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Dresdner Journal : 18.09.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-09-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190509185
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19050918
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19050918
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1905
- Monat1905-09
- Tag1905-09-18
- Monat1905-09
- Jahr1905
- Titel
- Dresdner Journal : 18.09.1905
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Amtlicher Teil. Nichtamtlicher Teil Herrschaft erscheinen und die Vernunft gebietet ihnen daher, den Frieden mit der Krone zu machen, damit sie ihre ungeteilte Kraft zur Sicherung ihrer Macht stellung im eigenen Lande verwenden können. Zur Demission des Kabinetts Fejervary. AuS Budapest schreibt man uns: Das Ministerium Fejervary führt nur noch als demissioniertes Ministerium die Geschäfte, und es Konsols laliener Norfolk favauer M KUHr loration Lonsoli, ka 6,so, Roode- Sfoulem itng and kd 2,12, >S S,43, nachm. e. Um- Speku- iendenz , Liefe- r S,4S, ttober- zember S.57, :bruar- April- daß die Befreiung von der Steuerlast und der Wehr pflicht eine herrliche Wohltat der Konfliktszcit, ein segensreiches Ergebnis der Koalitionspolitik sel Allmälich kommen aber auch die naiven Ge müter, die diesem Wahne huldigen, zur Erkenntnis der schweren Nachteile, die das Land und seine ge samte Bevölkerung durch das Stocken des staatlichen Mechanismus, auch das Unterbleiben aller frucht bringenden Arbeiten und Investierungen erleiden. Das Fortschreiten dieses Ernüchterungsprozesses könnte die Koalitionsmänner selbst zu einer unfrei willigen politischen Ernüchterung gebieterisch zwingen, wenn sie übersehen würden, was abseits vom „na tionalen Kampfterrain" in der Nation selbst vorgeht. Schon diese überaus naheliegende Erwägung genügt zur Erklärung der Tatsache, daß die Koalition heute jene Friedensliebe wirklich zu hegen scheint, die vor wenigen Monaten nur zu taktischen Zwecken aus gesprochen wurde, während man gleichzeitig den Chauvinismus aufstachelte. Im Verlaufe der kurzen Amtstätigkeit des Ka binetts Fejervary hat sich aber auch ein Ereignis abgespielt, das ganz unmittelbar in müßigender Weise auf das Kraftbcwußtscin der Koalition einwirken mußte. Baron Fejervary unterbreitete dem Monarchen den Vor schlag,daß inUngarndasallgcmeineWahlrechtcingeführt werden solle. Ter Kaiser und König hat diesen Vor schlag nicht gebilligt und die Ablehnung war die Ursache der Demission des Kabinetts Fejervary. In Österreich erhoben sich gewichtige Stimmen gegen die Realisierung eines Planes, dessen Durchführung un zweifelhaft die gesamten Parteiverhältnisse im Nach barlande verschoben und die dortigen Staatslenker vor völlig neue Aufgaben gestellt hätte. Vermutlich war der Monarch bei seiner Entscheidung aber auch von dem Wunsche geleitet, in Ungarn selbst eine Reform zu vermeiden oder aufzuschiebcn, die in unserem Staatswesen eine tief einschneidende Um wälzung Hervorrufen müßte. Die Reform hätte, wie Baron Fejervary richtig voraussah, die Macht der Koalition gebrochen, zugleich jedoch auch die dominierende Stellung jenes Gesellschaftselements vernichtet, dessen Unterstützung der Monarch un geachtet der