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Deutsche allgemeine Zeitung : 09.09.1857
- Erscheinungsdatum
- 1857-09-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id799109797-185709098
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id799109797-18570909
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-799109797-18570909
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDeutsche allgemeine Zeitung
- Jahr1857
- Monat1857-09
- Tag1857-09-09
- Monat1857-09
- Jahr1857
- Titel
- Deutsche allgemeine Zeitung : 09.09.1857
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1808 ist ungeordnet, daß den einen Sonntag deutsch, den andern dänisch gepredigt werde, sowie daß jede« Mitglied der Gemeinde fodern kann, daß die Sacramente bedient und die geistlichen Handlungen in derjenigen von beiden Sprachen au-geführt wer den, in welcher er eS begehrt. Ihr werdet ersehen, liebe Herren, daß eine solche Maßregel den gemischten Districten, deutschen und dänischen ganz gleichen Zugang daß Evangelium zu hören und am Gottesdienste in ihrer Muttersprache theilzunch- mcn eröffnet. In den südlich von den besprochenen Distrikten belegenen Gegenden ist allein deutscher Gottesdienst im Gebrauche. Das hier Borgelegte ist der Grund, daß der oben genannte schwedische Bischof Lhomander auf unserer Kirchenversamm lung die Anschauung aussprach, daß man keine Anleitung fände, sich mit einer Petition, betreffend die Sprachgrenze, an die Regierung zu wenden, welcher An schauung die Versammlung bcitrat, und der Direction gleichfalls Auftrag gab, sie zu eurer Kenntniß zu bringen. Geehrte und liebe Herren, wir wollen zu Gott beten, daß er euch über die Wahrheit aufkläre, daß nicht so lügenhafte Rath geber euch zu falschen und ungerechten Urtheilen über eure Brüder im Norden bringen. Ostindien. Aus Baiern befanden sich viele Englische Fräulein und mehre Kapu- zinermönche in Ostindien, die daselbst das Missionswerk betrieben und wahr scheinlich ebenfalls ihre Schicksale gehabt haben mögen. Ein PaterNaphael, der in Patna, der Hauptstadt von Behar (Sitz des Opiumhandels am rechten Gangcsufcr, mit mehr als 300,000 Einwohnern, darunter fast ein Drittheil Mohammedaner), wirkte, hat einem Freunde in Baiern einen Brief aus Patna geschrieben, in welchem er seine wunderbare Rettung beim Aus bruche der Unruhen in jener Stadt erzählt. Die Augsburger Postzeitung thcilt diesen Brief mit; er lautet: „Mein lhcucrstcr Fr'euM Ich habe keine Worte mehr, Ostindien so zu schildern, wie cs gegcnwärtsg äst. -Das Mor den und Martern auf die unmenschlichste Weise nimmt von Stunde zu Stunde mehr überhand. Gegenwärtig ist in ganz Ostindien keine Stadl mehr, in der nicht die grausamsten Morde vorgefallen sind. Mit Wölbern und Kindern gehen die Wüthriche gewöhnlich noch unmenschlicher züwerke. Erstere entblößen sie, und lassen sie vor sich auf- nnd abspazicrenj sie müssen sich ganz nach ihrem Willen fügen. Dann spalten sie dieselben mit dem Schwerte, oder schneiden ihnen den Bauch auf. Kinder ergreifen sie, und werfen sie mit solcher Gewalt an die Wand, daß Mark und Blut das Siegel deS Todes dort abprägen, oder sie nehmen sie bei den Füßen und zerreißen sie in zwei Theile. Das geschieht Alles in unserer Nachbar schaft, möchte ich sagen, denn alle diese Städte, in welchen diese unerhör ten Gräuelthatcn verübt wurden, sind am Ganges und einige blos 100 englische Meilen weit von Patna, z. B. Benares, Allahabad, Saugor, Nagade, Mhau, Nagpore rc. Patna ist nicht besser daran. Hören Sie, was mir auf meiner Station begegnete. Am 3. Juli, Abends 7'/r Uhr, saß ich, wie gewöhnlich, mit meinem Oekonomen und den hindostanischcn Knaben aus der Veranda, um etwas auszuruhen und frische Luft zu gc'nicßcn. Auf einmal begann ein Trommelschlag an der Ecke des Hauses, und mit dem ersten Schlag kam eine Masse Männer auS einer nahen Seitengasse, ich konnte gerade darauf Hinsehen. Ich fragte meinen Oekonomen, was denn dieser Trom melschlag zu bedeuten habe? Er gab mir zur Antwort: Das sind Muselma nen, sie werden ein Fest haben. Er halte kaum ausgcrcdct, so hörte ich, daß sie näher kamen, und sagte: sie kommen ja zu uns! Ich sprang im selben Augenblick in mein Zimmer, um in den Hofraum und auf den Eingang