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Dresdner Journal : 29.12.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-12-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188712291
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18871229
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18871229
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1887
- Monat1887-12
- Tag1887-12-29
- Monat1887-12
- Jahr1887
- Titel
- Dresdner Journal : 29.12.1887
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V3V1 Donnerstag, de» iS. Dezember, abends. 1887. 8«»or»prri»r l» A»»,«» t»«r»«k»» 8»iod»: IKUrliodt.... 18 tt»rk. ^^LUrUet»: « tt»rk 80 ?s Lülivto« ttoauoorr.: 1V Kf. L»»»»r8»ld仫 cl«o1»ok«» tt«ivü« tritt?c»t- iu»cl 8t«>llp«I»u»ckl»ts kü»u ^»tlttQät8ui»8»8«baUr^a: i^ür 6«o k»uw einer ^«ep»it«oso 2«il» kleiner Sekritt SO?s. Vater „Lla^eeaaät" äiv Leils SO?k. Lei ^»bsUeo- na6 2iüvla»»t« entepr. Aukivbl»^. Lrsokela«»» rt^liok mit itmantuue cler 8oaa- anck koierta^s »dsaä». kvraipreot»-^taeetilu»,: Ur. H9S DnMerImmwl. Für die Gesamtleitung verantwortlich: Gtto Banck, Professor der (Literatur» und Kunstgeschichte. v« F»KS»4tU»^« »«vLe4»» v»tp«t,: F> LraMÜtetter, Lommi-movLr ä« Oreeclner ^onr»»I», S»wd«i, 8«rl1» Mt« L«tp»1» >»»«I->r—1» »rmiklart ». Laa»«-t«» L t^j«r, lerU» V1«» -S«»d»r,- kr»U-L»ti>»1^ kraaklan ». H. Niiaitl«: L-tä Ako««,' k»rt, v»»äo» Lerll» k>»akk«r» ». N. ItnltU»r1 r F OoS»rU»: /«eatbeteneia^t, SSrUt«: Rüttel Saaaorer: 0. Lo^a«t«r, N»U« ». I.l T Loret F Oo S»r»«»»«b»r, Lünigi. Lipvclitioo äs» l-rs»cla«r ^oariuU», Oresäsn. Lvioirer»tr»»»e 80. kvra»prs«l»--timelUi»,» Lr. 1888. Gestellungen auf da» „Dresdner Journal" für daS nächste Vierteljahr werden zum Preise von 4 M. 50 Pf. angenommen für DreSde» bei der unter zeichneten Expedition (Zwingerstr. Nr. 20), für «»-»art- bei den betreffenden Post an st alten. In Dre-de» - Neustadt können Bestellungen abgegeben werden in der Hofmusikalienhandlung des Herrn Adolf Brauer (F. Plötner), Haupt straße 2, bei Herrn Kaufmann C. Siegmeier (Albertplatz am Alberttheater), woselbst auch Ankündigungen zur Beförderung an unser Blatt angenommen werden, und bei welchen ebenso wie bei Herrn Kaufmann Müller, Pillnitzer Straße 64, dem Bahnhofsbuchhändler Herrn Weigand (böhm. Bahnhof), dem Herrn Buch händler Knecht (Kiosk am böhm. Bahnhof), Herrn Kaufmann Ernst Paul Brückner, Schmiedegäßchen 2, Ecke der Hauptstraße und Herrn Kaufmann Lebr. Wesser, Prager Straße 50 einzelne Nummern des „Dresdner Journals" zu haben sind. König!. Expedition des Dresdner Journals. Fernsprech-Anschluß Nr. 1295. Amtlicher Teil. LreSdeu, 22. November. Se Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem in den Ruhestand tretenden Seminardirektor, Schulrath Johann Gottlieb Wilhelm Leuner in Bautzen den Titel und Rang als Oberschulrath zu verleihen. DrrSdr», 23. Dezember. Se. Majestät der König haben dem Pfarrer an der katholischen Kirche zu DreSden-Friedrichstadt, Consistorialrath Peter Kretsch mer, das Ritterkreuz 1. Klasse vom Verdienstorden Allergnädigst zu verleihen geruht. Se. Majestät der König haben den Kreishauptmann von Koppenfels hieiselbst zum Mitglied« des Com- petenzgerichtshofs Allergnädigst zu ernennen geruht. