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Deutsche allgemeine Zeitung : 20.12.1857
- Erscheinungsdatum
- 1857-12-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id799109797-185712208
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id799109797-18571220
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-799109797-18571220
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- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDeutsche allgemeine Zeitung
- Jahr1857
- Monat1857-12
- Tag1857-12-20
- Monat1857-12
- Jahr1857
- Titel
- Deutsche allgemeine Zeitung : 20.12.1857
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Nr. 297 20 December 1857 Deutsche Allgemeine Zeitung Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz I Zu beziehen durch alle Postämter des An- und Auolande«, sowie durch die Expedition in Leipzig (Querstriche Nr. 8). Preis für da« Vierteljahr 1'/, Thlr.; jede einzelne. Nummer L Ngr. Jnsertivnsgebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Sonntag. Leipzig. Die Zeitung erscheint mit Ausnahme de« Sonntag« täglich Nachmit tag« für de« folgenden Tag. Das Kaiserthum und die Freiheit. -----Leipzig, 19. Dec. Die Artikel des Courrier de Paris über „das Kaiserthum und die Freiheit" und über Möglichkeit und Nolhwendig- keit einer „constilutionellen Opposition" unter dem imperatorischcn Absolu tismus haben in Paris, allen Berichten nach, großes Aufsehen erregt, mehr noch vielleicht als durch ihren Inhalt durch das Geheimniß, welches ihre direkte und indirekte Urheberschaft umschwebte, durch die Gerüchte, welche Girardin zu ihrem Verfasser, daneben aber eine „hohe Person" zu ihrem Pathcn stempelten. Das Erstere scheint sich nach dem neuerdings veröffentlichten Briefe des vielberufenen Publicisten an die Jnde'pendance belge zu bestätigen; wie viel an dem Zweiten wahr sei, darüber mag man sich in Paris noch immer die Köpfe zerbrechen. Für uns hier außen hat der ganze Vorgang nur ein- mittelbare, im- merhin aber nicht unwichtige Bedeutung, die Bedeutung eines pathologi schen Symptoms der französischen Zustände. Auf der einen Seite erkennt man daraus, wie groß und mächtig noch immer in Frankreich, und nament lich in Paris, das Reich der politischen Phrase, und wie weil die Mehrzahl der Franzosen noch immer von jenem Realismus in der Behandlung poli tischer Fragen entfernt ist, welcher selbst in Deutschland in den letzten Jah ren mehr und mehr die frühere Ideologie in solchen Dingen verdrängt hat. Denn Alles, was jene Artikel über die Verträglichkeit des Kaiserthums mit der Freiheit sagten, war Phrase und trug den Stempel der Phrase so offen an der Stirn, daß kein anderes Publicum als ein solches, welches eben gewohnt ist, mit schönklingenden Redensarten sich füttern zu lassen und mehr nach dem Schein als nach dem Wesen der Dinge zu fragen, dadurch auch nur einen Moment geblendet werden konnte. Nach einer andern Seite hin erscheint der Vorgang bedeutsamer. Ob die fraglichen Artikel vom Palais-Royal oder gar von den Tuilerien aus in- spirirt worden, ob sie die Idee des Prinzen Napoleon oder gar des Kai sers ausgesprochen haben: gewiß ist, daß man sie hat gewähren lassen und weder durch ein polizeiliches Einschreiten noch auch nur unsers Wissens durch rin offieielles oder officiöses Dementi die von der öffentlichen Mei nung geglaubte Solidarität hoher Persönlichkeiten mit den dort verkündeten Ansichten zurückgewiesen hat. Wenn dies zum Theil sich recht wohl erklärt aus dem an maßgebender Stelle jedenfalls sehr entschieden vorhandenem Be wußtsein von der Ungefährlichkeit und relativen Nützlichkeit derartiger poli tischer Deklamationen, so deutet es doch zugleich darauf hin, wie man eben dort recht wohl fühlt, daß jene hermetische Abschließung gegen die überall verbreitete Atmosphäre der Freiheit und der Fortschrittsidecn, in welcher man bisher