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Frankenberger Nachrichtsblatt und Bezirksanzeiger : 09.03.1872
- Erscheinungsdatum
- 1872-03-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786996049-187203097
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786996049-18720309
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786996049-18720309
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFrankenberger Nachrichtsblatt und Bezirksanzeiger
- Jahr1872
- Monat1872-03
- Tag1872-03-09
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140 nigung der Kirche gebeten; die ganze Umgebung der Päpste widersetzte sich jeder Aenderung, wei sie von jedem Mißbrauch Nutzen und Gewinn zog und weil jede Abstellung eine» Mißbrauchs eine Einschränkung der päpstlichen Macht gewe sen wäre. So breitete sich die Reformation auS, kte deutsch-österreichischen Länder und Böh men waren größtentheilS protestantisch, in Baiern war der Adel protestantisch und heimlich selbst Kaiser Maximilian U. Da entstand der Jesu itenorden, die Jesuiten wurden die Beichtväter und GewissenSräthe an den katholischen Höfen, und führten mit Gewalt und Lift, mit Feuer und Schwert (Inquisition) Oesterreich und Bai- «rn rc. nach Rom zurück. Der 3vjährige Krieg, der Deutschland grauenhaft verwüste» und Deutsch land mehr als zwei Jahrhunderte ohnmächtig und zum Spott gemacht hat, war ihr Werk. DaS find dieselben unermüdlichen Jesuiten, die auch heute wieder die geschworenen Feinde und Unterminirer eines einigen, mächtigen und glücklichen Deutschlands und die guten Freunde aller Feinde Deutschlands sind. (Hildb. Dorfztg.) Vermischtes. > Dresden, 6. März. Zum 75. Ge burtstag des Kaisers, am 22. d. M. »sollten bekanntlich die 4 Millionen Thaler, welche der Reichstag zur Belohnung verdienter Männer im deutsch-französischen Kriege ausgesetzt, zur Berlheiluug gelangen. Kaiser Wilhelm hat je- doch nach Rücksprache mit einer Commission un parteiischer Generale, die er zu diesem Bchufe eingesetzt, schon jetzt folgenden Persönlichkeiten die Anerkennung und Belohnung des Vaterlan des zugewendei: v. Moltke, v. Roon, als den Schöpfern deS jetzigen deutschen Heerwesens; v. Werder, v. Gäben und v. Manteuffel, als den nichtsürstlichen selbstständigen Führern ganzer Heere; v. PodbielSki, v. Stosch, v. Siiehle, v. Blumenthal, v. Sperling, als den Gcnerolquar» tiermcistern der verschiedenen Heere; v. Kamekc und den Erben deS Generals v. Hindersin we- gen besonderer Verdienste; v. d. Tann, v. Hart mann (Baiern), v. Obernitz (Würtemberg), v. Beyer (Baden), Herzog von Würtemberg, v. Fransecki, v. AlvenSleben, v. Tümpling, v. Za strow, v. Manstein, v. VoigtS-Rheetz, v. Bose, als den Befehlshabern besonderer ArmeecorpS; v. Fabrice (Sachsen), v. Pranckh (Baiern), v. Suckow (Würtemberg), als besonders ver- dienten Kriegsministern, endlich Delbrück, als dem Präsidenten deS ReichSkanzleramteS. Wie man von verschiedenen Seiten hört, wird der diesmalige GebunStag des Kaisers hier und an anderen Orlen festlich begangen werden. ES ist wirklich ein reich bewegtes Leben, welches Kaiser Wilhelm hinter sich hat, denn man bedenke nur, daß er schon vor 59 Jahren dem Feldzuge von >8I3 beiwohnte. — Die heutigen Verhandlun gen der zweiten Kammer über daS neue Volks schulgesetz fielen mit den Verhandlungen deS preu ßischen Herrenhauses über daS SchulaussichtS- gesetz zusammen. Bedeutungsvoll sind beiderlei Verhandlungen, aber eS läßt sich nicht leugnen, daß die Tragweite derselben in Berlin wiederum auf die Bedeutung deS GroßstaateS hinweist. Man freut sich vielleicht im Reiche unserer Ge setzgebung, aber bestimmend auf Vie anderen Staaten wirkt doch nur die in Berlin. — Ganz Dresden wurde heute Nachmittag um 4 Uhr durch einen ziemlich heftigen Erdstoß in Aufre gung versetzt. Biele hörten ein dumpseS Rollen, welches sich mit dem Stoße in der