Dresdner Journal : 02.07.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-07-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188807028
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- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18880702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1888
- Monat1888-07
- Tag1888-07-02
- Monat1888-07
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- Dresdner Journal : 02.07.1888
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W151. Montag, den 2. Juli, abends. 1888. l» n««,,4« ....»« U»rK jKttrllok r 4 LV kL tiü»«l»« ttunu»«r»: tvkü 4«««MUd d« d«Mok« U»iol»« tritt ko«^ a»4 8temp«Iill»ct>U^s tü»«a. d«» N»uw «lo«r »„p»It«l«> 2mls 8vtuiN W?L v»t»r ,Mu»^««odt" di« LeUv 40 kl. ösi ^»kvllsv m»d L>L«r»«t« »uttpr FaL«Ul*U. Lr»«0«t»»» r VL^liod mit Ao«»!»»»« d«r 8o»o a»d »ksad». kvk„pr»otl-X»»«t»I«»»: Nr. 1804. Dres-nerImmml. Für die Gesamtleitung verantwortlich: ^ofrat Gtto Banck, Professor der (itteratur- und Kunstgeschichte. A»»»»» r« «»Niet»» » Lr—«tMMM, 0»»»»»1«>«>a4r ä« t)r«»d»»«r ^ooroal», L»»d«rU I*rU» Ml«-v«tp^U »««I Ir«U»i> Lr»»»1vr« ». M: Kaa«»,t«« <4 ko-kr, N«U» Ml« L«»k«ff- kr»U.L«tp^Ul>«k10r1 ». N.-MR»»«!»«: L»«i N4a««j V»r1»-L«d« >«rll» Vr»»»^1»r» ». M >t»«U»rt: TA»»ö« «4 0o., >«U»! , a»rUt«: t». AtM«-, ^V«eA/ot«r,' Stt«««: 6 Äo4a«i«-, N»II» *. »., 4 üo U»r»»»r«»«r> küniUl. Lrpeditto» d« vr«d»«r ^oor»»I», vr«»d«, 2Mt»^r»tr«« Ml. k««xrooi» Aosoldo«! Ur. >804. Amtlicher Teil. Dresden, 2b. Juni. Mil Allerhöchster Genehmigung ist der Privatdocent Or. pbil. Rudolph Kögel in Leipzig zum außerordentlichen Professor in der philo sophischen Fakultät der Universität Leipzig ernannt worden. Bekanntmachung, das StaatSaichamt betreffend. Wie bereits vom hiesigen Stadtrathe unter dem 20. d. M. in Nr. 174 des Dresdner Anzeiger« be kannt gemacht worden ist, tritt mit Anfang nächsten Monats an Stelle de- zeitherigen städtischen Aichamts hierselbst ein Königliches Aichamt. 12 Dasselbe führt die Ordnungszahl — Seine Zu ständigkeit erstreckt sich aus alle Zweige des AichwesenS, betreffs der Alkoholometer jedoch erst vom 1. Oktober diese» Jahres ab. DaS Königliche Aichamt befindet sich bis auf Weiteres in den Diensträumen des zeitherigen städtischen AichamtS, LandhauSstraße Nr. 4 und 5 hierselbst und ist innerhalb der Dienststunden Vormittag» von 9 bi» 1 Uhr und Nachmittags von 4 bis 7 Uhr dem Verkehr geöffnet. Zum Vorstände desselben hat das Königliche Mi nisterium deS Innern Herrn Emil Resch, zu dessen Stellvertreter den Aichmeister Herrn Karl Wilhelm Kannegieser ernannt. Dresden, den 29. Juni 1888. Königliche Ober - Aichungs - Kommission, vr. Nagel. llichtamtlicher Teil. Telegraphische Wachrichten. Paris, r. Juli. (Tel.d.Dre»dn Journ.) »ei der gestrigen Stichwahl im Departement Charente erhielten Gellibert (Bonapartist) 37 714, Weiller (Opportunist 26 934 und Dörouldde (Boulangist) 11691 Stimmen. — Bei der gestrigen Wahl in Loiret erhielien Lacroix (radikal) 21868, Deichtal (Opportunist) 29526, DumaS (konservativ) 2461V Stimmen. Mithin ist Stichwahl erforderlich. Dre-den. 2. Juli. Parieiverhältnisse in Preußen. Nach übereinstimmenden Meldungen der Berliner Blätter soll au» Ar.laß der Einberufung und Be grüßung des preußischen Landtage» durch Se. Majestät den Kaiser v»n der nationalliberaleu Parteileitung be schlossen Worten sein, bei den bevorstehenden Wahlen zum preußisärn Abgeordnetenhause selbständig und ohne Rücksicht au* das bei den SeptennatSwahlen für das Reich abgeschlossene Kartell mit den Konservativen vorzugehev. Wenn ein solcher Beschluß wirklich ge faßt worden wäre, so hätte derselbe nach den Vor gängen i» den leitenden