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Sächsische Staatszeitung : 02.11.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-191611024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19161102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19161102
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Staatszeitung
- Jahr1916
- Monat1916-11
- Tag1916-11-02
- Monat1916-11
- Jahr1916
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 02.11.1916
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Landtags-Beilage zur Sächsischen Staatszeitung. Nr. 67. Beauftragt mtt der Herau-gader Hofrat Loenge- i» Dre-de» 1916. Landtagsverhandlungen. II. Kammer. 64. öffentliche Sitzung am 1. November. Präsident vr. Vogel eröffnet die Sitzung um 11 Uhr 81 Minuten vormittags. Ain Regierungstische: Ihre Exzellenzen die Staats- minister v.vr. vr. ing. Beck und Graf Vitzthum v. Ea- städt sowie die Regierungekommissare Ministerialdirektor Geb'Rat vr. Schelcher, Geh. Regierungsräte vr. Junck ,nd Traube und Amtshauptmann vr. Vollmer. Entschuldigt sind für heute die Abgg. Clauß, vr. Zöphel, Knobloch und vr. Niethammer wegen dringender Geschäfte für den Rest dieser Woche. - Die Kammer tritt nach dem Vortrag der Registrande in die Tagesordnung ein. 1. Allgemeine Vorberatung über den Antrag des Abg. Castan und Gen.^ Unterstützung der Arbeits losen und der Kriegerfamilien betreffend. (Druck sache Nr. 343.) 2. Interpellation des Abg. Castan und Gen., Unterstützung der arbeitslosen Textilarbeiter usw. betreffend. (Drucksache Nr. 339.) Tie Beratung beider Punkte wird miteinander ver bunden. Tas Wort zur Begründung des Antrages unter 1 erhält zunächst Abg. Linie (soz.): Ter von seiner Fraktion eingebrachte Antrag habe folgenden Wortlaut: Die Kammer wolle beschließen: I. die König!. Staatsregierung zu ersuchen: 1. in beschleu- nigter Weise Maßnahmen zu ergreifen, wonach den Arbeits losen und den Kriegerfamilien außer der regelmäßigen Unter stützung eine einmalige außerordentliche Unterstützung zur Be schaffung von Heizmaterial und Wintcrkleidung gewährt wird, 2. den Unterstützungsverbänden zu diesem Zwecke Staatsmittel zur Verfügung zu stellen; n. die Erste Kammer zum Beitritt zu diesem Beschlusse einzuladen. Die Notwendigkeit dieses Antrages liege vor allen Dingen darin beg üudet, daß der Krieg nun bereits 27 Monate dauere. ES sei deshalb wohl selbstverständlich, daß ein großer Teil der jenigen, deren Ernährer im Felde sei und die schon seit längerer Zeit arbeitslos seien oder in beschränkten Verhältnissen arbeiten müßten, all seine baren Mittel aufgebraucht und sich vielleicht schon in Schuldenwirtsch.ft gestürzt habe. Auch von feiten des Staates sei ja bereits anerkannt worden, daß eine Unterstützung notwendig sei. Er habe bereits seinen Beamten vorschußweise ein Monatsgehalt ausgezahlt, und auch verschiedene Gemeinden und andere Organisationen hätten die gleiche Notwendigkeit er kannt. Viele grauen von Kriegsteilnehmern und auch die Arbeits losen sähen infolge dieser mißlichen Lage dem Winter mit Schrecken entgegen, und cs sei deshalb dringend notwendig, daß von selten des Staates hier eingegrissen werde. Bei den geringen Unter stützungen der Krieger,amilien und Arbeitslosen sei es selbst- verständlich nicht möglich, größere Ausgaben, wie sie das Heiz- material und die Winterkleidung erforderten, zu machen. Diese Unterstützungssätze langten in der gegenwärtigen Zeit nicht einmal zu den notwendigsten Lebensmitteln aus, deren Preise ja in den letzten Monaten immer und immer wieder rapide in die Höhe gegangen seien. ES sei deshalb wohl selbstverständlich, daß seine Fraktion diesem Zustande