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. Karlsruhe, 28. Dezember. (W. T. B) Mi- nisterialrat v. Jagemann ist heute nach Rom ab- gerrtst, um dem Papste ein Glückwunschschreiben und ein JubilLumSgeschenk deS Großherzogs zu überreichen. Rom, 28. Dezember. (W. T. B.) Der „Lgrnzia Stefani" wird auS Massauah telegra- phiert: RaS Alula verleitete den NeguS, ihm mit bedeutenden Streitkräften zu Hilfe zu ziehen, in dem er übertriebene Nachrichten in betreff der Be wegungen der Italiener verbreitete. Zwei auS dem Zentrum AbysfinienS kommende Kolonnen wurden nach Hamaeen dirigiert. Dir erste bewegt sich auf der Route Antalo-Makallab-Adrigat; die selbe steht unter dem Befehl Ra» Mikaels, Gou verneurs der Beghemrder und der Bollo-VallaS und wird durch die ganze Kavallerie der Gallas verstärkt. Die zweite wurde über da» Sarmien- gebirge gegen Adua dirigiert und steht unter dem Befehle eines Sohnes des NeguS. Die erste Ko- könne soll gegenwärtig in Adrigat, die zweite in Adua stehen. Die Armee GoggiamS blieb im Westen, um den Sudanesen die Spitze zu bieten. Die Lage bei Hamaeen soll noch immer unver ändert sein. RaS Alula, w lcder der mit seiner Regierung unzufriedenen Bevölkerung mißtraut, hat derselben die Gewehre abnebmrn lassen und dieselbe nach ASmara entboten, wo er Verstärk ungen erwartet. Die Nachrichten über die Be wegungen der Abysfinier würden als offizielle be trachtet. Seitens der Italiener seien alle geeig neten Maßregeln getroffen, so daß man die kom menden Ereignisse mit vollster Ruhe erwarte. Rom, 29. Dezember. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der „Tribuna" zufolge erließ der KriegSministrr infolge neuer Nachrichten auS Massauah Ver fügungen behufS Entsendung einer weiteren Jn- santeriebrigade von 69W Mann nach Afrika. Die Brigade wird in Neapel gebildet und am 15. Ja nuar in 8 Paketboolen eingeschifft werden. St. Petersburg, 29. Dezrmbvr. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der „RrgierungSanzeiger" mel det, daß Lord Churchill am Montag vom Kaiser empfangen wurde. Dresden, 29. Dezember. Reformen in der eidgenössischen Heeresverfassung. lü DeS Gefühles, daß die nahe Zukunft ein Kriegs- gewitter bringen könnte, dem ähnlich, wie es sich vor nahezu 100 Jahren erhob, um fast ohne Unterbrech ung Jahrzehnte lang Europa zu durchtoben, können sich heute auch die Staaten nicht mehr erwehren, deren Neutralität und Unverletzlichkeit von den Mächten gewährleistet wird. Wir sehen, wie sich Belgien durch seine großartigen Maasbcfestigungen gegen den Hand streich eines übermütigen oder verzweifelten Feindes zu schützen sucht; Holland wird ihm aller Wahrschein lichkeit nach sehr bald auf diesem Wege folgen, und die gesetzgebenden Körperschaften der Schweiz haben soeben einer beträchtlichen Erhöhung der Wehrkräfte ihres Landes beigestimmt. Dieser Beschluß der schweizerischen Bundesversammlung erhält eine er höhte Bedeutung durch den Nachdruck, mit wel chem ihn die vollziehende Behörde, der Bundes rat, in Wirklichkeit umzusetzen sucht; soll doch die Ausrüstung und Organisation des neugeschaffenen Landsturmes bis zum 31. Januar 1888 vollendet sein. Die schweizerische Wehcverfassung, wie hinreichend bekannt, beruht auf völlig anderen Prinzipien als das Militärwesen aller übrigen Staaten Europas. Die Verfasfung verbietet dem Bunde die Unterhaltung eines stehenden Heeres, und die einzelnen Kantone dürfen nicht mehr als 300 Mann ständiger Truppen unterhalten, ein Recht, von dem viele Kantone nicht einmal Gebrauch machen. Dagegen gehört jeder Schweizer, der älter ist als 20 Jahre und die nötige körperliche Tüchtigkeit besitzt, 24 Jahre hindurch der Miliz an. Dieselbe zerfällt in zwei Gruppen, in die Elite und die Landwehr. Jene wird von den Mili tärpflichtigen der ersten