Blättern beider Parteien im Grunde nicht viel Überraschende». In gereizte» Tone stritt man sich schon seit längerer Zeit darüber herum, ob die nationalliberale oder die konservative Partei aus dem gemeinsamen Zusammengehen bei den SeptennatSwahlen vom 21 Februar 1887 den größeren Vorteil gezogen und im nationalen Interesse das größere Opfer gebracht habe. Daß die gemein samen Feinde beider Parteien, die Polen, Welfen, Ultramontanen und Deutschfreisinnigen, sich bei dem Streite vergnügt die Hände rieben und sich beeilten, den angeblichen Beschluß der nationalliberalen Partei leitung der Welt zu verkünden, ließen jene Blätter bei ihren Auseinandersetzungen gänzlich außer acht. Eine „erfreuliche Klärung der Situation", so nannte die „Kreuzzeitung" die von nationalliberaler Seite erfolgte Erklärung, daß daS Kartell im üblichen Sinne de» Worte» überhaupt nicht existiere. Und an einer andern Stelle desselben Blattes heißt eS: „Wir haben so oft schon die politische Konfusion, in deren trübem Wasser gewisse Parteipolitiker so gern fischen möchten, als das größte Hindernis der Herbei führung guter Wahlen bezeichnet, daß wir uns nur ffeuen können, wenn diesmal unsere Parteigenossen in allen Kreisen zunächst offen das konservative Banner hoch halten und nur, wenn e» die Notwendigkeit der politischen Kampfes fordert, sich auf Wahlbündnisse einlassen — und auch dies am richtigsten erst bei etwaigen Stichwahlen." ES ist sehr zu beklagen, daß bei derartigen kleinlichen Auseinandersetzungen und Eifersüchteleien die großen nationalen Gesichtspunkte, die zu dem Abschluß des Kartells für die Reichstagswahlen ge führt haben, ganz außer Betracht gelassen werden. Nicht danach frägt man, ob durch ein derar tige» Vorgehen in Preußen das gemeinsame Zu sammengehen bei den Reichstagswahlen gefährdet werden kann; lediglich der Vorteil, den die eigene Partei in dem einen oder dem andern Wahlkreife mög- licherweife erlangen kann, ist maßgebend. Daß in der Zeit des getrennten Zusammengehens der nationalen Parteien der aus Sozialdemokraten, Deutsch steifinnigen und Ultrumontanen bestehenden Reichs tagsmehrheit der leitende Einfluß bei der Bestimmung der Geschicke der deutschen Nation zufiel, scheint ganz in Vergessenheit geraten zu sein. Unter Zugrundelegung dieses, wie es un» scheint, auch von einzelnen der Führer nicht hinreichend gewürdig ten Gesichtspunkt- kann man den nationallibrralen Parteibeschluß, falls er wirklich gefaßt sein sollte, nur bedauern. Das für die Reichstagswahlen ab geschlossene Kartell hat einen Reichstag geschaffen, der Vie zum Schutze des Vaterlandes erforderlichen Mittel ohne Zögern bewilligte und der entschlossen ist, der Regierung in allen auf die Kräftigung des Reichs, die Hebung des Loses der arbeitenden Klassen rc. gerichteten Bestrebungen auch weiter die Hand zu bieten. Mail sollte meinen, daß jede der drei regierungsfreundlichen Parteien zunächst und vor allem bei ihren Entschließ ungen diese Thatsache im Auge behalten müßte. Denn selbst aus die in einzelnen Blättern aufgestellte Be hauptung, daß durch Kartelle die Parteien zersetzt und geschwächt würden, kann nichts ankommen, wenn es sich um daS Wohl des Vaterlandes handelt. Wann und wo hat übrigens, so kann man fragen, eine der beiden konservativen oder die nationalliberale Partei durch das Kartell eine Schwächung erlitten? Jeder derselben sind bei den Wahlen von 1887 eine erheb lich größere Anzahl von Sitzen zugefallen als sie vor her besaßen, und daß bei den nächsten Wahlen der umgekehrte Fall eintreten sollte, wird wohl schwerlich zu erweisen sein. Für die Aufrechterhaltung de» Kartells haben sich übrigens, schon ehe der Beschluß der