Richtung von Südost nach Nordwest fortzupflanzen schien. — Einen eigenthümlichen Eindruck in der Ge- schäftSwelt macht der jetzige Stand der Kohlen- actien, manche ganz gute, sogar vielversprechende Unternehmungen, zu welchen man auch die gut- geleitete „VaterlanbSgrube" bei OelSnitz rechnet, sehen ihre Actien ganz vernachlässigt, ja Häni- chener, welche sicher über 40 pCt. Dividende «ragen, stehen nur auf 315. Und bei alledem sind die Kohlen ziemlich so »Heuer wie zuvor. r. Leipzig, 7. März. Gestern Nachmittag wurde ca. 5 Minuten vor 4 Uhr «in ziemlich heftiger, mehrere Sekunden anhaltender wellen- sörmiger Erdstoß beobachtet. Die Fenster, scheiben, Gläser rc. klirrten, ja Möbel rückten, Kalk lößte sich von den Wänden und stellenwriS sind sogar Thüren aufgesprungen. Mehrfach sind die Leute aus den Häusern geeilt, in der Meinung daS HauS stürze ein — einc Vermuthung die durch daS schreckliche Unglück in Frankfurt a s M. ziemlich nahe gelegt war. Schreiber dieses beobach tete den Erdstoß in seiner Wohnung als eine heftige Erschütterung, wie wenn recht schwere Wagen schnell vorbeisühren; dazu hörte ckan ein dumpfes Dröhnen. Fußgänger auf den Stra ßen fühlten unter sich ein Schwanken. — Von allen den Orten, welche an den von hier auS- gehenden Eisenbahnen liegen, ist Nachricht ein- getroffen, daß man ebenfalls den Erbenstoß be- obachtet habe — in Sachsen wie in Thüringen und Preußen, stellenweise scheint auch die Er schütterung heftiger gewesen zu sein als hier. Der noch nicht 17 Jahr alte Pferbejunge Bucher aus Zschopau, welcher am 2. Weth- nachiSfeiertage seiner, wie er glaubte, schwange ren Geliebten, Charlotte Silbermann, welche mit ihm in Priliz diente und die beiläufig 37 Jahr alt war, aufgelauert, ihr eine Schlinge über den Kopf geworfen und sie dann an einem Baume ausgehängt hatte, ist am 16. Februar in Meißen wegen Mordes — mit Rücksicht aus sein Alter — zu 12 Jahren Gefängniß verur- theilt worden. Dem „CH. T." zufolge ist am 6. März der bekannte socialbemokraiische Agitator Ufert vom Bezirksgericht Miiiweida zu 3 Monaten Gesang- niß veruriheilt worden. Von der Strafe kom- men 2 Monate Untersuchungshaft in Abzug. Zu Leipzig wurde vor einigen Tagen in der Pleiße ein männlicher Leichnam gefunden, in welchen man den seit ca. 4 Monaten vermißten Chef einer sehr bedeutenden und weithin bekann ten dasigen Kunsthandlung erkannte. Der Un> glückliche hatte sich in den besten Verhältnissen befunden. Unsere gefallenen Helden, die in elsaß-loth- ringischer Erde ruhen, dürfen ruhig schlafen. Von RcichSwegen ist dafür gesorgt, baß sämmt- liche Grabstätten , auch die Einzelgräber außer, halb der Kirchhöfe, kenntlich gemacht und in dauernde Obhut genommen werden. Den Be- sitzern der betreffenden Grundstücke ist eine Ent schädigung bewilligt worden. Der Kaiser hat baS dahin zielende Gesetz bereits vollzogen. Diejenigen ehemaligen französischen Kriegs- gefangenen, welche sich zur Abbüßung der ihnen durch richterliches Uriheil zuerkannten FreiheitS- strafen in baierischcn -Strafanstalten befinden, ind vom König zum Behuf« der Rückkrhr in hr Vaterland begnadigt worben. ES find neuerbingS in Berlin falsche Fünf thalerscheine vorgekommen, welche den ächten zwar täuschend ähnlich sehen, von denselben aber sehr leicht zu unterscheiden sind. Auf den fal schen erscheint di« in dem blauen Rande befind- liche Schrift, wenn der Schein gegen das Licht gehalten, ganz dunkel, wie mit Tinte geschrieben, während sie auf den ächten dunkelblau ist. DaS Heil kommt nicht von den Jesuiten: elbst die Posener kommen nach und nach dahin- ter. Deshalb wollen sie dem Treiben zunächst der nichtstaatSangehörigen Jesuiten, Mönche und Nonnen, mit denen die arme Provinz leider allzu reichlich gesegnet ist, ein Ziel setzen. Die Ausweisung derselben ist bereits angeordnet. Dir Oesterrricher jammern schon über die zu