zwölf Jahrgänge gebildet, diese nmfaßt die Wehrpflichtigen vom 32. bis zum 44. Lebensjahre, mithin besitzen Elite und Landwehr un gefähr tue gleiche Stärke: jede etwa 100000 Mann. Die Ausbildung der Elitetruppen geht dergestalt vor sich, daß jeder Militärtüchiige in seinem ersten Dienstjahre auf 52 Tage zur Rekruteninstruktion ein gezogen wird. Da die jungen Schweizer schon in den Schulen Unterricht in der Handhabung der Waffen empfangen, und sie außerdem gehalten sind, auch nach dem Austritt aus der Schule alljährlich mindestens 15 Halbtage auf das Exercieren zu verwenden, fo hält man jene wenigen Wochen für genügend, um den Rekruten eine Ausbildung zu geben, wie sie für ein Heer, das immer und ausnahmslos defensiv verfahren soll, hinreichend erscheint. Für jedes folgende Jahr werden die Soldaten der Elite aus zebn Tage zu Wiederholungskursen einberufen, sobald sie in die Landwehr übertreten, erstrecken sich diese Übungen nur noch auf einen Tag im Jahre. Diese Bestimmungen gelten allerdings nur für die Infanterie, sie sind wesentlich andere für die Kavallerie und Artillerie. Jene indessen hat in der Schweiz, als einem reinen Getnrgslande, kaum irgendwelche Bedeu tung, ihre Stärke beläuft sich nur auf ungefähr 3000 Mann; was die Artillerie anlangt, so währt die Rekrnteninstruklion 60 Tage und die Jahrerübungen drei Wochen. Diese Einrichtungen bestehen seit dem Jahre 1874, und man lebt in der Schweiz der Hoffnung, daß sie eS ermöglichen werden, einer feindlichen Invasion er folgreicheren Widerstand zu leisten, als es das eid- genössitche Aufgebot zur Zeit der französischen Revo- luiionrkneqe im stände war. Allerdings können die schweizer Milizen auch jetzt noch den Vergleich mit einem stehenden Heere im entferntesten nicht aushalten — so günstig auch immer die Terrainverhältnisse lie gen mögen, denn wie die Erfahrung lehrt, sind Schluchten und Gebirge für die modernen Heere kein unüberwindliches Hemmnis mehr —, aber was der neuen Heeresverfasfung thatsächlich eine bedeutende Über legenheit vor der früheren giebt, ist ihre Einheit lichkeit. Bis zum Jahre 1874 hatte jeder Kanton sein eigenes Militär und bei einem allgemeinen Auf gebote lagen die Verhältnisse nicht besser als vor Zei ten in dem heiligen römischen Reiche deutscher Nation. Das Mißliche der ganzen Sachlage trat während des deutsch-französischen Krieges, als sich Bourbaki nach der Schweiz flüchtete, deutlich hervor und unter dem frischen Eindrücke dieser Ereignisse ward am 19. Ja nuar 1874 vom Volke die Verfassungsänderung ge- nehmigt, welche der Schweiz ein einheitliches Heer gab. Freilich ist es auch mit dieser Einheitlichkeit noch schwach bistellt. So hat z. B. der Bund nur die Offiziere des Generalstabes zu ernennen, die übrigen Stellen werden von den Kantonalregierungen besetzt, auch hat noch jeder einzelne Bundesstaat sein eigenes Kontingent, Appenzell z. B. H Bataillone, weil die Bekleidung und Ausrüstung der Truppen den Kan tonen obliegt, immerhin aber ist der Fortschritt gegen früher An unverkennbarer und bedeutender. Im Falle einer Mobilmachung konnte die Schweiz bislang ins Feld stellen: an Truppen der Elite 105000 Mann, an Landwehr 94 000 Mann. Gewiß eine beträchtliche Leistung für einen Staat von kaum 3 Millionen Einwohnern. Die neuen Milltärgesetze werden nun nicht allein die Zahl der Mannschaften um ein Beträchtliches erhöhen, sondern auch — und das will uns fast noch wichtiger scheinen — die mili tärische Ausbildung der Offiziere um ein Bedeutendes fördern. Jeder