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Dresdner Journal : 12.08.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-08-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190208127
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19020812
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19020812
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1902
- Monat1902-08
- Tag1902-08-12
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- Dresdner Journal : 12.08.1902
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Beilage zu 18S des Dresdner Zouruals. Dienstag, 12. August 1902, nachm. vermischtes. vir. Die deutsche Hochseefischerei. I. Eine leistunatfähige Hochseefischerei — d. i. im allgemeinen der Fischumg aus hoher See und über eine Küstenzone von 3 Seemeilen Breite hinaus — ist für Deutschland von größter wirtschaftlicher Bedeutung, da sie unt ein wichtige» Volk»nahrunq«mittel in den Seefischen beschaffen und verhindern soll, daß viele Millionen Mart jährlich für Seefische von Deutschland an da» Aulland gezahlt »erden Letztere» wird sich freilich nie ganz vermeiden lassen, da die ergiebigsten Fangplätze für Frischfisch, so wohl wie für Hering» weiter entfernt von den deutsche« Küsten wie von anderen, z. B den schottischen und nor wegischen, liegen, daher die dortigen Fischer unter gün stigeren Bedingungen arbeiten wie di» brutschen Fischer Immerhin werden die Erträgnisse de» deutschen Fange» noch bedeutend gesteigert werden können. Im Jahre 1S00 wurden noch gegen 35 Mill. M. an da« Lu»- land allein für Heringe bezahlt, und nur 5 bi» 6 Proz. de» Bedarf» an Heringen sind deutsch« Fischfahrzeuge bi« jetzt im stand« aufzubringen Ebenso fließt außer- deutschen Fischern für Frischfisch«, die sie auf den deutschen Markt bringe» und von denen Schellfisch, Kabliau, Schollen, Steinbutt, Seezunge, Heilbutt, Rotzunge, Tar- butt, Knurrhahn, Seehecht, Pollack, Stör und Makrele wohl di« begehrtesten sind, jährlich ein sehr hoher Erlös zu, der dem deutschen Nationalvermögen verloren geht Weiter hat die Hochseefischerei auch für unsere Klirg»- marine besondere Bedeutung, da sie letzterer die besten und fähigsten Seeleute liefert; und die rasch anwachsende Zahl unserer Kriegsschiffe erfordert von Jahr zu Jahr eine größere Zahl seeg»wohnter Leute. Gerade die Hoch seefischerei erzieht in dieser Beziehung vorzügliche« Material, denn der Beruf macht wetterfest, kaltblütig und anspruch»lo« und erheischt eine Disziplin wie kaum rin anderer. Weiter bildet die Hochseefischerei nicht »ur dies« Eigenschaften, sondern erhält sie auch in beständiger Hebung, wa» für die Bemannung unserer Flotte in Kriegszeiten, wo die Reserven einaezogen werden müfstn, von außerordentlicher Tragweite ist. Nach wirtschaftlicher wie politischer Seite hin ist daher jede Förderung in der Entwickelung unserer Hochseefischerei vo» größter Wichtigkeit. In richtiger Erkenntnis dessen ist auch die preußische Regierung, später das Deutsche Reich unausgesetzt bemüht gewesen, der Fischereibevölker ung üb-r schwere Jahre der Krisis hinwegzuhelfen und ihr nach Kräften Vorschub zu leisten. Seit 1898 betragen die jährlichen Aufwendungen für die Hochseefischerei au» Reich »mitteln, die zumeist in Zu schüssen und Prämien für den