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Weißeritz-Zeitung : 07.11.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-11-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1761426109-191311078
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1761426109-19131107
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1761426109-19131107
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWeißeritz-Zeitung
- Jahr1913
- Monat1913-11
- Tag1913-11-07
- Monat1913-11
- Jahr1913
- Titel
- Weißeritz-Zeitung : 07.11.1913
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Bayerns kömgspaar. König Ludwig III. von Bayern, der vor wenigen Tagen auf Grund der ergänzten Landesverfassung die Regent schaft für beendet erklärt und die Königswürde ange- iwmmen hat, wurde am 7. Januar 1845 in München ge boren als Sohn des späteren Prinzregenten Luitpold und der mit ihm vermählten Prinzessin Augusta von Toskana, steht jetzt also im 69. Lebensjahr. Schon als Regent und früher als Prinz hat König Ludwig für alle staatlichen und wirtschaftlichen Fragen ein reges Interesse gezeigt. Aber auch Kunst und Wissen schaft fanden in ihm einen warmherzigen Förderer. Das Vertrauen des bayrischen Volkes, das ihm schon beiUeber- nahme der Regentschaft entgegengebracht wurde, wird ihm <iuch auf dem Königsthron folgen. Aus zahlreichen Kund gebungen des jetzt auf den bayrischen Königsthron Be rufenen sprach ein fester deutscher Sinn, ein unverbrüch liches Festhalten am Reichsgedanken und der entschlossene Wille, an der Entfaltung der nationalen Kräfte mitzu wirken. Was Prinz Ludwig in dieser Beziehung für sein engeres bayrisches Stammland und sür das Reich getan hat, ist nur zu bekannt. Weniger bekannt ist, was Bayerns neue Königin ihrem Gemahl, ihrer Familie und dem bayrischen Volke gewesen ist. Die Königin, Erzherzogin Maria Theresia von Oesterreich steht jetzt im 65. Lebensjahr. Aber man kann wohl sagen, daß man ihr ein so hohes Alter nicht .anfehen kann. Prinz und Prinzessin Ludwig lernten sich bei einer traurigen Gelegenheit kennen. Prinz Ludwig, der damals selbst erst 22 Jahre alt war, vertrat seinen königlichen Vetter Ludwig II. bei der Trauerfeier um die Erzherzogin Mathilde, die beim Brand ihres Kleides ums Leben kam. Bei diesen Feierlichkeiten sahen sich die Erzherzogin und Ler junge Wittelsbacher, und schon nach wenigen Monaten reiste der Prinz abermals nach Wien, um mit Erlaubnis des Königs um die Erzherzogin Maria Theresia anzu halten. Im Februar 1868 war die Hochzeit, und somit werden König Ludwig III. und seine Gemahlin bereits wenigen Jahren das Fest der goldenen Hochzeit feiern können. Die Ehe ist eine außerordentlich glückliche; die Prin zessin verstand es, ihrem Manne und ihren Kindern in ! dem äußerlich so schmucklosen Wittelsbacher Palais ein Heim, zu schaffen, das an Gemütlichkeit und Traulich keit kaum irgendwo übertroffen werden dürfte. Besonders den Kindern war sie eine Mutter, wie man sie selten findet. Von Natur ausgerüstet mit den vielseitigsten Gaben und lebhaftestem Interesse für alles das, was heute Las intellektuelle Leben ausmacht, war sie den Kindern von klein auf ein zuverlässiger Berater und Helfer, in deren Sympathien und Interessen, und wenn heute die Söhne und Töchter sich in vielen Dingen merklich von anderen Fürstlichkeiten unterscheiden, so ist dies in der Hauptsache das Werk der Mutter. Die Königin selbst interessiert sich besonders für Musik, Malereien und Naturwissenschaften, und