Suche löschen...
Dresdner Journal : 01.12.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-12-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190212011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19021201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19021201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1902
- Monat1902-12
- Tag1902-12-01
- Monat1902-12
- Jahr1902
- Titel
- Dresdner Journal : 01.12.1902
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Journals kv. I. »ei' vbtt Se-c bunä n lüsrs nnl guln Stossen. '»ek, UN? 4, ter. ll o v WO 000 00« MX) 00» 000 000 000 SOO 000 «00 «00 000 eke, oßer Aus Ämtlicher Teil. Dresden, 1. Dezember. Se. Königl. Hoheit der Prinz Johann Georg, Herzog zu Sachsen, ist gestern Abend 9 Uhr 44 Min. von Berlin bez. Kiel zurückgekehrt. Dresden, 1. December. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, Sr. Excellenz dem Staatsminister v. Metzsch-Reichenbach die Er- laubniß zur Annahme und zum Tragen des von Sr Durchlaucht dem Fürsten Heinrich XIV. Reuß j. L., Regenten des Fürstenthums Reuß ä. L., ihm ver liehenen Ehrenkrcuzes 1. Klasse mit der Krone zu erthcilen. Mit Allerhöchster Genehmigung ist der bisherige Stadtarchivar Professor Dr. ptül. Heydenreich in Mühlhausen i. Th als Hilfsarbeiter im Ministerium des Innern angestellt worden. Der Kaufmann Alexander Huste in Leipzig ist zum Mexikanischen Konsul ebendaselbst ernannt worden. Bekanntmachung, den Ausschuß für Adelssachen betreffend, vom 1. Dezember 1902. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, auf Grund von 8 9 des Gesetzes, die Ein richtung eines Adelsbuches und die Führung des Adels und der Adelszeichen betreffend vom 19. Sep tember 1902 den Geheimen Rcgierungsrath und vortragenden Rath im Ministerium des Innern v. Burgsdorfs zum stellvertretenden Vorsitzenden und den Generalmajor z. D. Freiherrn v. Friesen, den Professor Dr. pbil. Heydenreich, den Cercmonienmeister und Kammerherrn Grafen v Rex, den Legationsrath v. Stieglitz, den OberlandcsgerichtSrath, Oberjustizrath Vogel und den Freiherrn Arthur v. Zedtwitz zu Mitgliedern des Ausschusses für Adelssochen zu ernennen. Dresden, den 1. Dezember 1902. Ministerium des Innern. v. Metzsch. 10SSS -Mekanntmachung, die Bestellung eines Kommissars für Adels angelegenheiten, vom 1. Dezember 1902. Auf Grund von 8 5 der Verordnung zur Aus führung des Gesetzes, die Einrichtung eines Adels buchs und die Führung des Adels und der Adels zeichen betreffend vom 19. September 1902 wird der Hilfsarbeiter im Ministerium des Innern Professor Dr. pbil. Heydenreich als Kommissar für Adelsangclegenheiten bestellt. Dresden, den 1. Dezember 1902. Ministerium des Innern. v. Metzsch. ioss8 Ernennungen, Versetzungen re. im öffent lichen Dienste. Im Geschäftsbereiche »es Ministeriums de» Innern. Angestellt: Assessor Jadn beim Oberverwaltung- gericht al- Bezirksassessor bei der Amtshauptmannschaft Lel-nitz und Accessist Freiherr von Weick bei der Handels- und Äe werbekammer Zittau als Bezirksassessor bei' der Amts hauptmannschaft Schwarzenberg — Als Expedienten die Diätisten Beger bei der AmtShauptmannschast Annaberg, Schmalrack bei der Ministerialkanzlri und Schroth bei der AmtShauptmannschast Lhemnitz. «ersetzt: Sekretär Reiner bei der