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Dresdner Journal : 15.11.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190211153
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19021115
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19021115
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1902
- Monat1902-11
- Tag1902-11-15
- Monat1902-11
- Jahr1902
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- Dresdner Journal : 15.11.1902
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die Regierung des Fürsten Ferdinand gegenwärtig in einem günstigen Licht erscheinen Er hat sein Verhältnis zur Pforte wie zu Rußland gesichert und beginnt auch zu seinem Teil als ein für Europa nicht wertloser Bürger einer im großen und ganzen ruhigen Balkanlage zu gelten, weil er neuer dings mehr Geduld als Veränderungssucht zeigt. Daß auch die Großmächte nicht von einem Reformeifer geplagt werden, dessen Weisheit angesichts der Eigenart des türkischen Staatswesens bloß darin besteht, kleine Uebel mit großen zu bekämpfen, mag nur deshalb noch einmal betont sein, weil die „Nowosti" wieder erzählt haben, Deutschland widersetze sich den Schritten anderer Mächte zur Verbesserung der Türkei. In Berlin sind solche Schritte bisher nicht bekannt geworden und in dem „türkenfreundlichen" Grundzug seiner Orientpolitik wird Deutschland gerade jetzt von Rußland noch übertroffen. Der Sohn des Sultans, dessen Besuch am Zarenhofe an- aemeldet worden sein soll, wird eintretenden Falles sicherlich vom Kaiser Nikolaus auf das freundlichste empfangen werden. Die Frage der Räumung Schanghais, die, wenn man den Eiferern diesseits wie jenseits des Kanals ihren Willen thun wollte, zu Verstimmungen zwischen Deutschland und England hätte führen können, ist schon jetzt als geregelt anzusehen. Wenn die darüber zu erwartenden Veröffentlichungen vor sich gehen, wird sich zeigen, daß wir nicht, wie die „Deutsche Tageszeitung" wähnt, enttäuscht vom Jangtse abziehen, sondern für unsere dortige Stellung dieselben Bürgschaften wie Frankreich, Rußland und Japan besitzen. Rechtlich kann nach dem Inhalte der geltenden Verträge auch England eine Vorherrschaft im Iangtsegebiet nicht beanspruchen. Es ist nur früher dort erschienen als andere Staaten und kann, wenn die Machtfrage aufgerollt wird, mit stärkeren Seestreitkräften sich für seine Interessen einsetzen. Auch in anderen Teilen Asiens hat keine Ver schärfung des deutsch-englischen Wettbewerbs stattgefunden. Weder haben wir mit China einen die Unmutsausbrüche der „Daily Mail", „Pall Mall Gazette" und „Daily Graphic" recht fertigenden „Geheimvertrag", noch ist auf Kosten Englands eine deutsch-russische Verständigung in Persien, vor der die „Times" zittern, erstrebt worden. Unsere Handelsinteressen am persischen Meerbusen verpflichten uns durchaus nicht zur Anteilnahme an den dort auszutrageuden politischen Gegensätzen, und Rußland zeigt seinerseits wenig Neigung, sich in seinem Schutzvcrhältnis über Persien durch Verträge mit dritten Mächten die Hände binden zu lassen. Es geht in Asien seine eigenen Wege, die wir nicht durchkreuzen. Die Besorgnis der „Nowoje Wremja" vor einer deutsch-englischen Handelsgesellschaft zur Ausbeutung Persiens sind so gegenstandslos, wie die Angst der „Times", daß Deutschland dort an der Seite Rußlands eine Bundesgenossenschaft gegen England suche, die wir nicht auf uns genommen und die auch die Russen