Schweizer im Alter von 17 bis zu 50 Jah ren, der weder in der Elite, noch in der Landwehr Dienst thut, wird in Zukunft dem Landstürme ange hören, wodurch sich die Stärke des eidgenössischen Heeres um etwa 75000 Mann erhöhen dürste. Die Uniform deS Landsturmes besteht aus einem Soldaten mantel, einem weichen Filzhute und einer Armbinde. Der einzelne Mann hat sich diese Kleidungsstücke selbst zu beschaffen, ist er dazu nicht im stände, so fällt die Ausrüstung seiner Gemeinde anheim. Be waffnet wird der Landsturm von der Eidgenossenschaft, doch darf jeder Mann, der über ein eignes, den mili tärischen Ansorderungen entsprechendes Gewehr ver fügt, dasselbe beibehalten. Die schweizerische Re gierung hofft durch diese Neuschaffung, den empfind lichen Mangel an Reiterei im eidgenössischen Heere wett zu machen. Wenigstens scheint dies aus den Regeln hervorzugehen, welche der BundeSrat für die Verwendung des Landsturmes festgestellt hat. Danach wird der letztere zu gleicher Zeit mit der Feldarmee mobilisiert. Seine wesentliche Aufgabe besteht darin, der feindlichen Reiterei solange Widerstand zu leisten, bis die Aufstellung der Elite und der Landwehr vollendet ist. Er soll ferner verhindern, daß aus dem Innern des Landes Mitteilungen über die Beweg ungen der Feldarmee zum Feinde gelangen und andererseits den Marsch des semdlichen Heeres aus zukundschaften suchen. Ist die Mobilisation der Feld armee vollendet, so fällt dem Landsturm die Ausgabe zu, die Zufuhr der Munition und der Lebensmittel zu überwachen, die Kranken und Gefangenenzüge zu geleiten und ähnliches mehr. Es bleibt abzuwarten, ob der Landsturm all diesen Anforderungen enisprechen kann. Jedenfalls wird er den einen Stutzen haben, daß die Feldarmee ihre ganze Stärke gegen den Feind geltend machen kann, ohne irgend welche Truppenteile zu anderen Dienstleistungen abgeben zu müssen Eine bessere Ausbildung der Offiziere, soweit sie nicht Militär von Berus sind, ist schon eine alte For derung des schweizerischen Generalstabes, die sich in dessen bei der Eigenart des eidgenössischen Heerwesen« nur geringer Aussichten auf Erfolg erfteute. Indessen hat ihr der Nationalrat nach langen und heftigen Debatten am 14. Dezember zugestimmt. Die Offiziere werden in Zukunft 28 Jahre in der Feldarmee zu die. en haben und ihre Übungskurse werden alljährlich um einen vermehrt. Vierzehn, bez. achtzehn Jahre hindurch — es hängt dies vom Grade ab, den sie einnehmen — müssen die Offiziere acht Wochen Dienst thun, und dies will etwas besagen in einem Lande, wo die Offiziere ausnahmslos noch bürgerlichen Berufsarten obliegen. Aber die günstigen Folgen dieser neuen Bestimmungen werden nicht ausbleiben, und wo es sich um die Sicherheit des Vaterlandes han delt, ist auch dem Schweizer kein Opfer zu schwer. Man soll nicht meinen, daß die eidgenössische HeereS- verfassung dem Schweizervolke so gar keine Lasten auferlege. Summiert man alle die Übungstage, welche alljährlich in der Schweiz abgehalten werden, so ge langt man zu dem Resultate, daß sie denen eines stehenden Heeres von 14000 Mann gleichkommen, vorausgesetzt, das letztere exerziere 365 Mal im Jahre. Auch die Heeresausgaben sind durchaus nicht über alle Maßen gering. Sie betragen für den Bund 15 Millionen Frcs., aber wohlgemerkt, die Ausrüstung der Mannschaften liegt den einzelnen Kantoneu ob, sie ist in jener Summe nicht etwa mitenthalten. Schließlich wird sich auch die Schweiz über kurz oder lang zur Aufstellung eines stehenden Heeres ge zwungen