AmtShauptmannschast Kamenz zur t. Miuisterial Rechnungsexpedition und der Burcauassistcnt Kunze bei der AmtShauptmannschast Annaberg zur AmtShauptmannschast Kamenz. Im »efchäftsberetch« de» Ministerium» »es Sultu» u. Sffeutl. Unterricht». Zu besetzen: Ostern die neubegr. » ständ. Lehrerstelle in Jmnitz-Sotzschbar. Koll.: Die oberste Schulbehörde 1200 M. Jahresgehalt, 200 M. Wohnungsgeld Gesuche nebst d erforderl. Beilagen bis 18. Dez. b Bezirksschulinspektor f. Leipzig II, Schulrat Zimmler, einzureichen; — eine ständ. Lehrerstelle and. Schule in Geringswalde. Koll.: Der Stadtgemeinderat. Grund gehalt einschl. Wohnungsgeld IbOO M, steigt v. zwei zu zwei I ständ. Dienstes an der Schule zu G. um je 100 M bi« 3000 M. einschl. Wohnung-gelb Ständ. Dienstj., ander wärts verbracht, können aus Beschluß ganz od. teilweise an gerechnet werden. Bewerbungsgesuche, auch solche v. Schul- amtSkandidaten, m. d. vorgeschr. Ünterlagen bis 10 Dez. b. Koll, einzureichen. Nichtamtlicher Teil. Sozialdemokratischer Terrorismus im Reichstage. Im Reichstage herrschen gegenwärtig beklagenswerte Zustände Als m der Sitzung vom letzten Donnerstag die Sozialdemokraten einen bis dahin in der deutschen Volksvertretung unerhörten Lärm verursachten, gegen den sich die Disziplinargewalt des Präsidenten als ohnmächtig erwies, glaubte man dies der Ueberraschung zuschreiben zu sollen, mit der der Antrag v. Kardorff auf summa rische Behandlung der Zolltarifvorlage auf die äußerste Linke gewirkt hat. Man glaubte, das wüste Toben, die beleidigenden Zwischenrufe, seien der ohnmächtige Ausdruck der Enttäuschung darüber, daß es der Ob struktion unmöglich gemacht worden ist, bei jeder der mehr als neunhundert Tarifnummcrn zeitvergeudend einzusetzcn. Diese Ansicht hat sich aber als ein Irrtum erwiesen. Es kann heute kein Zweifel mehr darüber be stehen, daß die sozialdemokratischen Lärmckacher nicht in spontaner Erregung, sondern nach planmäßiger Ver abredung handeln. So stellte die „Freisinnige Zeitung", das Organ der Freisinnigen Volkspartei, die ihre Plätze unmittelbar neben der Sozialdemokratie hgt, ausdrücklich fest, daß die sozialdemokratische Ruhestörung absichtlich organisiert wird, insbesondere durch unausgesetztes Aus sprechen des Wortes „Rhabarber", wie es m Theatern üblich ist, um die Wirkung des Geschreies einer großen aufrührerischen Volksmenge hervorzubringen. Die Sozialdemokratie beabsichtigt, die Zolltarifvorlage auch nach dem beantragten abgekürzten Verfahren keines falls in dieser laufenden Reichstagstagung zu stände kommen zu lassen. Die Fraktion der Freisinnigen Ver einigung ist ihr bei diesem Unternehmen behilflich. Für dieses ordnungswidrige Verhalten sind beiden Parteien ausschließlich wahltaktische Gründe maßgebend. Man will auf jenen Seiten die Zolltariffrage zur Wahlparole machen und verspricht sich von deren Verwendung zu hetzerischen Agitationen erhebliche Zugkraft. Wie aber schon bis jetzt das Verhalten der Obstruktionsparteien im wesent lichen den Zusammenschluß der Reichstagsmchrheit ge fördert hat, so ist eine solche Wirkung von dem jetzigen Benehmen der äußersten Linken erst recht zu erwarten. Selbst die „Freisinnige Zeitung", als scharfe Gegnerin der Zolltarifreform, steht nicht an, zu erklären, nach gerade stehe nicht