem ihre geistige Ausgewecktheit und geschäftlicher Unternehmungsgeist. Fast kein E «schäft findet ohne ihre Ver mittlung Statt. Sie sind die Hauptspirituosenhändler; halten Schnapsbuden und Lusthäustr, machen den Hehler, Psandleiber und Wucherer; sie sind ferner die HauptregierungSlieseranten und schwindeln im Brrern mit gewissenlosen Beamten, dem Staate jährlich ungeheure Summen ab. Ihre betrügerischen Kniffe beeinflussen überhaupt All«, die mit ihnen in Be rührung kommen Außerdem besteht bei ihnen eine Art von „Boycotting", wobei sie ihre Religion zu Geschäftszwecken auS- deuten. Sie nennen dies Kaul, ober Kagal oder Kerim. Zum Beispiel: Wird in Bessarabien eine Weinbergernte seilgeboten, so wersen die jüdischen Mitbewerber unter sich das Loos; und Derjenige, dem es zusällt, hat ireie Hand und bietet, unbe helligt von den übrigen. Wird Regierungsland zur Pacht auS- geboten, so trägt stelS ein Jude ten Sieg davon. Er ver pachtet da- Land seinerseits wieder an Bauern zu übertrieben hohen Preisen Bebaut er es aber selbst, so hinterläßt er eS nach Ablaus der Pachtzeit iu einem kläglichen Zustande. Al- Wucherer ist er wohlbekannt. Gesetzt, ein jüdischer Recrut besitzt einige Rubel Capital, so läßt sich mathematisch ausrechnen, wann er der Geldleiher seines Regiment», vom Tambour bis zum Obersten heraus, sein wird. Geräth ein Bauer den Juden in die Hände, so ist er unwiederbringlich verloren. Der Gutsbesitzer verpfändet nach und nach sein ganzes Gut und verliert es ge legentlich; aus diese Weise ist ein großer Theil des Grundbe sitzes in Südrußland in den letzten Jahren in jüdische Hände übrrgegangen. Sie selbst (die Juden) treiben sehr wenig Acker bau, aber sie ernten den Lohn sremder Arbeit und werden reich, während die Gutsbesitzer allmählich verarmen. Man vergleicht die Juden mit Schmarotzern, die sich auf eine Pflanze setzen, die nicht Kraft genug hat, sie abzuschütteln, und dadurch ihie Lebenskraft verliert. In Westeuropa und Amerika idra- tificirt sich der Jude mit dem Volke, unter welchem er lebt, und bildet eiuen Theil der Ration; aber in Rußland sind die Juden eine verschiedene Kaste in G.woynheiten, Denken, Sprache und Kleidung. Der Ruffe und der Jude haben nicht- gemein Die wahre Stellung der russischen Juden wird ost von ihren Brüdern draußen verkannt Diese drücken von ihrem eigenen Standpunkte Mitleid mit ihren Glauben-genoffeu au», übersehen aber dabei die Geltung der Juden in Rußland. Da- Wort ,Jid". da» man in Rußland auf die Juden an- wendet, ist gleichbedeutend mit Allem, wa» gemein nud ver ächtlich ist; man schaut aus ihn al» den Fluch der Gesellschaft, ohne Rücksicht aus seinen Stand " Au» diesen Auszügen ist ersichtlich, daß Gladstone und die »Daily News* vermuthlich diese Berichte im Auge hatten, wenn sie auf eine genauere Forschung der Sachlage drangen, ehe der Stab über Rußland gebrochen würde. UebrigenS ist Wagstaff aufrichtig genug, anzuerkennen, daß die gebildeteren Juden da» Bestreben der oben geschilderten Klasse verabscheuen, und zweitens, daß das einzige Heilmittel für diese Zustände in der politischen Gleichstellung der Juden mit den Ruffen zu suchen sei. Der Handel und die Industrie würoen durch ein redliche- Mitarbeiten der 3500000 