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Dresdner Journal : 24.02.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-02-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188402248
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18840224
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18840224
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1884
- Monat1884-02
- Tag1884-02-24
- Monat1884-02
- Jahr1884
- Titel
- Dresdner Journal : 24.02.1884
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u 17 Sonntag, den 2ä. Februar. 1881. >v >f»ni«i> <ienr»et>«o Lot eil»: .tätlrlietl: .... 18 , jtlbrüel»: 4 U»rtc 80 kk. ^ivrsloo Kuvua«r»: 10?« L«»«rd»1d äv» 6sut»otl«v Loiok« tritt ko»t- u»«I 8t«lllp«i»u»ctll»b tlillm. kür äs» k»uir> vü»»r ^e»pLlt«ll«Q ?«titr«il» SO kL vot»r „Lü»^«»Ln6t" äi« 2«il» 80 ?k. Loi 1»d«U«o- m»ä 2jAsrn»st» 80 's» ^ukctll»?. - I»»«r»i^»»an»Iim» ««->v!inl!»: L»ix«tx: ^r. Lloliriutetter, O>mnlj--sionLr 6e» Or««tn8r 6oun»»l»; L»»d«r, »»rlt« Vt«u S»»»I Lr»,l»« ». N.: F >«rUL-Vi«l S»»dmL- rr»U-l^ip»ir Lr»i»kti>r1 ». ». »»«eil«»: Ni«6. Ml«»,' I»r>iil: I«,rat»</on</ant, >r»moo: L. §e/Uotts,' Nr»»l»a: F ^ta«Ao»»'» Lureau <Lmii Labat/»-,- knullltiul ». U: F?. OacA«^»ot>« üu^dlucnsluo^; 0krM»: O. L/Äler; s»«»»»»r! <7. ?»rt, N»rU« »r»»tti»rt ». N.- »tllUU»rt! Da«t>«<- 6o./ L»»dllrz: AL Lr»ck«Ii,^o, H^Iicd mit XuinLkm» 6vr 8oiu>- on6 ?eiort»^» Fb««6» ktlr 6»« fol^eväen 1^. Verantwortliche Redactton: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. ll » r » u » x v d « r r Lüvinl. 8ipe6itiov 6s» Vrs»6ver 6oorn»l», Dr«»6«o, 2Wio8«r»tr««« lio. SV. Aachöestessungen auf daS „Dresdner Journal" für den Monat März werden zum Preise von 1 M. 50 Pf. angenommen für Dresden bei der unterzeichneten Expedition (Zwingerstr. Nr. 20), für a»S»irtS bei den betreffenden Postanstalten. In DreSde» - Neustadt können Bestellungen abgegeben werden in der Kunst- und Dtttsikalien- handlung des Herrn Adolf Brauer (Haupt straße 2), sowie bei Herrn Kaufmann Hermann Donath (Albertplatz gegenüber dem Albert- theater), woselbst auch Ankündigungen zur Be förderung an unser Blatt angenommen werden, und ebenso, wie bei dem Bahnhofsbuchhändler Herrn Weigand (Böhm. Bahnhof), einzelne Nummern des „Dresdner Journals" zu haben sind. Ankündigungen aller Art finden im „Dresd ner Journal" eine sehr geeignete Verbreitung, und werden die Gebühren im Ankündigungs theile mit 20 Pf. für die kleingespaltene Zeile oder deren Raum berechnet; für Ankündigungen unter ,Eingesandtes" sind die Gebühren auf 50 Ps. für die Zeile festgestellt. Lömgl. Expedition des Dresdner Journals. (Zwingerstraße Nr. 20, in der Nähe des neuen Postgebäudes.) Nichtamtlicher Theil. «edkr sicht: Telegraphische Nachrichten. Zetluugsscdau. TageSgrschichte. Statistik und Bolkswirthschaft. Keuillrtou. Inserat«. TageSkalender. Telegraphische Nachrichten. Paris, Sonnabend, 23. Krbruar. (Tel. d. Dresn. Journ.*) AlS der Prinz JSröme Napoleon in Gegenwart der Prinzen Victor Delegirte deS Pariser AevisionScomitöS empfing, betonte er die Einigkeit seiner Familie, sowie die Untrennbarkeit der Nachkommen Napoleon'- von der Sache deS Volkes und sagte: Die Constitution von I875 sei durch eine orlea- nistische Jntrigue eingeführt worden und liefere.die Regierung den unverantwortlichen Majoritäten auS; dies sei die Ursache des Uebels, an welchem Frankreich leide. Er hoffe, es werde den Opportunisten nicht gelingen, die Revision der Constitution vom Jahre 1884 zu verhindern. Redner