Bau und die Ausrüstung von Fischfahrzeugen bestehen: für die große Hering»- fischerei 120000 M , für die Segelfischerei 230 000 M , für Versicherungskaffen 50 000 M. und für wissenschaft liche Versuche rc 50000, zusammen 450000 M Solche staatliche Unterstützung ist um so mehr gerecht fertigt, al« die Hochseefischerei nur bei Aufwendung größerer Kapitalien sich Aussicht auf Erfolg versprechen darf und dabei vielfachen Gefährdungen und Verlusten — an Menschenleben, Fahrzeugen, Netzen rc. — durch Stürme und sonstige Unfälle ausgesetzt ist, weshalb Privatkapital und Unternehmungsgeist sich nur schwer der Seefischerei zuwenden, die Fischereibevölkerung selbst aber zumeist arm ist. Segensreich hat ferner die Gesetz gebung gewirkt durch Ausdehnung der Unfallversicherung auf di« Besatzungen der Hochseefischereidampfer und der Heringsfischereifahrzeuge sowie durch Erlaß der Vor schriften über die Zulassung von Schiffern in kleiner Fahrt zur Führung von Hochseefischereifahrzeugen. Eö steht indessen in dieser Hinsicht der Erlaß eine« be sonderen Gesetzes noch bevor. In Fischereikreisen wird gewünscht, daß für Führer von Hochseefischereifahrzeugen eine besondere Prüfung geschaffen werd«, denn einerseit« sind die an den Schiffer und Steuermann in großer Fahrt gestellten Anforderungen für den Fischdampfer kapitän zu weitgehend, und andrerseits ist die Prüfung zum Schiffer in kleiner Fahrt bei der beständigen Aus dehnung der Fahrten und zunehmenden Größe der Fahrzeuge nicht genügend. Bei beiden wird außerdem Fffchereilunde, Meeresbiologie, Zoologie der Fische rc. nicht gefordert Gerade diese Kenntnisse sind aber für den Fischer besonders Notwendig. Viele Teile der See sind wegen der grHen Tiefe de» Wassers oder der seifigen Beschaffenheit de« Boden« für die Grundschlepp netzfischerei nicht befahrbar, die vorteilhafte» Fischfang gründe lind nach Ausdehnung und Beschaffenheit außer- ordentlich verschieden und nur an der Hand der Karte genau s«stz»st«llen Weiter ist «S unerläßlich zur Er zielung -ut»r Fangresultate, zu bestimmen, m,t wa« für F,scharten die Gründe b«s«tzt find Die Besetzung ändert sich nach Strömung, Temperatur und andere» Einflüsse» beständig Nutzbringend wird besonder« auch Li« Fischereischul« sei», die im kommenden Winter in Geestemünde in« Leben gerufen werden soll und deren Unterhaltungskosten sich auf den Staat, die Stadt Geestemünde und die Fischereihafen - Betriebsgenossen, schall verteilen werden Luch trägt man sich dort mit dem Plan, em Fischereischulschiff zu baue» Ruht unerwähnt darf ferner die Unterstützung bleibe», di« nach vielen Seiten hi» der Hochs^n'chnei d«r Deutsch« See fischereiverein angedeihen läßt, der «in Zentralorgan aller auf Hebung der Seefischerei gerichteten Bestrebungen bildet. I» seinen Bemühungen, di« Hochseefischerei au«, zudehnen und auch dorthin zu verpflanzen, wo sie noch nicht geübt wurde, durch Überlassung von Hochseebooten oder Ge währung von Darlehen, stößt er freilich oft auf Schwierig keiten,^« ihm di« Fischt rclbevölk«rungselbst b«r«itet Schreiber diese» erinnert sich, daß vor einigen Jahre« den Fischern «ine» kleineren Stranddorfe» in Mecklenburg, die neben der freilich ergiebigeren Beherbergung von Sommer- Badegästen hauptsächlich dem Küstenfischfang