sehen. In der That verlautet schon jetzt, daß die Regierung eine dahingehende Verfassungs änderung beantragen wird, sobald die Befestigungen am St. Gotthard, an denen Tag und Nacht gearbeitet wird, vollendet sind, und das Volk wird sich der Ein- icht nicht verschließen können, daß die besten Be- estigungswerke ohne Besatzung eine verzweifelte Ähn- ichkeit mit dem edlen Rosse des Don Quixote hätten, welch letzteres bekanntlich alle vortrefflichen Eigen schaften besaß und nur einen Fehler hatte — es war tot. Lagcsgeschichte. Dresden, 29. Dezember. Vom Reichs-Gesetz blatt ist das 49. und 50. Stück des Jahres 1887 heute hier eingetroffen. Das 49. Stück enthält: Nr. 1760) Verordnung vom 21. Dezember d. I., die Rechtsverhältnisse in dem südwestasrlkanischen Schutz gebiet betreffend; Nr. 1761) Abkommen vom 8. De zember d. I. zwischen dem Deutschen Reich und Oesterreich Ungarn, die Verlängerung des Handel-- Feuilleton. WeihnachtSerzLhlung von Marcus Bo Yen. (Fortsetzung.) Da» Mädchen sank auf einen Stuhl und blickte verstört zu der vor ihr Stehenden auf. ,Lustine, der Georg ist zurück, ich habe ihn ge sehen, er ist krank." Die Alte schlug die Hände zusammen und blickte nach der geschlossenen Thür. ,Lch hab's geahnt," ssüsterte sie, „und meine Frau Rat auch. Siebenmal ist nun der Tag nahe gekommen, der ihr den Sohn genommen und den sich doch die ganze Christenheit zum HerzenStrost machen darf, aber nie habe ich ge merkt, daß die Frau Rat sich zu solcher Zeit bei Gott Trost gesucht hat, oder auch nur bei dem, was hier zu Hause zu ihr von dem Sohne sprechen kann. Aber setzt, in diesen Tagen, da hab' ich oft die Frau Rat in Thränen über ihre Bibel sich neigen sehen, und die Blätter, wo darauf vom verlorenen Sohn zu lesen steht, sind halb verdorben vor Thränen. Und auf den Hausboden ist die Frau Rat in den letzten Tagen oft gestiegen, wo dort ia die Schränke damals alles hinein gepackt wurde, wa» dem Georg gehörte und da sie heute da oben so lange in der Kälte blieb und ich ihr in Sorge nachging, da kauerte die arme Seele da oben auf dem nackten Fußboden und hatte den ganzen Schoß gefüllt mit dem Kram, womit der Georg ge ¬ spielt hatte, als er noch ein frohes, unschuldiges Kind war." „Ich habe den Georg gesehen, Justine, aber er ist krank, arm und elend," sagte Lisbeth, und dann berichtete sie von allem, was sie gesehen und so lange für sich allein getragen hatte. Die Alte schwieg lange. „Ja, ja," sagte sie dann, „er war immer stolz, es mag ihm wohl schwer fallen, so in Armseligkeit sich wieder einzustellen, aber haben müssen wir ihn nun. Also die Leute haben „Herr Medizinalrat" zu dem Herrn gesagt, der für ihn Sorge getragen hat, nun zu dem Manne will ich gleich jetzt hingehen. Ich springe hin, wie ich hier geh' und steh', hat er weiße Haare, so wird er schon wissen, daß eS viel Jammer in der Welt giebt und wird un» helfen. Ich werde den richtigen Medizinal- rat schon auffinden." In großer Erregung wartete Lisbeth auf Justinen- Rückkehr, endlich kam diese. Die Alte nestelte stumm ihr warme- Tuch lo», sie sah ordentlich grimmig au-. „Ein Schreiber ist e-, ein Stadtkind, das auch vor sieben Jahren von hier fortgelausen ist wegen dummer Geschichten, hat der Doktor gesagt, als ich ihn fragte. Und der Herr Doktor bestellt einen Gruß an Sie, wegen Ihrer Teilnahme an einem kranken Manne." Lisbeth starrte die Alte verdutzt an. „Als ich fragte, wo sich der Mensch denn jetzt befände", fuhr Justine fort und rührte voller Wut den Kochtopf, „da hat der