Dresdner Journal : 25.10.1884

M 2S1. ISomabend, den 25. October. 1884. HiouoexeotUprel», IRUrlivitr . ... 18 U»r>l. 4 bO ?k. Lü»»»b»« H«suL«n»l 10 kf üe« üevt«ol»«n kviol»«» tritt ko»t- iu»ä Vt«mp«I»u»otü»^ itüun». lo»»r»t»i>pr«I,«r e«r ü«ll k»um siuer ^e»p»It«Q«li k'«titr«II« >0 kk Ootsr „Liv^v^uät" äw 2«i1s SV kk. L« 1»d«Uen- >u»6 2iLsrr»»»tr LV di> Xukiell»^. AreMnAournal. mit ^.uivsLnw äsr 8orm- »sä k«iort»^» Xdsuü» kllr ä«o sol^sLäsu Verantwortliche Redactton: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. Iv»er»t«n*oa»dwe »uivLi-t«, Q«lp»^: F>. Lran<i«t«tt«r, 6oa»iui«»iovLr ä«, Orvsüaor ^ourv»l«; L»i»dur, N»rU» Vi«o r«tp«t» N«—l »r««l»u L. N.: I/a»»««Äe,n F ^o^/er, L«rw»-Vi«L L»-»d»r5- kr»U- 1<«lp»tx kr»okkor4 ». ». -Ako««,' N«rU»: /nvait-irntiant, Nr«m»»: LeA/otte,' >r«»l«ar /, Lta«A«n'« Lurra« LadatL-; kr»nkt»rt ». N.r F' ^o«A^«6lis OuoktlLlläluvF; VLrUt«: K. Aküt/e«; U»»oovr: <7. LcAUiK««, k»rt» - N«rUL - rr^oilkart ». ».- >t»tlx»rt: Da«L«F 60., llEdiuA: ^1<i. Lt«»«' U « r » u » e k « r r Löoisl. L»p«Iitiov äs« vrsräosr ^ourarä», Drssäsn, /«in^sr»trL»«s t^o. Sv. Ämtlicher Theil. Dresden, 21. October. Se. Königliche Majestät haben dem Vorstande des Amtsgerichts Wurzen, Ober- amtsrichter Karl Anton Bermann, das Ritterkreuz I. Elaste vom Verdienstorden zu verleihen Aller- gnädigst geruht. Dresden, 21 October. Se. Majestät der König haben dem Pfarrer Or. Friedrich August Schütz in Leutzsch das Ritterkreuz I. Elaste vom Verdienstorden Allergnädigst zu verleihen geruht. Bekanntmachung. Die Kreishauptmannschaften, AmtShauptmannschaf- ten und Polizeibehörden werden hierdurch davon in Kenntmß gefetzt, daß für die im Jahre 1885 zur Verwendung kommenden Paßkarten der hellgraue Unterdrück gewählt worden ist. Hierbei werden die zur Ausstellung von Paßkarten befugten Behörden mit darauf aufmerksam gemacht, daß sie nach der Verordnung vom 18. Juli 1870, den Vertrieb von Druckformularen für die Polizei-rc. Behörden betreffend (Gesetz- und Verordnungsblatt von 1870 Seite 26V), verbunden mit der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1870, die Einsendung der etwa bei ihnen am Schlüsse des laufenden Jahres noch vor handenen ungebrauchten und unverdorbenen Paß- lartensormulare vom Jahre 1884 behufs des Um tauschs gleichzeitig mit der spätestens am 1. Oktober 1885 zu bewirkenden Bestellung neuer Formulare bei dem Gendarmeriewirthschastsdepot auszuführen und dafern der Umtausch der vorerwähnten Paßkarten formulare gegen neue Paßkartenformulare nicht beab sichtigt werden sollte, den Bezugspreis der ersteren an dem nach tz 3 der erstangezogenen Verordnung mit der Bestälung einzusendenden Geldbeträge in Abzug zu bringen haben. Sollten unverbrauchte und unverdorbene diesjäh rige Paßkartenformulare zu einer späteren Zeit, als am 1. Oktober 1885, an das GendarmeriewirthschaftS« depot eingescndet werden, dann findet weder Umtausch, noch Vergütung des Bezugspreises statt. Dresden, am 21. Oktober 1884. Ministerium des Innern, zweite Abtheilung v. Charpentier. Gebhardt. Nichtamtlicher Theil. Uebirsicht: Telegraphische Nachrichten. Zeitung-schau. (Times. Pall Mall Gazette. Daily News. Standard. Neue freie Presse. Post.) TageSgeschichte. (Dresden. Berlin. Darmstadt. Braunschweig. Wien. Prag. Buda-Pest. Agram. Paris. Brüssel. Madrid. St. Petersburg. Kairo. Washington.) Dresdner