traurigen Erfahrungen der letzten Zeit in der Zukunft nicht entbehren will. So wurden die Männer, die heute als Repräsentanten des Volks- willenS auftreten, vor der Gefahr bewahrt, ihre Volkstümlichkeit samt allen darauf gegründeten Be fugnissen an neu emporkommende Rechtsnachfolger abgebcn zu müssen. Das einmal auf die Tages ordnung gelangte Problem wird aber nicht mehr aus dem Bereiche der großen Entwickelungsfragen Ungarns verschwinden und das entschiedene Eingreifen der ungarischen Sozialdemokratie wird jeden Versuch zur Eindämmung der bereits entfesselten Bewegung vereiteln. Die verlegenen und ängstlichen Kundgebungen, in denen die Mehr heitsparteien notgedrungen zur Reformfrage Stellung nahmen, bewiesen, daß der nach oben zur Schau ge tragene Mannesmut angesichts der von unten drohenden Gefahr versagt. Empfindet man keine Dankbarkeit für die rettende Entschließung der Krone, so kann man sich doch nicht mehr darüber täuschen, daß man vielleicht schon in naher Zukunft einen Kampf auSzufechten haben wird, in dem Wichtigeres auf dem Spiele steht, als im Kampfe gegen „Wien". Der Wahlrcformplan des Kabinetts Fejervary ist gescheitert; er dürfte aber trotzdem den Allmachts glauben der ungarischen Gentry und ihrer Mit streiter erschüttert haben. Der letzte Wahlsieg der Koalition kann den Siegern nicht mehr als eine Bürgschaft für die unbegrenzte Fortdauer ihrer Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Zimmermann Gustav Adolf Keßler in Burgstädtel für die von ihm am 18. Dezember 1904 nicht ohne eigene Lebensgefahr bewirkte Errettung eines Kindes vom Tode des Ertrinkens im Dorf leiche zu Burgstädtel die silberne Lebensrettungs medaille mit der Befugnis zu verleihen, sie am weißen Bande zu tragen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Barbier Woldemar Michel in Stadt Wehlen für die von ihm am 22. März 1905 durch eine ausgezeichnete Leistung bewirkte Errettung eines »naben vom Tode des Ertrinkens in der Elbe bei Rathen die bronzene Lebensrettungsmedaille mit der Befugnis zu verleihen, sie am weißen Bande zu tragen. Spanier if «nl k «old- k 14^, a b"/,., io Ttato >ore and c l72A, wer Mo Nahsv. o 5S^, Norf- a Pacific Silber Der Äufstan- in Leutsch-Südweitafrika. Amtliche Meldung Major Meister schlug am 13. September den Feind westlich Haruchas. Nach sechsstündigem Aufstieg in dem steilen Gebirge und heftigem fünfstündigem Gefecht, bei dem cs zum Kampfe Mann gegen Mann kam, wurden die Hottentotten aus ihren starken Stellungen geworfen. Einem Teile gelang cs, in nordwestlicher Richtung in Gebirgsschluchten zu entkommen Die Verfolgung wird fortgesetzt Der Feind ließ 60 Tote auf dem Gesichtsfelde liegen. Auf unserer Seite fielen zwei Reiter, verwundet wurden Major Maercker, Schuß in die linke Schulter, Oberarzt Korsch schwer, und 10 Gleiter . * * Hamburg. Mit dem Postdampser .Ernst Wörmann" trafen heute elwa 50 verwundete und erkrankte Krieger aus Südwestafrila hier ein Unter ihnen befanden sich Major Gräser, die Hauptleute Wehle undSchultze, die Leutnants v. Böninghausen, Charles deBeaulieu und v d Lippe wird vom Schauplatze verschwinden, sobald eine Ent scheidung bezüglich der Nachfolgerschaft erfolgt ist. Die heutige Lage dieses Kabinetts unterscheidet sich im übrigen nicht wesentlich