obliegen, von seiten de» genannten Vereins da« Angebot gemacht wurde, ihnen eine» größeren Fischkutter nebst der dazu gehörige» Ausrüstung, den Netzen rc, auf vorläufig em Jahr kostenlos zu leihen unter der Bedingung, daß sich für diesen eine Mannschaft bilden und Hochseefischerei treiben sollte. Fall« sie lohnende Erfolge erzielt«», sollte ihnen dann da» Fahrzeug gegen allmähliche Abzahlung unter günstigsten Bedingungen überlassen werden. Die Mannschaft mußte, fall» in der Besatzung abgewechselt wurde, ungefähr 12 Man» betragen Einig« de, jüngeren Fischer, u»ter denen ein Teil auch in der Marine ge dient hatte, waren hierzu sofort bereit und bildeten die erforderte Mannschaft. In einer vom OrtSschulzea rin- berufenen Versammlung aller Fische, de» Dorfe« wurde indessen da» Angebot de» Seefischereiverein» abgelehnt. Als Grund für die Ablehnung wurde hauptsächlich an- gegeben, daß die Hochseefischerei zu viel Gefahren mit sich bringe und der Ort zu arm sei, um bei etwaige» Verlusten an Menschenlebendievon denVerunglücktmzurück- gelaflenen Witwen und Waisen genügend versorgen zu können Dieser Grund war indeffen ein fadenscheiniger, denn auch und gerade die Küstenfischerei ist in den dortigen Gegenden, wo Stürme sehr schnell aufziehen und dir Boote sehr klein sind, durchaus nicht ungefähr lich. Der wirkliche Grund war der, daß die Frauen der sich zur Besatzung de« Fahrzeuge« gemeldeten Fischer diese nicht auf längere Zeit von sich fort lassen wollten und daher teilweise ihre Männer umstimmten, teilweise e« bei den konservativen Elementen unter den Fischern durch Ueberredung und sonstige Agitation durchsetzten, daß sie sich gegen die Uebernahme de» Hochseebootes auösprachen, welch letztere« darauf einem Nachbarorte überlasten wurde. Auch hier also ein: Oü «st la kswws! da« der Fischereiverein wahrscheinlich nicht in Berechnung gezogen hatte. * Berlin Vo» der Choleraepidemie in Ost asien blieb auch di« deutsche BesatzungSbrigade nicht ganz verschont. In Schanhaikwan, Tientsin, Schanghai und Hangtsun sind insgesamt acht Mann in der Zeit vom 27. Juli bi« 4. August gestorben. Neue Fälle sind seitdem nicht vorgekommen. Der Gesundheitszustand ist durchaus befriedigend. Statistik und Volkswirtschaft. * Dresdner Börsenbericht vom 18. August. Berlin lag sehr ruhig, da der Rcalisierungsdruck sich gelöst hatte, Käufer aber trotzdem nicht hervortreten wollten. Kohlen, aktien waren befestigt. Auch Eisenaktten blieben gut be> hauptet. Deutsche Anleihen neigten zur Schwäche. Canada abgeschwächt auf Grund der New-Parker Börse. Man notierte tn Berlin: Kredit 215,80, StaatSbahn 152,50, Lombarden 17,75, Diskonto 182,75, Italiener —, Dortmunder Union 44,10. An der hiesigen Börse machte sich speziell für Fahrradaktien auf Grund der Annahme der Zolltarif- erhvhung auf Fahrräder eine recht starke Nachfrage geltend. Wir verzeichnen nachstehende Umsätze: Deutsche Fond» waren etwas matter. 