unsers Hauses zu sehen. Mit einem Blick sah ich zu meinem größten Schrecken den Hof voll von Mohammedanern, welche zu feuern und das Haus zu zerstören begannen. Ich lief schnell zum Oekonomen mit den Worten: «Sie sind in unserm Hause, im Hofe, wir sind verloren; verstecken wir uns schnell; wir können nicht mehr davonlaufen!» Gesagt, gethanl Wir rann ten, so schnell wir konnten, die vier Knaben hinter mir, und versteckten uns zu ebener Erde in einem dunkeln Gange, von welchem eine Thür in den Hof führt, die aber geschlossen war. Die vier Buben lagerten sich fest an mich, selbst die größte Gefahr jvor Augen habend. Währenddessen war schon das ganze Haus und der ganze Hof voll von Mohammedanern; sie erbrachen die Thürcn und zerschlugen, was zerbrechbar war, unter dem fürch terlichsten Geschrei, indem sie ihren Propheten anriesen und zugleich zwei Fahnen mit dem Halbmond an unserm Hause aufrichtetcn. Wir waren in dem dunkeln Gange etwa fünf Minuten; da erbrachen sie die Thür mit Gewalt, und wir mußten schnell an einen andern Ort fliehen. Gottes hei liger Engel führte uns in den nahen Pfcrdestall. Derselbe konnte, weil ohne Thore, nicht geschlossen werden, war aber, da cs schon Abend wurde, im Innern etwas finster. Dort legte ich mich zusammengckrümmt auf den Boden und bereitete mich auf die Ewigkeit vor; denn gerettet zu werden war menschlicherweise nicht mehr möglich. Einer sah mich laufen, und schnell war eine Menge mir nach; sie erbrachen die Thür des darangclcge- ncn Zimmers, rannten in die nahe Küche und zerschlugen dort Alles, glau bend, ich sei in dem einen oder andern Orte gewiß, und rannten stets zu nächst an mir vorüber! Gott hat mich augenscheinlich wie durch ein Wun- der gerettet! Sie wollten gar nichts als mein Leben. Ich verstand jedes Wort, das sie sprachen. Die Worte: «Padri salral, Lokun doi? moi etzg!» (Wo ist der Priester? er muß sterben!) vergesse ich ewig nicht mehr! Diese Erstürmung dauerte eine halbe Stunde, und als sie mich vergebens gesucht, gingen sie davon. Als sie fortwolltcn, wurden sie von Soldaten unter An führung eines englischen Doctors, welcher kam, um mich zu beschützen, an gegriffen und verfolgt. Drei wurden niedergcschossen, die Uebrigen entflohen. Dabei mußte aber der gute vr. Leccl, der, obwol Protestant, dennoch mich zu retten suchte, sein Leben lassen, was mich unendlich schmerzt! Eine Ku gel wurde ihm von einem Hause aus in den Unterleib geschossen, eine an ¬ dere wurde von einem Rebellen auf ihn abgefeuert; dabei erhielt er einen Säbelhieb an die Stirn, einen Zoll tief, und drei Hiebe an Mund und Kinn.-Er starb gleich darauf. Ich entfloh mit den Knaben und demOeko- nomen, sobald die Horde aus dem Haufe war, in da- eine Meile entlegene Opiumgoutown, wo einige europäische Soldaten waren, übernachtete dort und verließ deS andern Tages zu Pferde im schnellsten Galopp die Stadt. Gleich nachher wurden alle meine Christen, obwol Eingeborene, am Leben bedroht und mußten die Flucht ergreifen; Haus und Kirche find jetzt ganz verlassen, und meine Curatie hat dort ein Ende. Gegenwärtig bin ich bei einem andern Missionar am Ende der Stadt Patna, bis ich wieder eine Station bekomme, wenn ich nicht eher sterben muß; denn hier ist jetzt die größte Gefahr für Christen, und ich behaupte, cs ist jetzt von Seiten der Mohammedaner eine wahre Christenverfolgung. Die Heiden lassen uns vor derhand noch in Ruhe." Ueber die Stärke und Vertheilung der europäischen Truppen in Ost indien vor AuSbruch der Rebellion schreibt die Times: „DaS Armecbudget für das gegenwärtige Jahr war auf 24 Infanterie- und 4 Cavalerieregi- menter in Indien, im Ganzen auf ungefähr 30,000 Mann europäischer Truppen berechnet. Die wirkliche Truppenstärke zur Zeit des Ausbruchs war, soviel wir wissen, etwas geringer. Außer den königlichen Truppen jedoch unterhielt die Gesellschaft selbst auf ihre eigene Hand neun starke europäische Bataillone, drei für jede Präsidentschaft. Alles in Allem ge nommen mögen daher bei Beginn der Meutereien etwa 40,000 britische Soldaten in Indien gewesen sein, und ein großer Theil davon, vielleicht nicht weniger als die Hälfte, stand in der Präsidentschaft Bengalen. Der Löwcnantheil jedoch bei Vertheilung dieser Truppen kam