von derjenigen, die schon bei dessen Amtsantritt bestand. Schon damals wurde der neuen Mehrheit des ungarischen Reichstags ver kündet, daß sie jeden Augenblick den Lebensfaden der mit Schmähungen begrüßten Regierung ab- fchneiden und selbst zur Ausübung der Macht ge langen könne, wenn sie sich in der Frage der Kom mandosprache den Anschauungen des Monarchen unterordnen wolle. Nur die schroff ablehnende Hal tung der Mehrheit hat eine solche Lösung unmöglich gemacht, die Entwirrung der mit schwerem Schaden für das ganze Land verknüpften Krise verhindert. Auf den Träger der Krone fiel auch nicht der Schatten eines Verschuldens oder einer Verant wortung. Er wollte einer künftigen Koalitions regierung die weitestgehende Bewegungsfreiheit be züglich des nationalen und wirtschaftlichen Ausbaues des ungarischen Staatswesens gewähren, und er bot auch auf dem militärischen Gebiete Konzessionen, die im Verein mit jenem Zugeständnisse vollwichtigen Ersatz für die Verringerung eines Einzelpostulats enthielten. Die Friedensliebe des Monarchen hat mittlerweile keine Einbuße erlitten. Dies bezeugte in unzweideutiger Weise die Erklärung, die Baron Fejervary im Auftrage des Königs an den Reichstag richtete, als er seine Demission dem Parlamente formell zur Kenntnis brachte. In eindringlichen Worten forderte er die Sieger der letzten Wahlen auf, dem Monarchen Vor schläge zu unterbreiten, die eine Grundlage für die Übernahme der Regierung durch die Koalition bilden könnten. Damit wurde neuerdings der leb hafte Wunsch des Königs nach einem Ausgleiche der Gegensätze zum Ausdrucke gebracht, zugleich aber auch indirekt angedeutet, daß die Krone nach wie vor auf dem Standpunkte beharre, der Ausgleich müsse durch ein Entgegenkommen der Koalition in der Frage der Kommandosprache angebahnt werden. Die Entscheidung hängt sonach jetzt ebenso wie vor Monaten von den Entschlüssen der Koalition ab — von einem Einlenken derjenigen Politiker, die sich selnerzrit in mehr oder weniger feierlichen Phrasen geradezu verpflichteten, ein solches Einlcnken zu unter lassen. Angesichts der hier gekennzeichneten Sachlage er scheint bei oberflächlicher Prüfung der Optimismus nicht gerechtfertigt, der nun in allen politischen Kreisen zur Geltung gelangt. Der Gegensatz, in welchem man das nationale Heldentum so schön zur Schau tragen kann, ist noch immer vorhanden und das Zaubermittel, das ihn bannen soll, ist noch nicht gefunden. Wenn trotzdem auch in den Reihen der Koalition der feste Glaube an eine baldige Ent wirrung Wurzeln gefaßt hat, fo kann dieser über raschende Stimmungswechsel nur dadurch erklärt werden, daß die Heroen selbst des Kampfes müde sind und daß sie daher den Glauben an den Friedens- schluß auf ihre eigenen, allerdings vorläufig von der Außenwelt sorgsam verleugneten Gefühle und Wünsche gründen. Sie selbst müssen am besten wissen, ob sie heute zu jenem Entgegenkommen geneigt sind, das die unerläßliche Bedingung für den Friedensschluß mit der Krone bildet. Der unbeteiligte Beobachter kann einst weilen nur die Momente verzeichnen, die bestimmend auf die Absichten der Koalitionspolitiker eingewirkt haben dürften. Da wären zunächst die immer emp findlicher werdenden greifbaren Folgen der passiven Resistenz in Betracht zu ziehen. Durch