schloß: Setzet Euch kühn an die Spitze der Bewegung! Das Volk wird Euch folgen; dem Volke allein gehört das Recht, seine Re gierung zu constituiren und Denjenigen zu wählen, den es für fähig hält, es zu führen. Loudon, Freitag, 22. Februar, NachtS. (W. T B.) In der heutigen Sitzung des OderhauseS bestätigtr der StaatSseeretLr deS Auswärtigen, Earl Granville, daß tu Suakiu heute ein Bericht *) Nachdruck^verboten. D. Red. Über die vereinbarte Uebergabe von Tokar an die Aufständischen eivgegangeu sei; eine Nachricht von der thatsächlich erfolgten Uebergabe von Tokar habe er aber noch nicht erhalten. Die Vorberei tungen zur Landung der Truppen in Trinkitat würden daher beschleunigt. Im weitern Verlaufe der Sitzung beantragte der MarquiS v. Salis bury die Riedersrtzung einer köuigl. Commisfiou zur Untersuchung der Arbeiterwohnuvgen in den Städten. Der Lordoberkammerberr Carrington befürwor tet den Anttag namens der Regierung mit dem Zu satze, daß die Untersuchung auch auf die Bauernwoh nungen ausgedehnt werde. — Der Prinz v. Wales sprach sich in ausführlicher Rede für die Vornahme der Untersuchung aus; er habe jüngst selbst mehrere Arbciterdistricte besucht und sich von dem entsetzlichen Zustande der Arbeiterwohnungen persönlich überzeugt. Der Antrag Sali-bury'- wurde mit der von der Negierung vorgeschlagenen Modifikation an genommen. Der Staatssreretär der Colonien, Earl Derby, erklärte auf eine Anfrage, die Ne gierung werde ihr Möglichstes thun, um den Plan einer Föderation unter den australischen Colonien zu fördern. Im Unterhause antwortete der Premier Glad stone auf eine Anfrage Northcote'S, die Regierung halte eS im öffentlichen Interesse für uothwrndig, von Tag zu Tag zu erwägen, waS sie über die Schritte und von den Erklärungen deS Generals Gordon mittheilen und waS sie davon zurückhal- teu solle. Sodann wurde die Adreßdebatte zu Ende geführt. DaS von Parnell zur Adresse ein- gebrachte Ameudrmeut wurde gegen 30 Stimmen abgrlehut und die Adresse hierauf in erster Lesung angenommen. Der Präsident Sir Char- leS Dilke erklärte, betreffs der Action Rußlands in Merw könne die Regierung ihre Ansichten jetzt noch nicht mittheilen, da sie dieselben in St. Pe tersburg betonen müsse. Die Regierung halte an der dem Emir vou Afghanistan gegebenen Lerfichr- rnng fest. Angesichts dieser Versicherung könne England hinsichtlich der Vorgänge in Afghanistan nicht gleichgiltig sein; eS war stetS die Politik der Negierung, Afghanistan al- Vorposten Englands stark und unabhängig zu machen. Im Uebrigea sei Englands Stellung an der Rordwestgrenze Indiens jetzt befriedigender, als zuvor. Rach dem heute Nachmittags stattgehabteu CabinetSrathe hatte der Oberbefehlshaber der eoglischeu Truppea, Herzog v. Cambridge, mit dem General Lord Wotseley und mit dem StaatS- srcretär d»S Krieges, MarquiS v. Hartlngton, eine längere Brrathuug im KrcegSmimsterium, wobei conftatirt wurde, daß für die Streitkräfte des Generals Graham eine Aenderuug in der bereits beschlossenen Marschrichtung nicht wohl ausführbar sei, weil die Truppen in Trinkitat jetzt auS- geschifft seien. Loudon, Sonnabend, 23. Februar, Morgens. (Tel. d. Dresdn. Journ.*) Bezüglich der Uebergabe von Tokar rathen die Morgevblätter von einer Zurück ziehung der Expedition ab. Die „Times" rm- pfehlen ein Vorrücken der britischen Truppen zwecks Rettung der anderen Garnisonen des Su dan; der „Daily Telegraph" meint, eia jetziges Zurückzirhrn würde später eine Armee von 2500« Mann zur Bertheidigung deS eigentlichen Aegyp tens vöthig machen. London, Sonnabend, 23. Februar, Mittags. (Tel. d. DreSdn. Journ.