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Erzgebirgischer Volksfreund : 01.05.1869
- Erscheinungsdatum
- 1869-05-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-186905010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-18690501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-18690501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungErzgebirgischer Volksfreund
- Jahr1869
- Monat1869-05
- Tag1869-05-01
- Monat1869-05
- Jahr1869
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 01.05.1869
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halb man bei einer blo» localen Unruhe, einem bloßen Tumult solche Ma«K- regeln ergriffen habe. Man könne fragen, wa- hatte denn Mende in Glad bach zu thun? iS ehr richtig!) Nun, er mar al» wichtiger Zeuge bet einer Gerichtsverhandlung nothwendig. — Man könne über die Sache nicht weg- kommen, ohne die tiefer liegenden Gründe zu betrachten. (Unrnhe.) In Glad bach sei ein Tumult vorgekommen,— nun, solche Erscheinungen mehrten sich. ES sei das ein Zeichen, »S sei nicht alles, wie e- solle. Man sehe täglich klarer, Preußen sei nicht, was e» zu sein scheine. Preußen sei rin richtiger Polizeistaat, eS versammle aber hinter einander ein halbes Dutzend Parla mente und gebe sich so den Anschein, als sei eS ein konstitutioneller Staat. In Preußen herrsche auf dem Papiere Preßfreiheit, während in Wahrheit eine vollkommene Censur besteht. Aehnlich, führt Redner aus, ist eS mit dem Versammlung-recht. Die Versammlungen seien vollkommen in die Händeder Polizeibeamten gegeben, von Individuen ohne Bildung, in deren Köpfen die größte Consusion herrsche. ES passe nicht mehr dem gebildeten Volke, sich von jedem beliebigen Wachtmeister auSeinantklschmeißen zu lassen. Entweder möge man das VersammlungSrecht ganz frei geben oder aufheben: Hebe man eS auf, nun, so werde daS wohl etwa» schneller kommen, was sich schon all- mählig vorbereite. Besser aber werde eS sein, man beuge vor. — Kürzlich sei gesagt, die Socialdemokraten seien mit sich nicht einig. Er könne sagen, sie seien sich einig, wo eS gelte, sich der drückenden Macht der Gewalt und deS CapitalS gegenüber zu stellen. Man möge den Antrag annebme» und nicht den wichtigen Berathungen ein Mitglied deS Hauses entziehen. Der Bundeskanzler: Die Interessen der Bundesversammlung ständen al lerdings höher als locale Interessen; er hätte aber gewünscht, der Abg. Mende sei derselben Ansicht gewesen und hätte sich lieber mit den schwierigen Bera thungen der Gewerbeordnung beschäftigt, als damit, „tumultarische Polizeibe- amte zu beruhigen". (Heiterkeit.) AlS Vertreter der Regierung kann er nur wünschen, daß das HauS zeige, eS sei mit solchen agiratorischen Bestrebungen nicht einverstanden. — Redner verliest mehrere Telegramme, welche ihm aus Gladbach zugegangen sind und die Vorfälle allerdings anders, als da-Schwei- tzerschc darsteUcn. In den Fall des Herrn Mende seien arme Arbeiter verwickelt, welche ihre Verhaftung gewiß schwerer trügen, als Herr Mende; „und wenn ich Herr Mende wäre, ich würde eS für meine Pflicht halten, daS Schicksal mei ner Anhänger zu theilen " — Redner verliest ferner ein Referat über die be treffende Versammlung, anscheinend einen Polizeirapport. Es sei wohl richtig, daß die Bildung der Polizeiwachtmeister ihre Mängel habe; aber eS sei ja dein Abg. Schweitzer unbenommen, einen Antrag auf Verschärfung de-Wacht- meistcrrramenS zu stellen. (Heiterkeit.) — Aus dem Rapport geht hervor, daß mit „Ofenblechen" gekämpft worden, — „eine Waffe, deren