Monate kann man die Bevölkerung in dem Glaube» erhalten, Tagrsgeschichte. Dresden, 18. September Se. Majestät der König wohnte am gestrigen Sonntag dem Vor mittagsgottcsdienst in der Schloßkapelle zu Pillnitz bei und nahm nachmittags 2 Uhr mit den Prinzen - Söhnen an der Familientafel bei Sr. König! Hoheit dem Prinzen Johann Georg im PalaiS Zinzendorfstraße teil. Nach Übernachtung im Salonwagen begab Sich Se. Majestät der König heute früh 4 Uhr 57 Min mit Sondcrzug ab Hauptbahnhof nach Zschopau zum Manöver des XIX. (2. K S.) Armeekorps Von heute bis nächsten Mittwoch nimmt Se. Majestät auf Schloß Erdmannsdorf Quartier. Beim heutigen Eintreffen des Monarchen in ErdmannSdorf findet eine Begrüßung durch den Gemeinderat, Vereine und Schulen, sowie abends ein Fackelzug der Militär vereine der Umgegend statt. — Aus Rehefeld wird uns berichtet, daß das Befinden Ihrer Majestät der Königin-Witwe ein sehr gutes ist und Allerhöchstdieselbe trotz der un günstigen Witterung größere Promenaden unternimmt. Äm Sonnabend, den 16. September war der Kaiser!, und König!. Österreich-Ungarische Gesandte I)r Velics v. Laszlofalva nebst Gemahlin zur Tafel geladen, gestern, Sonntag, Oberforstmeister v. Lindenau und Forstmeister Breitfeld Se Exzellenz der Oberhof meister Wirkl. Geh. Rat v. Malortie kehrte gestern nach Dresden zurück, Kammerherr v. Metzsch-Reichen bach traf zur Dienstleistung in Rehefeld ein. Dresden, 17. September. Se. König!. Hoheit der Prinz Johann Georg empfing heute mittag 12 Uhr die mit den Bau- und Renovierungsarbeiten im PalaiSgrundstück Zinzendorfstraße betraut ge wesenen Meister. Deutsches Reich. Berlin. Aus Homburg vor der Höhe wird ge meldet: Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin besichtigten am Sonnabend vormittag '^10 Uhr den Neu bau der Erlöserkirche Nach der Besichtigung machten Ihre Majestäten einen Spaziergang im Kurpark Sc. Majestät empfing später den amerikanischen Botschafter in St Petersburg v. Lengerke-Meyer, sowie zur Meldung den Prinzen Friedrich Karl von Hessen aus Anlaß seiner Beförderung zum Oberstleutnant und den Prinzen Andreas von Griechenland Am 1. Oktober 1905 werden die nachgenannten drei neuen Eisenbahn-Haltepunkte für den öffentlichen Verkehr eröffnet: 1. Heidenau an der Linie Boden bach—Dresden zwischen dem bisherigen Haltepunkte Heidenau und dem Bahnhofe Mügeln b. Pirna für Personen- und Gepäckverkehr, 2. Ruppertsgrün an der Linie Leipzig—Hof zwischen den Stationen HerlaS- grün und Jocketa für Personen- und Gepäckverkehr und 3 Wolfersdorf b. Weida an der Linie Werdau «Weida—) —Mehltheuer zwischen den Stationen Gauern und Endschütz für Personen-, Gepäck- und Ttückgutverkehr. über die auf den neuen Halte punkten verkehrenden Personcnzüge gibt der am gleichen Tage in Kraft tretende Winterfahrplan 1905 06 Auskunft. Die Personen- und Gepäcktarife werden auf den neuen VerkehrSstellen sowie auf den Nachbarverkehrsstellen mit dem sonst Erforderlichen durch Anschläge zur öffentlichen Kenntnis gebracht. In Wolfersdorf b Weida können nur Güter bis zu 200 Gewicht für das einzelne Stück angenommen oder ausgeliefert werden. Über die Frachtbercchnung geben alle Güterverkehrsstellen Auskunft. — Gleich falls ab 1. Oktober 190-5 erhalten die nachgcnannten VerkehrSstellen andere Stationsbezeichnungen, und zwar: Döbeln Bahnhof an der Linie Borsdorf— Coswig: „Döbeln", Döbeln Haltepunkt an derselben Linie: „Döbeln Ost", der bisherige Haltepunkt Heidenau an der Linie Bodenbach—Dresden: „Groß sedlitz" und Eich an der Linie Herlasgrün—Ölsnitz: „Eich i. Sachsen". Döbeln Ost wird bei der Anfang Dezember 1905 in Aussicht stehenden Eröffnung der neuen Güterverkehrsanlagen daselbst unter die Bahn höfe ausgenommen. 