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Dresdner Journal : 14.03.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-03-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190203149
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19020314
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19020314
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1902
- Monat1902-03
- Tag1902-03-14
- Monat1902-03
- Jahr1902
- Titel
- Dresdner Journal : 14.03.1902
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v»u«»pret«: Beim Bezüge durch di« ch,schäft»«,L, tankryas» Dresden, 2,50 M (rrnichl- Zniraguug), durch die 8^»K M» Deutschen Reicht 3 M tau-schließlich Bestellgeld) vietteljührlich Einzelne Nummern 10 Pf. Wird Zurücksenduna der sür die Schristleitung bestimmten, «der von dieser nicht ein» «esorderten Beitrüge beaa» spracht, so ist da- Popgelb beizufügen. Drrs-ner ZMNwl Herausgegeben von der Königs. Expedition de- Dresdner Journals, Dresden, Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Erscheinen: Werktag» nachm. 5 Uhr. Ankündtgung-gedühre«: Die Zeile Neiner Schrift der 7 mal gespaltenen Ankündi- gunas-Seile oder deren Raum 20 Pf Bei Tabellen- und Ziffernsah 5 Pf Aufschlag für die Zeile Unterm Re- daktion-stnch (Eingeiandt) die Tertzeile mittler Schrift oder deren Raum 50 Pf. Gebühren - Ermühigung bet öfterer Wiederholung. Annahme der Anzeigen bi» mittags 12 Uhr für die nach mittags erscheinende Nummer. W6O. 1902 Freitag, den 14. März nachmittags. Amtlicher Teil. Dresden, 14. März. Se. Hoheit der Herzog vo« Sachsen-Altenburg ist heute Voimittag 10 Uhr 45 Min. nach Allenburg und Ihre Hoheiten der Herzog und die Frau Herzogin Ernst Günther zn Schleswig-Holstein sind heule Vormittag 10 Uhr 30 Min. nach Primkenau abgereist. Dresden, 14. März. Ihre Großherzogl. Hoheit die Frau Erbprinzessin von Anhalt ist heute Vormittag 10 Uhr 58 Min. in Dresden eingetroffen und hat im Resibenzschlosse Quartier genommen. Ee. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Bureaudiener Greif bei der Amts- hauptmannschaft Marienberg das Allgemeine Ehren zeichen zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Kaufmann Gustav Philipp zu Leipzig den ihm von Sr. Königl. Hoheit dem Prinz-Regenten von Bayern verliehenen Titel Kommerzienrath annehme und führe. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Direktor der Forst akademie zu Tharandt geh. Forstrath Prof. vr. Neumeister den ihm von Sr. Majestät dem Könige von Serbien verliehenen St. Sawa-Orden 2. Klasse annehme und trage. Gruemumsev, Versetzungen rc. im öffeutU Dienste. I» Geschäftsbereiche des Mtntftertu»« de» Kultus »»- äffrntttchen Unterrichts. Erledigt: die Neben- lLulstcllr zu Kleingießhübel b Krippen Koll: da» Mi nisterium des Kultus rc Außer fr. Wohnung im Schulhause w Garten 1260 M. Gehalt f. d. Schuldienst, 24 M. f kirchen- dienstl Verrichtungen, da- gesetzt Honorar s FortbildungS- schul- u Turnunterricht u. rv der Frau 46 M. s. Erteilung »eS Unterricht» in weibl Handarbeiten. Bewerbungsgesuche sind a d Koll zu richten u. nebst den erfordert Beilagen (Hilfslehrer haben auch den Nachweis über erfüllte Militär- diensipflicht beizusügrn) bis 26 Mürz au den BezirkSschul- inspckior zu Pirna, Schulrat Lehmann, einzureichen. (Behördl Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile - nichtamtlicher Teil. Der japanische Handel und Deutschland. Der englisch-japanische Vertrag hat die Auf merksamkeit wieder auf jene aufstrebende Inselgruppe Ostasiens gelenkt, und es dürfte daher nicht ohne Interesse fein, auf die wachsende Bedeutung des javanischen Marktes hinzuwrisen. Der japanische Handelsverkehr mit den ver schiedenen Ländern der Welt zeigt nachstehende Ent wickelung. Es betrug in 1000 Pen (1 Den --- etwa 4 M. 20 Pf.): die Ausfuhr von die Einfuhr nach von oder nach Japan 1892 1960 1892 1900 England .... 