3 Reichsanleihe 92,50, 3^ dergleichen 102,70, ö H Sächsische Rente 90,75, 3 Sächsische 1855 er Anleihe 95,10 B, 3^ Sächsische Anleihen 100,85, 3^ Preußische Kon- sols 102,55. Für ausländische Fonds wurde heute keine be zahlte Notiz festgestellt Tran-pottwerte: Dresdner Straßen bahn waren stark begehrt und erzielten 173,25 (-j- 1^ gh). In Bankaktien beschränkte sich daS Geichäst aus Dresdner Bankverein bei 105 50 s— H H,) und Sächs. Bodenkiedit bet 128 (— 1 H») Papier- rc. Fabriken waren wieder ein- mal umsatzlos. Baugesellschaften: Dresdner Baugesellschaft blieben mit 152,50 ang-boten, während Resideuzbaubank der 171 wieder Käufer sanden. Bon Maschinrnsabnle» wurden heule wieder einmal nur Sondermann u Stier in den Berkehr gebracht, und zwar zum Kurse von 70 (-f- H H,). Elektrische Unternehmungen waren ganz umsatzlo». Näh maschinen» und Fahrrabaktien: Seidel u Naumann-Akttrn bezahlte man mit 230, Wanderer mit ISO (-1- 2 ^) und Corona aus Grund der neuesten Ersolge dieser bewährten Mark» (Paris, Kopenhagen) mit 115 (-f- 2H H), wobei Nach frage verblieb. Brauereien waren ohne Geschäft und unver ändert bis auf Hahnenbräu, die ihre Steigerung heute bi» 104 (-s- 2dH) fottsetzten Porzellan- rc. Fabriken: Carl Teichert blieben 1^ höher mit 100,50 gesucht Hirsch gewannen ebenfalls 1 (122), Sächsische Glasfabrik erzielien 215. Aktien verschiedener Unternehmungen waren umsatzlo». Für österreichische Noten legte man wieder 85,50 an. (-) Wie wir aus zuverlässiger Quelle erfahren, wird der im La»fe der nächsten Woche in Meißen stallfindenden Auf- sichl-ratSfitzung deS JacobiwerkeS die Verteilung einer Dividende von 4<H, vorgeschlagen werden. Für da- laufende Jahr liegen fehr reichliche Aufträge, vor und ist die Be schäftigung bi» jetzt eine wesentlich bessere als im gleichen Zeiträume deS BorjahreS gewesen * Nach dem Rechenschaftsbericht für 1901 waren die Er gebnisse der Allgemeinen VersorgungS-Anstalt — Karlsruher Lebensversicherung wieder sehr befrie digend. Neue BersicherungSanträge wurden 5854 angenommen über 32 397100 M. (1900: 31877300 M ). Der Rtinzuwachs betrug 3992 Policen über 19 845 844 M. Die Sterblichkeit verlief sehr günstig, indem sie um mehr al- 27 Proz. hinter der Erwartung zurückblieb. Fällig wurden durch Sterbefälle 5168166 M , durch Erleben de- Auszahlungstermin» 1 927840 M. Der BersicherungSbestand wuchs auf 112691 Versicherungen über 476592265 M. Die JahreSeinnahme an Prämien, Zinsen rc. war 22585947 M. und ist gegen 1900 um mehr al» eine Million gewachsen. Für die Ber- waltung einschließlich deS AgenturdiensteS wurden 6 Proz. (1900: 6,2 Proz ) der Einnahme verbraucht. Die Prämien- reserve (Deckungskapital) der Lebensversicherung stieg auf 116929858 M. (um 8214 992 M.). Der JahreSüberschuß betrug 4695471 M (1900: 4381784 M). Die Versicherten erhalten wieder ein« Dividende von 3 Proz de» alljährlich steigenden Deckung-kapitalS (Prämienreserve), die 3 360259 Mark erfordert. Da» gesamte Anstalt-Vermögen erreichte rund 159 Mill. Mark. * Die Gründung der „Petroleumprodukte A.-G." in Hamburg, die aus der Firma Gehlig, Wattenheim u. Co, Hamburg-Mannheim, entstanden ist, ist, wie man au- Hamburg schreibt, von einer noch größeren Bedeutung, al- man bisher angenommen hat. Dem Anscheine nach wird nämlich die Londoner „Shell Transport and Trading Co.'', die die holländisch-ostindischen Petroleumproduzenten und außerdem auch bedeutende Produzenten in dem neu erschlossenen Texas Orlgebiet vertritt, durch Vermittelung der neuen Gesellschaft, mit der sie enge Beziehungen hat, den Expott von Heizöl nach Deutschland in umfassendem Maße