Nachrichten. Statistik und Lolk-wirthschaft. Feuilleton. Kirchenvachrichten. TagrSkalender. Telegraphische Witterungsberichte. Inserate. Feuilleton. Ncdigirt von Otto Bauet. Freda. Novelle von E. Lameron. Au» dem Englischen von August Frenzel (Fortsetzung.) Ich wende mich mit einem freundlichen Lächeln zu Mr. Macdonald: „Soll ich Ihnen etwas singen?" Ich calculire nämlich so: wenn ich singe, muß er schweigen. „Ja, thun sie das! Ich bin überzeugt, Sie haben eine vortreffliche Stimme. Ich sehe da- Ihren Augen an. „Wie außerordentlich gejcheidt Sie sein müssenI" und dann beginne ich ohne viele Umstände, aber in rechtem Uebermuth Burns' „Jung Jockey": Jung Jockey war der schönste Bursch, Bon unsern Burschen allzumal, Wie fröhlich pfiff er, wenn er ging ,' Wie luftig tanzt er in der Hall. Er sprach, mein Bäckchen sei so rund Unl meine Taille sei 10 schmal — Da kam mein Herz mir in den Mund, Ich glaub, ,ch mutzt e» selbst nicht mal. Man hörte schweigend zu; und al« ich geendet hatte, erscholl ein stürmischer Applaus von Allen, aus genommen MrS. Featherstone, die, sich Major Hey wood zuwendend, in vernehmbarer Stimme sagte: „Ich höre diese Volkslieder in Gesellschaftszimmern nicht gern; sie werden auch selten gut vorgetragen." Diese Bemerkung, in der Sülle, welche dem Bei- Beilage. Ernennungen, Versetzungen re. im Sffentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichtev. (Chemnitz.) Unglücksfälle in der Provinz. Vermischtet. Statistik und Volktwirthschaft. Börsennachrichtev. Telegraphische Nachrichten. Braunschweig, Donnerstag, 23. Oktober, Abends. (W. T. B.) Der Herzog v. Cumberland hat ein Patent erlassen, in welchem er erklärt, daß er die Regierung des ihm zugefallraen Her zogthnms Braunschweig übernimmt und sich wegen der Huldigung die erforderlichen Anordnungen vorbehält. (Vgl. die „TageSgeschichte".) Paris, Donnerstag, 23. Oktober, AbendS. (W T.B.) In der heutigen Sitzung de« Senats wurde von dem Marineminister Pryron die Vor lage, betreffend dir Verleihung von OrdenSdecora« tioneu an die Soldaten und die Marinetruppen in Tonkin, eingebracht. Die Vorlage wurde mit telst Akklamation genehmigt. London, Donnerstag, 23. Oktober, AbendS. (W. T. B.) Nach erfolgter Eröffnung der außer ordentlichen Session des Parlaments trat das Oberhaus in die Adreßdebatte ein. Der Marquis v. Salisbury gab der Hoffnung Ausdruck, daß der die Reformfrage betreffende Passus der Thronrede auf die Absicht der Regierung hindeute, die Reformbill und die Bill über die neue Eintheilung der Wahlkreise gleichzeitig zu behandeln; die Regierung werde in diesem Falle auf die Unterstützung der kon servativen Partei rechnen können. — Der Staats sekretär des Auswärtigen, Earl Granville, verthei- digte die von der Regierung befolgte Politik. — Der Staatssekretär der Colonien, Earl Derby, erklärte auf eine Anfrage des Lords Carnarvon, die Bill über die Conföderation Australiens werde noch in dieser Session eingedracht werden, wenn die Zustimmung von Neusüdwales zeitig genug eintreffe. Die Adresse wurde hierauf angenommen. Das HauS vertagte sich sodann bis zum 3. November. Im Untcrhause antwortete der Premier Glad stone auf eine Anfrage Smith'S, das Marine- ministerium habe schon seit einiger Zeit über den Zustand der Flotte Erwägungen «»gestellt