uns nicht angetragen haben. In Persien aber wie noch mehr in Afghanistan dringt das große slavische Reich vor wärts, langsam, friedlich, ohne Herausforderungen, mit dem natürlichen Schwergewicht seiner territorialen Nachbarschaft, ähnlich wie in Nord-China als Er gebnis der Reise des neuerdings sogar in der japanischen Presse gefeierten Finanzministers Witte eine Verstärkung der russischen Stellungen am Amur und seinem Nebenfluß, der Schilka, in Aussicht steht. Die Abtretung des bisher chinesisch ge bliebenen Amur-Ufers an Rußland ist in der St. Petersburger Presse als Entgelt für die in der Mandschurei gebrachten Opfer offen gefordert worden. Im Hinblick auf unsere Beziehungen zu den Vereinigten Staaten von Amerika hat die Woche mehrere gewichtige Kundgebungen gebracht. In Berlin feierten etwa 200 hervorragende Per sönlichkeiten, unter ihnen die Staatssekretäre des Innern und Aeußern, den von der Reichshauptstadt scheidenden bisherigen amerikanischen Botschafter Sir Andrew White. Der Verlauf des ihm zu Ehren veranstalteten Banketts gab nicht nur im besonderen Kunde von der Wertschätzung, deren sich der vor kurzem 70 Jahre alt gewordene Diplomat in allen leitenden Kreisen Berlins erfreut hat, sondern zeigte auch im allgemeinen, wie erfolgreich Hr. White in dem Beniühen gewesen ist, das deutsch-amerikanische Verhältnis von Jahr zu Jahr freundlicher zu ge stalten Diese Thatsache klang insbesondere aus der einstündigen Rede hervor, die der Botschafter während des Festmahles hielt, und die in dem gewiß diesseits und jenseits des Atlantischen Ozcans gehegten Wunsches gipfelte, daß die Freundschaft zwischen Deutschland und Amerika ewig währen und stetig erstarken möge. Gleichzeitig bot in New-Jork die Einweihung des dortigen neuen Gebäudes der Handelskammer dem Prinzen Heinrich von Pleß, der Se. Majestät den Deutschen Kaiser bei dem Festakte vertrat, Ge legenheit, die geistige Größe sowie die Bedeutung Amerikas in der Handels- und Jndustriewelt mit kraftvollen Strichen zu kennzeichnen, nochmals des einem Königlichen Prinzen unlängst in der Union erwiesenen Empfanges zu gedenken und auf den Handelswettbewerb zu verweisen, der nicht durchaus ein feindseliger zu sein brauche. Daß dergestalt zwei mit hohen Aufträgen betraute Persönlichkeiten in den Hauptstädten Deutschlands und Amerikas die allgemein politischen und im engeren Sinne wirt schaftlichen guten Beziehungen zwischen beiden Staaten hervorgehoben haben, mag besonders in einem Zeit punkte von Wert sein, wo unsere äußeren wie inneren Feinde mit Lebhaftigkeit das Märchen von der „Isolierung" Deutschlands zu pflegen und zu ver breiten trachten. Tagesgeschichte. Dresden, 15. November. Se. Majestät der König wird heute abend mit Ihrer Königl. Hoheit der Prinzessin Mathilde von Moritzburg nach Dresden zurückkehren. Heute vormittag unternahm Allerhöchstderselbe noch eine Birschjagd auf dortigem Revier und Ihre Königl. Hoheit die Prinzessin Mathilde besuchte in den Vormittags stunden die Blindenanstalt und das Königl. Land stallamt. Um 2 Uhr fand bei Sr. Majestät im Schlosse Moritzburg ein Os)'süll6r äinutoir« statt, zu dem an den Kaiser!, und Königl. Oesterreichisch- Ungarischen außerordentlichen Gesandten und bevoll mächtigten Minister Grafen v. Clary und Aldringen nebst Gemahlin, sowie an Se. Excellenz den Königl. Staatsminister v. Metzsch mit Gemahlin, an den Kaiserl. und Königl. Oesterreichisch - Ungarischen