3 922 11 263 20 789 71 638 d Bereiuigt.Staaten 38 «75 52 566 5 998 62 761 Deutschland . . . 941 3 556 6 375 29 200 Frankreich . . . 18 094 19 150 3 621 8 096 Lhina 6 359 31 872 12 509 29 961 Hongkong.... 13 289 39 177 6 986 10 660 Die deutsche Handelsstatistik ergab für den vesamteigenhandel Deutschlands mit Japan im Jahre 1900 in der Einfuhr nach hier 18 163000 M., in der Ausfuhr von hier 72133000 M., also eine starke Differenz namentlich bei der Ausfuhr nach Jap:n, die zum größten Teile durch die Preis ¬ differenz der Waren bei der Abfahrt hier und der Ankunst dort zu erklären ist. Ein nicht unerheb licher Teil dieser Differenz kommt als Fracht vergütung unserer Reederei zu gute. Die Ueberlegenheit Englands beruht in erster Linie auf feinen beiden Hauptwelthandelsartikeln Eisen und Baumwolle, mit denen eS die Welt ver sorgt. In Eisenblech, eisernen Röhren und anderen groben Eisenwaren, Baumwollengarn, gröberen Baumwollengeweben steht es auch in Japan weitaus an erster Slelle. Auch in vielen chemischen Erzeug nissen, so in Kohlensäure, Phosphor, Pottasche und namentlich Soda hat es seine überwiegende Stellung vorläufig noch behauptet. Hier sowie in Eisenwareu und Maschinen wird ihm Deutschland mit Erfolg die Spitze bieten können. Im allgemeinen zeigt die Statistik ein sehr er freuliches Wachstum des deutschen Handel-, das freilich von dem des Handels der Vereinigten Staaten weit übertroffen wird. Noch günstiger ist die Stellung der deutschen Handelsmarine nach dem Schiffsanteil. Nach Prozenten des Gesamthandelswertes wurde befördert: auf in der Ausfuhr von Japan in der nach 1893 Einfuhr Japan 1900 1893 1900 englischen Schiffen 51,9 34,9 63,0 46 8 amerikanischen 9,9 4,0 1,5 1.« französischen 16,3 9,9 8,3 3,2 deutschen 11,9 15,5 15,5 147 japanischen - 7,» 32,2 87 29,9 allen anderen - 2 2 3,5 3,0 3,6 Auffällig sind hier vor allem drei Thatsachen. Zunächst die gewaltige Entwickelung der japanischen Schiffahrt, die vor sieben Jahren kaum ein Zwölftel, jetzt fast ein Drittel des gesamten, fast dreimal so wertvollen Gesamthandels befördert, fobann der nach dem Prozentverhältnis scharfe Rückgang der eng lischen Schiffahrt, endlich die überaus geringe Be deutung der amerikanischen. Deutschland ist, ab gesehen von Japan selbst, das einzige der hier auf geführten Länder, dessen Beteiligung an der Güter beförderung nicht nur dieselbe geblieben ist, sondern sich sogar ansehnlich gesteigert hat. Dieses erfreu liche Ergebnis ist in erster Linie der weitous- schauenden Verkehrspolitik des Reichs und der hier durch geförderten Entwickelung unserer beiden großen Reedereien in Bremen und Hamburg zu verdanken. Die Japaner sind gute Kaufleute. Sie werden auch nach Abschluß des Vertrags mit England ihre Waren dort beziehen, wo sie sie am besten und billigsten bekommen können. In beiden Beziehungen kann unsere Industrie und kann unser Handel den Wettbewerb mit England ohne Bedenken ausnehmen. Der Krieg i» Südafrika. Wir haben bereits gemeldet, daß Lord Methuen sich im Jahre 1881 als Militärattache in Berlin die Rettungsmedaille am Bande erworben hat. Dazu wird noch mitgeteilt, daß die Verleihung dieser Aus zeichnung aus eigenster Initiative