nationalliberalen Partei bekannt war, in beiden Lagern sehr gewichtige Stimmen erhoben. So erklärte erst vor kurzem der nationalliberale Prof. Karl Biedermann in Leipzig: „Ich erblicke im Kartell nach wie vor den, möchte ich sagen, eigentlichen Schlüssel zur Lösung de» Rätsel», wie wir über 8 Jahre noch einmal eine Mehrheit im Reich»tage ge winnen wollen; ich bin fest überzeugt, daß, wenn wir da» Kar tell nicht ganz fest zusammenhalten, wir in it Jahren unter liegen und wieder eine Nerital-deutschsreisinnige Mehrheit im Reichstage die Herrschaft antritt. Wir in Sachsen, um auf unser enge» Baterlbnd zurückzukommen, haben da» Kartell ganz besonder» hoch und warm gehalten Eie erinnern sich, daß bei der vorigen Generalversammlung aus meinen Antrag einstimmig beschlossen wurde, da», eigentlich nur für die Reicheiagswahlen geschlossene Kartell auch aus die Landtag-Wahlen zu über tragen. Da» ist geschehen; wir haben un» mit oen Kon servativen vereinigt bei den Landtagtwahlen, gerade nicht zu unserm numerischen Borteil. Wir Haden natürlich den Besitz stand anerkennen müssen, und danach haben wir sehr wenige Sitze wieder bekommen und die Konservativen sehr viele. Allein da» macht für die Sache nicht» aut. Ich muß aner kennen, daß von den Konservativen sowohl bei dem Abschlusse diese» Kartells al» auch bei der Durchführung derselben durch- au« aufrichtig und ehrlich gehandelt worden ist, wie ich e» glaube von unserer Seite auch sagen zu können." In ähnlicher Weife sprach sich ein sehr hervor ragendes Mitglied der konservativen Partei, Graf Udo zu Stolberg - Wernigerode, aus, der in einer an die „Ostpreußifche Zeitung" gerichteten Zuschrift u. a. äußerte: „So lange ich mich mit Politik beschäftige, habe ich an der Überzeugung sestgehalten, daß eine ersprießliche Leitung der öffentlichen Angelegenheiten auf die Dauer nur möglich ist aus der Basis einer Berständigung der konservativen und der ge mäßigt liberalen Elemente. ES haben mir zahlreiche Rational liberale bei der ReichStagSwahl ihre Stimme gegeben, und ich hoffe, daß dieselben die- niema'S bereut haben. Ich habe in folge dieser meiner Stellung da- vor Jahren begründete Kartell mit Freuden begrüßt. Dasselbe hat bereit» außer ordentlich segen-reich gewirkt. Zunächst verschaffte e- un» die Möglichkeit, in der Wahl die Majorität über da- Konsortium Windthorst-Richter-Bebel zu erlangen; sodann haben wir im Reich-tage diejenigen Maßnahmen beschlossen, welche un« bisher den Frieden erhalten haben, und welche un» die Zuversicht geben, daß, wenn un- ein Krieg aufg«wungeu werden sollte, wir ihn siegreich überstehen würden. Wo aber innerhalb de» Kartell- Differenzen entstanden find, haben wir uns schiedlich und friedlich auseinandergesetzt und sind trotzdem gute Freunde geblieben. Aber auch im Abgeordnetenhaus» haben die uatio- nalen Parteien, obwohl ohne ein Kartell gewählt, die größten und wichtigsten Ausgaben gemeinsam gelöst, und wenn einzelne taktische Fehler vorgekommen sind, so find dieselben eben aus die allgemeine menschliche Unvollkommenheit zu schieben. Jetzt stehen die Neuwahlen vor der Thür, und da ist die zunächst liegende Frage natürlich die: Soll das für die Reichstag-Wahlen abgeschloffene Kartell auch für die Abgeordnetenwahlen in Kraft treten? — Im Interesse einer gedeihlichen Entwickelung der Dinge kann man die- nur dringend wünschen I — ES wäre ein Widerspruch in sich selbst, und auf die Länge undurchführbar, wenn dieselben Parteien sich bei der ReichStagSwahl unterstützen und bei der Abgeord netenwahl bekämpfen wollten. Wir halten mit drn Ranoual- liberalen dafür, daß ein Kartell für die NbqeordnetenWahlen schwieriger herstellbar sein mag, als für