hier besonders für Botanik. Während Prinz Ludwig auf seinem be rühmten Leutstetten seinen landwirtschaftlichen Neigungen nachging, durchstreifte seine Gemahlin Felder und Wälder, um Pflanzen für ihr Herbarium zu finden. Allen Wohl- kätigkeitsbestrebungen bringt sie von jeher das lebhafteste Interesse entgegen und fördert sie, wo es ihr möglich ist. And besonders spricht es für ihre Eigenschaften als Haus frau, daß sie die Angewohnheit hat, sich durch den Augen schein davon zu überzeugen, ob man das, was fn den Komiteesitzungen beschlossen wurde, in der Praxis auch burchgeführt hat. Heute konzentriert sich die ganze Liebe der Königin auf ihre beiden niedlichen Enkelkinder, die beiden Söhne des Prinzen Rupprecht und der leider viel Zu früh verstorbenen Prinzessin Gabriele von Bayern. Die Königin ist keine Freundin übertriebenen höfischen Luxusses, im Kreise ihrer Familie, oder da, wo es gilt, wohlzutun und anderen zu helfen, da fühlt sie sich zu Hause und am rechten Platze. Aus Groh-Berlin. Der verband deutscher Landgasthafsbesiher, der 42 000 Mitglieder zählt, trat dieser Tage in Berlin in der Anionsbrauerei zu seiner dritten Tagung zusammen. Amts sekretär a. D. Müller-Halle sprach über Konzessionswesen imd Polizeistunde. An den Vortrag knüpste sich eine De- Latte, in der Klage geführt wurde über die Praxis der Amtsvorsteher betreffs Konzessionsgewährung, Herabsetzung Ler Polizeistunde, Versagung der Tanzerlau'bnis und Fest setzung der Stempelsteuer für Lustbarkeiten. Referent «mpfahl, in allen solchen Fällen die gerichtliche Ent scheidung anzurufen, da die Wiederholung auch gering fügiger Polizeistrafen die Konzessionsentziehung nach sich Ziehen könne. Aus der Versammlung wurde der Wunsch laut, daß eine einheitliche Festsetzung der Polizeistunde auf 12 Uhr für alle ländlichen Orte angestrebt werde. Der Verbandstag beschäftigte sich dann mit dem englisch amerikanischen Tabaktrust, der besonders die Gasthof besitzer und Koloniälwarenhändler auf dem Lande durch Zugaben für seine Bestrebungen zu gewinnen suchte. Der Verbandstag beschloß, dem Antitrustoerband als korpora tives Mitglied beizutreten. An den Kaiser wurde ein Huldigungstelegramm abgesandt. Zur Aamilientragödie bei Lübars. Ueber die Blut tat des 77 Jahre alten Photographen und Reklame schilderfabrikanten Karl Lichtenfeld aus Berlin, der seine 42 Jahre alte Tochter Agnes, die mit dem Schriftsetzer Plötzer verheiratet war, aber von ihrem Manne getrennt lebte, ferner deren 13 Jahre alte Tochter Luise,. weiter seine 36 Jahre alte Tochter Selma, die mit einem Kauf mann Thieme verheiratet, von ihm aber seit 5 Jahren geschieden war, und endlich sich selbst erschoß, wird noch das folgende bekannt: Die Familie befand sich in den un erquicklichsten Verhältnissen. L. konnte nur noch wenig verdienen und stand unmittelbar vor der Exmission. An statt zum Unterhalte der Familie nach Kräften beizu tragen, führten die Töchter einen recht leichtfertigen Lebens wandel. Gegen beide Frauen waren außerdem vor längerer Zeit Strafanzeigen erstattet worden wegen eines unerlaubten Eingriffes. Zwei Tage vor der Bluttat stand in dieser Angelegenheit zu Moabit die Hauptverhaudlung an, die damit endete, daß Frau Thieme zu drei Wochen und Frau Plötzer zu neun Wochen Gefängnis verurteilt wurden. Die beiden Frauen hatten sich schon im Gerichts saal wie wahnsinnig gebärdet, so daß die Verhandlung unterbrochen werden mußte. Nach der Verkündigung des Urteils gerieten