mehr bloß die Geschäftsordnung, sondern die parlamentarische Ordnung in Frage. Und wenn die Presse der Mehrheitsparteien fast durchweg das jetzige Vorgehen der Obstruktionspartcien als ein revolutionäres bezeichnet, so hat sie vollkommen recht. Es wird darum nirgends in der Bevölkerung einen glaubwürdigen Eindruck machen, wenn die Sozialdemo kraten und die Mitglieder der Freisinnigen Vereinigung behaupten, sie thätcn weiter nichts, als daß sie das Recht der Minderheit verteidigten Der Minderheit steht nur das eine Recht zu, ihre sachlichen Einwände der Mehrheit gegenüber zur Geltung zu bringen Von diesem Rechte aber haben die Obstruktionspartcien so gut wie keinen Gebrauch gemacht. Sie haben nur versucht, in der Kom mission wie im Plenum durch unnütze Anträge, durch endlose und massenhafte Reden, sowie durch Veranlassung zahlloser Abstimmungen die Verhandlungen zu stören. Ein Recht, die Mehrheit an der Verabschiedung eines Gesetzentwurfs zu hindern, also die Thätigkeit eines legislatorischen Faktors lahmzulegcn, besteht natürlich für die Minderheit nicht und kann nicht bestehen. Wenn diesem Mißbrauche eines angeblichen Rechts die Mehr heit entgeqcntritt, so handelt sie nur pflichtgemäß, nicht, wie die Obstruktionspartcien behaupten, herausfordernd, sondern in der Notwehr. Haben doch auch die Führer der beiden Volksparteien, die Abgeordneten Richter und Payer die Obstruktionstaktik auf das Entschiedenste ver urteilt ! In den letzten Tagen aber haben es die Mitglieder der Sozialdemokratie nicht bei der bisherigen Obstruktions taktik bewenden lasten, sondern sie haben den Fortgang der Verhandlungen gewaltthätig verhindert. Sie haben jedem Redner der Mehrheitsparteien, ja auch dem Abg. Richter rohe Schimpfwörter entgegengerufen und namentlich den Zentrumsabgeordneten Bachem durch Schreien und Toben, und trotzdem der Präsident die Sitzung auf eine halbe Stunde vertagt hatte, verhindert, seine Rede abzuschließen. Ja, der Abg. Singer hat offen erklärt, die Sozialdemokratie habe die Macht und sie werde diese Macht benutzen, um auch ferner den Abg. Bachem oder andere nicht genehme Redner am Sprechen zu ver hindern Das ist nichts anderes als die Proklamation brutaler Gewalt gegenüber der verfassungsmäßig ge währleisteten parlamentarischen Redefreiheit. Gegen solche Vergewaltigungen ist, wie sich in den letzten Tagen erwiesen hat, der Reichstagspräsident mit den ihm zur Verfügung stehenden Disziplinarmitteln macht los. Als er am vergangenen Sonnabind beispielsweise den Abg. Bebel, weil dieser dem Abg. Richter den beleidigenden Zuruf „Verräter" entgegengeschleudert hatte, zur Ordnung rief, nahm der sozialdemokratische Führer diese Rüge mit einem höhnischen „Danke schön!" entgegen. Ein sozial demokratischer Ruhestörer, der dreiistal zur Ordnung ge rufen worden war, weigerte sich durch beleidigende Redensarten, der Anordnung zu folgen. Man braucht nur diese wenigen Beispiele zu betrachten, um die Un wahrheit der Behauptungen zu erkennen, daß die Sozial demokratie sich auf dem Boden der Geschäftsordnung bewege. Die Mehrheit wird alle Energie entfalten müssen, um ihr Recht und die parlamentarische Ordnung zu wahren. In der Bevölkerung aber wird man den Ernst der Lage und die Bedrohung der staatlichen Grundlagen durch