7»? Kgl. HkiimMkkktwii der Sachs. Skulttistiliihvrn. Eruennungen, Versetzungen re. im öffent lichen Dienste. Im Geschäftsbereiche des Ministeriums der Finanzen. Bei der Post - Verwaltung sind ernannt worden: Weidner, seither Postdireklor in Falkenstein (Boatl ), al- solcher in Sebnitz (Sa); Bäckermeister Gräfe, Schneider meister Weber und Strumpfwirker Rabe als Postagenten in Thallwitz bez. Forchheim (Sa.) und Niederdorf (Erzgeb); Groschwald, seither Postassistent in Gößnitz (S.-A), als solcher in Löbau (S). Kunst und Wissenschaft. Königl. Opernhaus. — Am 16. d. M.: „Die neugierigen Frauen" (1-s äonne euriose). Musikalische Komödie in drei Aufzügen nach Carlo Goldoni von Luigi Sugana. Deutsch von Herm. Teibler. Musik von Ermanno Wolf-Ferrari. (Zum erstenmal.) Die außerordentlichen Erfolge, die das Werk, wo immer nur es bisher in Szene ging, in Berlin, Düffel dorf, Hamburg, Essen rc zu verzeichnen hatte, ließen es nur gerechtfertigt erscheinen, daß man es auch hier zur Aufführung brachte. Indessen es wollte uns scheinen, als sei man hierselbst vielfach mit etwas zu hochgespannten Erwartungen gekommen, und das wäre auch so ver wunderlich nicht, insofern die geschwätzige Fama schon von Wolf-Ferrari als von cinem „neuen Mozart" ge sprochen hatte. Ter Umstand, daß man sich wieder cm- mal einem neuzeitlichen Werke gegenübergcstellt sah, das ganz klipp und klar die vergnügliche Seite betonte, war es vermutlich gewesen, der so begriff-verwirrend gewirkt hatte; denn Mozarts Kunst als Ganze« betrachtet, hat mit der des zeitgenössischen Musikers blutwenig gemein. Hier sehen wir noch ganz ab von einem Vergleich der beiden musikalischen Potenzen, hier zielen wir zunächst auf die Kunstanschauungen. Die einzige Oper, die der große Wolfgang Amadeus im spezifischen Geschmack seiner Zeit schrieb, typischer musikalischer Rokoko, war „Oosi ian tutts". Die anderen, auch die Italienischen, wie Figaro und Don Juan verkünden, daß er keiner Welt- und Kunstanschauung huldigte, welche die Abgründe und Un tiefen dcS Menschcndasein« geflissentlich nicht sehen, in „übermütiger Geistigkeit" über sie hinwegtäuschcn wollte. Vertreter dieser Kunstrichtung waren alle die heute ver stummten Wortführer deropor» buff» jener Zeit, die Cimarosa, Ansossi, Paösiello, Paör und wre sie alle heißen. An sie also knüpft Wolf-Ferrari an, nicht an Mozart, und damit gibt er sich auch als ein Kind -der Neuzeit zu er kennen; denn diese Kunstrichtung hatte einen glühenden Verehrer in — Nietzsche. Dieser fühlte sich in seiner Sehnsucht, dem „Wasserdampf des Wagnerschen Ideals" zu entrinnen, hingezogen zu der „Trockenheit der Lust" und den „Lichtschaudcrn" des Südens, schrieb selber harmlose Singspicltexte („Scherz, List und Rache", siehe „Die fröhliche Wissenschaft") und schwärmte für Cima rosas „Heimliche Ehe". Auch