Juden sehr gehoben werden. Ferner ist zur Charakteristik de» Wagstafflschen Berichtes hinzu- zufügen, daß sein Generalkonsul, der oben erwähnte Oberst Stanley, jene Anschauungen über die Juden frage nicht thrill. In einem Schreiben an Earl Granville, worin er diesem die Uebersendung de» Wagstaff'schen Berichte» anzeigt, sagt er ausdrücklich: .Ich glaub« nicht, daß die Bauern einen Klassenhaß gegen die Juden hegen, und ich bin überzeugt, daß nach näherer Untersuchung die Unruhen sich al» politische ausweisen werden, und daß bei jedem einzelnen aatijüdischen Erawall die Bauern von solchen Leuten angrreizt wurden, welche deren Trunk« und Plünderung»sucht zu ihren eigenen Zwecken mißbrauchten." Indessen, mag Waastoff Recht haben, oder Stanley, mag die Hktze politischen oder wirthschaftlichen Ur sprung» sein, mögen in Odessa 20000 Rubel oder 300000 gestohlen worden sein; e» bleiben immer ge nug Schandthaten übrig, um e» zu erklären, daß die öffentliche Meinung England» die Regierung drängt, für die Verfolgten einzuireten. St. Petersburg, 22. Februar. (Tel.) Nach dem heute veröffentlichten Bulletin über das Befinden der Großfürstin Maria Paulowna haben sich, ncch- dem die hohe Patientin 4 Tage hindurch schmerz- und fieberfrei gewesen war, gestern Morgen wieder Schmerzen eingestellt; die Temperatur stieg auf 38, brr Puls auf 96. — Der vor einigen Tagen zum Verweser des Departements der Apanagen ernannte Gras Peter Gri- gorowltsch Schuwalow ist in der vergangenen Nacht infolge eine» Nerven schlag- plötzlich gestorben. —Der Kaiser hat, wie authentisch versichert wird, dem Ge neral Skobelew die Aufforderung zugehen lassen, hierher zurückzukehren. Der General wird alsbald hier erwartet und wird Auslassung über sein Auf treten in Paris zu geben haben. — Der »Neuen Zeit* wird aus Moskau gemeldet: Der ehemalige Sladthauptmann von St. Petersburg, jetziger Gouver neur von Archangel, General v. Baranow, hielt gestern in der Gesellschaft zur Beförderung deS rus sischen Handels und der Dampfschifffahrt eine längere Rede, in welcher er u. A. auf den Verfall deS rus sischen Handels und die Bedrückung desselben durch Ausländer, welche im Besitze unnölhiger Privilegien und der besten Ortschasten an der Murmanküste seren, hinwieS. Baranow berichtet, daß der Relchthum des WaldeS von Beamten und ausländischem Capital exploitirt worden seien; er glaube, durch die Gewäh rung von Privilegien an die russischen Einwohner, durch den Bau einer Eisenbahn von Dwina nach Kasan, durch die Vergrößerung der Zahl Ler Dampf schiffe und du-ch die Verabfolgung von Subsidien an die Seemannsschulen könne geschafft werden. Die Rede wurde mit großem Enthusiasmus ausge nommen. General Baranow begiebt sich in den näch sten Tagen nach St. Petersburg, um dort Projecte voizulegen. Riga, 18. Februar. Die „Zeitung für Stadt und Land* hört, daß dem versammelten livländischen Landtage zwei esthnische, von vielen Grundbesitz >rn und Gemeindebeamten unterzeichnete Petitionen vor- gelrgt seien, welche auf die letzizeitige, durch die Esthen- presse hervorgerusene Agitation wider Kirche und Schule Hinweisen und darum bitten, an höchster Stelle den Wunsch zum Ausdruck zu bringen, das Land von Unruhestiftern zu befreien. — Bei