befürch tende Einwanderung in ihr Gebiet. Sie meinen, ihr Reich s«i immer für vertriebene Fürsten und Jesuiten daS gewesen, was Preußen für ver. folgte Protestanten war. Den Unterschied der beiderseitigen Einwanderung aber erweise Vie Geschichte der kleinen blutarmen Mark Branden burg, die jetzt zu Deutschland angewachsen sei, während Oesterreich in Kämpfen und Krämpfen liege. In Wiesbaden haben die Soeiasdemokraten eine Versammlung, welche zur Gründung eines ZweigvereinS der „Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung" berufen war, in ihrer ge» wöhnlichen Manier gestört, so daß die Polizei schließlich die Versammlung auflöste. — Die Führer ber Schwarzen und der Rothen können die Volksbildung nicht ertragen, di« ihrer Herr» schast eia schnelles Ende machen würde. „Was wir von Frankreich lernen können", unter diesem Titel hielt Prof. Sybel dieser Tage in Bonn einen Vortrag, in welchem er unS Deutsche ermahnt, nicht zu wähnen, baß wir schon heute unsern westlichen Nachbarn in Allem überlegen seien. ES wäre sehr verkehrt und ge» sährlich, die Franzosen gering zu schätzen oder als verkommenes Volk zu verachten. Sie sind fleißig, geistreich, geschmackvoll und Übertreffen unS noch heut« auf manchem Gebiete; sie find anders als wir, aber sie find ebenso begabt wie wir, es wäre die größte Wohlthat für die Welt, wenn sie eS unS möglich machten, uns wieder, wie vor dem Kriege, im Austausch der beider- jeiligen Vorzüge zu ergänzen, auf den Gebieten friedfertiger Arbeit mit einander zu wetteifern. So lange sie uns aber feindselig bleiben, wäre eS selbstmörderische Thorheit, wenn wir einen Augen blick vergäßen, daß wir allen Grund haben, unS angestrengt zusammenzunehmen. Ihr großer Nachiheil liegt in ihren Einrichtungen und An schauungen in Staat und Kirche, wo sie Macht und Selbstständigkeit nicht zu versöhnen wußten, sondern unaufhörlich zwischen Willkürherrschaft und Revolution hin- und herschwanken. Wol len wir uns ihnen überlegen zeigen, so Hal sich unser Streben vor Allem auf dieses Gebiet zu richten. Wir können daS tüchtigste Volk der Erde werden, wenn wir im menschlichen Ver kehr, in Ackerbau und Industrie, in Wissenschaft und Kunst von den starken Seiten der Franzosen einen und zugleich der Versuchung wiederstehen, n Politik und Religion in ihre Schwächen und Fehler zu verfallen. Wer sich etwa durch baS immer wieder ertö- nonbe Rachegeschrei ber Franzosen auS seinen üßen FriedenSträumen schrecken läßt, der möge ich nur ruhig wieder aus'S Ohr legen: daS Corps der Rache ist noch nicht gerüstet. Stim men auS Frankreich selbst schildern di« DiS- ctplin in der Armee als beinahe unmöglich ge worden. Die meisten Offiziere beschäftigen sich ausschließlich damit, die Zeitungen zu lesen und zu politisiren. Fern davon, ein Nationalheer zu werden, neigt die französische Armee dahin, zu bleiben, was sie unter dem zweiten Kaiserreiche war. Kleinliche Eifersucht, unberechtigte Ent» rüstung, politische Streitigkeiten, Spöttereien übe« die im letzten Kriege besiegten Generale, unmä- >ige Gier nach Beförderung, das Alles bildet >en auflösenden GAHrstoff. DaS Herr ist von einer moralischen Erschlaffung ergriffen, aus der eS sich nicht sobald wieder wird «heben können. Damen der Pariser großen Welt tragen jetzt auf den Bällen folgend« Trauertoilette: Schwarz» eideneS, mit weißen Spitzen und rothen Rosen zcschmückteS Kleid; in den Haaren diamantene „Thränen". Ein solcher „SchwerzenSschrri" als Anzug kostet bloS 14,000 Francs l DaS jetzt erschienene Buch deS Generals Vinov über die Belagerung von Paris enthält höchst werthvoll« Aufschlüsse zur Geschichte deS 18. März, der Zeit, von der an die SchreckenSherr- chaft der Eommune datirte.' Die Frage der- Wegnahme der Kanonen auf dem Montmartre wird darin sehr ausführlich behandelt. Der Ge»
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