ausnehmen. Oelfeuerung hat sich in vielen Fällen bei der Heizung von Schiff-maschinen als zweckmäßig bereit- er wiesen. Sowohl Versuche der Kaiser! Marine wie u. a. auch deS Norddeutschen Lloyd und der Hamburg. Amerika- Linie haben die Vorzüge der Oelfeuerung erwiesen, und man ist durchaus geneigt, sie in größerem Maße als bisher zu adoptieren; neuere Dampfer der Reedereien sind bereits mit Anlagen für diese Art der Feuerung versehen. Die „Shell- Line" bez. deren hiesige Verbindung wird nunmehr Tanks im hiesigen Petrolcumhafen errichten und alSdann zu regel mäßiger Lieferung im stand» sein * Hamburg. Ueber die Nichtverlängerung de-Vertrag» der Hamburg.Amerika.Linie mit dem Rheinisch- Westfälischen Kohlensyndikat teilen die „Hamburger Nachrichten" mit: Da daS Kohlensyndikat sich dauernd ab geneigt zeigt, dasselbe Preisangebot wie sür die gleich wertige englische Kohle anzunehmen, so hat sich die Paketsahtt- Aktiengescllschast, um wenigstens die Lieferung dem Jnlande zu erhalten, veranlaßt gesehen, mit den Kohlengruben Schlesiens abzujchließen volkswirtschaftliche Trahtvachrtchtea. Montreal, 12. August. In der gestrigen Sitzung der Direktoren der Canada-Pacisic-Eiscnbahngesellschaft wurde für die Vorzugsaktien die Dividende für da» mit dem 30. Juni abschließende Halbjahr ausL2 A festgesetzt, für die gewöhnlichen Aktien aus 2^ db für demelben Zeitraum. Der aus neue Rechnung vorgetragene Ueberschuß beträgt 3 063 074 Doll Draht-Nachrichten. Swinemünde, 12. August. Se. Majestät der Kaiser ist um 7 Uhr 20 Min. an Bord de« „Sleipner" nach Stettin abgefahren. Zaberu, 12. August. Se. Kaiser!, und König! Hoheit der Kronprinz de« Deutschen Reiche« und von Preußen ist gestern nachmittag, begleitet von mehreren Herren seiner Umgebung, hier eingetroffen, um rin« mehrtägige R«ise durch die Vogesen zu unternehmen Ungünstiges Wetter hatte zunächst «ine Nein» Linderung de« Re,s«- plane« nötig gemacht, doch war der Aufstieg zu dem schönsten Punkte der Umgebung, nämlich zur Burgruine Hohbarr, vom besten Wetter begünstigt Bei auf« klärendem Wetter konnte man von der Höhe da« Straß burger Münster erblicken Der Kconprm, war Geg«n- stand herzlicher Begrüßung seiten» der Bevölkerung Di« Reise wird morgen über Wangenburg und Breuschthal fortgesetzt. Chülons sur Marne, 12. August. Bei einem Bankett zu Ehren der Teilnehmer eine» Turnfrstr« er klärte der Krieg»minist«r Lndrö, nachdem der Senator Gillot die Regierung zu ihrer Haltung gegenüber den Chuan» in der Bretagne beglückwünscht hatte, die Re gierung sei bereit, di« Aufgabe, die fi« sich gestellt habe, bi« zum Ende durchzuführen, und der Beifall, der ihr gezollt werde, zeige die Notwendigkeit, bei der Haltung zu verharre» Barcelona, 12 August Zwei Arbeiter, die während de« letzten Ausstande« entlasten worden sind, haben ihren ehemaligen Arb«itgeb«r Carol, Fabrikbesitzer i« Ripell, ermordet Sofia, 12. August. An dem gestern eröffneten Macedonischen Kongreß nahmen 58 Delegierte teil, von denen 30 zur Partei Tontschew» und 28 zur Partei Sarafows gehören. Der Kongreß wird morgen über die Zulaffung von weiteren 35 Delegierten entscheide», durchweg Anhängern Sarafow», die einen Verein ver treten, der sich vom Zentralkomitee losgesagt hat Im Fall« der Nichtzulassung ist die Partei