die Lebensbcdingung des Kaiserthums fand, auf die Länge un haltbar, undurchführbar sei und man auf die eine oder die andere Weise mit dieser Idee und dieser Freiheit, wenn auch nur zum Schein, eine Art Ausgleichung und Versöhnung suchen müsse. Bezeichnend ist in dieser Hin sicht das gleichzeitige tolerante Verhalten der osficiösen französischen Presse zu dem Ausfall der belgischen Wahlen und dem Siege des dortigen Libe ralismus, wenn man sich erinnert, wie vor einigen Jahren die politischen Verhältnisse dieses Nachbarlandes von ebcndorther behandelt wurden. Und allerdings wird es je länger je mehr unmöglich, einen Zustand festzuhaltcn, der eins der civilisirtestcn und zu wiederholten malen an der Spitze der politischen Bewegung Europas gewesenen Länder jetzt so gänzlich außerhalb dieser Bewegung stellt, als ob cs in einem ganz andern Welttheile oder auf einem ganz andern Planeten läge. Um sich das Unnatürliche dieses Verhältnisses recht zu vergegenwärtigen, darf man nur die Sprache österreichi scher Blätter, d. h. der Organe des Landes hören, welches noch vor weniger als einem Jahrzehnt» in Allem, was politisches Leben, Freiheit, Fortschritt hieß, ge gen Frankreich um Jahrhunderte zurückzustehen schien und auch wirklich zurück stand. Hätte cs damals Jemand nur für möglich halten können, daß ein Jahrzehnd später österreichische Blätter, und zwar der Negierung naheste hende Blätter, , wie die Oesterrcichische Zeitung, sich über den Mangel an Freiheit jeder Art — Preßfreiheit, Municipalfrciheit, persönlicher Freiheit — in Frankreich lustig machen und mit unverhohlener, und zwar begründeter Gcnugthuung auf die ungleich besser gearteten Zustände im eigenen Staate, in dem ehemals von französischen Publicisten so oft als das Nonplusultra des Stillstandes und der politischen Lethargie verspotteten österreichischen Kai serreiche, Hinweisen würden? Eine solche so frappante Wendung der Ver hältnisse muß früher oder später nicht allein der französischen Nation, son dern selbst dem Oberhaupte dieser Nation, unerträglich werden. Auf dem heutigen Standpunkte des Staats- und Staatenlebens ist der moralische Geist eines Volks ein so schwerwiegender Factor, daß keine andere, weder in nere noch äußere Macht ihn zu ersetzen vermag. Das hat selbst der neue russische Selbstherrscher begriffen, und es sollte unS nicht Wunder nehmen, wenn man sogar an der Newa plötzlich einmal Grundsätze proclamirt, welche DaS, waS an der Seine geschieht, noch tiefer in den Schatten zu stellen geeignet wären. Dem klugen Geiste Napoleon'- aber wird diese Unmög- lichkeit, in der begonnenen Weise fortzuregieren, am allerwenigsten entge hen, und cs ist mehr als glaublich, daß er selbst sich au- einem Zustande der Dinge heraussehnt, in welchem die Wucht seines allmächtigen Willens da- beste Theil ihrer Kraft einbüßt, weil sie zwar keinen Widerstand, aber solgerechterweise auch keine Unterlage findet, auf die sie sich stützen könnte, weil sie sich gleichsam im unendlich Leeren bewegt und keine unterstützenden Kräfte um sich sammeln kann, da sie jede Kraft, die sie vorfand, lahmge legt hat. Ob nicht Napoleon III. bisweilen gedankenvoll jenes Ausspruchs eines großen englischen Staatsmann- gedenken mag: Gäbe es keine Oppo sition, man müßte eine schaffen! Aber das Wollen ist hier leichter als das Thun. Macht läßt sich schaffen, Zwang läßt sich Herstellen, schweig same Unterwürfigkeit läßt sich befehlen und erdrohcn, sogar eine Hofpresse, als berufsmäßige Schmeichlerin der Macht, ist leicht organisirt, aber ein selbständiger Geist im Volke, politische Freiheit und das darauf beruhende moralische Gewicht eines Staats — das Alles ist zwar auch zu haben, aber nur unter Bedingungen, von denen wir zweifeln, daß der Napolconismus sie sich selbst werde auferlegen wollen. Und darum, glauben wir, wird der Ausspruch: „Das Kaiserthum ist die