*) Der Admiral Hewett, der *) Nachdruck verboten. D. Red. General Graham, Baker Pascha and der Stab der britischen Expedition sind hente früh nach Trinkitat abgegavgen. Kairo, Sonnabend, 23. Frbrnar. (Tel. d. Dresdn. Journ.*) Officielle Nachrichten anS Suakia bestätigen, daß die Uebergabe LokarS nicht durch Mangel an LrbeoSmittelv, sondern durch Meuteret eine- TheilS der ägyptischen Garnison, namentlich ägyptischer Offiziere herbeigrführt worden sei. Man glaubt, daß die englische Expedition sofort zurückkehren werde. Ein Theil der ägyptischen Garnison in Chartnm ist bereits eingeschifft, nm nach Kairo zurückzukehrev. *) Nachdruck verboten. D. Red. Dresden, 23. Februar. Als daS britische Parlament im Jahre 1807 die für die Geschichte Englands ruhmreiche Abolition »et ot' »Ittver/ genehmigte, wonach mit dem 1. Januar 1808 der englische Negerhandcl förmlich aufhörte, hätte Niemand gedacht, daß noch eine Zeit kommen würde, wo unter englischer Aegide die Sclaverei wieder ein geführt und der Sclavenhandel, welcher im Wider spruche mit der christlichen Religion bei einigen ent arteten Völkern sich bis zum Anfänge unfers Jahr hunderts erhalten hatte, im Sudan wieder yergestellt würde. Dies geschah durch eine Proklamation des General- Gordon, in welcher dieser alle den Sclavenhandel betreffenden Verträge für aufgehoben erklärt. Der Correspondent der „Times" in Kairo giebt die hierauf bezügliche Stelle der Proklamation nach einer von einem bedeutenden Kenner des Arabischen verfaßten Uebersetzung wörtlich wieder, und es kann nunmehr bezüglich der Authenticität der Proklamation des Ge nerals Gordon kein Zweifel mehr bestehen. ES heißt in dem Aktenstücke. An alle Bewohner! Eure Ruhe ist der Gegenstand unserer Hoffnung. Und da ich weiß, daß Ihr Euch Sorge macht wegen der Sclaverei, die unter Euch bestand, und daß die strengen Besetzte der Regierung in Betreff der Aushebung derselbe« und der t estrasung Derer, die mit Sklaven han deln, und wegen der Versicherungen, welche die Regierung hinsichtlich der Aushebung, Ergreifung und Bestrasung Derer, die bei dem Handel betroffen werden, gegeben hat, und die Strase sür Die, welche mu Sklaven handetn, nach den kaiserl. Verordnungen und den Euch mitgetheilten Ferman» Euch bekannt sind, so wird von nun an Niemand in diesen Lingen Euch zur Rechenschaft ziehen, sondern Jeder mag einen Mann für sich in den Dienst nehmen. Niemand soll ihn de»halb zur Rechenschaft ziehen und er kann handeln wie er will, ohne daß irgend Jemand sich darum kümmert. Und wir haben dementsprechende Befehle gegeben. Ich schenke Euch meine Thetlnahme. Gordon Pascha. Diese Proklamation, in welcher noch andere „heil same" Veränderungen in Aussicht gestellt sein sollen, fand allerwärtS Verbreitung; sie ging dem General Gordon auf seiner Reise nach Chartum so zu sagen voran. Nach seiner Ankunft daselbst berief Gordon die Beamten zusammen und hielt, wie der „TimeS"- Correspondent aus Kairo berichtet, im Mudineh einen Empfang ab, zu welchem die ganz« Bevölkerung, selbst die ärmsten Araber, Zulaß erhielten. Auf dem Wege zwischen dem Mudineh und dem Palaste drängten sich etwa 1000 Personen vor, um die Hände und Füße des Generals zu küssen, und er wurde „Sultan", „Vater" und „Erlöser von Kordofan" angesprochen. General Gordon und Oberst Stewart eröffneten sofort Bureaux im Palaste und liehen Jedermann, der mit einer Beschwerde erschien, aufmerksames