dem finnischen Landtage (dem »Bauern stände*) ist eine Petition eines gewissen Mem man in Sachen der Judenfrage kingegangen, in welcher es nach dem „HelsingforS Dagblad" u. A. heißt: Ueberall, wo sich di« Judrn niederlaffen, saugen sie die materiellen Kräfte ihrer Umgebung au» Der Geldreichihum der Welt, sowie die einträglichsten Erwerbsquellen sind in ihren Händen Unverrückt an ihrer Religion und ihrer Na tionalität sefthaltend, predigen sie in der über die Welt ver breiteten und stet« anwachsenden Zeitungkpreffe. welche mittel bar oder unmittelbar in ihrem Dienste steht, den losesten Kos mopolitismus und die gröbste Verachtung der Religion Mit Schrecken liest man, welche grobe und seine Lästerungen die größten und . gelesensten" Zeitungen, von Juden unterhaltenen und geschriebenen Blätter sich erdreisten, gegen die christliche Religion zu schleudern, während die sich .Christen" nennende große Allgemeinheit dazu applaudirt. Während die jüdische Ariftokratie den Christen die einttgen Waffen entwindet, wo mit sie sich vertheidigen können nämlich die Religion und die Nationalität, arbeitet die jüdische niedrigere Bevölkerung in Krügen, im Spielhaur u. s w daran, die zum Untergange .vcrurtheilten Heiden" zu Sclaven ihrer Begierden zu mrchen und dem jchwächern Gegner die letzte sittliche Kraft zu rauben. In unserm Linde giebt es bi» aus Weitere- nur eine Hand voll Juden. Wer aber glaubt, daß die Macht der Juden hier danach deurlheM werden müsse, unterliegt einem großen Jrr- thum. Sowohl in der Presse, wie auch in der öffentlichen M inung hat da» Judcnthum auch hier schon dir Macht. Es ist bek nnt, daß bi» Regierung darüber eine Untersuchung «in- aelettet hat, mit welchem Recht sich die Juden in unserem Lande aushalten können Die Petition, welche darum nachsucht, daß da» Verbot gegen die Wohuungsfestsetzung der Juden in Finnland kräftig aufrecht erbalten, daß das Gesetz, welches den ausgedienten (russisch-jüdischen) Soldaten das Recht verleiht, in unserem Lande zu verweilen, aufgehoben werde, und daß die Juden, welche ohne irgend welches gesetzliche Recht in Finnland wohnen, ausgewiesen werden mögen, wurde nach kurzer Erörte rung für und wider an den BeschwerdeauSfchuß ver wiesen. Alexandrien, 22. Februar. Ein Telegramm des „Frdbl.* meldet: Die türkischen Truppen ln Jemen, die 18 000 Mann zählen, werden urch neue 9000 Mann verstärkt. Der Sultan von Bahadsch (Süd arabien), ein Verbündeter Englands, begünstigt un gemein die Insurgenten in Jemen. Dresdner Nachrichten vom 23. Februar. Aus dem Polizeiberichte. Vorgestern spät Abend ist in der Nähe des Victoriahotels eine Droschke mit einem Pferdebahnwagen zusam mengestoßen. Ein Pferd des letztern kam zum Stürzen und wurde eine Strecke sortgeschleist, auch zerbrach die Deichsel. Die Passagiere kamen mit dem Schreck davon. — Während der letzten Woche sind täglich Meldungen über Diebstähle von Herren-, Damen- und KmderpaletotS aus Vorsälen zu Schullocalen eingegangen. — Am 1l. d. MtS. hatte eine Dame in einem hiesigen Restaurant ihr Portemonnaie mit 80 M. verloren, dasselbe auch, ungeachtet Nachsuchens, nicht wieder erlangen können. Auf private Benachrichtigung lst heute früh ein zu jener Zeit dort bedienstet gewesener