Sr. Majestät des hochseligen Kaisers Wilhelm I. erfolgt ist. Der greise Herrscher überreichte damals persönlich die Medaille dem damaligen Oberstleutnant Methuen für seine Beteiligung an der Rettung des Arbeiters Pieper. Delarey, der Sieger von Tweebosch, ist, wie nach träglich bekannt wird, von Earl Roberts im Londoner Oberhaufe mit Worten erwähnt worden, aus denen Achtung und vielleicht sogar eine gewisse Sympathie sprach Er sprach von der humanen und zivilisierten Kriegführung des Burengenerals und bemerkte, daß Lord Meihuen in seinen Händen gut aufgehoben sein werde. Delany soll auch seinerseits eine gewisse Neigung für Roberts empfunden haben. Dieser ver lor bekanntlich seinen einzigen Sohn bei Colenso, und Delarey verlor seinen ältesten, aber noch sehr jugendlichen Sohn am Mobdeifluß, als er Lord Methuen, der vergeblich Kimberley zu entsetzen ver suchte, gegenüberstand. Delorey focht zusammen mit Cronje, MeihuenS Houptwidersach», bei Magers- fonlein. Er befehligte die äußeiste Linke und hatte fett st die Stellung bei MagnSfontein ausgewähtt, während Cronje gewünscht hatte, bei Scholtzs Ne! Widerstand zu leisten. Man sagt, Delarey würde nach General Jouberts Tode dessen Nachfolger gc woiden sein, wenn er nicht ein Gegner Krügers ge wesen wäre. Delarey soll auch in der letzten ge h'imen Sitzung les Volksraad, die vor dem Kriege stattfand, gegen Absendung des Ultimatums gestimmt haben. DaS Pariser Blatt,,Rappel" veröffentlicht, wie noch berichtet sei, ein Telegramm aus Amsterdam, worin mitgeteilt wird, daß eine Subskription eröffnet wurde, um Delarey einen goldenen Ehrendeaen zu überreichen. Erwähnung verdienen verschiedene Aeußerungen der „Daily Mail" über die Taktik der Buren Das Londoner Blatt schreibt: „Die letzten Niederlagen sind besonders bemerkenswert durch die von den Buren angenommene KampfeSweise. Wir hatten uns gerade dahin entschieden, daß unsere Kavallerie und berittene Infanterie in Südafrika die Angriffstaktik nicht mehr zur Anwendung bringen könne, als unser Feind zu dieser Taktik überging. Allerdings ist diese Taktik der Buren nicht nach europäischem Muster. Die Buren schießen während der Attacke von ihren Pferden herunter und üben dadurch, wie eS scheint, einen vernichtenden Einfluß aus. Keine europäische Kavallerie ist für einen solchen Angriff ausgebildet, obgleich die Lehre des amerikaniichen Krieges vor- lap, in dem die föderierte Kavallerie genau dieselbe Taktik mit Erfolg anweidete. Sie erfordert gute Reiter und gut berittene Leute. Immer und immer wieder ist es unserem Gegner gelungen, in plötz licher und schneller Ueberraschung unsere Leute riederzureiten. Selbst gegen unsere reguläre Kavallerie Haben die Buren diese Angriffsart mit gutem Er folge versucht. In dem kleinen, wenig bekannten Gefecht, das am Ende des Jahres 1900 im östlichen Transvaal stattsand, ritten die Buren in unsere säbelbewaffnete Kavallerie und sprengten durch den Gebrauch ihrer Gewehre selbst unsere Karabiniers auseinander." Im englischen Unterhause erwiderte der KriegS- miittster Brodrick auf verschiedene Fragen, General Methuen und Oberst Townsend seien dem Ver nehmen nach gestern in KlerkSdorp erwartet worden Der sie behandelnde Arzt melde, daß beide sich wohl befänden. Er, der Minister, nehme an, daß sie freigelassen worden seien, obgleich das in dem betreffenden Telegramm nicht ausdrücklich gesagt werde. (Beifall.) Die Untersuchung gegen Kruitzinger sei verschoben worden, weil die Prüfung der Zeugen aussagen noch nicht beendet worden sei. Healy