organische Natur mir nicht ganz klar ist." (Heiterkeit.) Von den Gensd'arwkS Leuten von reiferen Jahren, sei eS ihm bis jetzt unbekannt, daß sie Fensterscheiben einzu- schlagen pflegen. — DaS HauS habe die Entscheidung, ob eS für nothwen« diger halte, daß Mende den Berathungen beiwohne, oder ob es nicht darauf Bedacht nehmen wolle, daß nicht etwa im Lande falsche Vorstellungen über d.n betreffenden Paragraphen der Verfassung entständen. Abg. v. Lück: Um ein richtiges Verständniß über die Sachlage zu erhal ten, möge man den Antrag an die GeschäftSordnungscommission zur Prüfung und schleunigen Berichterstattung überweisen. Redner stellt einen hierauf be züglichen Antrag. Abg. Frhr. v. Haverbeck: DaS HauS habe nicht daS Recht, über ein Mitglied deS HauseS zu Gericht zu fitzen. Ob Mende zu einer Gerichtsver handlung oder zur Agitation reise, gehe da» HauS nichts an. Auch eine klirre Hast sei zu vermeiden. Man sei es weniger vem Abgeordneten — eine so besondere ReichStagsabgeordneten-Ehre statuire er gar nicht — als viel mehr den Wählern schuldig, ihren Wahlkreis, wenn auch nur auf kurze Zeit, nicht unvertreicn zu lassen. (HauS und Tribünen haben sich stark gefüllt.) A 'g. Försterling führt aus, wie Mende aus guten Gründen nach Glad bach gereist sei; seine Pflicht habe ihn gerufen. Mende habe keine Schuld an den blutigen Vorgängen; er habe ja die Menge aufgefordert sich zu ent fernen, denn er habe wohl gewußt, daß auf dem Wege der Gewalt jetzt nichts zu erreichen sei. - Der Reichstag sei eS, abgesehen von jeder ParieisteUung, sich selbst schuldig, Mende freizumachm. WaS dem Arbeiter-Kandidaten jetzt passire, könne zu andern Zeiten auch andern Parteien geschehen. Die Arbei- rr hätten immer gezeigt, daß sie bei Fragen des Rechtes sich nicht von Par- teirücksichten leiten liehen. Man möge eS ebenso machen und die sofortige Frei lassung Mende's beschließen. Abg. Graf Bethusy-Hüc, schließt sich dem Anträge deS Abg. v. Luck an. Die dem Abg. Mende vorgeworfencn Vergehen schienen ihm nicht bloS zu den politischen zu gehören, sondern stark in die gemeinen Vergehen hinüberzu greifen. ES könne also Herrn Mende selbst nur daran liegen, nicht länger unter solchem Verdachte zu harren. Ein Antrag auf Schluß der Debatte wird abgelehnt. Abg. Löwe ist für sofortige Freilassung Mende's und demgemäß für den Antrag Schweitzer. Abg. v. Hennig: Ein Grund zur Auflösung der Versammlung in Glad bach scheine ihm nicht vorhanden gewesen zu sein. AuS den Berichten der Behörden gehe auch keineswegs hervor, daß ein Erkenntniß gegen Mende auf Zuchthausstrafe werde erlassen werden. Bei alledem könne man kein klares Bild erhalten; eS sei deshalb n'chiiger, heute noch kein definitives Urtheil an zunehmen, sondern den Antrag Luck anzunehmen. Die DiScusston wird hierauf geschlossen und der Antrag deS Abg. Lück auf Ueberweisung der Angelegenheiten an die GeschäftSordnungS-Commission angenommen. Dagegen stimmen nur die Socialistcn und die Fortschritts partei. Berlin, 29. April. Behufs Bcrathung der Mcndeschen Angelegenheit trat heute die GeschäftSordnungscommission deS Reichstags zu einer Sitzung zusammen. Der Referent Cornely betonte, daß daS Material zur Beurtheilung dieser Angelegenheit noch unvollständig sei. Der BundeScommissar v. Puttkamer erklärte, daß der Bundeskanzler in dieser Angelegenheit die Initiative nicht ergreifen könne, aber bezüglichen Anträgen Nachkommen würde. Die Abgg.v. Kardorff und v. Denzin verlangen Information, ob die Jnhafthaltung Men« dc'S behufs Führung der Untersuchung