Kellner festge nommen worden, welcher auf Vorhalt schließlich ein geräumt hat, das Geld gefunden und zur Hälfte be reits verausgabt zu haben. —S—. Daß die Nähmaschine, zweifellos eine der folgenreichsten und wichtigsten Erfindungen der letzten Jahrzehnte, noch zahlreicher vorläufig nicht zu berechnender Vervollkommnungen fähig ist, dafür wurden uns in jüngster Zett zwei neue Beispiele ge boten. Eine Verbesfirang von großer Tragweite er fährt diese Maschine durch eine, auf jede Schiffchennäh- maschine anwendbare, vorläufig zunächst für die Singer maschine adapürte Erfindung von Julius Guthmann, deren Vertrieb die Firma Rosenberg uud Fränkel »n Berlin übernommen hat und welche hier bereits in den größeren Nähmaschinenhandlungen fertig ausge- führt sich vorfiudet. Durch den ungemein einfachen, aus einem Hebel, einer Feder und einem kleinen Ex cenier bestehenden, an jede Singermaschine anzu'chrau- bendeu Apparat wird das schwierigste Problem für die Nähmaschine gelöst. Der Apparat macht für jede Art von Stoff überwendliche Nath, Zierstlche (Holbeiutechnik), Bindelöcher und Knopflöcher; letztere, deren gegenwärtig »ine Näherin kaum mehr als 15 im Tage fertig bringt, 4 in der Minute. Durch einfache Drehungen einer Schraube kann die Maschine so gestellt werden, daß sie irgend eine der gewünschten Arbeiten ausführt. Der Apparat findct schon vielfache Anwendung infolge der solid, n und musterhaft schönen Arbeit, welche er liefert. Eine Reihe größerer Fabriken hat sich entschlossen, ihre Ma schine durch Zugabe der Guthmann'scheu Eifindung zu vervollkommnen, uud eS spricht nam.nt.lch zu deren Gunsten, daß dieselbe bei dem preußischen Garde- schützenbatalllon, dessen sehr vorsichtig vorgehende Ad ministration auch zuerst die Voriherle der Näh maschine erkannte, bereits eingesührt wurde. Die Maschine ist in drei Größen, für Haushaltungen, für Heuen- und für Damenschneider vorrälhig. — Eine andere Vervollkommnung der Nähmaschine rührt von einem hiesigen Fabrikanten, Franz Trinkr, her, d.ssen Ateli.r sich im ,Annenhof* befindet. Derselbe Hal eine neue verb.sserte Strohhutnähmaschine coiistrmrt und dadurch gezeigt, wie die Nähmaschine, welche schon su» 1873 m unserer Stadt für diese Brauche verwendet wird, auch nach dieser Richtung hin einer Verbesserung fähig ist. Die Mafchine ar- dann und wann von Weitem zu sehen) während der Zeit de» Respiro'S führten. Aber der Raum gestattet uu» nicht, den ingenieusen Sermon zu copiren, den diese mitunter sehr gelehrten Gäste Trimalcion'S klatschten. ES ist noch so viel Eßbare-vorzuführen, daß wir zum zweiten Theile de» Gastmahle» zurücktehren müssen, zumal Petroniu» unter die starken Realisten zählt and e» fast Mode wurde, Realistisch und Häßlich zu iden- tificiren. Da» Gespräch wogte noch auf und ab, eben sprach man die Hoffnung au», daß Mammea endlich einen Schmauß geben würde (vielleicht ein Zeichen, daß sich schon wieder frischer Appetit eingestellt hatte), die Tafelmusik spielte ohne zu ermüden, da wurden drei weiße, mit Glöckchen geschmückte Säue an Halftern lebend in den Saal geführt, von denen die älteste drei, die jüngste nur ein Jahr zählte. Die Gäste er warteten, daß diese Schweine abgerichtet seien und, wie die» auf öffentlichen