fragte, ob die Regierung ebenso hochherzig sein und Kruitzinger freilassen werde. (Beifall bei den Nationalisten.) Die Frage wurde von dem Minister nicht beantwortet. — Das Londoner Kriegsamt ver öffentlicht hierzu noch ein Telegramm Lord Kitcheners vom 13. d. MtS., das besagt: Lord Methuen wurde heute nach Klerksdorp gebracht -, er befindet sich wohl. Tagesgeschichte. Dresden, 14. März. Se. Majestät der König und Se. Hoheit der Herzog Ernst Günther zu Schleswig-Holstein beaaben Sich gestern abend 7 Uhr nach der Kaserne des Königl. Gardereiter-Re giments und wohnten im Oifiz erskasino daselbst einem Vortrage des Oberleutnants Kirsten vom 2. Königin Husaren-Regiment Nr. 19 über dessen Dienstleistungen und kavalleristische Erfahrungen beim ostasiatlschen Expeditionrcorps bei. Nach dem Vortrage soupierten Se. Majestät der König und Se. Hoheit der Herzog mit dem OffizierS- corps und kehrten gegen 10 Uhr ins Residenzschloß zurück. — Ihre Majestät die Königin und Ihre Hoheiten der Herzog von Sachsen-Altenburg und die Frau Herzogin Ernst Günther zu Schleswig-Holstein besuchten gestern abend die Oper -Aufführung: „Der Trompeter von Säkkingen". — Heute vormittag haben Se. Hoheit der Herzog von Sachsen-AUenburg und Ihre Hoheiten der Herzog und die Frau Herzogin Ernst Günther zu Schleswig-Holstein Dresden wieder verlassen. Die Höchsten Herrschaften reisten 10 Uhr 45 Min. nach Altenburg bez. 10 Uhr 30 Min. nach Primkenau zurück und wurden vom Königl. Ceremonienmeister Graf v. Rex, sowie von den zum Ehrendienst befehligten Herren Kammerherrn v. Winckler und Rittmeister Graf v. Schimmelmann nach der Bahn begleitet. — Mit Zug 10 Uhr 58 Min. vormittags traf Ihre Großherzogl. Hoheit die Frau Erb prinzessin von Anhalt zum Besuch des Königspaares am hiesigen Neustädter Bahnhof ein. Ihre Majestät die Königin, umgeben von der Hofdame Gräfin Reuttner v. Weyl und dem Kammer- Herrn v. Carlowitz, begrüßten die Frau Erbprinzessin am Bahnhofe und geleiteten Höchstdieselbe nach dem Residenzfchlosse. In der Begleitung Ihrer Groß herzoglichen Hoheit befindet sich die Hofdame Frl. v. Lattorfs. — Se. Majestät der König empfingen heute vormittag '/,11 Uhr den zum Königl. Hofkaplan ernannten Konsistorialrat und Pfarrer Plewka und nahmen einige militärische Meldungen entgegen. Daran anschließend hörten Se. Majestät die Vor träge der Herren StaatSminister und de- Königl. Kabinettssekretärs. TreSdea, 14. März. Se. Königl. Hoheit der Prinz Georg wohnte gestern abend einem im OffizierSkasino des Gardereiter-Regiments gehaltenen Vortrag über die Vorgänge in China bei. Heute hat Se. Königl. Hoheit, begleitet vom Hof marschall Kammerherrn v. Haugk, der Beerdigung der verstorbenen Frau Maria Anna verw. Major Schneider auf oem inneren katholischen Friedhöfe beigewohnt. — Ihre Königl. Hoheit die Prinzessin Mathilde zeichnete gestern den fünften Streich quartett-Abend der Herren Henri Petri, Theodor Bauer, Alfred Spitzner und Georg Wille im Saale des Musenhaufes durch Ihren Besuch aus. Dresden, 14. März. Se. Königl. Hoheit der Prinz Johann Georg wohnte heute nachmittag 12 Uhr 30 Min. in Begleitung des persönlichen Adjutanten Oberleutnant Garten-Kraft der Be erdigung der verstorbenen Frau Maria Anna verw. Major Schneider auf dem inneren katholischen Fried- Hofe bei. Muss und Wissenschaft. Kouigl. Schauspielhaus. — Am 13. d Mt« : „Er lebe da» Leben". Drama in fünf Akten von Hermann Sudermann. (Zum ersten Male) Der gestrige Abend brachte dem neuigkeitsfrohen skblikum die (hiesige) Erstaufführung