geboten sei. Abg. Becker erklärt, nach den bisher bekannten Thatsachen sei die Verhaftung Mende's durchaus unge rechtfertigt. Die Commission beschließt Vertagung, um vom Untersuchungs richter in Düsseldorf neues Material einzufordern. Berlin, 29. April. Ueber die gestern erwähnten Exceffe in Gladbach, welche die Verhaftung deS ReichStagSabgeordneten Mende herbeigeführt haben, berichtet die „Cref. Z." unter dem 25. April folgendes Nähere: Die hiesige« Anhänger des Lassalleschen Arbeitervereins hatten eine Versammlung auf ge stern im Metzerschen Saale anberaumt, in welcher der ReichStag-abgeordnete und Präsident des Vereins F. Mende, welcher anwesend, über die Lösung der socialen Frage nach Lassalleschen Ideen sich äußern würde. Die Versamm lung begann gegen 8 Uhr Abends und hatte sich eine außerordentlich große Anzahl und Neugierige eingefunven, die Kopf an Kopf gedrängt den Saal füllten. Nachdem die Versammlung constituirt. Präsident und Vicepräsivent er wählt, ertheilte ersterer daS Wort dem „ReichStagSabgeordneten und Präsident F. Mende." Seine Rede begann und drehte sich um bekannte Floskeln: Dem Arbeiter geschehe Unrecht, daS müßte aufhören, und wenn daS auf fried lichem Wege nicht angebe, so würde die Revolution kommen, „mit ehernen Sandalen an den Füßen, Alles zertretend." Warum der Nothstand der Ar beiter so groß und permanent sei, das sollte auch erklärt werden, und wurde als erster Grund die übergroße Anzahl Soldaten angegeben. Da leben so und so viel Hunderttausende auf unsere Kosten, die schließlich nichts thun, als in Ber lin unter den Linden herum zu bummeln." — So weil kam eS, als der Po lizei-Commissar Bornheim die Versammlung als aufgelöst erklärte, nun emstand ein Tumult, der kaum zu beschreiben ist; Biergläser wurden geworfen, Stühle und Tische zertrümmert, die GaSleuchter hernmergerissen, und als Polizeimann- schasten und GenSd'armes einschritten, erhielt einer der Letzteren einen gefähr lichen Messerstich in die Seite. Die aufgeregte Volksmenge sammelte sich nun vor dem Metzer'sch n Hause, mit Steinen die Fenster desselben und der Nach barhäuser einwerfend und jedem Policisten beim Herauskommen auS dem Hause den Tod drohend. Da erschien endlich ein Bote von dem in's Hotel MörS zurückgekehnen Mende, die Arbeiter möchten zu ihm kommen, er würde vom Fenster aus zu ihnen sprechen. Dies zerstreute einen Theil der aufgeregten Menge, jedoch dauerte der Tumult immer noch bis gegen 3 Uhr Morgens. Zahlreiche Verhaftungen haben stattgesunven. Herr Mende war der Erste, welcher verhaftet und nach Düsseldorf transportirt wurde, ihm folgten gefesselt acht Andere, die heute gegen halb fünf Uhr per Zug, unter starker Gend'arme- rieescone denselben Weg einschlugen. Eine auf heute angesagte zweite Arbei- terverfammlung zwischen Rheydt und Wickrath Hal in Folge dessen nicht statt gefunden, und werden hoffentlich diese Versammlungen, die aus so unverant wortliche Weise unsern Arbeiierstand aufreizen, ihr Ende erreicht haben. Bielefeld, 28. April. Der „Wests. Ztg." wird von hier geschrieben, daß die Damastweber die Arbeit eingestellt haben. Sie verlangen eine Er höhung ihres Lohnes nm 20 Procent. Bei der großen Masse der noch der Ausführung harrenden Commissionen sei kaum anders zu erwarten, als daß die Weber ihren Willen für jetzt durchsetzen werden. Nach derselben Zeitung sollen jedem renitenten Weber, der nicht anderweitig lohnende Beschäftigung findet, 15 Sgr. täglich von dem „Allgemeinen deutschen Arbeiterverein" auS« gezahlt werden. Oesterreich. Wien, 