Legations-Sekretär Grafen Czernin und an den Oberförster v. Minckwitz Einladungen ergangen waren. Nachmittags besuchte Se. Majestät der König mit den Gästen den Tiergarten, wobei der Thee im Fasanenschlößchen eingenommen wurde. — Zu Besuch bei Ihrer Majestät der Königin- Witwe in Billa Strehlen ist gestern nachmittag Ihre Königl. Hoheit die Frau Prinzessin Karl Anton von Hohenzollern in Begleitung der Hofdame Gräfin Breda eingetroffen. Ihre Königl. Hoheit wurde am Hauptbahnhofe von der Hofdame Gräfin Reuttner v. Weyl, dem Hoffräulein v. Borries und dem Oberhofmeister Wirkt. Geh Rat v Matortie, Excellenz, empfangen und nach Strehlen geleitet. Heute abend wird auch Se. Durchlaucht der Prinz Karl Anton von Hohenzollern zu Be such bei Ihrer Majestät der Königin-Witwe in Strehlen eintreffen. — Den Kammerherrndienst bei Sr. Majestät dem Könige hat von morgen bis mit 29. d. MtS. der Königl. Kammerherr Frhr. v. Spörcken auf Berbisdorf übernommen. Dresden, 15. November. Se. Königl. Hoheit der Kronprinz hat Sich, vom Hofmarschall v. Tümp ling begleitet, gestern abend zu einem mehrtägigen Jagdaufenthalt nach Salzburg begeben Deutsches Reich. Berlin. Aus Plön wird gemeldet: Ihre Majestät die Kaiserin ist gestern abend '«8 Uhr hier eingetroffen. — Der Reichskanzler Graf v. Bülow erschien gestern mittag im Reichstagsgebäude und hatte dort mit dem Präsidenten Grafen v. Balle st rem eine längere Unterredung über die Geschäftslage des Hauses. — Der Reichstag hat gestem den Antrag Aich- bichler auf Abänderung der Geschäftsordnung in namentlicher Abstimmung mit 197 gegen 78 Stimmen angenommen. Ueber den Verlauf der Sitzung finden unsere Leser an anderer Stelle des Blattes ausführlichen Bericht. — Für heute ist im Reichstage ein Schwerins tag in Aussicht genommen, da die Beschlußfähigkeit des Reichstages für den letzten Tag der Woche kaum auf recht zu erhalten sein würde. Aus dem gleichen Grunde sollen am nächsten Montag und Dienstag die Sitzungen ausfallen, Mittwoch ist bekanntlich Bußtag, so daß der Reichstag erst am nächsten Donnerstag die Beratungen über den Zolltarif wieder aufnehmen wird. — Die 17. Reichstagskommission wird heute ihre Beratungen aufnehmen, um den Antrag Basser mann wegen Einführung besonderer Gerichte für die Rechtsstreitigkeiten aus einem kaufmännischen Dien st vertrage zu erörtern. Die Einberufung ist, wie ein Parlamentsberichterstatter mitteilt, nur deshalb er folgt, um eine Erklärung darüber zu hören, daß die Vorlegung eines bezüglichen Gesetzentwurfs nahe bevorsteht. — Gestern vormittag 11 Uhr hat im Reichsamt des Innern unter dem Vorsitze des Staatssekretärs des Innern, Staatsministers vr. Grafen v. Posadowsky- Wehner, die Besprechung mit Sachverständigen über die Einleitung einer Enquöte in Betreff des Kartellwesens begonnen. Es nahmen an ihr außer Vertretern des Reichsamts des Innern, des Auswärtigen Amts, des Reichs-Justizamts, der Königl. Preußischen Ministerien für Handel und Gewerbe, des Innern und der Justiz die nachfolgenden Sachverständigen teil: Arn hold, geh. Kommerzienrat, Berlin; vr. Beumer, Mit glied des Reichstags, Düsieldorf; Lujo Brentano, Uni versitätsprofessor, München; vr. Conrad, Universitäts professor, Halle a. S.; vr. E. Francke, Prof., Berlin; .Frentzel, geh. Kommerzienrat, Berlin; Gamp, Wirkl. Geh. Oberregierungsrat, Mitglied des Reichstags, Berlin; Goldberger, geh Kommerzienrat, Berlin; Gothein, Berg rat, Mitglied