Plätzen zu sehen sei, nun ihre Kunststücke produciren würden. Aber dem war n,cht so. „Mein Koch* sagte der Hausherr ganz stolz, „kocht Euch in der Geschwindigkeit ganze Kälber, wie Landjunker e» mit Hühnern zu machen verstehen. Ihr sollt sehen*. Er befahl nun, da» älteste der Schweine zu schlachten, und ermahnte den Koch, welcher dem Range seiner Kunst nach in die vierzigste Diätenklaffe gehörte, sein Kunststück zu machen, Widrigenfall» er de- gradirt werden würde. Eilfertig führte der Mann der vierzigsten Klaffe sein Schwein in die Küche, und Eu- klop findet, daß der Koch durch seine» Herrn Drohung gar gewaltig angefeuert worden fei. Man brachte al» Borkost Wein au» Terracina, und noch war die Liba« tion nicht zu Ende, al» schon eine Maschine mit einer ungeheuer« Sau die Tafel eiunahm. Alle» wunderte sich pflichtfchuldigst über diese rasende Geschwindigkeit, zumal da» Schlvein noch größer war al» die Wildsau, hie fit früher gegessen. Trimalcion besah diese große Piäce mit Kenneraugen und schrie: „Dieses Schwein ist ja nicht auSgewerdrt; beim Herkules, sie ist eS nicht! bringt mir ten Koch!* De. Koch kam, und traurig gestand er, daß er in der Eile da» AuS- weiden vergessen habe. Sogleich fielen zwei Kerker meister über den armen Künstler her und wollten ihn wegschleppen — aber die Gäste baten für ihn, und Trimalcion gab nach, befahl aber, daß der Koch zur Strafe da» Thier jetzt auSweide! Der Koch öffnete mit furchtsamer Hand den Bauch, und herau» fielen alle Arten köstlicher Würste. Für diese» Kunststück erhielt der Koch einen Trunk Weine» und — eine silberne Krone. Während man nun Schwein und Würste aß und Falerner und Terraciner trank, floß da» Gespräch lustig fort, und an diefer Stelle wird von dem unzerbrech baren Glase gesprochen, da» sich hämmern ließ wie Erz und da» dem Erfinder den Kopf kostete — weil man fürchtete, daß Gold und Silber eniwerthet würden! *) Trimalcion politifirte, philofophute, la» zum Zorne der Homeristen ein lateiniicheS Buch vor; ein Knabe brachte einen Becher, au» welchem die Gäste beschriebene Zettel zogen und (eine Art Tombola) jene Geschenke erhielten, welche darauf geschrieben waren; z. B. einen lebenden Hasen mit einem lebenden Fische, eine Wasser mau» mit einem Frosche zusammen gebunden, u. s w. Der Autor notirt hier „Heiterkeit*, und wir dürfen un», fall» nicht der Wein die Herren schon so kindlich gestimmt hatte — wohl wundern über die Harmlosig keit dieser Tischspäße. Eine noch größere Piäce trat jetzt auf, näm lich ein ganze» gebratene» Kalb, da» auf silberner Schüssel ruhte und eine Sturmhaube au» Erz trug. Hinter ihm kam Ajax mit dem Schwerte. So geschickt *) Ueber di«ft» Gla» sind verschied«»« wiffenschastlicht Er- brterungtn angestellt, di« zu d«r Meinung geführt haben, daß dtffer Sach« Kin »örtlich zn nehmend«« Facm» zn Grund« l«^. war dieser Ajax, daß er das Kalb aus freier Hand anatomisch zerhieb und jedem Gaste ein Hauptstück zu- theilte. Nun theilie sich dir Decke des SpeisesaaleS, und ein großer Zirkel senkte sich herab, an dessen Bogen goldene Kronen und Salbenbüchsen aus Alabaster hin gen; jeder Gast konnte sich ein Geschenk zum Anden ken an daS Mittagsmahl neymm. So wie dies unter Dankrusen geschehen