Sarafow» ent« schloffen, einen eigenen Kongreß abzuhalten E» herrscht vollständige Rube. Nach Schluß de« Blatte» eingetroffen: Stettin, 12. August Se Majestät der Kaiser traf mit Gefolge in Begleitung de« Staatssekretär» de« ReichS-MarineamtS StaatSminister» , v Tirpitz auf dem Torpedoboot „Sleipner" bei kühlem Wetter auf der Werft de« „Vulkan" in Bredow zum Stapellauf de» sür den Norddeutschen Lloyd erbauten Schnelldampfer» „Kaiser Wilhelm II " um 10 Uhr vormittag ein. Se. Majestät der Kaiser, der Admiralsumsorm trug, wurde empfangen von den Ministern v Goßler, Möller und Budde, dem Staatssekretär Krätke, den Spitzen der Zivil- und Militärbehörden, der Direktion und dem Aufsichtsrat de« „Vulkan" und den Direktoren de» Norddeutschen Lloyd Die Ehrencompagnie wurde vom Grenadierregiment König Friedrich Wilhelm IV. gestellt, und Tausende von Zuschauern begrüßten den Monarchen mit Hurra von den Tribünen und zahlreichen Oderdampfern au». Se Majestät begab sich durch die Ehrenpforte auf die Tauskanzel, wo Frl. Wiegand, die Tochter des Generaldirektors vr Wiegand, da« Taufgedicht sprach, da« vr. Stettenheim verfaßt hatte, und darauf die Champagnerflasche am Bug de» Schiffe« zerschellte. Se. Majestät besichtigte sodann von der Ablaufstribüne aus den Stapellauf, der sich glänzend vollzog, und nahm ferner die Maschinenbauanstalt auf dem Oberhof sowie einen russischen Kreuzer in Augenschein Um ^12 Uhr schiffte sich Se. Majestät der Kaiser wieder auf dem „Sleipner" ein und fuhr mit demselben zum Personen bahnhof Stettin. Die Ufer der Oder und di« auf ihr befindlichen Schiff« waren dicht mit Zuschauern besetzt, die dem Kaiser begeistert zujubelten Ischl, 12. August. Herzog Siegfried in Bayern, der in vergangener Nacht hier eingetroffen war, wurde heute vormittag vom Kaiser in Audienz empfangen und wird nachmittag« an der Familientafel beim Kaiser teil- nehmen London, 12. August Prinz und Prinzessin Heinrich von Preußen nahmen gestern am Familiendiner teil. Charkow, 12. August Gestern abend wurden in der Hauptallee im Garten „Tivoli" während eine« Zwischenaktes auf den Gouverneur Fürsten Obolensky vier Schüsse abgegeben. Der Gouverneur trug eine Quetschwunde davon. Eine andere Kugel ging dem Polizeimeister Bessonow durch den Fuß. Der Thäter wurde verhaftet, doch konnte seine Persönlichkeit bi« jetzt nicht festgestellt werden Santiago de Chile, 12. August Die Verträge mit Argentinien sind von den Kammern mit über wiegender Mehrheit angenommen wordea, und zwar der Vertrag betreffend da» Schiedsgericht mit 59 gegen 7, der Vertrag betreffend Einschränkung der Rüstungen mit 59 gegen 13 Stimmen. Verlorenes Paradies. fest- hierauf folgte lautloses dischen Stimmen, liches Geläute, noch kurze Zeit, und Angela würde an der Seite des geliebten Mannes am Altäre knien; regungslos lauschte Simona den feierlichen Klängen; dann sangen die Chorknaben, deutlich hörte sie in der Stille des grauen Dezembertages die melo- Roman von B. Riedel-AhrcnS. le« (Fortsetzung.) Um drei Uhr tönte von der StefanSkirche Schweigen. Im Laufe deS Nachmittags ließ eS ihr keine Ruhe mehr — sie mußte hinaus, um Menschen zu sehen. Es war zu hart, daß man ihr nicht ver gönnte, Angela zu sehen, und eine überwältigende Sehnsucht nach Maria erfaßte sie. Wenn