des Reichstags, Berlin; vr. Holtz, Kom merzienrat, Berlin; Graf v. Kanitz, Mitglied des Reichs tags, Berlin; Kirdorf, geh. Kommerzienrat, Rote Erde bei Aachen; Kirdorf, geh. Kommerzienrat, Rheinelbe bei Gelsenkirchen; E. Krabler, geh. Bergrat, Altenessen; Georg Marwitz, Direktor der DreSdn rdiaen- x. Manufaktur, Dresden; Hermann Molkcmmh., Miclied des Reichstags, Berlin; vr. Müller (Sagan), Mittlied des Reichstags, Groß-Lichterfelde; Ratbenau, geh Bau rat, Berlin; Rieppel, Baurat, Nürnberg; Mar Schinckel, Mitglied der Handelskammer, Hamburg; vr. Schmöller, Universitätsprofessor, Berlin; Friedrich Lchott, Direktor der Portland Cementfabrik Leinen, Heidelberg- Schumann, Generaldirektor, Witten; Servaes, Kommerzien rat, Ruhrort; vr. Spahn, Reichsgerichtsrat, Mitglied des Reichstags, Berlin; Steinmann-Bucher Herausgeber der „Deutschen Jndustriezeitung", Berlin; Vogel, geh. Kem merzienrat, Ckemnitz; Richard Vopelius, HüttenbeffLer, Sulzbach; Wirth, geh. Kommerzienrat, Berlin; der Reichs tagsabgeordnete Frhr. Heyl zu Herrnsheim, sowie der geh. Bergrat Junghann waren durch Krankheit am Erscheinen verhindert. Die Sitzung wurde mit einer längeren Darleg ung des Vorsitzenden vr. Grafen v. Posadowsky eröffnet, in der er besonders hervorhob, daß die Reichsverwaltung in vollkommen objektiver und sachlicher Weise sür eine Reihe der wichtigsten Kartelle eine kontradiktor ^che Ver handlung über oie -von den verschiedenen Seiten vor gebrachten Thatsachen zu veranstalten wünsche und daß sie den Beirat der verschiedenen Sachverständigen über die zweckmäßigsten Formen einer solchen Untersuchung erbitte, um auf Grund der Ergebnisse dieser Erörterung zunächst mit den übrigen beteiligten Reichsstellen und den Bundesregierungen ins Benehmen zu treten zwecks Herbeiführung der eigentlichen einzelnen Verhandlungen Als die hauptsächlichsten Gegenstände der Vorbesprechung bezeichnete der Staatssekretär die Fragen, welche Kartelle in die Untersuchung einzubeziehcn, welche Fragen bei den kontradiktorischen Verhandlungen zu erörtern und welche Formen für letztere festzulegen seien. Die Ver sammlung trat alsbald in die Beratung dieser Fragen ein. Ueber den Verlauf und das Ergebnis der Verhand lungen wird demnächst eine ausführliche öffentliche Bericht erstattung erfolgen. — Die vom „Reichsanzeiger" veröffentlichten Er gebnisse der forststatistischen Erhebung vom 1. Juni 1900 sind auch für die demnächst im Reichs tage wieder zu erörternde Gerbmaterialienzoll fr agc von Wichtigkeit. Es ist durch diese Erhebung zunächst festgestellt worden, daß in Deutschland an Eichenlohe in dem vor Anfang Juni 1900 abgelaufenen letzten Wirtschaftsjahre 134 625,8 km oder 1096 935,0 är gewonnen worden sind. Bei einem 10proz. Gerbstoff gehalt würde dieses Gerbmaterialprodukt einer Gerbstoff menge von 109693,5 är entsprechen. Die deutsche Lederindustrie braucht jährlich an Gerbstoffen nach gmau voraenommenen Berechnungen jedoch weit über 600000 är. Rechnet man zu dem Gerbstoff der in Deutschland jähr lich gewonnenen Eichenlohe noch den der im Inland« erzeugten Fichtenrinde hinzu, so kommt man auch aus Gnind der neuesten Zahlen zu dem Ergebnis, daß der deutsche Wald der deutschen Lederindustrie nur V« bis Vr ihres Gerbstoffbedarfs zu liefern im stände ist. Daß er auch in Zukunft keine Aussicht auf Besserung dieses Verhältnisses bietet, zeigt die Entwickelung, die das Areal des Eichenschälwaldes nimmt. Im Jahre 