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Dresdner Journal : 24.09.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-09-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188709240
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18870924
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18870924
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1887
- Monat1887-09
- Tag1887-09-24
- Monat1887-09
- Jahr1887
- Titel
- Dresdner Journal : 24.09.1887
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V222. 1887 Sonnabend, den 24 September, abends. I- « ° L. Ii. N-icb- tritt l'o-t- uoä «z^rlivkr » »V?s. gtvu.p«l,°»cdl»« l>ü»o. kio»«Iv» Honuosru: »0 kk. LllkÜL<ttxuLx»^«l»al>k»» r PSr ä«o N»uw «io«r »r«»p»It«ll«o 2«il^ tle>v«r 8ol>ritt SV kf. Ootvr Nie 2eU« KO?k. N«i UksNvir- iu»6 2! mi»Et» «ottpr Lr»eNvl»«i»r FU^liov mit Xu«uUuo« ä«r 8oiui uoU »d«Qäs. ^«rosprvok ^ll»ot»Iu»8: l^r. lSSi. DresdnerIoumal. Für -te Gesamttettong veranttvortttch: Dtto Banck, Professor der (itteratur. und Kunstgeschichte. F> Sr—Lommimt«^» äm Ormänm S»»d»iU - ImU» Vl„ - >»—1-Ir—I»»-er»»t!lM» ». ».: SaamnitML F I<rU»-Vl«».«Ed«U- kr»U L,tx»t,-rr»attM« 8. ».-»>»«»«»: L*<1. Lko««,' ?8rt, Lavcko» - L«rU» rnmttmt 8. N »MttU8rt: Da-tü« F t/'oL«rU8: /nv<U»U«n4aLt,' S»rUl>: v. «8m»»L»r: 0 Sc^amtm. «»U. 8. F Lmet A Oo. N»r»,»^b«r» LvLizl. 8»p»<1ittoa äm 0rm«lLM ^<n>n>»l», Vixxivv, 2viL^m,tr. >0. ?srL,pr»«N Nr. 1»»». Amtlicher Teil. Aekaiintmachung. Die Kreishauptmannschaften, AmtShauptmannschaf- ten und Polijeibehörden werden hiermit davon in Kenntnis gesetzt, daß für die im Jahre 1888 zur Verwendung gelangenden Paßkarten der lila Unter, druck gewählt worden ist. Hierbei werden die zur Ausstellung von Paß. karten befugten Behörden mit darauf aufmerksam ge macht, daß sie nach der Verordnung vom 18. Juli 1870, den Vertrieb von Druckformularen für die Poli» zei- pp. Behörden betreffend, (Ges.- u. VerordngS.- Blt. v. 1870 S. 269) verbunden mit der Bekannt machung vom 8. Dezember 1870 die Einsendung der etwa bei ihnen am Schlüsse des laufenden Jahres noch vorhandenen ungebrauchten und unverdor benen Paßkartenformulare vom Jahre 1887 zum Zwecke des Umtausches mit der spätestens am 1. Ok tober 1888 zu bewirkenden Bestellung neuer Formu lare bei dem Gendarmerie-Wirthschastsdepot auSzu- führen und den Bezugspreis der umzutauschenden Formulare an dem nach 8 3 der anzezogenen Verord nung bei der Bestellung mit einzusendenden Geld beträge zu kürzen haben. Sollten unverbrauchte und unverdorbene dies jährige Paßkartenformulare zu einer späten, Zeit als am 1. Oktober 1888 an das Gendarmerie-Wirthschaft-- depot zurückgesendet werden, dann findet weder Um tausch noch Vergütung des Bezugspreises derselben statt. Dresden, am 19. September 1887. Ministerium des Innern, II. Abtheilung. v. Charpentier. Gebhardt. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. Wien, 24. September. (Tel. d. Dresdn. Jvurn.) Das Wiener „Fremdenblatt" sagt in seinem dem Jubiläum des Kürsten BiSmarck gewidmeten Leit- artikel: „Wir Österreicher gratulieren unserm großen Freunde, dem Leiter der Politik deS «ns engverbündeten Reiche-, dem Mitbegründer der deutsch-österreichischen Allianz, welche den Frieden Europas wahrt. Der Artikel rühmt ferner Bis marcks innere reformatorische Thätigkeit und seine unerschöpfliche Arbeitskraft. ES wäre nicht leicht, einen zweiten Staatsmann zu nennen, der mit so großer Machtfülle auSgestattet, seinen