nicht länger zusehen könne, und aus diesem Grunde habe sie den Antrag an die Kammer eingebracht. Gerade das Heizmaterial und die Wintcrkleidung seien von Wichtigkeit, denn man wisse, daß die armen Arbeiterfamilien in dieser fettlosen Zeit durchaus nicht an Körperwärme viel zuzusetzen hätten. Biele Arbeiter- familien müßten bei dieser Lebensmittelknappheit oft stundenlang auf der Straße stehen, und wenn sie daun schließlich nach Hause kämen, da müsse wenigstens eine warme Stube vorgesundcn werden, damit sie nicht auch dadurch außerordentlich in Krankheit gerieten. Ebenfo verhalte es sich mit der Kleidung. Die Familien der Kriegsteilnehmer und die längere Zeit Arbeitslosen wären während des Krieges nicht in der Lage, sich neuen Ersatz für Kleidungsstücke zu verschaffen. Die alten Kleidungsstücke seien aber vollständig aufgrbraucht, und es müßten neue beschafft werden. Geld sei aber nicht vorhanden, und so sei cs nicht möglich, sich etwas zu kaufen. Bor allen Dingen seien hier die Familien mit viel Kindern in eine sehr traurige Lage gestellt, denn von der geringen Unterstützung, welche ein Kind im besten Falle erhalte, seien die jetzt so teuren Kleidungsstücke nicht zu kaufen. Was solle dann werden? Sollen die Kinder im Winter mit zerrissenen Schuhen oder zerfallenen Kleidern einhergehen, damit die Schrecken des Krieges noch mehr auf sie einwirkten? Wolle man dadurch noch mehr Krankheit und Elend in größerem Maße in die Familien der Kriegsteilnehmer und Arbeitslosen tragen? Wenn hier nicht eingegriffen werde, sei Krankheit und Not die unausbleibliche Folge. Man spreche bei jeder Gelegenheit so viel vom Durchhalten und lege außerordentliches Gewicht darauf. Es sei dann aber selbst- verständlich auch notwendig, daß man dem Volke das Durchhaltcn ermögliche. Wenn aber die Unterstützungssätze möglichst aus einer niedrigen Stufe gehalten würden, die Lebensmittel aber in unendlichem Maße stiegen, so könnten die Arbeiterschaft und vor allen Dingen unsere Kriegerfamilien und Arbeitslosen diese Art Durchhaltcn selbstverständlich nicht aushalten. Dies sollte aber auch die Regierung einsehen. Leider könne man das nicht immer behaupten, denn sonst hätte sie schon bei manchen Be schwerden ganz anders einschreiten müssen. Ta dürfe man n cht von dein Grundsätze ausgehen: der Krieg habe uns sowieso schon genug in die Schuldenlast gebracht, deshalb müsse man bei der Unterstützung der Kriegerfamilien und bei der Unterstützung der Arbeitslosen sparen. Es sei doch wirklich nur ein geringer Bc- üag gegenüber denjenigen, welche der Krieg sonst verichlingc. Dieser geringe Betrag habe aber eine gewaltige Bedeutung, denn wenn viele Knegerfamilien und Arbeitslose hungern und frieren müßten, dann zeige die- auch seine Wirkungen im Schützen graben. Wenn also die Unzufriedenheit nicht noch höher steigen wlle, dann sei es selbstverständlich notwendig, auf Grund dc- Antrages Eastan und Gen. wenigsten- etwas die Not in dieser Beziehung zu lindern. ES gehe aber nicht an, daß man diese Lasten wiederum auf die Bezirk-verbänd« abwälze. Diese Hütten jetzt schon gewaltige Sorgen, wovon sie einmal nach dem Kriege die Schulden be zahlen sollten, und e» sei deshalb wohl selbstverständlich, daß, wenn die Bezirk-Verbünde wieder die Mittel selbst aufbringen ollten, auS der ganzen Unterstützung nicht- werde. Man habe chon diesen Mißstand bei der Kriegerfamilienfürsorge und auch >ei der Arbeitslosenunterstützung der Textilarbeiter kennen ge- ernt. In dem einen Bezirksverbande gebe eS zur ReichSunter- tützung vielleicht 100 Proz. Zuschlag und auch noch Mietzuschuß, in dem anschließenden Bezirksverbande aber nur die Mindestsätze