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Dresdner Journal : 23.07.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-07-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188707233
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870723
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870723
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1887
- Monat1887-07
- Tag1887-07-23
- Monat1887-07
- Jahr1887
- Titel
- Dresdner Journal : 23.07.1887
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V1«8. 1, u«^» . MiUoU U»r^. ^Mrliodr 4 H»rtl »0 ?f. ltuwiusrvr 10 kk. L»»»«rU»Id ä», ä»vt»ct>«r> Lvtvk«, tritt ko«t- iu>ä 4»KSocklr»»ts»r«dSdr»», Pär ä»o k»um suisr e«»p»It«ovll 2«il» Usü»«r SciuiN 20 ?k. v»t»r 6i» 2«U« bO kk. 8« I'UdsU«»- uock Lk«rv»»t» «ntipr. Xukictrl»^. LrBedelo«»: tt^UcU mit 4a«o»tun« äsr Looa- aoä ^«>«1»^« »b«r»6,. k»rvipr»ol> ^»»elUu»»: l^r. 12SK. Sonnabend, den 23. Juli, abends. Dres-nerInurnal. Für die Gesamtleitung verantwortlich: Dtto Banck, Professor der kitteratur- und Kunstgeschichte. 1887. 6on»»ü«1o»Ur ä« vrsxto« ^«ntnuU»; N»»d»r, U«rU» «t»» - L«tp»t, U»««l-Ur»,1»» TnuUck^t ». <s ^o-ier, N«UL-Vt«»-L»»d»ri. kr»U-I.«tp»ti-riALkNu« ». N. -N>»«L«: D«ck. Ako«»«,' r»rt, L»»so» -L«rU» o. N. etottUort: Da«-« <s vo.,- NorU»: /«vat»<i««<ta«t,- SörUt«: D. ^Vac-/ots«r,' So»L,««r: 6 u»u» ». » : Larot <s 6». N0»j^l. Lrpoäitioo No« vrsoäoor ^oaroal», 2^ill^»r»tr. »0. ksrviprvoN-^iuioNllu«! Ur. 12«b Ämtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Fabritschmied Hottewitzsch zu Meißen das allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. tlichtamtliäm Leit. Telegraphische Wachrichten. Ttettin, 23. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Auf der Werft de» „Vulkan" fand heute der Stapellauf der Ersatzkorvette „Elisabeth" statt. Vie Prinzen Wilhelm und Heinrich wohnten der Keier del. Prinz Heinrich taufte daS Schiff „Irene". * London, 22. Juli. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Lie die „TimeS" erfahren» hätte der türkische Botschafter Rustem Pascha dem Marquis v. Salis bury eine Note der Pforte überreicht, worin neue Unterhaudluugen in betreff der ägyptischen Krage auf anderer Grundlage alS der Konvention vor- geschlagen werden. London, 22. Juli. (W. T. B.) MarquiS v. SaliSbury empfing heute nachmittag eine Ar- beiter:eputation, welche ihn um Maßnahmen zur Herbeiführung der Aufhebung der von auswärtigen Regierungen gewährten Ausfuhrprämien ersuchte. Lord SaliSbury erwiderte, er erkenne die große Wichtigkeit der Krage vollständig an, die englische Regierung stehe aber augenblicklich zwecks Ein- derufung einer Konferenz, die fich mit den Aus fuhrprämien beschäftigen solle, mit den auswär tigen Regierungen in Verhandlung und könne die Maßnahmen dieser Regierungen nicht diskutieren, ohne dem Vorgehen der englischen Vertreter auf der eventuell stattfindendeu Konferenz Eintrag zu thun. St. Petersburg, 22. Juli. (Tel. d. DreSd». Journ) DaS „Journal de St. PSterSbourg" er- fährt, Ridgeway und seine Kollegen würden heute St. Petersburg verlasse», da ihre Sendung er füllt sei. DaS Blatt bestätigt, daß eine Verstän digung zwischen den englischen und russischen De legierten erzielt wurde; man dürfe hoffen, die Ler- stäudigung «erde zur Sicherung deS KriedenS und der Ruhe Zentralasiens dienen. Sophia, 22. Juli. (W.T.B.) Der Minister- Präsident Stoiloff ist hier wieder eingetroffen. Dresden, 23HJuli. Da- Scheitern der Sendung Sir Drummond Wolffs. Der Widerstreit russischer und englischer Interessen am goldenen Horn ist ein