höchsten Ehrgeiz darin suchte, die Ruhe der Nationen zu wahren. Wien, 24. September. (Tel. d. DreSdn.Journ.) Die Einberufung krS ReichSrats auf den 11. Ok tober ist nunmehr durch ein Kaiser!. Handschreiben erfolgt. Haag, 23. September- (W. T. BO Der Fi- nanzminister hat den Kammern den Voranschlag für 1888 vorgelegt. Derselbe schließt mit einem Defizit von 12'/,, Millionen Gulden ab. Mit dem Fehlbeträge auS den Vorjahren beläuft sich daS Defizit auf 25 Millionen Gulden und ist durch dir großen, gegenwärtig in der Ausführung begriffenen öffentlichen Arbeiten verursacht worden. Die Schlußrechnungen der Budgets in den Jahren 1885 bis 18-7 werden voraussichtlich Überschüsse aufzuweisen haben. DaS Defizit, welches da- Ordinarium pro 1888 ergeben wird, soll durch den Budgetüberschuß von holländisch Judien ge ¬ deckt werden. Vor der Hand sind keine Anleihe« erforderlich. Ja den Ausführungen zum Bud get wird hervorgrhoben, daß angesichts der wachsen den Erfordernisse deS Staatshaushalts die Fi- nanzverwaltung mit großer Vorsicht gehandhabt werden müsse. London, 24. September. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die „Limes" widmen dem Jubiläum deS Kürsten v. Bismarck einen sehr sympathischen Leit artikel, in welchem sie u. a. sagen, daß Bis marcks große Errungenschaften, die Stärke und Einigkeit Deutschlands, dir sicherste und solideste Bürgschaft deS europäischen Friedens bilden. Ja dieser Hinsicht sei die Dauer der ministeriellen Stellung Bismarcks von unermeßlichem Vorteil für Europa. Mitchelstown, 24. September. (Tel. d Dresdn Journ) Im Prozeß Ö'Brien warf nach erfolgter Vernehmung der Belastungszeugen der Verteidiger O'BrienS, der Deputierte Hartingtou der Regierung die absichtliche Unterdrückung deS wahren Wortlauts der inkriminierten Rede O'Brien» vor. Der Staatsanwalt wies diesen Vorwurf als Erfindung zurück und alS Harting ton erwiderte, der Staatsanwalt lüge, erklärte der Vorsitzende deS Gerichtshofes, Hartington, falls er eine derartige Sprache weiterführe, auS dem Saal entfernen zu lassen. Hartington legte sofort die Verteidigung nieder und verließ den Saal. Die Zugänge deS GerichtSgebäudeS waren von Polizei und Militär besetzt. Kopenhagen, 24. September. (Tel.d.Dresdn. Journ.) Die heutige Hofjagd wurde wegen ua- günstigen Wetters abgesagt. Die Abreise der griechischen KönigSfamilie wurde verschoben. Belgrad, 23. Seetrmber. (W. T. B.) Der VerfassungSauSschuß wählte ein Komitee von 3 Mitgliedern zur Ausarbeitung eines neuen Ler- fassungsentwurfS. Bukarest, 24. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Erzherzog Albrecht traf in Sinaia ein, wo ihn Ihre Majestät die Königin empfing. Der König begrüßte ihn bereits in Prrdeal. Die hohen Herrschaften begaben sich darauf in daS Königs- schloß Pelesch, wo eine Ehrenkompagnie aufgestellt war. Die Militärkapelle intonierte die öster reichische Nationalhymne. „Etoile roumaine" bezeichnet die Nachrichten des OppositionsblatteS, daß zwischen dem König von Rumänien und dem Prinzen Ferdinand in Bulgarien ein reger Verkehr stattfinde und daß der Letztere einen Adjutanten mit einem Schreiben an den König nach Sinaia entsendete, alS absolut unbegründet. Dresden, 23. September. Italien und Abyffinien. Man mag über die durch Hrn. ManziniS Politik eingeleitete Expedition der Italiener denken wie man will — sie als eine mannhafte That hinstellen, die trotz den bei solchen Unternehmungen selten auSbleiben- d:n Rückschlägen