auf eine einzige Pro vinz, das Pendschab, welches gewöhnlich ungefähr zwei Drittel des ganzen europäisch-bengalischen Heeres verschlang und zum Schutz der gewaltigen Landstriche zwischen Umballah und Kalkutta nur einen spärlichen Rest übrig ließ. Man muß diese Verhältnisse ins Auge fassen, wenn man sich einen Begriff von den Schwierigkeiten machen will, mit welchen die indische Re gierung beim Ausbruch dieser teuflischen Verschwörung zu kämpfen hatte. Wahrscheinlich belief sich die Gcsammtheit der europäischen Truppen, welche im Frühling des gegenwärtigen Jahres in den Nordwestprovinzcn und im eigentlichen Bengalen standen, nicht auf mehr als 3—6000 Mann." Daily News enthält über die Organisation der eingeborenen Regi menter Bengalens, aus welchen die Empörung hervorgegangen ist, einen interessanten Artikel, aus dem wir hier Einiges mitthcilen wollen: „Ein eingeborenes Infanterieregiment in Bengalen besteht aus 1000 Gemeinen, 120 Unteroffizieren und 20 eingeborenen Offizieren. Es zerfällt in 10 C°m- pagnien, jede 100 Mann stark; außerdem kommen zwei eingeborene Offi ziere und 12 Unteroffiziere hinzu. Das Regiment liegt nie in Kasernen, sondern in zehn Reihen strohbedachter Hütten. Vor jeder dieser Reihen be findet sich ein kleines kreisrundes Gebäude, in welchem die Waffen und schweren Monkurstücke ausgestellt sind und dessen Schlüssel der dienstthucnde Havildar (Sergeant) verwahrt. Dje Beförderung geht unabänderlich nach der Ancicnnctät vor sich. Ein Seapoy, der im sechzehnten Lebensjahre in den Dienst tritt, wird daher gewöhnlich erst im sechSunddreißigsten Naick (Corporal), im fünsundvierzigsten Havildar (Sergeant), im vierundfunfzig- stcn Jcmadar (Lieutenant) und im sechzigsten Subahdar (Capitän). Das Avancement geht natürlich in Kriegszeiten weit rascher vor sich, wie dies die Feldzüge in Afghanistan, gegen die Sikhs rc. beweisen. Höher als bis zum Capitän kann kein Eingeborener steigen. Was die Racen und Kasten in den bengalischen eingeborenen Regimentern betrifft, so sind die meisten Soldaten derselben Hindus; nur der fünfte Theil besteht aus Mohamme danern. Es sind also etwa 800 Hindus da, von denen etwa 400 Brah- minen oder Priester, etwa 200 Najpoots (eine hohe Kaste, aber niedriger als die der Brahmincn) und die übrigen Mitglieder einer niedrigem Kaste sind. Die Brahminen sind die einflußreichsten und bigottesten, und wird ihnen daher von den übrigen Kasten außerordentliche Ehrerbietung bezeigt! Ihr Fluch wird mehr gefürchtet als der Tod selbst, während man ihr Wohl wollen mit kleinen Geschenken und Begrüßungen durch Niederwerfen auf der öffentlichen Straße zu gewinnen.sucht. Wenn man erwägt, daß in jedem Regiment der bengalischen Armee viele, in manchem 3—400 Brah minen dienen, so ist der Einfluß, den sie im Guten wie im Bösen aus- übcn, leicht begreiflich. Es liegt auf der Hand, daß infolge dieses Kasten systems die Leute der bengalischen Regimenter, wiewol nominell Üntertha- nen der britischen Krone, doch in Wirklichkeit den Befehlen der in jedem Regiment vorhandenen Brahminenclique gehorchen und daß auch die ein geborenen Offiziere sich diesen Befehlen unterwerfen. Außer den eingebore nen Offizieren hat jedes Regiment noch eine Reihe europäischer Offiziere; jedoch ist zu bemerken, daß gewöhnlich die Hälfte davon vom Regiment abwesend ist. Die Offiziere wohnen in Bungalows oder mit Stroh gedeck ten Häusern, welche in der Nähe der Hüttenlinien des Regiments, jedoch nicht nahe genug errichtet sind, um genau die Bewegungen der Leute zu controlircn. Zur Erleichterung der europäischen Controle sind jedem Regi ment zwei Sergeanten beigegeben, welche in den Linien wohnen und Alles, was den Tag über in denselben vorgeht, dem Adjutanten rapportiren müs sen. Der Commandant des Regiments hat gewöhnlich den Rang eines Oberstlicutenants; demselben steht ein Adjutant zur Seite. Jede Compagnie steht außerdem specicll unter einem europäischen Offizier, und endlich hat jedes Regiment einen europäischen Quartiermeister und Dolmetscher. Die Gewalt des Regimentscommandanten ist sehr beschränkt. Verantwortlicher Redacteur: Heinrich Brock-»«*. — Druck und Verlag von F. M. Brockhaus in Leipzig.
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