eine« schon viel besprochenen Schauspiels mit allem Drum und Dran herkömmlich» Bühnenscnsation: bis auf den letzten Platz zefüllte« Hau«, gespannteste Aufmerksamkeit aus Anlage und Verlauf der bunten und widerspruchsvollen Romans, den Sudermann» Kunst in ein Drama gepreßt hat, rauschenden Hervorruf der Hauptdarsteller nach jesem Akt, de» anwesenden Verfassers vom zweiten Akt an, einen unzweifelhaften Erfolg, den allein schon die Leistungen der Hauptdarsteller verdient hatten. Alle« »ar da und nur ein» fehlte: der Herzschlag leben digen Anteil», der kräftige Hauch, der au» den Tiefen der Lebenswahrheit und der Dichterseele zugleich strömt, uns unwillkürlich ergreift, trägt und überzeugt Sudermanns neuestes Schauspiel ist eine schlimme Probe auf die Echtheit und Kraft der litterarischen Bewegung, die unter dröhnenden Rufen nach Nrtur, nach allem Reichtum der Wirklichkeit, unter gellenden Verwünschungen der Kunst vergangener Tage, seit länger al« einem Jahrzehnt unsere Litteratur erfüllt hat Nach allen Anläufen und überraschenden Wendungen de» NaturalitmuS eine »grübelte, erpreßte, die Dinge hin« und herwendende, in jedes beliebige elektrische Licht »der bengalische Feuer rückende Problcmkunst Anstatt wirklich geschauten, miterledten Leben« die Verkörperung parteitrndenziöser Begriffe, Schlagworte und Reden«« arten, die nur dadurch den Schein einer Wirklichkeit an nehmen, daß der großstädtische ZeitungSklatsch in die Rolle de« gewaltigen Schicksal» beordert wird. Anstatt lebendiger Menschen, die in Leid und Freud, in That und Schuld für sich stehen, ein Herz und ein Gewissen in sich selbst tragen, eine lange Reihe von Figuren, die ihres Daseins Wohl und Wehe nach der Anschauung regeln, daß alle», schlechthin alle» erlaubt sei, so lange eS nicht in den Zeitungen und der Gesellschaft zur Sprache kommt. Anstatt der tiefen Konflikte echt» großer Gegensätze, die Talmitragik von Lebenskrciscn, in denen der Schein allein herrscht und die sich den Genuß von Zeit zu Zeit mit einem todbringenden Skandal würzen Seldwyler, die, wenn ihre Zeit ge kommen ist, sich selbst fallen lassen müßen, damit Platz für die Nachwachsenden wird Eine Welt, in der sich Dionysos und Aeako« zur Ergötzung für den aristo phanischen Chor der Frösche um die Ohren schlagen. Und nachdem da» Konventionelle tausendmal geächtet ist, die schlimmste aller Konventionen: der Aufbau von LebenSoerhältnissen, menschlichen Beziehungen und Gewohnheitsrechten, die einen babylonischen Turm und ein Kartcnhau« zugleich darstellen Ein babylonischer Turm, der wie ein Kartenhaus zusammen bricht, sobald es einem sozialdemokratischen Reich«tags- kandidaten gefällt, in einer Lengefeld» Wahlrede eine gehässige Anspielung zu machen Wie bequem für den Verfass», wie wirksam für den raschen Effekt! Die alt bewährte Technik de» EnthüllungSdrama« reicht für die Führung der Handlung au«, und alle Kunst des Drama tiker« kann auf die wechselnde Stimmung verwandt werden, nach der in jeder Scene ein anderer recht hat. Im großen und ganzen kommt da» Rezept zu Ehren, da» die Aftermuse im Prolog von Hebbel« „Diamant" zum Besten giedt: Dann setze man bei nM gen Flamme» Die Charaktere sich zusammen; Man gebe sich nicht zuviel Mühe, Da» Erst und Letzte ist die Brühe! Dte Brüh« der Tagerstimmung und der gesellschaft lichen Ausbeutung sensationeller Ereignisse, der An spielungen auf hundert Alltagsvorgänge und einer Sittenschilderung, in der nichts fehlt, was die Wirkung pikanter macht Nicht der Heuchler, der zum Schwach kopf wird