uralter. Seit jener Zeit, al- Fürst Menschikoff eines Tages im Paletot und mit der Reitgerte in dem Ministerrat erschien, und Lord Ponsonby, in erregtem Gespräche mit dem Großwesir Reis Efendi nach einer Kerze griff, sie au-blie- und sagte: „Dieses ist das Schicksal der Türkei, wenn sie sich England zum Feinde macht ', hat die Rivalität der Kabinette von St. James und St. PeterSb irg und das Bestreben, daS Ohr des Sultans allein zu besitzen, nicht aufgehört In diesen Tagen hat der russische Einfluß, unter stützt vom französischen, über die Engländer, welche auch ihrerseits in ihren Bemühungen, auf den Be herrscher der Türken einzuwirke», nicht allein standen, einen entschiedenen Sieg errungen. „Rußlands Ein fluß", sagt die „N. fr Pr^", „der zur Unterstützung Frankreichs aufgeboten wurde, hat die Probe bestan den; England unterlag, obwohl Deutschland, Osterreich- Ungarn und Italien ihm Hilfe leisteirn. Der Groß- wesir Kiamil Pascha zeigte sich den Engländern ge neigt; Said Pascha, der Minister des Äußern, der als Botschafter in Berlin zum Bewunderer Bismarcks geworden, sekundierte dem G oßwesir Aber trotz alle dem setzte Rußland seinen Willen durch. Muß man angesichts dieses Resultates in Berlin, in Wien, in Rom sich enttäuscht fühlen über das Maß der Ein wirkung, welche man sich auf die Entschließungen des Sultans zutraute, so kann es noch viel weniger fehlen, daß in London eine Mißstimmung gegen daS Tory - Kabinett platzgreift, welches ohnehin nur sehr geringer Regierungserfolge sich zu rühmen vermag. In Berlin, Wien und Rom mag man sich allenfalls damit trösten, daß man an der äpyp- t'fchen Konvention nicht unmittelbar interessirt war und darum auch durch das Scheitern derselben nicht direkt in Mitleidenschaft gezogen ist. Aber panr anders verhält eS sich mit England. Das Kabinett Salisbury ist der eigentliche Besiegte. ES hat den ungewöhnlichen Apparat einer außerordentlichen Mis sion aufgeboten, um die Konvention zu Stande zu bringen, und dadurch selbst die Stichhaltigkeit der Be hauptung erschüttert, daß England mit Gleichmut die Weigerung des Sultans hinnehmen könne. Man hat in Englanv scheinbar den ägyptischen Verhandlungen keine große Ausmeiksamkeit geschenkt; die irischen De batten im Unterhause absorbierten das allgemeine In teresse. Aber jetzt, da man sich vor eine diplomatische Niederlage an dem wichtigsten Punkte gestellt sieht, spitzt man die Ohren; ein dumpfer Groll gegen das Kabinett beginnt sich Luft zu machen, und unmöglich wäre es nicht, daß sich von Konstantinopel her ein Gewitter über dem Haupte des Marquis zusammen zöge. Wenn die Krise in Stambul damit endet, daß der Sultan an die Stellen Kiamil Paschas und Said Paschas ausgesprochene Russenfreunde beruft, dann könnte es wohl geschehen, daß das Kabinett SaliS bury dies mit seiner Existenz zu entgelten haben würde." Daß der hier angedeutete Fall eines KabinettS- tvechsels in Konstantinopel keineswegs zu den Unmög lichkeiten gehört, davon legt die nachstehende der offi ziösen „Pol. Korr." aus Pfortenkreisen zugehende Nachricht vollwichtiges Zeugnis ab. ES heißt daselbst: „Die Gerüchte über eine Ministerkrise und speziell über einen Wechsel auf dem Posten des Großwesir- rat- find seit Wochen im Umlauf und treten in den verschiedensten Varianten immer wieder in den Vor dergrund. Die mannigfachen Vorgänge, die mit der Frage der Ratifikation der ägpytischen Konvention im Zusammenhänge standen, haben thatsächlich das Ver hältnis des Sultans zur Pforte wiederholt in- Schwanken gebracht. Ursprünglich zeigte fich der