diese wieder fortgehen würde, ohne mit ihr gesprochen zu haben! Und Plötzlich kam ihr der Einfall, im Schutze der sinkenden Dämmerung sich unbemerkt Lindenheim zu nähern, um einen Blick deS jungen Paares und Marias zu erhaschen. Und einmal so weit, versetzte da- abenteuerliche Vorhaben sie in wachsende, gespannte Erregtheit. ES war ein düsterer, nebliger Tag gewesen, der, alles feucht verhüllend, die Gegenstände nur an den gespenstischen Umrissen erkennen ließ; seit kurzem aber hatte der Nebel sich zu Schnee verdichtet, der in großen weißen Flocken lautlos niedersank. Gegen sechs Uhr hüllte sie sich in ihren warmen Pelzmantel, schlug die Kapuze über den Kopf und ging hinaus. Auf der Pappclchaussee war eS vollständig einsam; der fallende Schnee webte rasch die weiße Decke über den Boden, die die Schritte dämpfte und die Finsternis mit mattem Schein durchdämmerte. In diesem Augenblicke — sie hatte die Chaussee schon hinter sich und stand in der Näh« deS Hau e», dessen Umrisse sich mit der Reihe erleuchteter Fenster aus dem Dunkel hob — sah sie au- dem Seitenteil deS Gartens geräuschlos eine männliche Gestalt her vorkommen, den Hut tief ins Gesicht gedrückt, den Mantelkragen hochgeschlagen, — die eilig an ihr vorüberschritt, nach ElmSbeck zu. War daS nicht Holger Storm, der unbemerkt bleiben wollte? fragte sich Simona und sah betroffen der im Gestöber verschwindenden Gestalt nach. Nein; jetzt gewahrte sie eS deutlicher — der sich hier anscheinend heimlich und versteckt umhergetrieben hatte, war kein anderer als Fried Westermann! Sonderbar. Sie dachte jedoch nicht weiter an ihn und wandte ihre Aufmerksamkeit dem Gebäude zu. DaS Innere war festlich erleuchtet, die Vor hänge jedoch herabgelassen, und gegen einen Baum gelehnt, fröstelnd den Muff zum Schutze gegen die feuchte Kälte an den Mund gedrückt, wartete Simona, ob irgend etwas sich ereignen werde. AuS den Zimmern schallten fröhliche Stimmen, Gläser- klingen und Hochrufe, Schatten, doch unerkennbar, glitten hin und her. Da fuhr in raschem Trabe, aus der Richtung von Axenstein kommend, ein herr schaftlicher Wagen vor, der an der Pforte hielt; die beiden Flügel der Hausthür wurden aufgerissen, und in dem herausströmenden Lichtscheine sah Simona wenige Minuten später Angela im Reisekostüm an Baron Leos Arm, begleitet von Maria, Anneliese und mehreren anderen Personen; Simona drückte sich noch tiefer in den Schatten — daS junge Paar stieg ein, noch ein letztes Händedrücken, Grüßen, Winken, und der Wagen verschwand im dunkelnden Schneegestöber Noch war die HauSthür nicht wiedrr geschloffen, als ein Telegraphenbote hineinging und Maria, die sich im Flur befand, eine Depesche übergab; jedenfalls noch ein Glückwunsch auS der Ferne, wie sie heute zahlreich eingrtroffen sein mochten. Unter der Hängelampe stehend, öffnete Maria sie, und dann sah Simona ein neseS Erschrecken sich auf ihren Zügen malen. — Die Flocken fielen noch immer lautlos, dicht und groß; da- Gläser klingen da drinnen erschallte in kürzeren Pausen, die Stimmen wurden lebhafter, das Lachen der Männer aus gelassener. Sollte sie nun umkehren, denselben öden Weg in der Kälte und Finsternis, zurück in ihr einsamer HauS? Simona erschauerte, — sie mußte wohl Fieber haben, denn obgleich sie