27. April. Die Frau deS in Ternitz bei Wilhelmsburg wohn haften Fabrikarbeiters Körner wurde verflossenen Samstag von Vierlingen ent bunden. Der Vater wendete sich telegraphisch an Se. Majestät den Kaiser mit der Bitte, Pathenstclle bei seinen Kindern zu vertreten. Der Kaiser ge nehmigte die Bitte und beauftragte den Grafen Bellcgarde zur Stellvertretung. Zugleich wurden dem Vater 100 Stück Ducaten als Pathengeschenk für die Vierlinge übersendet. Frankreich. Paris, 27. April. Auch heute noch wird behauptet, der Kaiser werde daS Land durch ein Manifest überraschen. Ich glaube nicht daran, Napo leon IN. hat in letzterer Zeit nur zu viel gesprochen und geschrieben. Die Regierung steht den Wahlen ohne Beunruhigung entgegen. Die Spaltung der Parteien einerseits und andererseilS die Theilnahmlosigkeit der Massen kom men ihr zu Gute. DaS Vertrauen in die Erhaltung des Friedens wächst. — Herr FrLre-Orban kehrt morgen nach Brüssel zurück, nachdem er sich, wie man hier behauptet, über die Grundlagen eines Ausgleiches mit Frankreich verständigt haben soll. Belgiens Regierung würde an die Stelle der Groß- Luxemburger Gesellschaft treten und den Vertrag über den Betrieb der betref fenden Bahnen mit der Ostbahn-Gesellschafl abschließen. Ob die Sache, w-nn einmal Herr Frere Orban in Brüssel sein wird, nicht noch eine andere Gestaltung erhält, wird sich zeigen müssen. Die Unterhandlungen sollen nun durch Herrn v. Lagueronniere an Ort und Stelle geführt werden, bis zur Einsetzung der gemischten Commission, die nun doch zu Stande kommen würde. Der König dec Belgier hat persönlich bei seinen Ministern auf größerer Nach giebigkeit gedrungen. Spanien. Madrid, 25. April. DaS Decket cheS FinanzministerS Figuerola wel ches dem Freihandel in Spanien Bahn zu brechen sucht, hat die Arbeiter und Fabrikanten CatalonienS in große Aufregung versetzt. Eine stürmische Kundgebung bat in Barcelona stattgefunden; Sabadell, Tarrasa und mehrere andere bedeutende Fabrikstädle haben daS Beispiel der Hauptstadt CatalonienS befolgt. In Barcelona wurden am 21 die Rufe auSgestoßen: „ES lebe die Republik! ES lebe die catalonische Unabhängigkeit! Nieder mit dem Finanz minister!" Die Menge umgab drohend den Palast des Gouverneurs und ihre Rufe, welche die Absetzung de« FinanzministerS verlangten, hörten nicht eher auf, als bis der Gouverneur ausdrücklich versprochen hatte, den „einmüthigen" Wunsch der cataloniichen Bevölkerung telegraphisch den CorteS zu übermitteln. Auch an den folgenden Tagen verkehrten noch zahlreiche Gruppen in^den Straßen; die Fabriken und Werkstätten waren noch am 24. geschloffen. Die Bevölkerung Madrid'S ist mit Unwillen über eine den Behörden gelungene Entdeckung erfüllt. Im Mittelpunkte Madrids, in der Straße Hortaleza, befindet sich ein Nonnenkloster; in dem abgelegensten Theile dessel ben hat der Civilgouverneur, durch einen anonymen Brief davon benachrich tigt, eine kleine Zelle, kaum einen Meter im Geviert, entdeckt, die nur durch eine kleine Oeffnung dicht unter der Decke etwas Licht und Luft erhielt. In dieser Gruft sand man eine junge Nonne von 28 Jahren, die dort seit 5 Jahren lebendig begraben war. Die Unglückliche einer reichen Familie Süd amerika'- angehörend, war jung und schön mit ihrem Gatten nach Madrid gekommen, der eines Tage», weil er sie mit Unrecht eines TreubruchS schul dig hielt, sich mit dem Almosenier des genannten Kloster- verständigte und ihm die Schuldlose zur ewigen Haft überwies. DaS Opfer dieser Unthat
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