Grobherr sehr mißvergnügt über Kiamil Pascha, der ihn im Laufe der mit Sir H. Wolff geführten Ver handlungen wiederholt versichert hatte, daß der Bot schafter Frankreichs gegen diese Stipulationen der Kon vention keine Einwendung gemacht habe, während thatsächlich, kaum daß die Verhandlungen zum Ab schlusse gebracht worden, Graf Montebello den hef tigsten Widerstand erhob und einmal sogar eine Art Kommunikat mit Umhebung der Pforte direkt an den Sultan gelangen ließ, was den letz teren wegen der Formlosigkeit des VorganaeS nicht wenig verletzte. Der Sultan war der Meinung, daß der Großwesir ihn irrig berichtet oder daß derselbe die Mitteilungen des französischen Bot schafters nicht richtig auszufassen im stände gewesen, und hatte bereits den Entschluß gefaßt, Kiamil Pascha seines Postens zu entheben, als er noch rechtzeitig durch einen Freund deS GroßwesirS über die wahre Feuilleton. Letta Rubien. Bou H. Keller-Jordan. (Fortsetzung.) ES herschte eine etwas drückende Stimmung. Frau v. Labinoff fiihlte das, erhob sich und bat Lelia, ihr Nora für ein paar Stunden zu überlasten, um sie bei den Einkäufen zu begleiten, die sie noch zu machen habe, denn die Abreise nach Helgoland war auf den anderen Tag festgesetzt. Sie wußte, daß, wenn Lelia erst Worte sand, die Beiden noch lange nicht enden würden, und dieses Eingehen auf die Einzelheiten der Arbeit war ihr ohnedies weniger interessant. Als Lelia, nachdem sie Frau v. Labinoff mit Nora hinausbegleitet, zurück in das Zimmer trat, stand Gregor am Fenster zwischen zwei hohen Palmen, mit welchen die Güte seiner Mutter dasselbe verschönt hatte. Die Flügel waren weit geöffnet und von grü nen Feldern herüber strömte eine erquickende Luft. Ein letzter vergoldender Sonnenstrahl zuckte über sein Angesicht, welches in diesem Augenblicke einen fremden, ja fast schmerzlichen Ausdruck trug. Er hatte die junge Frau nicht bemerkt. Sie trat zu ihm hin, legte ihre Hand auf seinen Arm und sah einen Augenblick in sein Gesicht. „Sind Sie mit meiner Arbeit zufrieden?" fragte er, indem er in ihre träumerischen Augen sah, au» denen er alles geschöpft, wa» er geschafft». „Zufrieden? Die poetische Substanz ist ein tra gisches Ding", sagte sie gedankenvoll, „und nie ist es mir klarer geworden, als heute, daß Sie Dichter sind. Was wüßte Ihr junges, vom Leben unberührtes Herz sonst von der Tragik, die dasselbe in sich trägt? „Diese Nacht am Meere, die Kämpfe, bevor das gequälte Weib das Leben läßt, — man sollte glau ben, Ihre eigene Seele habe daS durchtobt. Wer hat Ihnen einen Begriff gegeben von der feuchten Nacht am Ozean, von den schäumenden Wellen, die gegen die Ufer branden und mit gewaltiger Sprache unserem Fühlen Ausdruck verleihen? „So, gerade so mußte das vom Leben verratene Weib empfunden haben, mein Weib empfunden haben, mein Herz hat eS, als Sie diese Worte lasen, mit er lebt, mit durchkämpft." Uber Gregors Gesicht zog ein Strahl unsäglichen Glückes. „Ich hatte viel über den Stoff nachgedacht," fuhr sie immer noch erregt fort, „ich legte ihn zurecht bald so, bald so. Ich wußte, daß es nicht- Qualvollere- und Elenderes giebt, als sich verraten zu sehen von denen, die wir lieben, aber ich fand nicht da» Gewand. Keine Form, kein Ausdruck schien mir groß genug, und deshalb danke ich Ihnen, daß Sie mir daS Rätsel gelöst Alles, was Sie bisher gedichtet, ist nur Schüler arbeit gegen diese Sprache!" Und Lelia legte, vom Augenblick hingerissen, ihre Hand in die seine. „Der Dank ist auf meiner Seite," sagte Gregor, indem er die Hand fest umschlossen hielt und seine