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Erzgebirgischer Volksfreund : 06.05.1857
- Erscheinungsdatum
- 1857-05-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-185705066
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-18570506
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-18570506
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungErzgebirgischer Volksfreund
- Jahr1857
- Monat1857-05
- Tag1857-05-06
- Monat1857-05
- Jahr1857
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 06.05.1857
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Mittwoch, den 6. 1857. Redigin und verlegt von C. M. Gärmer in Schneeberg und Schwarzenberg. Anna Musen. (Fortsetzung.) Jeri-law stand indessen an der Thür, kalt und fremd wie ein Bild; ich sah ihn schüchtern an, wagte Anfang- idm freundlich zu winken, aber al- keine Erwiderung erfolgte,' dachte ich an die frühere Mahnung der Schwester: Sollte Dir ein bekannte- Gesicht erscheinen, erkenne e- nicht! — Mein Gehorsam gegen Anna war so groß, daß ich weiter nicht über diese Seltsamkeit nachdachte, sondern mich begnügte, den finstern ernsten Jeri-law aus der Ferne zu betrachten, bi- de- Czaaren laute Stimme mich zu sich ries, und er mir huldvoll erklärte, er wolle mich in seinen Dienst nehmen, mir Lehrer geben, mich um sich haben, und einmal mein Glück machen. Ich wandte mich bei diesen Worten unwtll- kührltch zu Annen, sie war mir ja Mutter, und galt dem Kinde mehr, als alle Herren der Welt. Unter Thränen lä chelnd legte sie die Hand aus meine Locken, gebot mir, Gott für mein Glück zu danken, und dem Czaar deutsche Treue zu weihen; sie kniete mit mir vor ihm nieder, und segnete ihn begeistert für Alles, was er mir thun würde. Unser Vater vernahm nichts von dieser rührenden Scene, auch Jeri-law blieb kalt und finster. Die Muhme erhob sich ein klein we nig von der Erde, und stammelte eine Lobpreisung der aller höchsten Gnade, die der Czaar völlig überhörte. Schon den nächsten Tag schied ich auS dem Baterhause; ich weinte sehr in Anna'S Armen, obgleich mein neue« LooS mir neidenSwerth erschien, und tausend bunte Hoffnungsbilder mich umschwebten. Meine Schwester gab mir goldene Lehren mit, alles was sie sagte war einfach, klug und gediegen; ihren hohen Geist lernte ich erst spät erkennen, aber er übte Macht über mich, seit ich lebte. Sehr traurig waren uns die Morgenstunde» verstrichen, nun standen des Czaaren Leute vor der Thür, um mich abzuholen. Lebe wohl, mein Paul, mein lieber Bruder, sagte Anna, als ich an ihrem Halse hing; ach Du bist noch ein Kind, und gehst schon hinaus, wo e- so manche Gefahr gibt. Doch getrost! eben die Kind heit hat einen Engel zur Seite, der sie an Klippen vorüber führt, wo alle Klugheit scheitert. Bleibe wahr und unschul dig, bescheiden und verschwiegen. Schweigen ist ost weiser als die kunstvollste Rede. Die Dankbarkeit gegen Deinen Herrn betrachte als eine große Schuld, suche täglich ihre Zin sen abzutragen, Fürsten haben viele Schmeichler, selten einen treuen Freund. Unser Czaar wird einen besitzen in Noth und Tod, oder Anna Musen hätte sich in ihrem Bruder geirrt. Ich ward nun in meinem leichten Dienst angewiesen,, und war der Nächste um die Person meine- Herrn. Bet der Tafel bediente ich ihn, Nachts schlief ich in seinem Vor zimmer; wo er sich aushtelt, hatte er mich gern um sich. Mit seltener Gnade ließ er sich zu meiner Jugend herab, scherzte Mit mir, sand Gefallen an meinen kleinen Talenten, und be- lehrte mich über die neuen Gegenstände, die ich durch ihn kennen lernte. Zu bestimmten