sie dann in einen Zustand, in dem sie ihr verfehltes Leben von sich zu werfen beschlossen. Lichten feld selbst hatte schon vor dem Prozeß geäußert, daß er sich mit seinen Töchtern und seinem Enkelkinde er schießen werde, wenn jene verurteilt werden sollten. Nachdem das nun eingetreten war, begaben sich Dienstag nachmittag alle vier zu Verwandten nach Pankow. Dort schrieben sie inehrere Briefe an Ver wandte und an die Polizei. Der Brief an den Vater der miterschossenen Luise enthielt einen von dieser geschriebenen Nachsatz, daß sie keinen anderen Wunsch hätte, als mit ihrer Mutter, der Tante und dem Großvater in den Tod zu gehen. Aus dem Befund am Tatort, der gleich nach Auffindung der Leichen von der Staatsanwaltschaft aus genommen wurde, geht hervor, daß Lichtenfeld zuerst seine Töchter, dann sein Enkelkind und schließlich sich selbst er schossen hat. Der Ort Lübars wurde für die Bluttat ge wählt, weil die beiden Frauen dort ihre Kinderjahre, also ihre schönste Lebenszeit, verlebt hatten. Aum Leichensund an der Aannowiybrürke. Die Aufklärung des Leichenfundes an der Iannowitzbrücke ist im Laufe der Nacht zu Donnerstag um einen bedeutenden Schritt vorwärts gekommen. Es gelang, die Persönlichkeit der Toten festzustellen. Die Erstochene ist eine am 15. April 1883 zu Berlin geborene Frida Gerhardt, ein Straßenmädchen, das zuletzt in Neukölln in der Pritiz- Handjery-Straße 39 bei seinem Geliebten, einem Schlosser Julius Hodske, wohnte. Automobil und Vororlzug. Zwischen den Stationen Wildau und Königswusterhausen an der Görlitzer Bahn fuhr Mittwoch abend ein Automobil eines Berliner Waren hauses gegen einen Vorortzug, nachdem es die herunter gelassene Schranke zertrümmert hatte. Das Auto wurde vollständig demoliert, und auch der Eisenbahnzug erlitt starke Beschädigungen. Der Chauffeur und sein Begleiter sowie die Zuginsassen blieben unverletzt. Aus dem Reiche. Auszeichnung deutscher Seeleute. Die heldenmütige Rettungsaktion der Dampfer „Großer Kurfürst" und „Seyd litz" des Norddeutschen Lloyd gelegentlich der Katastrophe des „Volturno" hat den Norddeutschen Lloyd veran laßt, den beteiligten Offizieren und Mannschaften besondere Auszeichnungen zukommen zu lassen. Der bisherige erste Offizier M. Spangenberg, welcher provisorisch das Kom mando auf dem Dampfer „Großer Kurfürst" innehatte, wurde zum Kapitän ernannt. Die Offiziere, welche die von den beiden genannten Dampfern ausgesetzten Rettungs boote führten, erhielten ein Geschenk, und sämtliche Boots mannschaften der zwölf Rettungsboote beider Schiffe ein Monatsgehalt, außerdem die anderen am Rettungswerk beteiligten Leute, welche an Bord der Dampfer „Großer Kurfürst" und „Seydlitz" verblieben, entsprechende Grati fikationen. Fernerging jedem einzelnen Mann der Boots besatzungen, welche sich aus Matrosen, Heizern und Stewards zusammensetzten, persönliche Dankschreiben der Di rektion des Norddeutschen Lloyd zu. Aus aller Wett. Die Eisenbahnkalaslrophe bei Melun. Die Bergungs arbeiten an der Unglücksstelle dauerten am Mittwoch bis abends 7 Uhr an. Aus Dijon war ein mächtiger Kran herbeigeschafft worden, um denLokoinotivtender zu heben, unter dem mehrere Leichen lagen. Mit unendlicher Mühe gelang es den Soldaten, alle Opfer des Eisenbahnunglücks aus den Trümmern freizumachen. Die Gendarmen be schlagnahmten alle Gegenstände, die zur Identifizierung dienen konnten. Im ganzen wurden bis Mittwochabend 40 Leichen geborgen. Verwundet wurden im ganzen zehn