Gehör. Die Regierungsbücher, in denen feit undenklichen Zeiten die ausstehenden Schulden des schwerbesteuerten Volkes verzeichnet worden, wurden vor dem Palaste öffent lich verbrannt. Die Karbatschen, Peitschen und Werk zeuge für die Verabreichung der Bastonade aus dem Regierungsgebäude wurden alle auf den brennenden Scheiterhaufen gelegt. Die Beweise der Schulden und die Embleme der Bedrückung wurden zusammen von den Flammen verzehrt. Nachmittags setzte General Gordon einen Rath der liberalen Notabeln, alle Araber, ein. Dann besuchte er das Krankenhaus und das Arsenal. Begleitet vom Oberste^ Stewart, Coet- logon Pascha und dem englischen Conjul, besuchte er das Gefängniß, eine schreckliche Stätte des Elends. 200 Unglückliche aller Altersklassen, Jünglinge und Greise, mit Ketten beladen, schmachteten dort. Einige waren niemals verhört worden; Andere, deren Un schuld erwiesen worden, waren seit über 6 Monaten vergessen. Einige waren unter blosem Verdacht ver haftet und 3 Jahre lang gefangen gehalten worden. Biele waren nur Kriegsgefangene. Eine Frau hatte 15 Jahre wegen eines geringfügigen Vergehens im Gefängnisse zugebracht. General Gordon begann so fort, diese Bastille zu demoliren. Sämmtlrche Ge fangene werden einem kurzen Verhör unterzogen und, wenn es räthlich erscheint, aus freien Fuß gefetzt wer den. Vor Eintritt der Dunkelheit waren etwa 20 der Unglücklichen von ihren Ketten befreit. Am Abende der 20. d. prangte die Stadt im Jllumina- tionsschmuck. Der Bazar war mit Tuch und farbigen . Lampen behangen, und die Privathäuser waren präch tig geschmückt. Sogar ein Feuerwerk wurde von der Negerbevölkerung abgebrannt, die sich bis Mitternacht in Freudenbezeugungen erging. General Gordon tritt mit seiner Handlungsweise in direkten Gegensatz zur ägyptischen Regierung, welche die Proklamation entschieden mißbilligt. Der Khedive hat den Lorrespondenten des „Daily Telegraph" er mächtigt, seine Ueberraschung über Gordons Prokla mation auszudrücken. Die ägyptische Regierung, sagte der Khedive, werde vereint mit England Alles auf bieten, um den Sclavenhandel zu verhindern. Vor läufig versucht man, die Proklamation zu beschönigen, und die der Regierung nahestehenden Organe bemühen sich, die Wiedereinführung der Sklaverei als eine Nothwendigkeit darzustellen. Im Allgemeinen wird dieselbe von der öffentlichen Meinung jedoch ver- urtheilt. Mag die liberale Partei für den Augenblick auch ihre Unheilskraft dem Mr. Gladstone unterord nen, so wird und kann doch das englische Volk sein Geschick nicht einem quam „spiritualistischen" Schieds richter anverttauen. Sticht der Khedive — so folgert man in London —, sondern England direkt führt wieder die Sclaverei ein. England sinkt tief herab durch diesen Act seines Delegirten, für welchen die englische Regierung die volle Verantwortung über nimmt. England erließ jene Proclamation mcht mit dem Willen, sondern gegen den Willen des Khedive. Diese Proclamation kann und darf nicht bestehen. England würde Gordon viel zugestehen, allein nichts wird die englische Nation bestimmen können, den Sclavenhandel wieder zu gestatten. Alle Sophistereien Gladstone's, alle Theorien Gordon s können England nicht zu solcher Schmach bewegen. Wo ist Gordon's Erfolg, wenn er Alles zugesteht und Englands Ehre schädigt? Dies ist unmöglich, England kann niemals belstimmen. So schreibt nicht blos der oppositionelle „Standard", sondern die ganze unabhängige Presse. Angesichts der Proclamation Gordon's dürfte eS am Platze sein, die