Stunden erhielt ich Unterricht in mancherlei Wissenschaft, übrigens stand ich unter der Auf- ficht meine- lieben Jeri-law. Sein Vater, ein ehrwürdiger, freundlicher Greis, ward einer meiner vornehmsten Lehrer; ein junger Franzose, Namen- Pa-eal, der sich in seine» Hause aushtelt, unterrichtete mich in seiner Muttersprache. Die- alle« führte mich oft in Jeri-law- Nähe; jede Stunde, die mein Dienst übrig ließ, bracht« ich mit ihm zu, wa- er trieb, wurde mir wichtig. Er «ar Offizier bet de« Czaar« Leibwache, und wenn ich mich gleich gegen den Krieg erklärt hatte, entzückte eS mich dennoch, den Gebrauch seiner Waffen von ihm zu lernen, oder an seiner Seite ein Pferd zu be steigen. Um ihn zu sein, seine Stimme zu hören, sein schö nes Auge auf mir ruhen zu sehn, machte mich glücklich; ja. als ich nicht zweifeln konnte, daß Beide mich liebten, Jert«- law und der Kaiser, gefiel meinem Herzen das Eine noch mehr als da- Andere, der junge Krieger war einmal da- Ideal meiner jugendlichen Freundschaft, und in mein Gefühl für den Czaar mischten sich Scheu und Furcht, um so mehr, da ich nun oft Zeuge seine- Zorne- ward, vor dem jede« Herz erbebte. Ich selbst empfand ihn nicht, wenn ich gefehlt hatte, und das wilde Zucken seiner Züge die innere Bewe gung ankündigte, reichte eine demüthige Bitte hin, da- Feuer zu löschen; er sah mich dann eine Weile still an, und be zwang den Sturm so mächtig, daß wohl gar ein Lächeln ihn verdrängte. Mit ängstlicher Schüchternheit wagte ich nun auch in fremder Angelegenheit eine Fürsprache, und e« gelang mir mehr al- einmal, die Opfer seiner Heftigkeit von dro hender Strafe lo-zubittrn. Freilich gab es auch Stunden, wo jede Bitte wie an'schroffen Felsen ahglttt, wo nur harte Züchtigungen seinem Zorn genügten, und die Leidenschaft ein Rausch war, nicht selten durch da- Feuer de- Wein- noch mehr zur Flamme angesacht. An solchem Abend «ar einst da- Urtheil über einen jungen Soldaten gesprochen worden; er sollte morgen, nachdem er eine grausame Strafe erlitten hatte, sein Vaterland mit Sibirien- Wüsten vertauschen. Ich hatte ihn gesehen, sein bleiche- Gesicht, sein unordentliche« Haar, die Verzweiflung in seinen Zügen erschütterten mich, ich rang nach Muth, um für ihn zu bitten. Bet der Tafel waren fremde Gesandte zugegen; e- wurde viel getrunken, die Fröhlichkeit war wild und ausgelassen, sie beklemmte mein Herz, das bet jener Trauergestalt verweilte. Al- sich die Gäste entfernt hatten, nahte Ich mich dem Czaar; er begann mit mir zu scherzen, ich sollte sein, große- Kelchglas leeren, meine Weigerung belustigt« ihn sehr, er spottete meiner mit lautem Lachen. Kindisch einfältig, verkannte ich die Natur dieser Fröhlichkeit, und wagte e-, ihn an den Vxrurthetltcn zu erinnern. Aber so möchte di« wehrlose Taube erschrecken, wenn sie sich erkühnt hätte, um den ruhenven Löwen zu flat tern. Die Züge de- Czaar« veränderten sich fürchterlich; «r hieß mich schweigen und sein Angesicht meiden, er stieß mich mit solcher Kraft von sich, daß ich betäubt am Boden liegen blieb, und erst im Vorzimmer de- kaiserlichen SchlasgemachS wteder erwachte, wo mich eine mitleidige Hand aus mein La ger gebracht hatte. Noch war mir keine Nacht der Schlaf untreu geworden, heute konnte ich nicht schlafen, ich sehnte mich in- Vaterhaus, an die Brust der Schwester. Aber auch mein Herr schien unruhig, er sprach einzeln« Wort«, ich hört« «1« «r sich umherwarf; wie der Morgen graute, schlich ich leis« zu ihm, ich konnte b«i dem Dämmerlicht stine ängst»
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