Augen traumselig auf ihrem beseelten Antlitz ruhen ließ, „Ihnen, Ihrem Einfluß, Ihrer Güte, Ihrem unend lich reichen, reinen Gefühl für alle- Schöne, danke ich e», wenn ich etwas leiste." Sachlage aufgeklärt und zu der Erkenntnis gebracht wurde, daß der Schuldige in diesem Falle gewiß nicht der Großwesir sei, der für die Wandlungen in den Gesinnungen und Mitteilungen des Grafen Montebello doch wohl nicht verantwortlich gemacht werden könne. So ging diese Episode vorüber. Als jedoch im weiteren Fortgänge der Verhandlungen über die ägyptische Kon vention der Großwesir und der Minister deS Äußern es nicht durchzusetzen vermochten, daß der britische Kommissar die vom Palaste gewünschten Modifikationen acceptiere und als hierdurch für den Sultan sich die Notwendigkeit ergab, das Odium der Ablehnung der Konvention ganz allein auf sich zu nehmen, gab sich im Palaste abermals ein gewisser Mißmut gegen die Pforte kund und es erschien am l-1. Juli d. I. in der Wochenschrift „Nizan" ein Artikel, in welchem die Politik der Pforte vom Standpunkte der musclmänischen Interessen auf da- heftigste getadelt wurde und die Minister, der Großwesir inbegriffen, auf daS schärfste angegriffen wurden. Die Thatsache, daß dieser Artikel trotz seiner überaus gereiften Sprache die Zensur anstandslos passiert hatte, konnte leicht auf die richtige Spur deS Urhebers führen Durch eine Vernehmung des Redakteurs verschaffte der Groß wesir sich über diesen Punkt alsbald volle Gewißheit und die Folge davon war, daß Kiamil Pascha ohne weiteres Zögern seine Entlassung einreichte. Das war am 17. d. M. geschehen. Bisher ist dieses De- missionSgesuch vom Sultan nicht erledigt worden. Man zweifelt daran, daß der Sultan unter den gegenwär tigen Verhältnissen geneigt sein werde, den Großwesir fallen zu lassen, weil dies bei der notorischen Gegner schaft der russischen Botschaft gegen Kiamil Pascha geeignet wäre, den Gedanken aufkommen zu lassen, daß der Sultan einer Pression Rußlands sich unterwerfe und Abdul Hamid einer solchen Idee nicht Vorschub leisten möchte. Es dürften nach alledem auch die gegenwärtig verbreiteten Krisengerüchte vorläufig ohne Bestätigung bleiben, aber die Beziehungen zwi- chen dem Palaste und der Pforte sind nun einmal o prekäre und schwankende, daß der gegenwärtige Zu- tand kaum lange mehr zu erhalten sein wird und daß in nicht zu ferner Zelt denn doch jener Wechsel wird eintreten müssen, den jetzt nur noch die Rücksicht auf den Eindruck nach außen zurückhält." Lagcstztschilhte. Dresden, 23. Juli. Se. Exzellenz der Hr. Staats minister vr. v. Gerber hat eine mehrwöchige Ur- laubSreise angetreten. * Berlin, 22. Juli. Se. Majestät der Kaiser erfreut sich in Gastein des besten Wohlseins. Auch in diesem Jahr herrscht, wie man der „N. Pr. Ztg." schreibt, in dem Bade Sonnenschein und Hitze; schon um 10 Uhr vormittags zeigt daS Thermometer volle 20 bis 22 Grad; doch haben in den Nachmittags stunden seit einer Woche fast täglich vorübergehende Regenschauer stattgefunden, welche keine drückende Schwüle aufkommen lassen. Heute um 10 Uhr unter nahm Se. Majestät die gewöhnliche Morgenspazierfahrt nach Böckstein; für nachmittags 1 Uhr hat der Kaiser seinen Besuch bei der Gräfin Grünne ansagen lassen. Im Übrigen erledigt Se. Majestät mit gewohnter Regel mäßigkeit die Regierungsgeschäfte und nimmt die Vor träge entgegen. Se. König!. Hoheit der Prinz Heinrich kam 'gestern früh 6 Uhr mit der Torpedobootsflottille nach Sw ine münde, wo die Flottille auf der Ostseite des Hafens anlegte, und fuhr nachmittags mit der Bahn