Worte des großen Ministers William Pitt zu citiren, welche derselbe am 2. April 1702 im Unterhause bei der Berathung des Antrags Wilber force sprach, „daß der von englischen Unterthanen zu dein Zwecke, Sclaven zu halten, betriebene Handel an der Küste von Afrika unterdrückt werden möge". Pitt sagte damals: „Der zwischen uns streitige Punkt ist nur die Differenz der Zeit, in welcher die Unter drückung des SclavenhandelS Platz greifen soll. Ich wünsche diesem Hause, dem Lande und der Welt Glück dazu, daß dieser große Punkt gewonnen ist; daß wir Feuilleton. Redigirt von Ott» Bauet. K. Hoftheater. — Altstadt. — Am 22. Februar: „Der Richter von Zalamea", Schauspiel in 3 Acten von Calderon de la Barca. Für die deutsche Bühne übersetzt und eingerichtet von A. Wilbrandt. (Zum ersten Male.) Wir haben es bei diesem Werke mit einem Büh nenerfolge zu thun, der sich unmittelbar und voll berechtigt an den hohen Werth seines poetischen Inhalts, seiner glücklichen dramatischen Form anknüpft, bei uns aber auch local durch die vortreffliche Jnfcenirung und Darstellung unterstützt wird. DaS Ganze ge staltete sich zu einem seltenen Genuß, sowohl für die engeren wie weiteren Kreise des PublicumS. DaS neu gewonnene Drama, das auch andern OrtS, so in Wien und Berlin, nachhaltige Theilnahnie gefunden hat, wird in der geschickten, pietätvollen Ein richtung Wilbrandt'- ein andauerndes Bühnenleben vor sich Haden und al- ein realistisch gehaltenes Abbild auS den Lebenstreisen deS alten Spanien- mit gesun dem Behagen im holden Schatten jener idealen ein zigen Dichterphanlasie weilen, welche derselbe Poet als „Das Leden ein Traum" auf die Bühnen der civili- firten Welt gestellt hat. Für die große Masse der Theaterfreund«, welche unter den Tausenden von Dramen der spanischen „Comedia" nur wenige Stücke von Lope de Vega und Calderon, nur eiue- von Moreto, kaum eine- von Tirfo da Molina und nicht ein einziges von den kleineren Zeitspiegeldichtern Montalvan, Alarcon kennen zu ler nen Gelegenheit hatten, bietet „Der Richter von Zala mea" ein doppeltes Interesse. Er ergänzt die Vor stellung, die man sich vom Theater der Spanier zu machen hat nach einer andern Seite hin und zwar so kräftig dies durch ein einzelnes Meisterwerk nur immer möglich ist. Jene Seite gilt der Auffassung der bür gerlichen Lebenssphäre, der täglichen Wirklichkeit, dieser natürlichsten Grundlage des Schau- und Lustspiels, welche stets für die Gegenwart der Dichter von alter Zeit an bis heute die erfolgreichste, für die Zukunft dce culturhistorisch werthvollste gewesen ist. Doch diese Gebilde natürlicher, rein menschlicher Poesie, deren treibende Motive immer und überall in Geltung bleiben, sind an sich selten, noch seltener aber bei uns zur Erscheinung gebracht Wie hoch wir sie zu schätzen haben, zeigt eine Hindeutung auf den all gemeinen Eindruck des spanischen Theaters und auf die Antipathie, welche so viele seiner Acttonen in unserm Herzen erregen. Nur in sehr geringem Maße wird diese allgemeine Antipathie gegen das klassische Drama der Spanier durch die verschiedenen Nationaleigenthümlichkeiten in der Menschennatur bedingt, welche uns mit dem nordischen Gcdankenelement, mit den ähnlichen Gefühlssttömungen und der originalen Charakteristik des Briten verbindet, von südlicher Leidenschaftlichkeit und der klimatischen Temperamentsfärbung des Spaniers aber mehr ab- trennt. Dieser oft angeführte Grund würde durch vergleichsweise Herbeiziehung anderer nicht dramatischer Poeten der