eine bedeutende Machterweiterung Italiens in Afrika zur Folge haben wird, oder sie als daS Erzeugnis einer kleinlichen Sucht nach colonialen Lorbeeren bezeichnen — immer wird man nicht daran zweifeln können, daß die Ehre deS italienischen Namens eine Genugthuung für die erlittene Niederlage bei Dogali erfordert. „Daß die Afrikaexpedition — so schreiben die „Münche ner N. N." — wirklich mit aller Kraft geplant wird, und zwar — im Gegensatz zu ähnlichen französischen Thaten — in lobenswerter Stille, liegt auf der Hand, und wie auch die „Riforma" jüngst beruhigend ver sicherte, wird an dem Tage, da die Kanonen zu sprechen haben, alles bereit'sein. Eine andere Frage ist nun aber, angesichts dieses italienischen Kriegseifers, urplötzlich hervorgetreten, nämlich die einer eventuellen englischen Vermittelung zwischen dem Negus und Italien. Man entsinnt sich der von Lord Napier im Juli im englischen Parlament hierüber gestellten Interpellation. Diesmal ist es aber eine Kundgebung der „Times", die in Italien wegen ihrer ganz einseitigen, um nicht zu sagen arroganten Auffassung und Behandlung der Vermittelungsfrage mit Recht allgemein verstimmt: war man doch in Rom von englischer Seite her auf derartige Lektionen nicht gefaßt. Die „Times" werfen nämlich, ohne die italienisch-abessinische Streitfrage mehr als nur oberflächlich untersucht zu haben, Italien geradezu den Vertragsbruch gegen Abessinien vor. Der seiner Zeit von Admiral Hewett mit dem Negus geschlossene Vertrag habe die damals noch ägyptische Stadt Massauah ganz rückhaltsloS als Hafen- und HandelSstation zur freien Benutzung der Abessinier anerkannt und u. a. den Abessiniern auch den freien Bezug von Waffen und Kriegsmaterial über Massauah garantiert. Ein fernerer Paragraph des genannten Vertrags bestimmte gleichzeitig, daß der Negus jeden künftigen Streitfall zwischen ihm und den Ägyptern dem Schiedsgerichte England übertragen werde. Italien, so folgern die „Times", das Ägypten in seinen Rech ten und Pflichten am roten Meere folgte, habe die bezüglichen Vereinbarungen des Hewett-Vertrags eigen willig verletzt durch sein Vorrücken nach Saati (be kanntlich die Provokation des Blutbades von Togali) und durch sein Verhängen des Belagerungszustände» über Massauah, daS dadurch dem abessinischen Handel gänzlich entzogen wurde Gleichwohl bieten die „Times" im Namen Englands Italien großmütig ge nug die Intervention der „Regierung Ihrer Majestät" beim NeguS im Interesse des Friedens an. Der Eindruck, den diese merkwürdige und fast demüthigende Auslassung des Cityblattes in Rom hervorgerufen hat, war in hohem Grade bezeichnend. Hier, wo man so ungeheuer feinfühlend und empfind lich ist, mußte die gnädige Zumutung Englands, nach der Niederlage der Italiener beim NeguS sich ver wenden zu wollen, doppelt unangenehm berühren. Hatte doch dieser von englischer Seite stets so pathe tisch angerufene Hew.ttvcrtrag weder für Italien noch selbst für Ägypten Giltigkeit besessen, aus dem ein fachen Grunde, weil die Abessinier ihrerseits für die Basen desselben auch nicht den entferntesten Respekt an den Tag gelegt hatten Hatte doch der Negus trotz seines feierlichen Versprechens nie daran gedacht, den 8 3 des Vertrags zu halten und die ägyptischen Garnisonen in Kassala, Senehit und Amedif aus ihrer gefährlichen Lage im Kampf mit Osman Digma zu entsetzen. Im Gegenteil hatte der Negus die wenigen dem Blutbade entronnenen Ägypter noch ausrauben unv