fror, brannten doch die Handflächen, und auf der Stirn Perlte der Schweiß; und mit einem Male kam ihr ein heißer Wunsch, der unwiderstehlich zur Ausführung drängte; sie wollte ins Haus gehen, nach Maria fragen und sie bitten, ihr ein paar gute Worte zu sagen, und ohne weiter zu überlegen, führte sie ihren Entschluß auS und betrat den Flur. Im Hintergründe war ein Lohnkellner mit dem Abspülen der Weingläser beschäftigt, und eben stand er im Begriff, sich nach dem Begehr der fremden Dame zu erkundigen, als Anneliese aus der Küche kam und mit der Miene nicht sehr angenehmer Ueberraschung auf sie zuschritt. .Was wünschest du, Simona? Wir feiern heute Hochzeit!" sagte sie kühl. „DaS sehe ich — und ich will euch auch nicht stören! Ich möchte nur Maria auf ein paar Minuten sehen." Anneliese- Züge nahmen einen weicheren AuS druck an, während sie noch überlegend dastand; dann zog sie die junge Frau in einen dunkleren Winkel. „Es thut mir leid, — aber besser ist eS, nicht darauf zu bestehen, Maria gefällt mir nicht, und ich halte e- für unrecht, ihre schwer errungene äußer liche Ruhe durch dein Erscheinen, das alle Wunden wieder aufreißt, zu stören; um so mehr, da sie eben ein Telegramm mit der traurigen Nachricht erhielt, daß ihre Großmutter, vom Schlaganfall betroffen, dringend nach ihr verlangt; in einer Stunde reist sie ab! Erspare e» ihr, sie leidet mehr, als du ver mutest." Nach dieser Erklärung durste sie nicht länger auf ihren Wunsch bestehen. „Zürnst du mir noch, Anneliese?" „Nein." Aber eS war ein kurzes, schroffes Nein, daS mehr daS Gegenteil bekundete. Noch einige Sekunden stand Simona unschlüssig, und dabei nahmen ihre Züge den Ausdruck einer solchen Verzagtheit an, daß Annelieses Mitleid er wachte. „Maria hat vergeben — doch besser ist, du gehst." „Ich gehe." Gedemütigt, keines klaren Gedankens fähig und daS Erlebte nur wie einen dumpfen Druck empfindend, der in ihrer Brust einen stechenden körperlichen Schmerz hervorrief, irrte sie von neuem auf dem weißlichen Wege durch Schnee und Finsternis; daS Gehen wurde ihr schwerer, die Decke war gestiegen, und mit jedem Schritt versanken ihre Füße in der weichen Masse. Endlich zwang sie der zunehmende Schmerz, aufatmend innezuhalten, die Tropfen rieselten von ihrer Stirn, und von einer tödlichen Mattibkeit befallen, mußte sie, um nicht hinzusinken, sich auf einen am Wege stehenden Meilenstein niedersetzen. Bor ihren Augen tanzten feurige Funken, und nur daS heftige Schmerzgefühl hielt das entschwindende Be wußtsein fest; durch die Schläfen zog ein eisiger Hauch, und auS der schneebewegten Finsternis rundum schienen sich grauenhaft unheimliche Arme nach ihr auSzustrecken — war da» der Tod, der schauerlich herankroch — wollte er sich schon jetzt, verlaffen hier auf der todeinsamen Chaussee, ihr nahen? Sie stieß einen Schrei der Angst auS, versuchte aufzustehen, aber die Kräfte versagten, der schreck liche Anfall packte sie diesmal heftiger als je zuvor — sollte, sollte eS der letzte sein? Sie streckte verzweifelnd die Arme nach Hilfe aus, — und diese kam. DaS Geräusch gedämpfter Schritte wurde laut, die laufend sich näherten; auS dem Flockengewirbel trat eine Frauengestalt, — Maria. (Fortsetzung folgt.)
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