und werde in einem Monat eine Erklärung darüber im Parlament abgeben. Der Unterstaatsserretär der Colonien, Ashley, erwiderte auf eine Anfrage, die Regierung stehe mit Warren wegen einer Mission desselben nach dem Caplande in Unter handlungen; Nähere- darüber könne er aber noch nicht mittheilea. Bei der hierauf begonnenen Adreßdebatte erklärte der Premier Gladstone, die Congofrage sei in der Thronrede nicht erwähnt, weil die Annahme der Einladung zur Congoconferenz erst gestern abgegangen sei; er glaube indeß, daß das Land durch die even tuellen Resultate der Conferenz befriedigt sein werde. Was Südafrika anbetreffe, so sei die Regierung ent schlossen, die Bestimmungen der Convention nm dem Transvaaltande aufrecht zu erhalten, womit auch die Capregierung einverstanden sei. In Betreff Aegyptens sei der bis zum Ende vorigen Monats reichende diplo matische Schristenwechsel heute auf den Tisch des Hauses niedergelegt worden. Sobald der Lord North- brook nach England zurückgekehrt sei und eine Prüfung seiner Vorschläge stattgefunden habe, würden die von der Regierung gefaßten Beschlüsse so bald, als nur thunlich dem Hause mitgetheilt werden; in Bezug auf falle folgte, war für Jedermann peinlich. Sie war offenbar gegen mich gerichtet und doch war es, ohne die Malice noch mehr hervortreten zu lassen, für Jeden unmöglich, meine Partei zu nehmen. Niemand ant wortete; nur Mr. Curtis, der Papa bei den Papieren allein gelassen hatte, trat hinter meinen Stuhl und legte seine Hände freundlich auf meine Schultern. „Niemand, selbst eine Künstlerin nicht, könnte die ses Lied besser als Freda singen; nach meinem Ge schmack", sagte er bestimmt. Ein Murmeln der Zustimmung machte Mrs. Featherstone erröthen; sie fühlte wohl, daß sie zu weit gegangen sei. Ich blickte dankbar zu ihm auf. Nie war ich näher daran gewesen, George Curtis zu lieben, als in diesem Moment, doch darf man darum nicht den ken, daß ich Mark vergessen hatte. Nicht alle Freu den von Eddington — die Aussicht, Herrin eines so schönen Besitzthums zu werden, der Gedanke an Rang und Reichthum, der für ein Mädchen, das sich jung und hübsch weiß, so angenehm ist und der mit meiner Stellung als George Curtis Gemahlin so eng ver knüpft war —, nichts von Alledem konnte mich den Mann vergessen lassen, der eine so plötzliche und voll ständige Herrschaft über mein ganze» Denken und Empfinden gewonnen hatte. Es begann mir in einer mehr beängstigenden als frohen Weste klar zu werden, daß ich nahe daran sei, durchaus nicht Mr. Curtis, wohl aber einen Andern fest und dauernd in mem Herz zu schließen; denn seit der Rückkehr von Seacliff war ich, wachend oder schlafend, nie im Stande ge wesen, Mark Thlstleby'S Bild völlig von meinen Augen zu verbannen und den Ton seiner zärtlichen CHartum sei die Politik der Regierung eine ganz un veränderte. WaS die Reformbill anbelange, so halte die Regierung an der Politik fest, welche sie in der letzten Session befolgt habe. St. Petersburg, Freitag, 24. Oktober. (Tel. d. Dpesdv. Journ.) Se. Majestät der Kaiser be gnadigte von den im letzten Hochverrathsproresse zum Tode Lerurtbeilten k zu leben-längUkder, respektive löjähriger Zwangsarbeit. An den ebev- faÜS zum Tode durch den Strang Verurtheilten, dem früher» Flotteulicutenant Baron Alexander Stromberg und dem