peinigen lassen. Ein Beweis, daß der Hewett- vertrag seiten Äbessiniens auch nicht einmal nur- scheinbar beachtet wurde. Italien hat folglich das Recht absolut auf seiner Seite und zwar um so mehr, als der Negus nach der Besetzung Saatis laut Ver trag verpflichtet gewesen wäre, sich um Hilfe an England zu wenden. Eine englische Vermittlung wird bei Italien also keine Gegenliebe finden — wenigstens nicht im gegenwärtigen Augenblicke, wo es gilt, das gesunkene Prestige um jeden Preis wieder in die Höhe zu bringen Ist das erst geschehen, so läßt sich ja weiter sprechen und hat erst der Negus italienisches Pulver gerochen, so wird man beiderseits eher geneigt sein, sich die Hand zum Ausgleich zu bieten." Wir fügen dieser Darlegung noch hinzu, daß — allerdings noch nicht verbürgte — Nachrichten au» Kairo von einem Vormarsch zweier starker abessynischer Truppencorps, deren eines von europäischen Offizieren befehligt wurde, gegen die Italiener in Massauah, be richten Sollte sich diese Meldung bewahrheiten, so dürfte die Zeit kriegeriicher Zusammenstöße noch früher eintreten, als selbst der Verfasser der obigen Darlegungen angenommen haben mag. Es ist dann nur zu wünschen, daß die jetzige Besatzung Massauah» sich halte, bis das afrikanische Expedition-corp» Italien» zu seiner Verstärkung eingetroffen sein wird. Tagesgeschichte. Dresden, 24. September. Se. Königl. Hoheit der Prinz Georg ist gestern abend vom Jagdhause Rehefeld in der prinzlichen Villa zu Hosterwitz wieder eingetroffen. * Berlin, 23. September. Se. Majestät der Kaiser empfing heuie zahlreiche persönliche Meldungen von Offizieren. Mittags erteilte der Monarch dem dies seitigen Botschafter in St. Petersburg, General v. Schweinitz, welcher mit Urlaub in Berlin anwesend ist, eine Audienz und konferierte nachmittags längere Zeit mit dem Vizepräsidenten des preußischen Staat»« Ministeriums, Minister des Innern v. Puttkamer. Prinz und Prinzessin Wilhelm, sowie Prinz Heinrich trafen gestern nachmittag ^5 Uhr in Friedrichsruh ein und wurden auf dem festlich 'ge schmückten Bahnhofe von dem Reichskanzler Fürsten Bismarck und seiner Gemahlin, sowie von dem Staatssekretär Grafen Herbert Bismarck empfangen. Die Prinzessin, welche mit dem Zuge die Weiterreise nach Potsdam fortsetzen wollte, blieb im Wagen, Fürst Bismarck und seine Gemahlin begaben sich in den Wagen und verblieben dort bis kurze Zeit vor dem Abgänge des Zuges. Von zwei weiß gekleideten Mäd chen hatte die Prinzessin prachtvolle Blumenbouquets in Empfang genommen. Nach der Abfahrt des Zuge» begaben sich unter den Hochrufen der zahlreichen Menschenmenge Prinz Wilhelm mit der Fürstin Bis marck in einem Wagen und Prinz Heinrich mit dem Fürsten BiSmarck in einem zweiten Wagen, welchem ein dritter Wagen mit dem Grafen Herbert BiSmarck und zwei zum prinzlichen Gefolge gehörigen Offizieren folgte, nach dem Schloß. Prinz Wilhelm trug die Uniform des Seebataillons, Prinz Heinrich die Ma rineuniform. Prinz Wilhelm kehrte nachts K12 Uhr nach Berlin, Prinz Heinrich abends 7 Uhr über Ham burg nach Kiel zurück. Die Jubelfeier des Fürsten Bismarck wurde nur im engsten Kreise gefeiert. Unter den in Friedrichsruh gestern früh kingetroffenen Ge schenken besand sich eine kostbare Vase vom Kaiser mit dem Porträt derselben, sowie ein kunstvolle» Bouquet aus Eisen. — Der „Kreuzztg." zufolge hat der Kaiser an den Ministerpräsidenten ein huldvolle» Schreiben gerichtet. Außer dem Grafen Herbert