nach Stettin, um dort heute mittag dem Stapel lauf der Ersatzkorvette „Elisabeth" beizuwohnen. Die „Köln. Ztg." schreibt: „Der russische Botschaf ter Graf Schuwaloff hat, dem Vernehmen nach, so- fort nach seinem Eintreffen in Berlin die Gelegenheit benutzt, um den Versuch zu machen, auf her vorragende Bankiers in persönlichem Verkehr durch beruhigende Versicherungen über die russische Finanz politik einzuwirken. Auch andere Anzeichen deuten darauf hin, daß die deutschen Preßerörterungen über die russischen Werte in St. Petersburg einen tiefen Eindruck gemacht und an dortiger maßgebender Stelle den Wunsch erweckt haben, mit Deutschland in freund lichere Beziehungen zu treten. Inwieweit sich diese Gesinnung als nachhaltig erweisen und ob sie zu thatsächlicher Geltung kommen wird, bleibt abzu warten." Der „ReichSanz." veröffentlicht das Gesetz, betreffend die Anwendung abgeänderter Reichsgesetze auf landes gesetzliche Angelegenheiten in El saß-Lothringen vom 7. Juli 1887. Wie das „Deutsche Tagebl." vernimmt, liegt eS in der Absicht de- Staatssekretärs für das Reichspost wesen, vr. Stephan Exc, bei der Berliner Zentral postbehörde ein Bureau für fremde Sprachen zu errichten, in welchen alle zweifelhaften Fälle bei Kor- refpondenzen und Postsendungen des anderSsprechen- den Auslands Erledigung finden sollen. Auch heute äußern sich die „Berl. Pol. Nachr." zur Frage der russischen Werte. Die Mitteilung lautet wie folgt: Wenn eine momentan eintretende Pause in den Warnungen vor den russischen Werten von der gegnerischen Presse als Einstellung, dann die Fortsetzung der Warnungen als neue An griffe ihrem Publikum vorgesührt wird, so kennzeichnet sich unseres Erachtens ein solches Verfahren gewissermaßen alS Mangel an Mut. Man getraut sich eben aus jener Seite nicht, die volle Wahrheit zu sagen; dafür liefert einen recht augen fälligen Beweis der Umstand, daß man über unser gestriges Dementi jener haltlosen Gerüchte, wodurch das Publikum zur Einstellung seiner Verkäufe von russischen Werten veranlaßt werden sollte, mit bezeichnendem Stillschweigen hinweggeht. Gleichwohl zeigt es sich immer deutlicher, daß das Verständnis für den wirklichen Sachverhalt in weite Kreise gedrungen ist und einen Wandel der Stimmung hervorgerusen hat, der in massenhafter Abgabe der russischen Werte seinen entsprechenden Ausdruck findet. Somit haben unsere Warnungen ihrem Zwecke bis jetzt durchaus gedient und werden eS auch in Zukunft thun, wenn sie eS zu Wege bringen, daß daS deutsche Kapital sich seines Besitzes an russischen Werten zu relativ möglichst gün stigen Bedingungen zu entledigen sortsährt. Wie man geg- nerischerscitS unsere Bemühungen im Interesse des deutschen Kapitals kommentiert, kann uns gleichgiltig sein. In Vertei digung großer deutscher Interessen ist dieser schwere Kampf unternommen, welcher nicht ruckweise mit plötzlich auslodernder Leidenschaft und ebenso plötz- jicher Unterbrechung, sondern mit Zähigkeit und Ausdauer zu Ende geführt werden soll. Zur Zeit werden in den einzelnen Landesteilen, wie die „Köln. Ztg " mitteilt, genaue Aufnahmen über die Arbeitsverhältnisse der hervorragendsten Gewerbezweige vorgenommen. Diese Feststellungen dürften eine höchst wertvolle Grundlage für die Be urteilung der Arbeiterbewegung, namentlich bei aus- brechenden Albeitseinstellungen bilden, zumal da die Aufnahmen in regelmäßig wiederkehrenden Zeit abschnitten stattfinden und sich schon jetzt aus dem vor handenen Stoffe ersehen läßt, wie die von den Feiern den aufgestellten Lohnverhältnisse von den amtlichen