und, während er eine Schuld der Leidenschaft auf der Seele hat, aufprotzt und eine Triumphrede gegen die Ehescheidung und für die unverbrüchliche Heiligkeit des häuslichen Herdes hält. Nicht der dumme Junge, d» eine Flugschrift wider den Zweikampf hinausschickt, dem sühnenden Selbstmord das Wort redet und, ohne e« zu ahnen, seinen Vater zum Tode verurteilt. Nicht der Predigtamtskandidat, der, wie er an seinem konservativen Heiligen einen Fleck entdeckt, hingeht und Sozialdemokrat wird. Nicht der ideale Sozialdemokrat, der, nachdem er den Gegner nieder gehetzt hat, in einer post tsstnm kommenden EdelmutSscene die kompromittierenden Briefe der Gräfin Beate an Hrn. v. Völkerlingk zurück« giebt Nicht de» Hrn Staattsekretärs Excellenz, der seinem Stiefbruder zwar da» Verhältnis zur Gräfin Beate gar sehr verdenkt, ab» nur weil er gern selbst an des Bruder» Stelle wäre Nicht der dekadente Prinz, der der Moral nur „einen ZüchtungSwert" zu spricht Nicht der ostelbische „Agrarier", der die angeb lichen Anschauungen sein» StandeSgenoffen mit den Worten enthüllt: „Zum Deiwel auch! Wozu sind wir denn der preußische Adel, wenn der Staat nich für un» sorgen soll." Doch e» ziemt sich, daß wir auch auf die tieferen Zwecke und Ziele de» Verfasser« verständnisvoll ein treten Wir sehen in Gräfin Beate und Richard v Völkerlingk ein Menschenpaar, da« sich vor fünfzehn Jahren in schuldvoller Leidenschaft aneinander- geschloffe», aber seit einem Jahrzehnt an die Stelle der Leiveuschaft eine ideale Freundschaft gesetzt hat Wir erfahren, daß Hr. v. Vöikerling! nach seiner Befreundung mit Graf Michael Kellinghausen, dem getäuschten Gatten Beate«, auf die Wandlung de« früher bestandenen Verhältnisse» gedrungen hat. Richard Völkerlingk wäre wohl auch der Mann gewesen, der offen Farbe bekannt, seine eigene lieb- und freudlose Ehe getrennt und eine nachträgliche Verbindung mit Gräfin Beate erstrebt hätte Die Gräfin ist's gewesen, die ihres vergötterten Geliebten Leben nicht mit einem Skandal und den Nachwirkungen »ine« Skandal« belasten wollte; sie hat das schuldvolle Schweigen herbeigesührt Wir dürfen daher, al» eS zum lange gefürchteten und doch Knall und Fall eintretenden Zusammenbruch kommt, al» die Erregung des gutmütigen Grafen Michael alles in Trümmer schlägt und Richard Völkerlingk nur die Pistole zu bleiben scheint, uns nicht allzu sehr wundern, daß sie auch jetzt sich selbst opfert, um den Geliebten am Leben und für eine große Zukunft zu erhalten. Sie nimmt bei einem glänzenden Frühstück in ihrem Hause Gift, zwingt durch ihren Opsertod ihren Mann, den Baron Völkerlingk zum Gelöbnis zu drängen, daß er leben will, und sieht, wie e» scheint, in ihrem letzten Traum nicht nur die Kinder (ihre Tochter Ellen und Völkerlingk« Sohn Norbert) glücklich, sondern auch di« große Laufbahn des konservativen Politiker« gerettet, weit geöffnet Ein Gedanke wie der der Charlotte Stieglitz, die sich da« Messer in die Brust stieß, damit ihr schwächlicher Lyriker durch den Schmer, um ihren Tod ein großer Dichter werde Wenn die Gräfin wirk lich wähnen kann, daß sie durch ihre Aufopferung eine« verlorenen Lebens ein wertvollere« und für die Welt bedeutendere» rette, so irrt sie traurig. Lebt auch nur ein Rest von tieferem Gefühl und von Edelsinn in Hrn v. Völkerlingk, so ist er fortan ein gebrochener Mann und wird trotz d» Aeußerung Er Majestät weder preußischer Staatkminister noch Reichskanzler werden Möglich auch, daß Sudermann den Zuschauern und
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