waren in Friedrichsruh Graf Wilhelm Bismarck und der geh. Legationsrat Graf zu Rantzau nebst Familie ein getroffen. Demnach war des Reichskanzlers Familie vollzählig in Friedrichsruh versammelt. Graf Herbert Bismarck wird heute hier zurückerwartet. Nach einer Meldung des „Berl. Tgbl." au» Bremen ist der Marinefisku», welcher den Norddeutschen Lloyd nach dem Zusammenstoß des Dampfer» „Hohenstaufen" mit dem Kriegsschiff „Sophie" auf 40 000 M. Schadenersatz verklagt hatte, vom Land gericht Bremen mit seiner Klage abgewiesen worden. Die ,Iöln. Ztg." schreibt: Zur Teilnahme an den Beratungen, die der Justizminister über die Frage der Einführung des Grundbuche» am Rbein veranlaßt hat, sind der Landesdirektor der Ryein- provinz, der Direktor der Provinzialhilfskasse, ferner Feuilleton. Frau Malwine. Novelle von I. Werner. (For§etzw,g.) Sie machte eine Bemerkung über des Onkels gütige» Wesen. „Er ist ein Ehrenmann!" versetzte der Ritt meister mit Aufrichtigkeit und hielt den Kopf dabei nachdenklich auf die Hand gestützt. „Schade um sein häusliche» Kreuz, ja, ja, mit der Spitze de» Säbel» möchte mancher den gordischen Knoten seines Geschickes zerhauen, wenn " „Wenn oben da» Kreuz nicht wäre, da» die Last tragen Hilst," fiel sie ihm mahnend in» Wort. Er zuckle die Achsel und sah sie fast mißtrauisch an. Sein Antlitz war finster geworden. Malwine ahnte plötz lich, daß er in der Liebe Schiffbruch gelitten, und schaute unwillkürlich auf seine Rechte, von welcher er den Handschuh gezogen. Sie trug keinen Ring, er war nicht verwitwet gleich ihr, kein Wort hatte sie während ihre» Gesprächs auf ein Verlöbnis oder der gleichen schließen lassen und doch war hier der dunkle Punkt feines Lebens. „lassen Sie uns in den Saal zurückkehren," bat die junge Frau, sich erhebend. Er bot ihr den Arm. „Besten Dank für die un» vergeßlichen Minuten, gnädige Frau," sagte er, sich bezwingend, und schaute ihr bewundernd nach, als sie mit einem seiner Kameraden in die Reihe der Tan zenden trat Der folgende Tag, an welchem sich der Onkel nicht zeigte, wurde der jungen Frau ungemein lang. Sie war müde von dem ungewohnten Vergnügen, tausend Gedanken erfüllten ihr Herz, und sie mußte sich zusammennehmen, um den Kindern ihre Zerstreuung nicht zu verraten. Während der frühen Dämmer stunde saß sie wie gewöhnlich in deren Mitte auf dem Diwan, um mit ihnen zu plaudern. Das kommende Weihnachtsfest lieferte reichlichen Stoff; konnten die Kleinen den Anfang der Ferien doch kaum erwarten, der sie nach Hause führen sollte, und die Pflegemutter that ihnen leid, welcher allein kein freundlicher Lichter baum glänzen würde. Daheim, ja da war es an ders, da bekam selbst der kleine Bruder, der im ver gangenen Jahre gestorben, sein Bäumchen hinaus auf das Grab gestellt, damit er mit den Engeln im Him mel Weihnachten halten konnte. Malwine dachte auch an ein Grab, daS einsam unter der Schneedecke, in ferner Provinz ihr gehörte und auf welches sie zum ersten Male an Weihnachten nicht selbst einen Kranz legen konnte. Es fiel ihr aufs Herz, wie sehr sich ihre Phantasie den ganzen Tag mit einem beschäftigt hatte, der Albert unbekannt gewesen, und e» ward ihr zu Mute, als sei sie ihm, ja sich selbst untreu gewor den. Um ihren Gedanken zu entfliehen, beschloß sie ihre neuen Freundinnen zu besuchen und zog die Klingel, um die Kinder dem Mädchen zu übergeben. E» schneite tüchtig, doch that ihr die frische Winterluft gut, und mit geröteten Wangen