den Reichstag; aber was schwierig ist, ist darum nicht unmöglich. Wenn un- auch manche- von den Nationalliberaleu trennt, so haben wir doch ein- mit ihnen gemeinsam: den preußischen Patriotismus und die Liebe zum Deutschen Reiche. Aus der Gemeinsamkeit dieser Gesinnungen beruht die Hoffnung auf die Zukunft. Wenn man aber, sei e- von national liberaler, sei eS von konservativer Seite, die thatsächlich vorhandenen Differenzen übertreibt und so dem Zustandekommen de- Kartell- Schwierigkeiten bereitet, so kann man daraus nur erwidern: daß Deutschland zwar eine impo sante Machtstellung nach außen hat und daß dasselbe auch im Innern so kerngesund ist wie kein andere» Reich; daß wir aber außen und innen Feinde ringsum haben, und daß kein Zeit punkt ungünstiger sein würde, al- der jetzige, um sich den Luxus einer quoroll« all« nmode, d. h. eines Streites zwischen Freun den, zu erlauben." Man sollte meinen, daß derartige Kundgebungen der hochangesehensten Politiker in den Kreisen der Parteiführer die gebührende Beachtung finden müßten. Es wäre wirklich sehr zu beklagen, wenn die Nachricht von dem Beschlusse der Nationalliberalen sich bewahr heiten sollte, da in diesem Falle die Möglichkeit gegeben wäre, daß das im nationalen Interesse geschaffene Kartell auch für die Reichstag-Wahlen nicht wieder er neuert werden würde. Lagesgeschichte. Dresden, 2. Juli. Se. König!. Hoheit der kom mandierende General Prinz Georg begab sich in Feuilleton. Vie Rittmeisteri«. Novell« vou Berthold Paul Förster. (Fortsetzung. Wie jedoch die anfängliche Bescheidenheit de» jungen Mannes einer Vertraulichkeit Platz machte, welche sie verletzen mußte, und ihr Vater dennoch zu dem Ge bühren seine» jungen Freunde» nicht nur schwieg, son dern jede Gelegenheit benutzte, ihn in ihre Nähe zu bringen, da stieg in ihrem reinen Herzen der erste furchtbare Verdacht auf, der ihr Ruhe und Frieden raubte. Was selbst die Sehnsucht nach dem fernen Geliebten und die Weigerung de» Vater», ihm ganz angehören zu dürfen, in ihrer Seele nicht bewirken konnten, da» hatte jener Verdacht in wenigen bangen Stunden über sie vermocht: Der schöne Glaube an alle» Liebe und Gute, welcher ihr bi» dahin da» Leben in seiner wahren Gestalt freundlich verbarg, war zer rissen und sie erwachte aus ihrem heiteren Traum von einer reinen Welt, wie sie sich dieselbe in ihrem kindlichen Herzen aufaebaut hatte. Zuweilen wollte e» ihr scheinen, al» sei auch sie selbst eine andere ge worden, al» stände sie ihrem bisherigen Ich wie eme Fremde gegenüber und sähe in ein fernes, ferne- sonnige» Land, wo der Friede ihrer Seele, Hoffnung und Vertrauen zurückgeblieben waren, und sie fühlte sich einsam und verlaffen. Wäre ihre Mutter nur noch dort gewesen, bei der sie Trost und Hilfe Hütte suchen können; aber Frau Herbert hatte bereit- seit einer Woche das Bad verlaffen. Ihr Mann benützte in geschicktester Weise ein geringfügiges Ereignis in feinem Hause, um sie zur zeitweiligen Abreise in die Heimat zu bewegen, denn er hoffte in ihrer Abwesenheit die Annäherung der jungen Leute leichter bewerkstelligen zu können. Zwar reiste Frau Herbert nur ungern und mit schwerem Herzen, da sie ihren Mann für sehr krank hielt; doch nur durch ihre Anwesenheit daheim schien eS ihr mög- ich, daß Herbert seine Kur nicht zu unterbrechen »rauche. Und Augustin Herbert war krank, ja er war ehr krank; sind doch die schlimmsten Krankheiten die- enigeu, für welche e- weder Ärzte noch Apot'eken siebt. Herberte schämte sich vor sich selbst; er verab- cheute seine Unwahrheiten gegen seine Frau, und sein erbärmliches Vorhaben seinem Kinde gegenüber ver folgte ihn bei Tag und Nacht. Aber zu diesen peini genden