einen Adepten hatte er gefunden in Peter Gast, der sein letztgenanntes Lieb lingswerk unter neuem Titel „Der Löwe von Venedig" (siehe Nr. 237, Jahrgang 1901 dieses Blattes), aber möglichst im alten Geiste noch einmal komponierte. Wolf Ferrari schlug ähnliche Bahnen ein mit seinem Versuche, GoldoniS Lustspiel zu musikalischem Leben zu erwecken, und daß er cS bewußt und aus Überzeugung tat, da« beweist, daß er sich anschickt, auch den Erfolg seines nächsten Werkes auf ein Stück („Die vier Gro biane") seines nationalen Dichters zu gründen. Ob cr nachhaltigere Erfolge auf diesem Wege erzielen wird? Wir möchten eS fast bczweiseln. In den „Neugierigen Frauen" vermissen wir jedenfalls da» Walten einer Kunst- und Lebensanschauung, die uns gegenwärtig eigentlich noch etwas zu sagen hat Die Gestalten und Situationen erscheinen un» heute au« einem Menschen und Menschen leben recht an der Oberfläche erfassenden Geiste geboren, und das, was die nationalen Marken (Colombina, Ar- lechino, Pantalone) jenseits der Alpen noch immer bedeuten mögen,daSsindsieunSjanicht Kurz,wie heute ein Komponist anders al« mit den Mitteln einer derberen Charaktrn- sicrungskunst dem Publikum stärkere« Interesse mit cinem solchen Libretto abgcwinncn könnte, ist uns nicht recht c,sichtlich. Wolf-Ferrari« Musik aber malt vielmehr mit feinen al« mit kräftigeren Pinseln ünd da ist cS denn schon viel, wenn er es erreicht, daß man sich an dem harmlosen Stoff überhaupt unterhält. Auf diesen letzteren kommend, so kann man sich kurz fassen. Gegenstand der Neugier der Frauen (Beatrice, Eleonora) sind die Zu sammenkünfte, welche die Freunde des alten Hagestolzes Pantalone in dessen Hause halten. Hinter das Tun und Treiben ihrer Männer (Lelio, Leandro) zu kommen, ist ihr Begehr Colombina, die verschmitzte Kammerzofe, führt sie unter unfreiwilliger Assistenz Arlechinos zum Ziel, wobei cS nicht ohne „häusliche Szenen" abgeht. Der Schluß löst alles in Wohlgefallen auf, da die ver dächtigten Männer nur harmlosen Tafelsreudcn huldigten. Der glücklichen Verehelichung eines in die Angelegenheit verwickelten Brautpaars (Rosaura-Florindo) steht nichts im Wege. Von der Musik sagten wir schon, daß sie mit feineren Pinseln male als es der Stoff verlange. Der kecke Buffostil eines Rossini wäre eher am Platze ge wesen als eine archaisierende Klein- und Feinkunst Aber diese letztere liegt eben unserer Zeit besser als frisches Zuarrifen, einer Zeit, die starker schöpferischer Potenzen entbehrt. Denn das ist ja auch der springende Punkt: Wolf-Ferrari ist kein Melodienkrösu«. Der Quell der Er findung fließt ihm nicht allzurcichlich, und da heißt e« haus halten. Alle die Mittel und Mittelchcn neuzeitlicher Technik in Rhythmik und Harmonik müssen zu Rate gezogen, wohl auch kleine Anleihen gemacht werden Sein Ver dienst aber, jetzt kommen wir zu den Vorzügen de« Werke«, ist, daß er dabei eine geschickte und nicht ohne Geschmack verfahrende Hand bekundet. Vor allem strebt er mit allen Kräften einen Stil an, der dem Wesen seine« Libretto» doch immerhin annähernd entspricht Und da bei kommt chm sein Jtalienertum — Wolf-Ferrari ist von mütterlicher Seite Jtaliencr und lebt al» KonservatoriumS- direktor in Venedig — zu statten, sofern er Wagner» Einfluß nicht vornherein