trat sie in das Wohn zimmer der Damen ein und ward mit Freuden be grüßt. Sie fei die erste, hieß es, man habe des Wetters wegen heute kaum jemand erwartet, hoffe nun aber auf wertere Gäste. Die junge Frau, welche nicht an den Empfangsabend des HauseS gedacht, hätte sich am liebsten wieder entfernt, war sie doch nicht in der Stimmung, mit fremden Menschen zu plaudern. Der Eintritt mehrerer Personen ließ sie in die ent fernteste Sofaecke flüchten, von dem aus sie dem leb haften Gespräch über daS gestrige Fest zuhörte, ohne selber viel reden zu müssen. Ihrem ungeübten Auge war manche» entgangen, was die gesellschaftlich Ein- geweihteren interessierte. Unbekümmert darum, blät terte sie in einem Album, da« auf dem Tisch vor ihr lag, als plötzlich der Name des Rittmeisters genannt wurde und sie zu ihrem Erstaunen vernahm, daß er ihren Wirtinnen nicht unbekannt fei. Er hatte sie als jüngerer Halbbruder einer Jugendfreundin ausge sucht, eS war ihm erlaubt worden, sich an ihren Empfangsabenden einzustellen, er konnte demnach jeden Augenblick eintreten. Malwine beugte sich tiefer auf ihr Buch herab Ihn, an den sie nicht denken wollte, sollte sie vielleicht heute schon Wiedersehen! Sie mußte die Augen schließen, um sich zu fassen, um die eigentümliche Bangigkeit zu überwinden, die fast einer erwachenden Leidenschaft glich. Wenn nur der Onkel da wäre, um sie zu schützen, vor was? — vor sich selbst? Mit welcher Klarheit hatte er in sie hineingeschaut, ihre innersten Regungen erkannt, und doch eine» wußte er nicht, daß die Erinnerung an Alberts Liebe ihr Schild, ihr Heiligtum bleiben mußte, ohne welche ihr kein neues Glück aufblühen konnte. Eine ausgedienter Major sprach über die günstige Karriere, welche der kaum mehr al» dreißigjährige Rittmeister gemacht, und begann seine militärische Tüchtigkeit zu loben. Sympathisch war er ihm nicht. Der Ruf eines excentrischen Wesens war ihm vorau»- gegangen, die Art, wie er seine Verlobung mit der Tochter eines hochgestellten Beamten aufgelöst, verriet den Mann ohne Gemüt, der rücksichtslos nur an sich selbst dachte. Die näheren Umstände dieser verjährten Geschichte wußte niemand anzugeben, weshalb sich die junge blonde Frau, welche Malwine zunächst saß, gut mütig des Gescholtenen annahm. Mit feinem Lächeln wandte sie sich an ihre Nachbarin und fragte sie, ob sie nicht recht habe? „Sie allein, liebe Frau Esch born, hatten die Ehre, einer längeren Unterhaltung von ihm gewürdigt zu werden", setzte sie heiter hinzu. „Ich saß mit meinem Tänzer zufällig in Ihrer Nähe, und eS schien mir nicht, al» ob Sie gleich mir über Langeweile zu klagen gehabt." „Herr Herzog versteht gut zu erzählen", versetzte Malwine errötend. „Nur gut? Ausgezeichnet, meine Liebe! Ich wette, seine ehemalige Braut besaß nicht Geist genug, ihm zu lauschen, und er ist ihrer müde geworden!" Diese lebhaften Äußerungen der munteren Frau wurden heiter aufgenommen, auch Malwine, die chrer Verlegenheit Herr geworden, lachte herzlich mit. Der Major, welcher ihr den Arm bot, um sie ins nächste Zimmer an den Theetisch zu führen, freute sich ihre» Geplauders, doch brach sie mitten im Satz ab, um überrascht und doch unbesangen, Rittmeister Herzog zu grüßen, der soeben das Eßzimmer betreten hatte. „Schon versagt, gnädige Frau?" frug er mit auf richtigem Bedauern. „Wie Sie sehen, mein Herr," bemerkte der Major mit einem Anflug von Schadenfreude.
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