Selbstvorwürfen gesellte sich noch ein finstere» EtwaS, ein dunkler drohender Schatten, der hohn lachend neben dem alten Handelsherrn einherschritt und jede bessere Regung im Keime erstickte — der Bankrott. In ihrer Verlassenheit und Herzensangst dachte Gustchen zuweilen wohl daran, sich der Rittmeisterin anzuvertrauen, hatte die alte Dame doch oft so freund lich mit ihr gesprochen. Zwar fühlte sie sich anfäng- licy von dem ungestümen Wesen der Alten zurück gestoßen; doch e- dauerte nicht lange und sie erkannte mehr und mehr die Herzenkgüte, welche ein hervor ragender Zug im Charakter der Rtttmeisterin war. Ihre rauhe Außenseite barg so viel Menschenfreund lichkeit und zarte» Empfinden, gepaart mit dem rechten Gefühl für Weiblichkeit und Frauenwürde, welche wohl vor allen anderen Eigenschaften geeignet find, wohl- thuend auf das Gemüt eines jungen Mädchens ein zuwirken. Seit Frau Herbert jedoch abgereist war, hatte Gustchen nur selten Gelegenheit gehabt, die alte Freundin zu sehen und zu sprechen, denn Herbert schien jedesmal unangenehm berührt zu werden, wenn die Alte sich blicken ließ, und vermied augenscheinlich ihren Verkehr. Seit zwei oder drei Tagen hatte Gustchen die Rittmeisterin überhaupt nicht gesprochen, sondern nur wiederholt bemerkt, daß die Alte, welche zur ebenen Erde wohnte an ihrem Fenster saß und eifrig schrieb. Auch den Postboten hatte das Mädchen ost zu ihr gehen sehen, oder wie er ihr Briefe durch das geöffnete Fenster reichte. So schritt Gustchen nun gesenkten Haupte- neben ihrem Vater einher, und wie sie die Augen wieder flehend erhob, gewährte sie am Wege, halb vom Laub werk versteckt, eine schlichte weiße Tafel mit den Worten „Gott Lob!" Dieselbe war von einem Fa- miliengliede des regierenden Fürstenhauses errichtet worden zum Gedächtnis an die Errettung aus Todes gefahr, welcher eS an dieser Stelle au-gcsetzt gewesen war. Wohl mancher Badegast, welcher in dem freund- lichen Thale Gesundheit und Frohsinn zurückerhielt, mochte freudig eingestimmt haben in dieses stille Be kenntnis eines dankersüllten Herrens. Auch Gustchen fühlte sich durch jene Worte seltsam bettoffen; e» war ihr, als rufe em lieber Mund ihr zu: halte au», Gustchen, halte au», er nimmt dennoch ein aute» Ende und auch Du wirst einst bekernen müssen „Gott Lob!" Unwillkürlich hemmte sie ihre Schritte und blickte mit leuchtenden Au^«n auf die Tafel. Herbert, welcher e» bemerkte, folgte chren Blicken, aber hastlg wandte Begleitung deS Chefs deS Generalstabe» Generalmajor v. d. Planitz und de» Hauptmann» im Generalstabe Barth vorgestern füh 6 Uhr mittelst Eisenbahn nach Langenberg deztehendlich nach dem Barackenlager bei Zeithain Höchstderselbe besichtigte da« 2. Feldartillerie- reqiment Nr. 28 im Beisein des BrigadrkommandeurS Generalmajor v. Schweingel. Nach einem Frühstück im Kasino mit dem OlfizterScorpS erfolgte die Rück kehr nach Dresden mit dem 1 Uhr 27 Min. nachmit tags von Langenberg abgehenden Zuge. Dresden, 2. Juli. Ihre Durchlaucht Prinzessin Louise zu Schleswig-Holstein ist heute vormittag nach Primkenau zurüctgereist. Ihre Königl. Hoheit Prinzessin Mathilde gab Hochderselben das Geleite bis Bautzen. , * Berlin, 1. Juli. Se. Majestät der Kaiser erteilte am gestrigen Morgen einer Deputation der städtischen Behörden von Potsdam Audienz. Nach mittags stattete Allerhöchstderselbe Ihrer Majestät der Kaiserin-Mutter einen Besuch ab. Heute vormittag begaben sich die Majestäten gemeinschaftlich vom Mar- morpalaiS nach der Friedenskirche, wo Allerhöchst- dieselben in stiller Andacht verweilten. Später nahur Se. Majestät Vorträge und militärische Meldungen entgegen. Der „Reichsanzeiger" publiziert die Ernennung