ArtillerielirutrnantRogatschew, wurde da- Urtheil am 22. d. MtS. vollzogen. Die übrigen 6 Angeklagen wurden zu Zwangsarbeit von 4 biö 20 Jahren verurtheilt. Kairo, Donnerstag, 23. Oktober, AbendS. (Reuters' Office.) Bei der beschlossenen Reduktion der ägyptischen Armee auf 3000 Mann werden alle englischen Offiziere der ägyptischen Armer bis auf 10 den ägyptischen Dienst verlassen. Dresden, 24. Oktober. Die außerordentliche Session des britischen Par laments wurde gestern mit einer Thronrede eröffnet. Der Inhalt derselben liegt bis jetzt nur in einem kurzen, durch den Telegraphen verbreiteten Auszuge vor, aus welchem sich allerdings bereits folgern läßt, daß die verschiedenen, die innere und die äußere Politik des Vereinigten Königreichs berührenden Fragen in der Botschaft eine, wenn man so sagen darf, nur vorüber gehende Erwähnung finden. Man scheint bei dieser Thronrede, deren Erscheinen in letzter Zeit sogar viel fach bezweifelt wurde, lediglich die Absicht gehabt zu haben, einer üblichen Form zu genügen. Hinsichtlich der innern Politik bezeichnet die königliche Kundgebung es als die Hauptaufgabe des Parlaments, die Wahl reformfrage nochmals in Erwägung zu ziehen. Was die Beziehungen zu den auswärtigen Regierungen au- gehe, so feien dieselben zu allen Mächten die freund schaftlichsten. Die Nachrichten aus dem Sudan ließen zwar noch einigen peinlichen Ungewißheiten Raum, doch verdiene jedenfalls die Energie und der Muth des Generals Gordon bei der Vertheidigung von Chartum die wärmste Anerkennung. Der Vormarsch der englischen Truppen nach Dongola habe den Zweck, Gordon und Diejenigen, welche ihm treue Unterstützung geleistet hätten, zu befreien. Es heißt dann weiter: „In Aegypten habe ich alle Mühe aufgewandt, um die Besserung der dortigen Lage herbeizuführen. Ich habe die ägyptische Regierung in ihrer schwierigen finanziellen Lage, welche durch den Mißerfolg der Londoner Conferenz hervorgerusen wurde, unterstützt. Zusammen mit der Capregierung bin ich damit be schäftigt, die Mittel in Erwägung zu ziehen, welche nothwendtg sind, um der Convention mit dem Trans vaallande die erforderliche Achtung zu sichern. Die Operationen im Sudan werden einen neuen Credit nothwendig machen." Man ist allgemein der Ansicht, es gehe daS Insel- reich nach innen und außen unruhigen Zeiten ent- gegen, und mag sich das Cabinet wohl in Verlegen heit befinden, über die verschiedenen inneren und äußeren Verwickelungen mehr zu sagen, als in Obigem bemerkt wurde. Am günstigsten scheint sich noch die Angelegenheit der Wahlresorm gestalten zu wollen. Bekanntlich dehnt die von dem Cabinet dem Parla ment gemachte Vorlage das Wahlrecht auf 2 Millio nen Wähler aus. Die Conservatwen erklären, prin- kipiell nicht gegen diese Ausdehnung zu sein, sondern nur eine gleichzeitige Ncuauftheilung der Wahl bezirke zu verlangen. Die Regierung hat eine solche längst zugesagt, aber die Bedingung der Gleichzeitigkeit Worte in meinem zu treuen Gedächtniß zu erlöschen. Je mehr ich dagegen ankämpfte, um so schwächer er wies sich meine Kraft und ich mühte mich umsonst ab, durch eine Reihe trügerischer Argumente mit meinem unabänderlichen Schicksal mich zu versöhnen. Ich zwang mich, ruhig daS Wirrsal meiner Lage zu betrachten und rief Klugheit und Verstand zu Hilfe, um meine thörlchten und völlig