1883 betrug es 432 999,7 kn, in 1893: 445156,3 kn und im Jahre 1900: 446 537^ k». Die Zunahme von 1893 auf 1900 betrug demnach 1380,9 kn oder 0,3 Proz., die von 1883 auf 1900, also in 17 Jahren, 13 357,5 k» oder etwas über 3 Proz. An ausländischem Gerbmaterial wurden nach Deutschland im Jahre 1883: 848 485 är und im Jahre 1900 : 3008 390 är eingeführt. Da die Ausfuhr beider Jahre sich auf verhältmsmäßig ziemlich gleicher Höhe gehalten hat, so brauchte also die deutsche Lederindustrie an Gerbmaterial, das sie aus dem Aus lande beziehen mußte, weil es im Jnlande nicht vor handen war, im Jahre 1900 drei bis viermal soviel als rm Jahre 1883. "Noch stärker stellt sich die Zunahme, wenn man die Gerbstoffmcngen der beiden Jahre in Vergleich stellt. Im Jahre 1883 blieben von ausländi schen Gerbstoffen auf dem deutschen Markte etwa 120000 är und im Jahre 1900 schon über 500000 är. Danach brauchte die deutsche Lederindustrie im Jahre Lvinclort'vr öei'Nlllll'fki' süi» llvssenKmvssen, Vadeln, «Io. bei kür I. (juMLt. v»8 mit usksnstsksnäer Lokut/.marko versekens AIps««»- kostekt an» äom von äs» vsrnäorkcr Werken sixen» erreujsteu »ilkercveisskn Mekelmetall, genannt ^Ipaeca, unä aus Aarantirt reinem 8ilker. vis xarantirts ^ilbsraukla^s beträgt 80 g p. vträ. Lsslötksl u. Oabsln. Orn- virungen von Wappen, Ickonograrnmen ste. können Heäerrsit an gekrackt veräen, äenn äas Ketall ist äurck unä äurok sildsrveis». , ( . t UMl» 1 Msi MMM 8tiÄMj und klÄMr 8tsUM 31. 8819 WM- "VU Ein bisher unbekanntes Stück stellt einen Jüngling vor, der neben einem Baumstamme steht, an dem ein Thyrsos- stab und eine Guirlande sichtbar sind. Bekleidet ist er mit einem schwerfaltigcn kurzen Gewände, das Haar lang lockig und auf der Stirne kunstvoll verknotet, der Blick ist sanft und ernst, der großen griechischen Kunst des fünften Jahrhunderts angemessen. Eine zweite Figur, leider kopflos, zeigt einen stehenden Jüngling von schlanker Form, neben ihm einen geopferten Hammek Die etwas ängstliche Wiedergabe jedoch und die etwas ge suchten Attribute, denn durch diese Beigaben müssen wir in den Statuen einen Bacchus und einen Hermes er kennen, wenngleich wir sie sonst nicht dafür halten würden, macht es wahrscheinlich, daß wir hier Arbeiten der Schule des Pasiteles haben, die in später Zeit versuchte, die strengen Regeln des polikletischen Kanons mit den schlanken Propositionen der lysippischen Kunst zu verschmelzen. Von ebenso großer Wichtigkeit ist ein anderer Fund in der Mitte des Tunnels. Es ist das der Kopf aus pentelischem Marmor eines griechischen Feldherrn mit korinthischem Helm, langlockigen Haaren und Vollbart, klaren, offenen Augen, der Technik nach das Porträt eines Strategen der letzten Jahre des peloponnesischen Krieges. Ferner das sehr schöne große Fragment von eleganter Ausführung eines Priapus, bekleidet mit einem bis auf die Füße reichenden, langflatternden durchsichtigen, den Körper zeigenden Gewände, über den Schultern ein tief hcrunterhängender Mantel, über der Brust ein Ziegensell. Kopf und Arme fehlen, doch scheint die Linke ein Tier getragen zu haben, während die rechte Hand einen Stab trug Auf der Schulter und dem Oberarm finden sich Spuren von zwei sitzenden Knaben; ebenso am Gewände, im Begriff, daran hinauf zu klettern, zwei andere, so daß wir hier eine äußerst dezente Darstellung des Gottes der üppigen Fruchtbarkeit in Verein mit Genien haben Da die Rückseite weniger