Doktor gelacht und gemeint, eS taugte nicht», un» da» zu sagen. Solche Gesellen hängten sich wie die Blutegel an mitleidige Frauen, die Stadt würde schon für Herstellung und Beschäftigung für den Ar ¬ beitslosen sorgen." Die Alte schüttelte die Faust „Aber ich erfahre e» schon, wo sie ihn hingethan haben", sagte sie grimmig, es wird schon unser Georg sein, und das von dem Schreiber ist ein Märchen von ihm, um die böse Wahrheit vor den Leuten zu ver bergen. Es wird schon der Georg sein, umsonst ist in diesem Jahr nicht meiner Frau Rat das Herz so weit mit neuem Bitten und Hoffen, gewiß der Herr gott schickt un» neue Freude. Nur unverzagt, Fräu- 4ein Lisbeth, der gnädige Gott wird uns den Georg unter den Weihnachtsbaum aufbauen, denn dies Jahr giebt - einen Frau Rat hat e» mir schon gesagt, es ist um Ihretwillen, Fräulein Lisbeth. Lisbeth fiel der Alten um den Hals und weinte, sie war ganz abgespannt von Freude und Qual de» Hoffens, die sie bisher allein getragen, nun hatte sie doch eine Vertraute, eine Helferin. Doch die Tage gingen hin, und wenn sie auch Lisbeth immer deutlicher verrieten, daß die-mal das Christkind Einzug in da» ihm so lange verschlossene Hau» halten würde, so hörte sie doch nicht», wa- ihr Hoffen in Bezug auf Georg bestärken konnte. War der Kranke noch unfähig, sich auf der Straße oder auch hier im Hause ihr zu zeigen? War doch wieder Scham und Trotz in ihm aufgegangen und hatte ihn au» der Stadt getrieben, ohne sich seiner Mutter ent deckt zu haben? Würde er erst wollen am Weih nachtsabend kommen, wenn da- Fest und die Er innerung an die Geburtstage seiner Kindheit der zür nenden Mutter da« Herz milde machen würden? Justine war noch einmal zu dem Medizinalrat ge- aangen, um nach dem Fremden zu fragen. Sie hatte sogar gewagt, dort zu sagen, daß auch in ihrem Hause seit sieben Jahren auf einen Heimkehrenden gewartet würde und daß da- junge Fräulein den Ersehnten recht gut erkannt hätte und daß man wohl annehmen könnte, die große Armut des Heimgekehrten hätte ihn getrieben, seinen wahren Namen zu verleugnen. Da hatte der alte Herr gelacht und allerlei von Leicht gläubigkeit und williger Phantasie der jungen Damen gesprochen und gesagt, er hätte es für seine Pflicht gehalten, dem jungen Menschen, dessen Schönheit ihm wohl bei allen Mädchen das Wort reden dürfte, ein zuschärfen, sich nicht der jungen Dame weiter bemerk lich zu machen, sonst würde die Polizei Einspruch thun bei allen ferneren Wohlthätigkeitsgelüsten eine- unbesonnenen thörichten Mädchens. So kam eS, daß Lisbeth fast mit Widerwillen da- grüne Tannenbäumchen betrachtete, welche- die Groß mutter sogar selbst von einem die Straßen durchziehen den Händler gekauft hatte. Bei der Frau Rat war, je mehr Lisbeth jetzt das Köpfchen hängen ließ, ein um so sichtlicheres Bemühen hervorgetreten, dem Kinde, daS wohl an Heimweh litt, ein frohe- Fest zu machen, und so geschah es denn, daß noch spät nachmitag» am Tage vor dem heiligen Abend die alte Dame sich zu einem ungewohnten AuSgang entschloß, um noch zu versuchen, einen neuerdings erratenen Wunsch der Enkelin durch einen Einkauf zu erfüllen. Lisbeth stand in schweren Gedanken am Fenster und starrte aus die winterliche Straße hernieder. Da schrak sie plötzlich zusammen, dort drüben neben der eben angezündeten GaSlaterne stand Georg und blickte zu dem Hause hier hinauf. Sie flog in die Küche. „Er ist da, der Georg ist da, Justinel" rief sie atemlos. (Fortjetz», fo^
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