der Reichsunterstützung. So sehe es genau bei der Arbeitslosen unterstützung der Textilarbeiter auS, worauf ja bei der Inter pellation näher eingegangen werde. Also eS müßten den Unter- stützungsverbänden die Mittel vom Staate gegeben werden, damit etwas Ersprießliche- zustande komme. Es müsse auch den Unter- sttttzungsverbänden eine gewisse Grundlinie gegeben werden, nach der sie verfahren müßten, denn sonst trete wieder keine Ein heitlichkeit in dieser Unterstützung ein. Hier gelte es aber selbstverständlich, schnell zu handeln, denn es sei die höchste Zeit, da der Winter schon vor der Türe stehe. Er möchte deshalb die Kammer ersuchen, dem Anträge ein stimmig zuzustimmen, damit auch die Arbeitslosen und Krieger- familien weiter mit durchhalten könnten, indem sie sähen, daß der sächsische Landtag auch für sie Herz und Gefühl habe. (Leb haftes Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Das Wort zur Begründung der Interpellation erhält nunmehr Abg. Winkler (soz.): Bereits in der vorigen Landtagstagung habe die sozialdemo kratische Fraktion eine Interpellation eingereicht, die in ihrem Wortlaute und in ihrer Absicht wohl Ähnliches verlangt habe. Man habe seinerzeit nach einer Rücksprache im Ministerium Les Innern die Interpellation zurückgezogen, weil seinerzeit das Ministerium des Innern eine ausreichende Unterstützung der Textilarbeiter habe gewährleisten wollen. Bei der Staats regierung möge vielleicht auch der gute Wille vorhanden gewesen sein, dieses Versprechen zu halten, aber was seit jener Zeit ge schehen sei, habe leider nicht dazu geführt, mit der Regelung der Textilarbeiterfürsorge allenthalben zufrieden zu sein. Damals sei die Unzufriedenheit der Textilarbeiter bis zu einem Grade gediehen, wo es nahezu unmöglich gewesen sei, Beruhigung zu schaffen. Tie Verbände hätten zunächst durch die Einrichtung einer Beratungs stelle versucht, Beruhigung zu schaffen, und vor allen Dingen dafür gesorgt, daß die große Unruhe, die Unzufriedenheit, ein Ventil bekommen habe, um die Erbitterung in etwas abzuleiten. Durch Rundschreiben sei den Arbeitern in Aussicht gestellt worden, daß die Staatsregicrung in der nächsten Zeit für Verbesserungen sorgen würde. Die Fraktion habe den Arbeitern erklärt, daß auch sie alles tun werde, um ihnen zu ihrem Rechte, zu einer aus giebigen Unterstützung zn verhelfen. Man habe alle Beschwerden erledigt, habe auch in dieser Beziehung beim StaatSministerium Entgegenkommen gefunden und durch Aussprachen, die dort statt gefunden hätten, jederzeit auch Härten, die zutage getreten seien, zu beseitigen versucht. Vor allen Dingen aber habe man das Ministerium des Innern in Kenntnis gesetzt über solche Zustände und über solche Fälle und Beschwerden, die nur durch ein Eingreifen von der höchsten Stelle aus hätten beseitigt werden können. Doch habe der Zündstoff immer mehr und mehr überhand genommen. Man habe erleben müssen, daß die unteren Behörden sehr oft in Unkenntnis und in irrtümlicher Auslegung der bestehenden Vorschriften unnützerweise Anlaß zu dieser Unzufriedenheit gegeben hätten. Einzelne besonders geartete Vorfälle seien dem Königl.Ministerium des Innern vorgebracht und über die Auslegung in den meisten Fällen Übereinkunft erzielt worden. Es sei von der Stelle für Text larbeitersürsorge, die beim Ministerium des Innern gebildet worden sei, wesentlich mit dazu beigctragen, Reibungsflächen zu beseitigen, und es habe durch das fortgesetzte Arbeiten fast so geschienen, al- wenn die Entwicklung der Textilarbeiterfürsorge einen günstigen Verlauf nehmen würde. Aber leider sei diese Ansicht eine unerfüllte Hoffnung geblieben. Das Ministerium des Innern habe