Personen, darunter zwei schwer, aber nicht lebensgefährlich. Sie befinden sich im Hospital von Melun und wurden dort von Präsident Poincare besucht. Unter ihnen befindet sich ein Hamburger, Max Aberbach, dessen linkes Bein gebrochen ist. Der Schwiegervater Aberbachs gehört zu den Vermißten. Aum Tode des deutschen Forschungsreisenden Hantzsch. Der englische Missionar Edgar Greenshield, der von einer zweijährigen Missionstätigkeit unter den Eski mos auf der Blacklead-Jnsel zurückgekehrt ist, hat die erste genaue Kunde von dem Tode des deutschen Forschungs reisenden Hantzsch gebracht, der vor vier Jahren mit Green- shield auf einem houändischen Walfischfänger ausgefahren war. Hantzsch ist im vorigen Jahre aus einer ausgedehnten Expedition gestorben, die er von der Missionsstation auf der Blacklead-Jnsel aus unternommen hatte. Seine Kräfte waren anscheinend den Strapazen und den klima tischen Verhältnissen nicht gewachsen. Er war von einigen Eskimos begleitet, die ihm ein' christliches Begräbnis be reiteten und seine Hinterlassenschaft Greenshield ausge händigt haben. Verhängnisvoller. Schiffsbrand. Der Petroleum dampfer „Twingone" ist im Hafen von Tutikorin an der Ostküste Indiens in Flammen aufgegangen. Fast die ganze Besatzung von 50 köpfen, das Töchterchen des Kapitäns und eine große Anzahl Kulis, die sich an Bord befanden, sind in den Flammen umgekommen. Der Brand brach aus, als man damit beschäftigt war, das Petroleum in die Hafeutanks überzuleiten. Das Feuer griff so schnell um sich, daß alle Aussichten, es erfolgreich zu bekämpfen, hoffnungslos erschienen und ausgegeben wurden. Die Besatzung des Schiffes und die an Bord vesinoucyen rruus stürzten sich aus die Rettungsboote. Doch gelang es nur einem Teil der Mannschaft, sich auf diese Weise zu retten. Nur ein Rettungsboot, das der Hafenbehörde, das in der Nähe des Dampfers lag, er reichte glücklich das Land, die anderen schlugen um und ihre Besatzung fiel in das Wasser, auf dessen Oberfläche das ausströmende Petroleum brannte. In diesem Flammen meer spielten sich schreckliche Szenen ab. Vergebens be mühten sich Leute der Besatzung unter Aufbietung aller Kräfte durch den Flammengürtel hindurch ins freie Meer zu gelangen. Hprze Auslands-Chronik. Ein Verlader des Dampfers der Austro - Americana „Sophie Hohenberg" ist in Triest nach viertägiger Krank heit gestorben. Der Obduktionsbefund ergab Beulen pest. Der Dampfer wurde sofort desinfiziert. In ganz Bulgarien ist seit Mittwoch die Cholera erloschen. Der Flieger Daucourt ist am Mittwoch auf seinem Kairofluge in Bukarest eingetroffen. Vermischtes. Vom „Luxus" in alter Zeit erzählt ein französischer Journalist, Victor du Vled, in der Pariser „Revue Hebdo- madaire" interessante Einzelheiten. So bestand zur Zeit Karls des Großen (etwa 800 n. Chr.) die Wäsche eines königlichen Schlosses nur aus zwei Bettlaken, einein Tisch tuch und einem Taschentuch. Im Palast Alfreds des Großen (871—901) mußte man, um sich gegen den Wind zu schützen, die Wände mit Tüchern und Vorhängen be decken und die Lichter in Laternen stecken. Im fünfzehnten Jahrhundert war die Gattin Karls VII. (1422—1401) viel leicht die einzige Dame Frankreichs, die mehr als zwei Leinwandhemden besaß; wenn man das hört, versteht man auch, weshalb die Leute damals ganz nackt zu schlafen pflegten. Im sechzehnten Jahrhundert schickten Prinzessinnen einem Prinzen Nachthemden als besonders kostbares Geschenk. Unter der Negierung Heinrichs IV. von