verfallen ist. Schon indem er sich mit dem sogenannten Morarychen Orchester — nur die Harfe zieht er herzu — bescheidet, verfährt er richtig, dann aber doch auch in der Behandlung der Tonsprachc des Gesangsparts zeigt er, daß er erkennt, daß von grundlegender Bedeutung der Gewinn oder Wiedergewinn eines Parlandostils ist. Daß sich dabei neben allen Ein flüssen moderne geltend machen, daß also zu Goldonis Stück auch einmal Verdi („Falstaff"), Puccini u. a. ge legentlich sich äußern, schlagen wir nicht allzu hoch an Und so nehmen wir es auch sonst mit manchem anderen Nebeneinander im Formalen und Gedanklichen nicht sehr streng. Hier entscheidet für uns das Faktum, daß Wolf- Ferrari eben ein Pfadsucher ist, und das ist jetzt, wo die Erkenntnis, daß wir auf einen Weg geraten waren, auf dem eS kein Vorwärtskommen mehr gibt, schon etwas In waxnis vvluisse 8»t ost, darf es hier heißen Und deshalb auch empfehlen wir allen, die ein wärmere» Interesse für die Weiterentwickelung der dramatischen Musik haben, den Besuch der Oper auf das angelegentlichste. Dem Einen bietet sie eine Fülle reizvoller Details im Orchester, der andere wird sich ergötzen an manchen den Alten ab gelauschten Wendungen in der Melodik, wieder einen anderen mag es erfreuen, welche hübsche Wirkungen nach wie vor im Rahmen der geschloffenen Formen, des Einzel- wie des mehrstimmigen Gesangs, zu erzielen sind. E» genügt in letzterer Hinsicht u a auf die Arien der Eleonora und Rosaura, auf die Zweigesänge deü Liebe«- paare» und auf die Zankduette der Ehevaare, unter denen da« drastischere zwischen Eleonora und Lelio besonder» ansprach, hinzuweisen. Außerdem bietet sich da» Ganze dank dem Milieu, in dem es sich abspielt, in einer so gefälligen Aufmachung, daß e» mit seinen reizvollen lichtsarbigen Bildern nur allseitige» Interesse und Beifall finden kann Und wie so die Regie de« Hrn. Mori» sich trefflich bewähren kennte, so tat dann da» übrige die treffliche Wiedergabe, die da« ut»e (Schluß. Konlol- eihe 8»^, u-Anleihe Niu «old- Arg Aul von 18S7 oon lSOv taterwortt Anleihe « lObL, griechisch- kons Aal. ee- Skh, k ioü, isolidierte öorwgtes. ^217 Montag, den 18. September nachmittags. 1905. Dresdner Journal Herausgogeben von der Königl. Expedition des Dresdner Journals, Dresden, Große Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Erscheinen: Werktag» nachm 5 Uhr. — Originalberichle und Mitteilungen dürfen nur mit voller Quellenangabe nachgedruckt werden vez«g»ßrei«: Beim Bezüge durch di« o,.ichäft»ße«< iuuerhar» Drmden» 2,50 M (einschl Zutragung), durch die M» Deutschen Reiche » M. (ausschließlich Bestellgeld) vierteljährlich. Einzelne Nummern 10 Pf. Wird Zurücksenduna der für die Schristleitung bestimmten, aber von dieser nicht ein» geforderten Beiträge bean sprucht, so ist da- Postgeld beizufügen. Ankündig««,»gebühre«: Die Zeile kleiner Schrift der 7 mal gespaltenen Ankündt- gunaS-Seite oder deren Raum rv Pf Bei Tabellen- und Zifsernsatz b Pf. Aufschlag für die Zeile Unterm Re- daktionSstrich (Eingesandt) die Textzeile mittler Schrift oder deren Raum bo Pf. Gebühren - Ermäßigung bei öfterer Wiederholung. Annahme der Anzeigen bi- mittag» 12 Uhr für dle nach- mittag- erscheinende Nummer.
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