die Sozialdemokraten hoffentlich erkennen und sich für die bevorstehenden Wahlen zusammenscharen, um der Revolutionspartei eine empfindliche Niederlage zu bereiten. * * * Zur Angelegenheit selbst, die diese gewaltthätigen Ausbrüche der Parteileidenschaft im Reichstage entfesselt, also zur Zolltarifreformfraqe, schreiben die „Berl. Pol. Nachr ": Im Reichstage spielen sich tumultuarische Scenen ab, die das Ansehen dieser gesetzgebenden Körper schaft Deutschlands nicht nur dem Jnlande, sondern auch dem Auslande gegenüber aufs schwerste schädigen müssen. Wenn solche Scenen möglich sind, so sind sie nicht nur der Sozialdemokratie auf das Konto zu schreiben, sondern auch den Freisinnigen bürgerlicher Kreise, die im Handcls- vertragsvcrein alle Mittel unsachlicher und falscher Dar stellung angewendet haben, um die Zollaktion als eine schädliche, unseren Handel und unsere arbeitenden Kreise gefährdende hinzustellen. Vom ersten Augenblicke an konnte für keinen Unparteiischen ein Zweifel darüber vorhanden sein, daß die Verbündeten Regierungen fest entschlossen sind, die Handelsvertragspolitik fortzusetzcn und daß gerade, um die Fortsetzung dieser Politik in einer für das deutsche Erwerbsleben vorteilbaften Form zu ermöglichen, die Revision des alten Zolltarifs vom Jahre 1818 mit Notwendigkeit hat vorgenommen werden müssen. Und um was dreht sich denn eigentlich der endlose Streit, warum will man Deutschland die Mittel versagen, sich einen den modernen Verhältnissen entsprechenden Zoll tarif zu geben? Einfach darum, weil der Zoll für den Zentner Weizen um 1 M. und für den Zentner Roggen um 75 Pf. erhöht werden soll, eine Erhöhung, von der kein Mensch voraussagen kann, ob und in welchem Maße sie auf die Getreide- und Brot preise zurückwirkcn wird. Die Erhöhung des Zolles für Gerste und Hafer spielt für die große Plaste der Be völkerung gar keine Rolle. Alle andern Sätze des Tarifs sind aber autonome Sätze, d. h., sie werden ihre endgiltige Gestalt erst im Wege der Vertragsverhand lungen erhalten, und hiernach stellt der ganze Zolltarif nichts weiter dar, als eine Vollmacht für die Verbündeten Regierungen, auf Grund dieses vereinbarten, dem modernen Stande der heimischen Gütererzeugung ent sprechenden Schemas mit andern Staaten Verträge ab- zuschliehcn, die der Genehmigung des Reichstages be dürfen. Also mit Ausnahme der vier nach unten ge bundenen Positionen für Getreide stellen alle andern Positionen des Zolltarifs lediglich eine Vollmacht für die Verbündeten Regierungen dar. Und Sache eines späteren Reichstages wird es sein, sich schlüssig zu machen, ob die mit andern Staaten auf Grund jener Vollmacht in Form von Handelsverträgen vereinbarten Zollsätze zu genehmigen sind oder nicht. Es gehört die ganze parteiische Ausbeutung einer an sich wirtschaftlichen und taktischen Frage dazu, um eine solche Lage der Dinge herbeizuführen, wie sie jetzt von der Minderheit gegen über dem klaren Willen der Mehrheit verwertet wird Wer der Mehrheit bei ihrer Absicht, den Zolltarif zu stände zu bringen, entgegen jeder Grundlage parla mentarischen Wesens in den Ann fällt, schwächt die Stellung des eigenen Landes gegenüber dem Auslände in einer geradezu unverantwortlichen Weise. Ein Parla ment, in dem die Minderheit regiert, verliert