Freiheit", immer eine leere Phrase bleiben, das Räthsel der Sphinx, zu dem sich schwerlich rin OedipuS findet. D e utsch l an v. Preußen. ^Berlin, 18. Dec. In unserer Localpresse herrscht in diesem Augenblick ein kleiner Krieg, von welchem auch auswärts Kennt- niß zu nehmen nicht ohne Interesse sein dürfte. Nachdem die bekannte Pu- blication des durch das Oel der heiligen Walpurgis geschehenen Wunders durch den Bischof von Brünn erfolgt war, besprach die Voß'sche Zeitung die Sache vom streng protestantischen Standpunkt, ohne übrigens darum irgendwie gehässig zu werden. Das Katholische Kirchenblatt, ein von einem Geistlichen bei der hiesigen katholischen St.-Hedwigskirche redigirtes obscurcs Blättchen, gerieth indessen darob gewaltig in Harnisch und schloß seine ora tio pro üomo mit dem Ausspruch: wer an Wunder nicht glaube, glaube auch nicht an Gott und sei zum mindesten ein Ketzer. Das war nun frei lich so schlimm nicht, denn das Katholische Kirchenblatt sprach ja eben pro Uomo, und wenn es einmal sprechen wollte, so konnte cs nichts Anderes sagen. Was aber ein allgemeines Erstaunen hervorruft, das ist der merk- würdige Umstand, daß dem Katholischen Kirchcnblatt nun von protestanti scher, sage von protestantischer Seite sogar secundirt wird. Es ist die Evan gelische Kirchcnzeitung, das bekannte Organ Hengstenberg's, welches dieses Amt übernommen hat; cs publicirt nämlich den Schluß eines Vortrags, welcher über das betreffende Thema im hiesigen Evangelischen Verein ge halten worden, und dessen kurzer Sinn dahin zu bezeichnen ist, daß der Wunderglaube in der Heiligen Schrift gelehrt werde und daß wir, die Pro- testanten, wenn wir diesen Glauben nicht hätten, vor den Katholiken errö- then müßten. Das geschieht in der Hauptstadt des protestantischen Deutsch land! Hoffentlich wird sich demnächst auch der Prediger Nathusius im Volkö- blatt für Stadt und Land auf den pythischen Dreifuß setzen und sich zu stimmend über die Sache vernehmen lassen, resp. auch sein Anathema gegen die arme Voß'sche Zeitung schleudern. — In einem bcsondern Beiblatt zur Kreuzzeitung veröffentlicht ihr vormaliger Redacteur, Rechtsanwalt und Ab geordneter Wagener, das Programm und die Vorrede zu dem von ihm hcr- auszugebcnden und demnächst zu erscheinen beginnenden „Staats- und Gesellschafts-Lexikon". Hr. Wagener offerirt und widmet sein Werk „der großen conscrvativen Partei nicht Preußens allein, sondern des gesamm- ten Deutschland, ja dem ganzen deutschen Volk, soweit es mit seinem Namen auch seinen Charakter bewahrt". Hr. Wagener vergißt dabei, daß das deutsche Volk, eben weil es dasselbe ist, von den Beglückungen, die er ihm zu Weihnachten darbieten möchte, nichts wissen will. Die ganze große Ankündigung gleicht auf ein Haar den bekannten Kammerrcden des Hrn. Wagener, die Allen, welche nicht zur Gerlach'schen Partei gehören, stets eine so ungeheure Lang weile verursachen. In ähnlichem Sinne wird auch das Lexikon selbst ge halten sein. Uebrigens gesteht auch Hr. Wagcncr selbst, daß das Werk eine „Tendcnzschrifl", nach dem Princip seiner Partei sein solle. Hätte Hr. Wagcncr das nicht selbst erklärt, so hätte man cs nicht gewußt. In dessen weiß man nun doch, woran man ist, und es kann gewiß nicht feh len, daß das betreffende offene Eingeständniß dem neuen OpuS im deutschen Volke die weiteste Verbreitung sichern wird. — Es wird von verschiedenen Blättern in Abrede gestellt, daß die Anwesenheit des dänischen Gesandten am wiener Hofe, des Hrn. v. Bille-Brahe, in Frankfurt a. M. mit cinem Versuch zur Eröffnung von Unterhandlungen über die holsteinische An gelegenheit in Verbindung gestanden habe. Wir hören indessen >von sonst gutunterrichtetcr Seite das Gegentheil versichern. Welchen andern Zweck hätte dir Reise des Hrn. v. Bille-Brahe nach Frankfurt a. M. sonst
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