nach Ansicht seiner Partei den Fehler gemacht, daß den Nachgeordneten Behörden zuviel Spielraum bei der Durchführung der Textilarbeiterfürsorge gelassen worden sei. Die Folge davon sei gewesen, daß neben einzelnen Amts hauptmannschaften und Unterstützungsverbänden, welche die Fürsorge in einigermaßen zufriedenstellender Weise betrieben hätten, eine ganze Reihe gegeben habe, wo vieles, manche sogar, wo auch alles zu wünschen übrig geblieben sei. Die Folge davon sei gewesen, daß die Unzufriedenheit weiter gewachsen sei, zumal die Versprechungen, daß es besser werden würde, nicht eingetroffen seien. Die Unzulänglichkeit der Unter stützungssätze sei nicht beseitigt worden. Die Arbeiter hätten, um die Lage zu besprechen, für den 4. Juni 1916 eine Konferenz nach Dresden berufen. Zu dieser Konferenz sei das Ministerium des Innern geladen gewesen und habe einen Vertreter entsandt gehabt. Das Ergebnis dieser Konferenz seien Beschlüsse gewesen, die dem König!. Ministerium des Innern in Form einer Eingabe z gestellt worden seien. Es sei in der Eingabe gewünscht worden die Erhöhung der Unterstützungssätze um bt) Proz., die Streichung der Bestimmungen, daß die Unterstützungen den früheren Durch- schnittSsihn nicht übersteigen dürften, die Nichtanrcchnung des Berdicnstcs bis zu 6 M. bei männlichen und bis zu 3 M. bei weiblichen Personen und des darüber hinausgehenden Verdienstes bis zu höchstens 66H, Proz. Es sei weiter verlangt worden eine mildere Auslegung der Bestimmung bei Prüfung der Bedürftig keit. Diesen geäußerten Wünschen sei eine umfangreiche Be gründung beigefügt gewesen. AuSgcgangen und unterzeichnet sei die Eingabe gewesen von den Vorständen des deutschen, des christlichen und des Hirsch-Dunkerschen T^xtilarbeiterverbauds, des Schneiderverbands und des Hut- und Filzwcrknrbeiterverbands. Eine Sondereingabe der Beratungsstelle für Textilarbeiterfürsorge habe weiter das Ministerium dc- Innern über eine Reihe von Beschwerden unterrichtet, die sonst zutage getreten wären. Tas Ministerium des Innern habe am 4. Juli 1916 den Landes- ausschuß zusammeuberufen, um diesen zu hören. In Verfolg der Verhandlungen im Landesausfchuß habe das Ministerium des Innern am 6. und 7. Juli zwei Verordnungen erlassen. Tiese Verordnungen forderten nun im wesentlm,en folgendes: Zunächst „die Preissteigerung über die Gegenstände des täg lichen Bedarfs, die in der vergangenen Zeit in vielen Orten Sachsens eingetrcten ist, macht eS notwendig, die Untrrstützungs- sätze sür Kriegerfamilien, arbeitslose Textilarbeiter und son ige ».riegserwerbslose einer Nachprüsung zu unterziehen. Dem Ministerium des Innern ist wohl bekannt, daß oicS von eine, großen Anzahl der beteiligten Behörden regelmäßig geschieht." Und dann weiter: „Es hält cs auch nach Gehör des Landcs- ausschusses für Texti.arbeitersürsorge für erwünscht, für diese Prüfungen allgemeine Richtlinien auszustellen, an deren Hand sich ergevcn wird, inwieweit noch Verbesserungen erforderlich sind. Das Ministerium geht dabei davon auS, usw., daß die Unter- stütznngssütze ausreichend sein müssen, um das Turchhal en der Familien sicherzusteUen." Um die- zu gewährleisten, habe da» Ministerium des Innern vorgeschlagen, daß die Unterstützungen nach einer Bedarssstaffel berechnet werden sollten. Diese sollte nach folgenden Grundsätzen anfgestellt sein. Aus Grund dieser Tafel sei nach den örtlichen mittleren Marktpreisen für Waren mittlerer Güte der erforderliche Geldbetrag der Unterstützung zu berechnen. Für diejenigen Bedarfsgegenstände und sonstigen Auf wendungen, die nicht darin enthalten seien, seien 25 Proz. hinzu zurechnen. Endlich sei ein Zuschlag für die Miete