durchgearbeitet scheint, so war die Figur wohl für eine Nische be stimmt. Ob zu ihrer Ausschmückung die in einem durch Feuer stark zerstörten Zimmer mit Marmorwünden ge fundenen Tafeln mit bacchischen und scenischen Masken in Hochrelief gehörten, ist nicht mehr zu bestimmen Eine Bleiröhre trägt den Namen des CajuS FulviuS Plautianus, des Schwiegervaters des Kaisers Earacalla Alle diese Funde sind im Archäologischen Magazin am Caelius ausgestellt. Die Frage nach genauer Topographie des Ouirinal- hügels könnte eine Lösung finden, wenn einmal die Not wendigkeit heranträte, anstatt der Benutzung des früheren Sommerpalastes der Päpste, ein Bau von sehr nüchterner Architektur, eine dem jungen Königreiche würdige Residenz hier aufzuführen. Dann kann man erwarten, auf diesem enormen Terrain auch noch Spuren anderer Prachtbauten, wie den Tempel der Salus, sowie das quirinalische Cnpitokum vetus zu finden. Federico Brunswick Wissenschaft. * Aus Posen wird gemeldet: Gestern nachmittag fand hier die feierliche Einweihung der Kaiser Wilhelm-Bibliothek statt in Anwesenheit des Finanz- ministcrü Frhrn. v. Rheinbaben und des Kultusministers Vr. Studt, sowie der Spitzen der Militär-, Civil- und Kommunal-Behörden und zahlreicher Vertreter der Wissen schaft aus dem ganzen Vaterlande Der Kultusminister Studt übergab mit einer Ansprache die Bibliothek an die Provinzialverwaltung. Landeshauptmann Vr. v. Dziem- bowski übernahm die Bibliothek namens der Provinz unter Worten des Dankes und schloß mit einem be geistert aufqenommenen Hoch auf Se. Majestät den Kaiser. Die Festrede hielt der Direktor der Bibliothek Vr. Focke. Darauf folgte ein Rundgang durch die Ge samträume der Bibliothek. Am Abend fand ein Fest essen statt. " Die internationale Konferenz für Meeres untersuchungen, die im letzten Sommer in Berlin zusammengctreten war, hatte bekanntlich die Errichtung eines Zentralbureaus in Kopenhagen beschlossen, welche Institution bereits am 1. Oktober in Wirksamkeit trat. Das Direktorium dieses Bureaus, bestehend aus den Herren Präsident vr. Herwig-Hannover, Vizepräsi dent Professor Petterson-Stockholm, Hafendirektor Drechsel-Kopenhagen und vr. Hoech-Holland, welch letzterer gleichzeitig Generalsekretär und geschäftSführcnde« Mitglied des Bureaus ist, ist seit einigen Tagen in Kopenhagen zusammengctreten, um sich bezüglich ver schiedener GeschäftSordnungsfragcn für das Bureau schlüssig zu machen. Außer dem genannten Bureau ist in Verbindung mit diesem in Christiani« ein La boratorium unter Leitung Frithjof Nansens errichtet worden. Die internationale Konferenz wird im Winter hierselbst eine neue Versammlung abhaltcn. Mit dem Dänemark zufallenden Teil der Meeruntersuchungen wird schon im Februar begonnen werden. Das für diesen Zweck erworbene Schiff, der Dampfer „Thor", wird zur Zeit, seiner Bestimmung entsprechend, in Stand gesetzt. Bildende Kunst. * Aus Oschatz schreibt man dem „Leipz. Tgbl.": Die Erhaltung der 500 Jahre alten Wandbildcrreste in der ehemaligen Elisabethkapelle des hiesigen Archi- diakonatsgebäudes, deren Auffindung im Juli d. I. berechtigtes Aufsehen erregte, erscheint dank den Bemüh ungen der Königl. Kommission für Erhaltung der Kunst- denkmälcr nunmehr gesichert. In seiner letzten Sitzung faßte der hiesige Kirchenvorstand den Beschluß, zu dem von genannter Kommission auf 600 M. berechneten Auf wand für Konservierung der Fresken den Betrag von 200 M. beizusteuern. Die