romanischen, respektive spanischen Literatur und durch eine psychologische Bettachtung Dessen, waS auf die Menschenseele überhaupt wirkt und nicht wirkt, leicht auf sehr Weniges reducirt werden. Die wesentlichste Veranlassung liegt dagegen in der Fremdartigkeit und Verschiedenheit der Intention, in den Motiven, in den poetischen Principien, und die Opposition mußte um so heftiger hervortreten, nach dem ihr bei uns der Sturz der anlehnenden Roman tiker Bahn brach. Er war mit wenigen Ausnahmen ein totaler und traf Inhalt und Form. Auch die Abneigung gegen die spanischen Dichtungen — keineswegs aber Dichter — hat es nicht nur mit der ewig wandelbaren Hülle zu thun. Sie kommt auS dem innern Herzenslebe» der Zeit und des Volkes und ist eine heilsame, rächende Reaktion dreißigjähriger romantischer Vorstellung und unklarer, verehrender Lüge, die von Wenigen ausgebrütet, von servilen Ver hältnissen begünstigt und nach dem vorangegangenen Convertit Einzelner von der Menge gefühllos nach gebetet wurde. Im Shakespeare herrscht das ewig Wahre, daS rein Menschliche, das Urgefühl der Seele. Es leitet und adelt den Gedankengang und waltet mit usurpirter, natürlicher Hoheit Allem vor. So findet das Wort dieses Dichters fein nie verklingendes Echo in der Brust der ganzen Menschheit, besonders bei den empfindungs- und auffassungssähigen germanischen Nationen, deren Universalität die Gelstesfähigkeiten aller anderen über sieht und in sicheinschließt. Der erhabene britische Poet kann nie veralten, er bleibt, indem er Dichter der Wahrheit ist, zugleich Dichter der Welt und aller Zeiten, so lange es denkende Menschen giebt. Lope de Vega, Calveron und alle anderen Spanier aber sind mcht allein nur Dichter Spanien-, nein, sie sind lediglich Dichter innerhalb der Grenzen ihres Jahrhunderts und seiner Lebensconfession. Wohl gehört ihre Geiste gröbe auch anderen Zeiten an, aber sehr selten die Form, in der sie dieselbe überlieferten. In ihren Werken herrscht ein Nationalelement über alle übrigen Empfindungen und Rechte der fühlenden Menschheit. Dies Element ist das der äußern Ehre, der stolz leidenschaftlichen, aristokratisch hohlen Rttter- chre. Dieses Lavatterprincip, das mit dem Galanterie degen auf pathetischem Kothurn einherschreitet, leitet und tyranmsirt mit konventioneller und traditioneller Macht alle anderen Empfindungen und poetischen Mo tive. ES entfremdet das gesunde Gefühl gegen Aeltern, Freunde und Geliebte, kurz gegen Alles, was ihm in der Schöpfung wie in der Religion lheucr sein sollte. So wendet es das Menschenherz um, tritt es mit Füßen, zerstückt es mit grausam kalter Consequenz und ermordet in ihm das heilige Naturrecht. Sticht selien kommt bei solchem Beginnen die äußer liche Ehre mit der wahren, innern, mit dem Menschen adel, in den schreiendsten Conslict. Die Spanier schil derten zuweilen Könige, die erhaben sein sollen, bei denen sie aber nicht ahnten, was sie in ihnen für einen nichtigen, im sittlichen Sinne entwerthcten Charakter hingestellt haben. Man hat die- ost die feine Ironie der Poeten genannt; aber mit Unrecht in den meisten Fällen: es war die befangene Anschauung der Poeten. Der König stand in ihren Augen so hoch, daß er so niedrig handeln konnte, wie nur denkbar, es schadete ihm nie. Er war vom Gewissen entbunden und hatte da» Privilegium zur beliebigen Befriedigung semer Leidenschaften. Nächst dem Könige, oder hier passender gesagt dem Tyrannen, erfreuten sich die Großen des
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