anzunehmen, unter dessen Einrechnung ein Gesamtzuschlag von etwa 33sH Proz. festzu setzen sei. Wenn dasjenige, was hier habe durchgeführt werden sollen, durchgeführt worden wäre, dann wäre allem Anscheine nach — und die Erfahrungen der letzten Zeit lehrten dies — insbesondere eine Verbesserung im Unterstützunaswesen herbeigeführt worden, aber leider habe das Ministerium des Innern in derselben Ver ordnung, wieder durch den Wortlaut an anderer Stelle die Mög lichkeit gegeben, daß von den unteren Behörden die Sache von einer ganz anderen Seite angesehen werde als von der, von der sie im Interesse der Unterstützungen hätten angesehen werden, sollen. Denn das Ministerium des Innern sage auf S. 3 in der betreffenden Verordnung: „Dabei besteht da- Ministerium des Innern dann nicht auf einer Abänderung der bisher üblichen Sätze, wenn die Prüfung zwar Abweichungen in einzelnen Punkten ergibt, im Gesamtergebnis aber der Zweck der Richt linien als erreicht angesehen werden kann." Diese Meinungs äußerung des Ministeriums des Innern habe nun allem An schein nach folgende Wirkung gehabt. In vielen Unterstützungs bezirken habe man sich seine Unterstützungssätze angesehen und dann Bedarfssätze auf Grund der Bedarfstafeln ausgestellt und hinter her gefunden, daß entweder keine oder nur eine sehr geringe Er höhung notwendig wäre. Ihm sei persönlich eine Reihe von derartigen Unterstützungs- tafeln zur Verfügung gestellt worden. In vielen Fällen sei die allcrbilligste und allerschlechteste Qualität als Norm angenommen worden, und man habe sür diese Qualitäten wieder den denkbar niedrigsten Preis eingesetzt. Ja noch weiter sei man gegangen, man habe Waren eingesetzt, die wohl früher zu haben gewesen wären, aber gegenwärtig nicht mehr zu haben seien. Weiter habe man bei Waren, deren Verteilung und Berkaus von dem Bezirksverband oder von der Gemeinde vorgenommen worden ei, Ausnahmspreise, die man für derartige Warenverkäufe und Verteilungen eingesetzt habe, als Norm angenommen, aber nicht berücksichtigt, daß diese Waren vielleicht alle Monate einmal in geringen Quantitäten, manchmal auch erst aller zwei Monate, verteilt und verkauft worden seien, während nunmehr der von »er Gemeinde festgesetzte Preis für diese Ware als der Durch- chnitt preis für den ganzen übrigen Verkauf eingesetzt worden ei. Wenn auf diese Weise die Verordnung und die Anregung »es Ministeriums des Innern zwar erfüllt worden wären, so .sei wch dasjenige, was der Zweck der ganzen Sache gewesen ei, nämlich dadurch eine Unterstützung herbeizuführen, >ie das Durchhalten der Familien ermöglichen sollte, durchaus ausgeschlossen. Tas Existenzmimum werd: a':er auch in solchen Bczirksverbänden, die es nunmehr auf Grund der neuen Bedarfstafeln festgelegt hätten, nicht ausgezahlt. Man habe Amtshauptmannschaftcn und Unterstützungsbczirke, die eine Bedarfstafel ausgestellt und auf Grund dieser dann die Unterstützungssätze festgclegt hätten, alles auch unter dem Gesichtspunkte der Teuerung und des Mindest- bcdarses. Tann aber habe man die Unterstützungen neu geregelt und von diesem selben Material, das man selbst zusammen- getragen Hütte, deren Sätze man selbst durch eigene Arbeit fest, gcstcllt l ätte, die Sätze nicht angenommen als solche, die nunmehr auszuzahlen seien. Ter Redner belegt dies durch Eingehen auf die Bedarfstafeln der Amtshauptmannschaften Stollberg und Rochlitz und geht dabei besonders auf den Conderuuter- stützungsvcrband für den Bezirk Geringswalde ein. Auf Beschwerde beim Min sterium des Innern habe die Amts hauptmannschaft als Amtsbchörde die Sache untersucht. Wenn derartige Unterstützungssätze wie besonders die der Kinder