Kommision beabsichtigt laut Mitteilung an den Kirchenvorstand, die Bilderreste, von denen in den letzten Monaten getreue Kopien angefertigt worden sind, in der jetzigen Beschaffenheit zu belasten und die Wände mit Holztäfelung derart bekleiden zu lasten, daß man deren einzelne Teile, in Rahmen be festigt, behufs Besichtigung der Fresken jederzeit leicht ab- und anzurücken vermag. Musik. * „Fürst und Herzog", eine neue Ausstattungs operette von Fr. Zschiegner und Hans Forsten, Musik von Jean Gilbert, ist im Hamburger Central hallen-Theater zur Erstaufführung angenommen worden. Musiklitteratur. Wirkt der Dresdner Mozart- Verein im Interesse der Mozart-Sache vornehmlich durch des „Tones Macht", so hat sich bekanntlich die Ber liner Mozart-Gemeinde die Aufgabe gestellt, ein Gleiches auf litterarischem Wege zu thun. Ihren von Hrn Prof. vr. Rudolph Gense herauSgegebencn ,,Mitteilungen" (E. S Mittler u. Sohn, Berlin) aber ist ein in seiner Art kaum weniger ersprießliches Arbeiten zugefallen al« den Konzerten de« Mozart-Vereins Nur daß des ersteren stilles Wirken leicht unterschätzt wird gegenüber den Mitteilungen zur Sache Mozarts, die der Dresdner Verein in Gestalt seiner Kon zerte zu geben pflegt. Da findet sich beispielsweise in dem unlängst erschienenen (14.) Heft der gedachten Veröffentlichungen eine Abhandlung „Musikvrama und Oper" von vr. A. Leander, die von wahrhaft erzieh lichem Werte ist. Von dem Mozart-Ausspruch ausgehend, daß „bei einer Opera schlechterdings die Poesie der Musik gehorsame Tochter sein müsse", entwickelt der Ver fasser die Ansicht, wie widersinnig doch eigentlich der neuzeitliche Begriff „Musikdrama" sei. Beim Musik- Bühnenwerk, d. i. bei der Oper, so sagt er treffend, müssen die Gesetze, denen die Tonvcrbindungcn unter worfen sind, d. h. die Gesetze der Musikaesthetik, denen vorangehen, von denen die Wortverbindungen beherrscht werden, d. h. denen der Logik. Hieraus aber folgt ohne weiteres, daß die Tonkunst nicht im stände ist, in Ver bindung mit der Dichtkunst ein wirkliches Drama zu schaffen: die notwendige Rücksicht auf die Gesetze der Tonkunst zwingt den Komponisten zu manchem, was mit der Forderung der Lebcnswahrheit, also dem dramatischen Prinzip, nicht vereinbar ist. Das aesthetisch-fcinfühligc Empfinden des Mozartschen Genius kommt vielleicht nirgendwo so unmittelbar zum Ausdruck, wie in dem Satze, den vr. Leander zum Ausgangspunkt seiner über zeugend klaren Betrachtungen macht. Außer dieser wett vollen Abhandlung bietet das Heftchen noch des An regenden genug, vr. A. Fellner-Wien steuert ihm zwei Artikel bei, von denen der eine sich mit dem Verhältnis Mozarts zur Freimaurerei, d. h. freilich nur dem äußerlichen, befaßt. Der andere schildert die Be ziehungen Mozarts zu der von Florian Gaßmann ge gründeten Wiener Tonkünstler-Witwcngcsellschaft. AuS ihm erhellt die ungeheuerliche Thatsache, daß eS Mozart trotz wiederholter Gesuche dank Salieris Gegnerschaft nicht gelang, als Mitglied in jene Gesellschaft aus genommen zu werden. Und dabei hatte er die Um arbeitung der Bruchstücke seiner 6-moU-Meste zum Oratorium O»viää« penitent« für eins der Konzette der letzteren bewirkt Weitere Aufsätze sind gewidmet der Sängerin Aloisia Lange geb Weber, Mozart« erster Liebe, der Schwester seiner Constanze, und deren Gatten Joseph Lange (mit Bildnisten) und den neuesten Bühnen-
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