war, verschwand der Zirkel in der Höhe, und der Tisch war mit Kuchen, Trauben und Obst aller Art bedeckt. Alle Kuchen und alle Aepfel aber strömten balsamische Düfte aus, so heftig, daß, wie Euklop fagt, den Gästen fast übel wurde. Alle nahmen von dem parfümirten Obste und den wohlriechenden Kuchen, füllten sich damit die „Tisch tücher* und trugen sie heim für ihre Frauen und Kinder. Und nun war daS Diner zu Ende. Aber halt! Noch nicht ganz. Es kamen drei weißgekleidete Kna ben, welche Statuen aus Silber und Gold trugen. Zwei von ihnen, Cerdon und Felicion mit Ramen, stellten ihre Hausgötter auf den Tisch. Der dritte, Lucron, trug die seine herum und reichte sie den Gästen zum Küssen. ES war die» die goldene Statue de» reichen Gast geber» Trimalcion „Wir schämten un»*, sagte Euklop zum Schluffe, „aber da Alle die Statue küßten, so konnten wir auch nicht leicht ander».* * Au» Bayreuth erscheinen jetzt seltsame Schil derungen über die Pracht, welche Wagner für seine Parsrfalaufführung zu entfalten strebt: Die Be sucher de» „Parflfal* im Sommer 1882 werden Wun derwerke der Decoration»kunst zu schauen bekommen. Da ist zunächst der ideale Wald von der Gralsburg mit dem Blick auf den Waldsee. Diese Scene ver wandelt sich später iu ein fortlaufende» Panorama, die Felsengebirge des nördlichen Spaniei s treten pla stisch vor unser Auge, durch dunkle Gä ige und Grotten schreiten Parsifal und Guinemanz, vis sich die Wan- deldecoration in einen mächtigen dreischisfigen Mar morkuppelsaal (das Innere der Gralsburg) verändert. Ein geheimnißvoll^s Dunkel erfüllt diesen Betsaal der Ritter, aus der Höhe der Kuppel dringt Licht, Gesang und Glrckengeläute. Die Gesäße de- „Gral*, mit elektrischer Lampe versehen, werden eigens nach Zeich nungen JoukowSky'S auss Stilvollste ausgesührt. Tas ist aber noch nichts gegen die Dekorationen deS zwei ten Actes. Die erste Scenerie, das innere Burgver ließ des Zauderers Klingsor, maskrrt nur die darauf folgende, alle Sinne im höchsten Grade bestrickende Dekoration des ZauberganenS mit feiner üppigen Blumenpracht und der Terrasse des Zauberschlosses. Die Scene wird die ganze Tiefe des Bayreutyer Büh- nenraumeS einnehmen. Unter den Verfetzstücken und lhell- weise aus den Blüthengebüschen steigen die Zauvermädchen hervor, deren Co'.üme den ausführendcn Künstlern manche Schwierigkeit bereitet haben, da Wagner alles Traditionelle oder Balletmäßige streng verpönte. M t einem Schlage verwmdett sich diefer exotische Blumen garten, und wir erblicken eine verdorrte Einöde vor un». Im dritten Aufzuge fesselt unS eine waldige Blumenau, die ein lebender Ouell durchrieselt, linl- an einer mächtigen Eiche die Einsiedlerhütte Gurne- manz'. Diese Scenerie, in welcher sich der Höhepunkt der Dichtung, die Fußwaschung und dann die Be kehrung Kundry's abspielt, ist von Joukow-ky besonder» poetisch erdacht. Wiederum verfolgen wir in einer sehr schönen Walderdecoration die Wanderung Parsi- sal'S in die Gralsburg, die am Schluffe mit dem Mysterium der Abenümalsfeier m höhere Sphären zu verletzen scheint. Da» Werk könnte wohl auch für Kunstfi runde von gewöhnlicher Re, venkrast ohne Musil al» Pantomime ausgefuhrt werden.
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