nutzlosen Träume zu bannen. Auf der einen Seite, hielt ich mir vor, steht Capitän Thistleby — ein Cavallerieosfizier, also ein Courmacher von Standeswegen —, dessen Aufmerk samkeiten mährend eines Tages, wenn auch so bezeich nend, doch wohl keine tiefere Bedeutung haben können; dessen Einkommen, wie ich immer von Bella gehört, auch sehr beschränkt ist, und der, noch dazu, um seiner Worte zu gedenken, „keine Frau gebraucht" und „ge schworen hatte, wich Nie wieder zu sehen. Auf der andern Seite stand mein Verlobter, der mir Rang und Reichthum bot und Papa die Erfül lung aller seiner Wünsche. Wer hätte da schwanken können? Es war deshalb nicht nur der einzig offen stehende Weg, sondern auch das Klügste sür Mich, mit dem absolut Unvermeidlichen mich auszusöhncn und über meine Laune für Bella'» schönen Schwager so schnell wie möglich hinwegzugehen. So vernünftig und wahr aber auch alle diese Be trachtungen waren — achl so erfolglos waren sie. Die beiden ersten Tage zu Eddington verliefen sehr still und wenig amüsant für mich. Ich würde überhaupt an dem Aufenthalte keine Freude gehabt haben, wäre damit nicht tue Aussicht auf den Tanz abend oder Ball — das Projekt wuchs an Größe und Wichtigkeit — verknüpft gewesen, welcher Ende der bisher abgelehnt. Da» Oberhaus verwars diesen, vom Unterhause widerspruchslos gebilligten Gesetzentwurf. Seitdem wurde von den Liberalen mit dem Premier Gladstone an der Spitze eine Agitation gegen das Oberhaus eingeleitet, welche sogar so weit ging, daß Stimmen laut wurden, welche die völlige Beseitigung des Oberhauses forderten. Allein der Marquis v. Salisbury, der Führer der Opposition im Ober hause, blieb halsstarrig und ist e» bi» zum heutigen Tagen geblieben. DaS beliebte, zur Beugung deS Trotzes der PeerS schon so oft angewandte Mittel eines Peersschubes soll nicht den Wünschen der Königin entsprechen; es bliebe also kein anderer Ausweg, als derjenige eines CompromisseS. In dieser Beziehung hegen die dem Cabinet freundlichen Blätter einige Hoffnung hinsichtlich der durch die Thronrede ange kündigten abermaligen Berathung der Wahlreformvor lage durch die PeerS. Die „Times" und die „Pall Mall Gazette", welche beide den wahrschein lichen Verlauf der Session besprechen, glauben beide an das Zustandekommen eines Compro- misses, wobei sie aber die Conservativen warnen, nicht allzu sehr blos von taktischen Rücksichten sich leiten zu lassen, sondern die Neueintheilungsbill ihrem selbstständigen sachlichen Werthe entsprechend zu behandeln. Wird, so führen beide Blätter aus, die Reformbill abermals vom Oberhause verworfen, so muß Gladstone entweder zurücktreten, oder das Unter haus auflösen. In beiden Fällen wird bm Neuwahlen der Schlachtruf der Liberalen „Reform oder Abschaf fung" der Oberhauses lauten, und eS wird zu einer Agitation kommen, bei welcher Gewaltthätigkeiten nicht ausgeschlossen sind. Solches aber kann, wie die „Pall MaUGaz." erklärt, kein vernünftiger Mensch wünschen. Die „Daily News" sagen, die Lords seien in ihren Ideen über ihre Prärogative schon so weit gegangen, daß es nothwendig geworden sei, selbst, wenn sie sich jetzt unterwürfen, das englische Volk gegen solche extra- - vagante Ansprüche in irgend einer zukünftigen Krisis des politischen Lebens in England sicher zu stellen. Auch konservative Blätter, wie