Frankreich (1589—1610) verkaufte man den Zucker unzenweise in den Apotheken. Dandolus berichtet mit Entrüstung, daß die Gattin eines Dogen den Luxus so weit getrieben habe, beim Essen sich statt üer Finger einer kleinen goldenen Gabel zu bedienen; die Strafe für eine solche Auflehnung gegen die guten alten Sitten sei aber nicht ausgeblieben: die stolze Frau habe schon bei Leb zeiten gerochen wie eine Leiche. . . . Der zweite ürupp-Prozeß. In dem Prozeß gegen Brandt und Eccius wurde am Mittwoch- nachmittag zwischen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung noch eingehende Erörterungen über die Vereidigung oder Nichtvereidigung derjenigen Zeugen gepflogen, die zu der Firma Krupp in Be ziehung stehen. Nach längerer Beratung verkündete Landgerichtsdirektor Doktor Karsten folgenden Gerichtsbeschluß t „Die Zeugen Landrat a. D. Rötger, Dr. Dreger, Dr. Mueh- lon, Marquardt und von Metzen sind nicht zu vereidigen, weil sie an der. den Gegenstand der Anklage bildenden Straftat als Teil nehmer oder Begünstiger verdächtig sind. Vereidigt werden die Zeugen Hugenberg, Mouths, Haux, Kloepser, von Dewitz, Grün wald, Rausenberger und Kern." Der Vorsitzende teilte darauf mit, daß am Freitag noch Exzellenz von Bücking und Major Aders als Zeugen vernommen werden sollen. Auch der Oberstaatsanwalt teilt mit, daß er auf ein an ihn ergangenes Schreiben noch den Major a. D. Wangemann als Zeugen laden werde. Der Vorsitzende sprach dann die Hoffnung aus, daß am Freitag und Sonnabend die Plädoyers und am Sonnabend auch die Urteilssällung werde erfolgen können. Am Donnerstag fiel die Verhandlung aus. Aus dem Gerichtssaal. Zum Tode verurteilt. Das Schwurgericht zu Glatz ver urteilte den Bäckergesellen Max Weigelt aus Zadel, Kreis Franken stein, wegen der Ermordung der sechsjährigen Marie Kirchner zum Tode und wegen des an dem Kinde begangenen Sittlichkeits verbrechens zu zwei Jahren Zuchthaus. Im Ritualmordprozetz zu Kiew erklärte der Staatsan walt in seinem Plädoyer, der Prozeß werde nur deshalb eine Weltaffäre, weil auf der Anklagebank eln Jude sitze. Er verglich sodann den Prozeß mit der Dreyfusaffäre. Das Judentum fürchte, daß es, wenn Beilis verurteilt werde, möglicherweise zu Aus schreitungen komme. Die Regierung jedoch beschütze alle ihre Untertanen, daher bestehe kein Grund, Pogrome zu befürchten. Die armen Klassen unter den Juden seien an der entstandenen Bewegung unbeteiligt, doch ihre Führer brächten das jüdische Volk in Gefahr. — Der Staatsanwalt gab der Ueberzeugung Ausdruck, daß Krassowski die wahren Schuldigen kenne, aber ihre Namen dem Gerichte nicht mitteilen wolle. Der Versuch, Wera Tscheberjak zu verdächtigen, sei völlig mißlungen. Der Staats anwalt gab daraus eine eingehende Kritik der Zeugenaussagen und zog den Schluß, Beilis habe Juschllchinski in die spätere Wohnung von Frau Beilts geschleppt; dort sei der Mord begangen worden. Wer außer BeMs daran beteiligt gewesen sei, blelbe unbekannt. Diejenigen Sachverständigen, welche miteinander übereinstimmten, hätten bewiesen, daß man Juschtschinski gemartert habe, um sein Blut zu gewinnen. Die Frage, was sür eine jüdische Sekte Blut brauche und zu welchen Zwecken, sei nicht zu entscheiden. Er wolle nicht die jüdische Religion als solche, die in vielem mit der christlichen übereinstimme, beschuldigen; es handle sich vielmehr um einzelne Fanatiker oder um eine Sekte, die noch nicht näher bekannt sei.
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