im Bezirk Geringswalde fcstgestellt seien, dann tväre es seiner Ansicht nach richtiger gewesen, das Ministerium hätte nicht nur gesagt: Geringswalde habe sich zurückhaltend benommen, sondern: Diese Beträge reichten nicht aus, um eine Familie durchzuhalten; drei Mark genügten unter keinen Umständen, um vier Kinder in einer Woche zn ernähren, die Familien müßten dann schließlich elendig lich Not leiden. Auch die Stadt Mittweida aus der AmtShaupt« Mannschaft Rochlitz bezahle nicht das, was sie bezahlen müßte, wenn sie ihre eigenen Grundregeln der BcdarfStafel anerkennen würde. Reben diesen Amtshauptmannschaften, die zwar den Bedarf festgesetzt hätten, aber ihre Sätze nicht demrntipr-chend modernisiert Hütten, gebe es eine ganze Menge von Bezirken, die auf Grund der ministeriellen Verordnungen entweder gar nichts getan oder nur ganz ger ngfügigc Zubesserungen in die Wege geleitethätten. Auch in der Amtshauptmannschast Zittau und in dem Unter st ützungsbezirk der Stadt Plauen sei ebenfalls sehr wenig getan worden. In den Bestimmungen der Stadt Plauen bestehe immer noch die Bestimmung, daß, wer ein Vierteljahr die Miete nicht bezahle, dann gegebenenfalls ein Drittel seiner Unterstützung von der Miete gekürzt erhalte. Der Redner geht sodann des näheren auf die Unterstützungssätze ein, die ein selbständiger Textilarbeiter in Plauen, der allein wohnt, erhält, sowie auf die Unterstützungen, die der Unterstützungsbezirk Frciber, und der Bezirk der Amts- hauptmannschaft Borna-Lausigk getvährt. Auch die AmtShaupt- Mannschaft Zwickau einschließlich der Textilstädte Crimmitschau und Werdau seien ebenfalls in der Unterstützung der Textil arbeiter und aller jener Arbeiter, die nunmehr unter die Textil- sürsorge fielen, recht zurückhaltend. Wohl sei auf da- Vorgehen, das von feiten der Arbeiterschaft geplant worden sei, und aus die Verordnungen, die vom Ministerium des Innern erlassen worden feien, die Unterstützung nm 1 M. erhöht worden, und zwar für die Ehepaare auf 15, für alleinstehende männliche Perfonen auf lO, für weiblick c auf 9, für die, welche den Haushalt teilen, auf 7M. und üM. erhöht worden. Aber die Kinder hätten keinerlei Zubuße erhalten. Man sehe also, daß es allerdings bei den Unterstützungsverbünden nicht vorwärts gegangen fei. Besonders in den UnterstützungS- ortcn der Amtshauptmannschaft Großenhain würden Teilarbeits lose kurzerhand abgewiescn. Zu den Amtshauptmannfchaften, die wenig leisteten, gehöre auch die Amtshauptmannschast Plauen. Dort würden ganz niedrige Sätze bezahlt und zwar 17 M. für ein Ehepaar. Eingaben hätten keinen Erfolg. Versammlungen, die zu der ArbeitSloscnfürsvrge Stellung hätten nehmen wollen, seien da durch illusorisch gemacht worden, daß dieselbe Amtshauptmann- ichaft die Manuskripte sür die Referate eingefordcrt habe, und so könnten die Arbeiter dort nicht über die Sache verhandeln. Die Amt-Hauptmannschaft Kamenz habe kurz versügt, daß in Fällen dringender Bedürftigkeit 20 Proz. über die bis- htrigen Unterstützungssätze bezahlt werden könnten, aber zu gleicher Zeit mit verfügt, daß nur in den allerdringendstcn Fällen die betreffenden Perfonen zu Gesuchen zu veranlassen feien. Nur einige Bezirke im ganzen Königreiche Hütten sich der Pflicht unterzogen, wesentlich erhöhte und damit den Verhält nissen einigermaßen entsprechende Unterstützung-einrichtungen zu treffen. Tas feien neben den AmtShauptmannschäften Dresden-A. und TreSdcn-N. auch die Stadt Dresden felbst. In diesem Be- z rke habe man die Sache so angefaßt, daß man über den ganzen Bereich dieser Bezirke einheitliche Bestimmungen gelroffen habe,
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