thatsüchlich seine ganze gesetzliche Grundlage. Tagesgeschichte. Dresden, 1. Dezember. Se. Majestät der König wohnte gestern vormittag von '^11 Uhr ab mit Ihrer Königl Hoheit der Prinzessin Mathilde dem Gottesdienste in der katholischen Hofkirche bei Um H1 Uhr erteilte Se. Majestät der König den nachgenannten Herren behufs Entgegennahme von Meldungen und Dankabstattungen im Residenzschlosse Audienz: General der Infanterie Frhr. v. Hodcnbcrg, Excellenz, Ministerialdirektoren Geh. Rat Dr. Vodel und Geh. Rat I)r. Roscher, ObcrvcrwaltungsgerichtS rat Stoß, geh. Kommerzienrat Zwemigcr-Leipzig, Landgerichtsdirektor Dr. Grengel, Oberbürgermeister Justizrat Dr. Tröndlin-Leipzig, Landrichter Schlegel, Oberförster Beetz Schandau, den Oberlehrern Prof Dr. Amelung-Dresden und Dr. Broglo-Leipzig, Rcalschuldirektor Dr. Claus-Oelsnitz i. V., den Oberlehrern Finsterbusch-Zwickau, Franz und Glaß- Plauen i. V., Huth-Stollberg, Dr. Leonhardt Annaberg und Dr. Lorentz Wurzen, Hofrat Poland hier, den Oberlehrern Teichmann-Borna und Zöllner - Chemnitz, Verlagsbuchhändlcr, Hofrat Credner-Leipzig, Pfarrer Lindner-Glashütte, den Oberlehrern Werner-Zwickau und Harnisch-Roßwein, Gutsbesitzer Oehmichen-Döbeln und Oberfaktor Zeidler hier. Nachmittags 5 Uhr vereinigte Sich die König liche Familie zur Tafel beim Kronprinzen Paar im Palais am Taschcnberge. — Heute vormittag hörte Se. Majestät der König die Vorträge der Herren Staatsminister und des Königl. Kabinettssekretärs. Abends 7 Uhr wird Allcrhöchstdersclbe mit Ihrer Königl. Hoheit der Prinzessin Mathilde den zweiten Kammer- Knnss und Wissenschaft. Königl. Opernhaus. — Am 29. November „Tosca". Musikdrama in drei Akten von Sardou, L. Jllica und K. Giacosa. Deutsch von Max Kalbeck. Musik von Giacomo Puccini. Die Rolle des Scarpia ist nunmehr in die Hände de» Künstlers gelangt, der sie für Dresden hatte kreieren sollen und der auch der berufene Interpret für sie ist. Hr. Perron stellte die Gestalt des Schurken, „der Bei des in Einem, Denunziant und Henker ist", mit der ihm eigenen überzeugenden Sicherheit und Festigkeit der kharatterisicrungskunst hin, die ihn als darstellenden Künstler in so hohem Grade auszeichnet In Maske und Haltung den vollendeten Kavalier verkörpernd, verstand er es, in seinem Scarpia etwas von Uebermcnschentum, von jenem jenseits von gut und böse Wandeln selbst süchtiger Herrennaturen leben zu lasten, das der Figur einen Zug von Dämonie gicbt. der für die ganze Hand lung von Bedeutung wird Denn jetzt gewann auch erst die große Scene des Mario Cavaradossi im zweiten Akt ihre volle Bedeutung. Wie ein die Situation und deren weltgeschichtlichen Hintergrund erhellender Blitz schlägt da die Kunde von Napoleon» Sieg bei Marengo ein, und des Gesoltertcn Dcktoriaruf wird zum elementaren Ausbruch des Empfindens, mit dem man das Erscheinen des großen Korsen begrüßte, bis man besten eignes Ucbermenschentum verspürte Wurde hier der Künstler durch das immer freier sich gestaltende Gegenspiel des Hrn. Burrian vortrefflich unterstützt, so wieder in den Scenen, in denen er den den Fall seines Opfer«, kaltberechnenden Wollüst ling verkörpert, durch Frau Abendroths auS- ge^ichnete Darstellung der Titelrolle. Wie denn über ¬ haupt die Wiedergabe des Puccinischen Musikdramas, dessen