z.B. der „Standard", glauben, daß schließlich noch ein Ausgleich sich er möglichen werde. Wahrscheinlich wird sich daS Ober haus vertagen, während das Unterhaus mit der Wahl- reformbill beschäftigt ist. Was in der Thronrede über Aegypten gesagt wird, beschränkt sich auf eine Versicherung der guten Ab sichten und der Mühe, welche die Regierung sich ge geben hat, das Pharaonenland aus seiner mißlichen finanziellen Lage zu befreien. In der ägyptischen Liquidationsangelegenheit hat Gladstone bekanntlich daS gesammte Europa gegen sich, und bis jetzt ist es ihm nicht gelungen, Großbritannien von der Europa gegenüber auf ihm ruhenden finanziellen Verantwort lichkeit, welche eS in Aegypten übernommen, zu ent lasten. „Gladstone", sagt die „Neue freie Presse", „hat es glücklich dahin gebracht, gänzlich isolirt zu sein und dem vom deutschen Reichskanzler gegen Eng land geführten Europa waffenlos gegenüberzustehen. DaS englisch-französische Abkommen, mit dem Glad stone vor dem Zusammentreten der Londoner Con ferenz geflunkert, ist jämmerlich wie eine Seifenblase ausemandergeplatzt; der Bruch mit Frankreich, den er um jeden Preis verhüten wollte, ist einyetreten, seine Politik, die sich ganz und gar auf die Berechnung stützte, daß Deutschland und Frankreich immer und in allen Fragen unversöhnt und gegensätzlich bleiben, hat eine arge Enttäuschung erfahren, und wie zum Hohne bittet jetzt der deutsche Reichskanzler Gladstone zum Conferenztische und übersendet ihm eine Einladungs karte, auf welcher neben Deutschland auch Frankreich unterschrieben steht. Scharf hat der Fürst Bismarck die Situation ins Auge gefaßt, er stützte Frankreichs Anspruch in Aegypten, jetzt vertritt er Frankreichs Woche stattfinden sollte. Ich tanze nämlich leiden schaftlich gern und sah deshalb mit Elfer dieser an genehmen Unterbrechung der Einförmigkeit deS Edding- toner Aufenthaltes entgegen. Es mar sehr still im Hause; denn die Herren zogen täglich früh Morgens zur Jagd aus und kehr ten immer erst spät zurück. Im Grunde genommen, war ich froh darüber; denn Mr. Flower hatte ich zwar recht gern und es war mir bei Tische stet- lieb, neben ihm Platz zu erhalten, Major Heywood aber fand ich unausstehlich dumm und Mr. Macdonald verabscheute ich wahrhaft. Papa und Mr. Curtis ge hörten natürlich nicht zu der Jagdpartie; aber sie brach ten den größten Theil des Tages in^ der Bibliothek zu und stöberten dort in ihren geliebten Büchern. Sie erschienen nur zu den Mahlzeiten und dann mit abgespannten, zerstreuten Mienen und muß ten stets mehrere Male H^agt werden, Wa ste zu essen wünschten, ehe sie hinreichend wach ge rüttelt waren, um zwischen kalten Hühnern und gr- bratenem Hammel genügend unterscheiden zu können. Mrs. Featherstone'» Schmeicheleien erwärmte Papa immer etwas; denn sobald die anderen Herren nicht anwesend waren, strenyte sie sich auf da- Aeußerste an, ihm gegenüber höflich und liebenswürdig zu sein. Sobald das Essen verschlungen war — denn jeder Moment erschien von unschätzbarem Werthe —, zogen sich die beiden alten Herren in ihr Studirzimmer zurück und wir Frauen waren dann wieder allein bis zu der nächsten Mahlzeit. Liebenswürdig waren sie nicht zu mir, diese beiden Frauen; sie ignorirten mich stillschweigend aber beharr lich und schwätzten fortwährend von ihren Freunden,