Festsetzungen abweichen. Bemerkenswert ist, wie die „Danz. Ztg." hervor hebt, daß unter den Polen, welche der Ansiedelungs kommission Anerbietungen machen, sich selbst Män ner finden, die an der Spitze der polnischen Agitation gestanden haben. Nicht geringes Aufsehen erregte es seiner Zeit, als der frühere Vorsitzende der polnischen Fraktion, I)r. Szuman, ein zu seinem Gut gehöriges Vorwerk zu Kolonisationszwecken abgab. l)r. Szuman wurde damals von der polnischen Presse heftig an gegriffen; er versuchte sich dem gegenüber zu verteidigen. Es scheint ihm aber nicht gelungen zu sein, und als er nicht lange darauf sein Mandat niederlegte, wurde dieser Schritt in Zusammenhang mit dem Verkauf „Täuschen Sie sich nicht, Herr v. Labinoff," sagte sie nun wieder ganz ruhig, vielleicht durch den tiefen Blick ernüchtert, mit dem Gregor in ihre Augen ge taucht — „jedes Talent ist subjektiv, eS ist und bleibt Ihr eigenstes Eigentum — auch ohne mein Zuthun. Von außen kann Ihnen nur die Anregung zu dem kommen, was in Ihnen lebt." „Die Wirkung der Poesie ist aber auf das Gefühl gerichtet und geht vom Gefühl aus — ich weiß nicht, wa» au» dem meinen werden würde, müßte ich Sie entbehren." Er hatte die letzten Worte traurig, wie zu sich selbst gesprochen, und seine Blicke verloren sich am fernen Horizont, an welchem kleine goldene Wölkchen gleich Kähnen friedvoll hin und her glitten. Lelia folgte seinen Augen. „Sehen Sie," sagte sie sanft, „so gleiten die Wol ken über die Elbe bis zur Nordsee, hinüber nach Hel- goland. Ich verspreche mir viel für Ihre Muse von Ihrem dortigen Aufenthalt." „Und mir", sagte er, „thut daS Herz weh, weil ich von Ihnen scheide! Vier lange Wochen ohne einen Blick in Ihr Angesicht! Werden Sie mich nicht ver missen?" ,Lch, Herr v. Labinoff? Ich freue mich, wenn ich Sie wiedersehe." „Und wa» werden Sie mit den Stunden machen, die in den letzten Wochen mir gehört?" „WaS ich gethan habe, ehe ich Sie kannte; über kurz oder lang müssen wir ja doch von einander scheiden." „Ist da» ein Trost und wird es darum besser?" „Nein, aber wir müssen un» die Notwendigkeiten klar machen, die daS Leben bedingt. Ich habe, außer meiner Nora, Alles lassen müssen, was ich besessen, Herr v. Labinoff; auch mein schönes meerumspültes Heimatland. Wir lernen mit der Zeit überwinden, wenn wir, wie Ihre Mutter mich gelehrt — aufhören zu wünschen — für uns selbst — aber bei Ihnen ist das ander»", setzte sie heiterer hinzu, „Sie bauen noch nicht auf begrabenen Hoffnungen. Möge Sie daS Leben recht glücklich machen!" „Leben Sie wohl", sagte er plötzlich in fast rauhem Tone, indeni er sich erhob und ihr seine Hand ent gegenhielt „Darf ich Ihnen schreiben?" „So oft Sie wollen, aber ich sehe Sie heute abend noch, wenn ich mich bei Ihrer Mama verab schiede. Auf Wiedersehen bi» dahin!" „Gute Nacht!" Die Creolm war an das Fenster getreten und folgte mit den Augen seiner Gestalt, die mehr und mehr im Dämmerlichte verschwand. Sie hatte es doch nicht gedacht, daß auch ihr der Abschied von ihm so schwer werden sollte! Als sie abends zu seiner Mutter kam, um sich von ihr zu verabschieden und ihre Kleine zu holen, war Gregor nicht zu Hause. * * * Im Foyer des ThaliatheaterS drängte sich die ele gante Welt. Die Vorstellung war zu Ende und eS blieb den Herren nichts mehr übrig, als die schöne Damenwelt beim Hinausgehen zu bewundern. Im Schatten einer Säule, ziemlich nahe am Aus gang, stand Gustav Richter und erwartete Melanie. „Wenn ich heute wieder dritten Mann spielen
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