musikalische Leitung jetzt Hr. Hofkapellmeister Kutzschbach führt, an unserer Hofbühne im einzelnen wie in ihrem Gesamteindrucke hervorragend zu nennen ist. Wenn trotzdem der Besuch der Vorstellung nicht mehr als nur eben gut war, so mag ja wohl ein ge wißes Versagen des Werkes mit aus dessen Charakter zu erklären sein. Man läßt in einem musikalischen Drama nicht ungestraft die Gesetze vorherrschen, die im wirklichen Drama walten, die der Wortverbindungen, der Logik. Man muß denen der Musikästhetik, der Tonverbindungen die Oberhand gewähren, wenn man durch der Töne Macht wirken will. Aber abgesehen von dem Hauche eines kalten Raffinements, der so über dieses Werk sich aus- breitct, mag man dessen Bedeutung nicht gering einschätzcn. Das Streben der italienischen Veristen, der Schcmcnhaftigkcit derGestalten des spezifisch deutschen neuzeitlichenMusikdramas, dem Personifizieren, Allegorisieren und Symbolisieren ein Paroli zu bieten, trachten Librettisten und Komponist in „Tosca" bewußt zu erweitern. Das Episodenhafte oder, wenn man will, Genrebildliche in Mascagnis „Bauernehrc", LeoncavalloS „Bajazzo" rc. hat man ab- aestreift Man will wieder ein „Drama" auf die Bühne stellen. Und überdies ringt man sich auch vom begrenzt Nationalen los und sucht erneut den Anschluß an die Litteratur des großen, stammverwandten Nachbarvolkes, der so oft — man denke allein an Verdis Schaffen — reiche Früchte trug. Diese Bedeutung des Puccinischen Werkes als einer Etappe auf dem Wege zur Wieder gewinnung eines echten „musikalischen Dramas" ins rechte Licht stellen, heißt zugleich dieses selber allgemeinster Be achtung empfehlen O. S. Zentraltheater. — Am 30 v Mts, nachmittag«: „Christrosen" oder „Die Wanderung zum Schnee kömg". Weihnachtsmärchen m fünf Btldern von F. A. Geißler. Musik von Josef Lederer. (Zum ersten Male.). Der hiesige Schriftsteller F. A. Geißler hat seine besten poetischen Arbeiten bisher auf dem Gebiete der Märchendichtung geschaffen. Wer sein von Walter Caspari illustriertes, in Leipzig erschienenes Märchenbuch kennt, der weiß, wie gemütvoll und tief Geißler zu er zählen weiß, wie reich sein Fabuliertalent ist, und wie insbesondere eine cchte Märchenstimmung seine Arbeiten dieser Art erfüllt. Aus der Enge der kleinen Erzählung ist nunmehr Geißler hinausgetreten auf den weiten Plan des MärchcndramaS, nicht minder glücklich hier wie dort. Seine Dichtung, die gestern im Zentraltheater zum ersten Male vor einem erwartungsvoll gefüllten Hause auf- gcführt wurde, hat ihm nicht nur die Herzen der Kinder gewonnen, sondern auch bei den Erwachsenen vorteil hafte Eindrücke hinterlassen. Völlig der freien Phantasie entsprungen, aber dennoch die Tradition des deutschen Märchens wahrend, baut der Dichter vor pns ein schimmerndes, von echter Märchenstimmung umwobenes Gebilde auf, das neben den besten unserer Märchen dramen in vollen Ehren bestehen kann. Be trachtet man es zunächst dramentechnisch, so er kennt man als einen seiner ersten Vorzüge die sichere und straffe Führung der Handlung, die, klar gegliedert, in schöner und wirkungsvoller Steigerung vorwärtsschreitet und nirgends den Boden verläßt, auf dem das kindliche Verständnis wurzelt. Nichtsdestoweniger ist diese Handlung durchaus poetisch und, ihrem