des Reichstagspräsidenten v. W e d e l l - P i e s d o r f zum Hau» - minister. Nach dem Beschlusse des BundeSratS vom 6. No vember 1884 über tue Freibezirke von Bremen und Homburg könnte e» fraglich erscheinen, ob in den letzteren ein Schiffsreparaturbrtrieb zuzulassen ist, da nach diesem Beschlusse auf den Frelbezirk die Grund sätze des Vereinszollgesetzes Anwendung finden, In dustriebetrieb m ihm also nicht stattfinden soll. Nun hat sich aber für Bremen, um dieser Stadt eine Gelegenheit zum Docken und Reparieren der Schiffe zu verschaffen, die Anlage ein-s Schwimmdock» nebst Reparaturwerkstätte im Fretbezirke daselbst als not wendig herauLgestellt. Ebenso würde der Stadt die Verlegung einer bereits vor Jahren angelegten Staats - reparaturwrrkstätte für Baggerschiffe rm älteren Bassin Schwierigkeiten und nicht unerhebliche Kosten verur sachen. Die Frerstadt Bremen hat deshalb, gestützt auf eine Bestimmung des oben angeführten Bundes- ratsbeschlusses, wonach der Freibezirt mit den erforder lichen Hafeuanlagen ausgestattet werden muß, beim Bundesrate mit der Motivierung, daß diese Reparatur werkstätten zu den Hafenanlagen gehören, den Anttag gestellt, derselbe wolle den Schiff-reparaturbetrieb und die Herstellung bez. Belassung der für denselben erfor derlichen Anstalten im Freibezirke für Bremen für zu lässig erklären. Infolge der im vergangenen Frühjahr eingetretenen Hochwasserschäden wird beabsichtigt, die Leitung und Verantwortung für die gegen Wiederkehr ähnlicher Schäden zu treffenden Maßnahmen den mit den Ober präsidien verbundenen Strombauverwaltungen zu über tragen. Dieselben sollen mit den erforderlichen Train-, den notwendigen Fahrzeugen und sonstigen Hilfsmitteln ausgestattet werden. Auch die Frage der Beschaffung eigener Eisbrechdampfer für die Elbe »st in Erörterung gezogen. Wie aus Melbourne gemeldet wird, soll der Platz der deutschen Aussteller auf der dorügen Welt ausstellung sehr günstig in einer breiten, die Haupt straße in der Mitte schneidenden Seitenstraße liegen. Dem deutschen Vertreter, RegierungSrat Wermuth, ist es gelungen, einen Teil unserer Aussteller iu dem Hauptgebäude zu plazieren. Die dekorative Aus stellung der deutschen Abteilung verspricht sehr gut zu werden. er sich wieder ab und setzte seinen Weg eiliger fort. Endlich erreichten sie die Höhe deS Berges und den Turm. „Wollen einmal hinaufsteigen, nicht wahr, Gust- chen?" fragte Herbert mit einem Tone, welcher ruhig und gleichgiltig erscheinen sollte; aber seine Stimme klang dem Mädchen dennoch seltsam fremd und un sicher. „Sind wohl die ersten Besucher heute morgen?" fragte der Alte einen in der geöffneten Vorhalle sitzenden Turmwärter. Wieder schrak sie zusammen; aber wie der Wärter die an ihn gerichtete Frage bejahte, folgte sie ihrem Vater ruhig in den Turm. Eine schmale Wendeltreppe führte in engen Win dungen in die Höhe; nur hin und wieder brach durch die spärlich in die Mauer angebrachten Öffnungen das Tageslicht und verbreitete ein unheimliche- Zwielicht. Zur Hälfte wohl mochten Vater und Tochter die Höhe de» Turme» erreicht haben, als Herbert sich leise am Arme erfaßt fühlte. Er wandte sich zögernd zurück „Vater!" klang eS flehend zu ihm empor. Der alte Mann zuckte bei dem traurigen Slang der Stimme zusammen und griff nach dem herab- hängeuden Seil, welches die Stelle eines Treppen geländer» vertrat. „Vater", wiederholte Gustchen mit angsterfüllter Stimme und klammerte sich fester an seinen Arm, „Vater, was verlangst Du von mir?!* Er »var stehen geblieben und antwortete mit keu chender Stimme: „Nur zu Deinem Glück — zu Deinem Besten!" A-chtz»- 1»^
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