Charakter entsprechend, phantastisch geformt; die Personen sind treffend charakterisiert und in wirkungs vollen Gegensätzen nebeneinandergestellt. Aus der deutschen Märchendichtung hat der Dichter in sein Werk nur zwei traditionelle Figuren überommen: Frau Holle und den bösen Zauberer, den er Zornebock nennt; alle übrigen Gestalten bildete er frei, und frei formte er auch die Ereignisse und Thatcn, die sich in seinem Werke abspiclen Wenn etwas an ihm der Ausfeilung noch bedarf, so ist es allein das etwas zu kurz gekommene komische Element Kinder wollen nicht nur inbezug auf die Gegenüberstellung von Gut und Böse starke Gegensätze sehen, sondern auch inbezug auf Ernst und Scherz. Das scherzhafte Element im Gcißlcrschen Märchen ist auf die Person eines Knappen und auf die eines Küchenjungen gestellt, aber nicht so nachdrücklich betont, daß die jugendlichen Wünsche nach heiteren Episoden vollkommen erfüllt würden Sehr an sprechend, wenn auch nicht eben original ist die von Josef Lederer, einem jungen hiesigen Tondichter, geschaffene Musik, an der besonders anzuerkennen ihre Dccenz und die geschickte Instrumentation fft. Dichter und Komponist und mit ihnen der Schöpfer der Tanzarrangemcnts und der Gruppierungen, Hr. Ballettmeister Horn, so wie Hr. Direktor Rotter, dem die sicherlich nicht unbeträchtlichen Mühen der Jnscenierung des Märchens zugefallen waren, wurden in dcr Erstaufführung mit zahlreichen Hervorrufen ausgezeichnet und durch Lorbeer spenden geehrt Auf einwandfreier Höhe stand diese Erstaufführung nicht, namentlich funktionierte der Ballet und Komparserieapparat noch nicht tadellos; die Wieder Holungen werden aber hier alsbald die zunächst noch mangelnde Sicherheit und das schnelle Jnemandergreifen aller in Frage kommenden Faktoren schaffen. Von den darstellenden Künstlern sind an erster Stelle die Damen Martha Altenberg für die poesievolle Verkörperung der Prinzessin Goldhaar und Franz» Reiter-Huß, voi» ihrer Thätigkeit am hiesigen Residenztheater noch in bester Erinnerung, für ihre ausgezeichnete Darstellung de« Knaben Heinz zu nennen Neben ihnen boten an gemessene Leistungen dar die Damen Gretl Pierer M278 vezuoo-rei«: Beim Bezüge durch di« Öelch«Ofieike l»„rß«k» Z>r„»nw 2,bO M (tlnichl- Zmwgungi, durch die im Deutschen Reiche 3 M. (au-schließlich Bestellgeld) vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Wird Zurücksrnduna der für die Schriftleitung bestimmten, aber von dieser nicht nn» aesorderlen Beiträge bean sprucht, so ist da- Poftgrid beizusügen «nkkndtgang-gedühre«: Die Zeile kleiner Schrift der 7 mal gespaltenen Anlandi. gung«-Se»te oder deren Naum 20 Pf Bei Tabellen- und Ziffern saß ü Pf Aufschlag für die Zeile Unterm Re- daktton-strich (Eingesandt) die Textzeile initiier Schrist oder deren Raum üO Pf. Gebühren - Ermäßigung bei öfterer Wiederholung Annahme der Anzeigen bi« mittagS 12 Uhr für die nach mittag- erjcheinendeNummer 1902 Dresdner Journal Herausgegeben von der Königl. Expedition des Dresdner , Dresden, Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Erscheine»! Werktag« nachm. ü Uhr. — Originalberichte und Mitteilungen dürfen nur mit voller Quellenangabe nachgedruckt werden. Montag, den 1. Dezember nachmittags.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite