Sächsisches Kirchenblatt

MMs ZirchMM Vie Wahrheit in Liebe! Vie Liebe in Wahrheit! vr. z, - 74. Mrgang I. MgUst IY24 Verlag ung N»rliel«ri<ng: üerrnkul Monair üerugrpreiri so pirnalge Kus der Welt des Islam. Der unermüdliche Vorkämpfer der Mohamedanermission O. Sam. Zwemer veröffentlichte jüngst in seiner Zeitschrift „Moslem World" neue Zahlen über die Anhänger Mohameds. Danach wohnen in Amerika etwa 200000, in Australien 40000 Mo- hamedaner, in Europa immerhin noch 17^1 Millionen, zumeist in Rußland (151/3) im Gebiet des Schwarzen Meeres; in Afrika leben 59V/2 Millionen Mohamedaner, vor allem im Norden Afrikas, aber auch bereits 38 Millionen islamisierte Neger südlich der Sahara und in Ostafrika; in Asien 157*/» Millionen, und zwar im nahen Orient (Türkei, Syrien, Arabien, Mesopotamien, Persien, Afghanistan usw.) in Indien (70 Millionen) und in Niederländisch Indien (36 Millionen). Die Gesamtzahl der Mo hamedaner wird auf 234,8 Millionen angegeben. Von ihnen stehen 1058/4 Millionen unter englischer, 31,8 unter französischer, 39,0 Millionen unter holländischer, 15 1/3 Millionen unter russischer, 1^/3 Millionen unter italienischer Herrschaft, d. i. 4/5 aller Mo hamedaner stehen unter der Herrschaft der „verhaßten Christen hunde". Politisch unabhängig sind nur die Türkei mit 8*/» Millionen, Persien mit 91/3 Millionen, Afghanistan mit 6^8 Millionen, (China mit 12 Millionen Mohamedanern) und dann allenfalls noch die unter englischem Einfluß stehenden Länder des nahen Orients: Ägypten, Arabien und Mesopotamien. Der Islam zieht sich wie ein breites Band mitten durch die Kulturmenschheit, von Marokko im Westen bis nach Indien und Niederländisch-Jndien im Osten. Geeint durch die eine heilige Sprache, die arabische, durch das eine heilige Buch, den Koran, durch die Wallfahrt nach Mekka lebt unter den Mohamedanern das Bewußtsein von einer Bruderschaft, die eine besonders be vorzugte Stellung bei Allah gegenüber allen „Kafir," allen Un gläubigen, habe. Aber in jüngster Zeit zeigt sich, daß dennoch tiefgreifende Unterschiede die Welt des Islam zerspalten, und wie unter dem Erwachen des nationalen Gedankens der sogenannte „panislamische (allislamische) Gedanke" und der Gedanke der Theo kratie Allahs zurücktreten. Man kann acht Hauptgruppen von Moslemen unterscheiden: 1.) Arabisch sprechen und verstehen nur die kaum mehr als 4 Millionen Bewohner der Halbinsel Arabien und derjenigen Länder, die sich der arabischen Kultur geöffnet haben (Nordrand von Aflika und Syrien), insgesamt ungefähr 25 Millionen. 2 ) die Türken und Kurden, etwa 12^/2 Millionen Menschen. 3.) die Neger südlich der Sahara und Ostafrikas. 4.) die Perser, Afghanen und Bewohner Beludschistans (14 Mil lionen). 5. der Zahl und Kultur nach am bedeutungsvollsten die etwa 66 Millionen Moslcme Vorderindiens. 6.) die Völker- nördlich und östlich des Schwarzen Meeres (Buchara, Samar kand) 20 Millionen. 7.) die etwa 35 Millionen d. i. die Haupt masse der Bevölkerung Niederländisch-Jndiens, und 8.) die 12 Millionen Chinesen. Diese Gruppen sagen uns schon, welche bedeutenden Unterschiede die islamische Welt durchziehen, die da zu auch weitgehende religiöse Spaltungen kennt. Die Geschichte der Mohamedaner-Mission ist das schmerzlichste Kapitel der Kirchen- und Miffionsgeschichte der Christenheit. In einem Jahrhundert von Mohameds Tod an (632) bis zur Schlacht Karl Martells bei Poitiers und Tours (732) wurde der christ lichen Kirche etwa die Hälfte ihres Besitzes entrissen und zwar gerade jene christlichen Länder, wo die Kirche das reichste Leben entfaltet hatte. Die christliche Kirche stand diesem neuen Gegner schier machtlos gegenüber. Die Kreuzzüge hielten dann ein Viertel- jahrtausend die mittelalterliche Welt in Atem. Aber die Er oberung der „Bibelländer" gelang nicht! In dieser und der Folgezeit wissen wir nur von einem christlichen Missionar, der die Auseinandersetzung zwischen Islam und Christentum mit geistigen Waffen zu sühren versuchte. Es war der ehrwürdige Raymundus Lullus, der 1315 den Märtyrertod erlitt. Neben ihm standen schließlich die Bettelmönchorden der Franziskaner und Dominikaner, aber sie waren weniger die Nachfolger seines Geistes und Glaubens. Erst ein halbes Jahrtausend später besann sich die christliche Kirche ernstlich auf ihre Aufgabe in der Welt des Jslav, und zwar ist es hauptsächlich die evangelische Mission, die sich um sie bemüht, allen voran die englische Kirchenmifsion. Jüngst waren so wiederum mehrere „Konferenzen für Moha- medancr-Mission" einberufen, die alle Länder des Mittelmeers umfassen sollten. Den Anfang machte im Februar dieses Jahres eine Konferenz für Marokko und Algerien in Constantine, dann kam eine zweite für Ägypten, Sudan, Abefsynien in Heluan bei Kairo, dann eine dritte für Syrien in Beirut. Wegen der poli tischen Verhältnisse konnte eine vierte, für die Türkei geplante Konferenz nicht stattfinden. Den Abschluß bildete dann die Haupt konferenz in Jerusalem vom 3.—7. April d. Js., wo die oben genannten Länder, wie auch die Türkei, britisch-und niederlündisch- Jndien, Turkestan und China vertreten ivaren. Die Leitung aller Konferenzen lag in den Händen des amerikanischen Miffions- mannes John Mott, ferner waren fast alle gewichtigen Persön lichkeiten der Mohamedaner-Mission vertreten, darunter auch v. Zwemer. In dem von Missionar Enderlein der Sudan-Pionier-Mission, der jetzt in Palästina in Verbindung mit der Karmelmission unter Ärabcrn arbeitet, vorgelegtem Bericht heißt es: „Die durch den Weltkrieg verursachte Umwälzung auf dem Missionsgebiet und die damit verbundene Zertrümmerung mancher früher ge hegten Missionshoffnung, das rasche Anschwellen nationalistischer Bestrebungen und Nassebewegungen, entgegen aller panislamischer Politik, das bislang noch immer gärende bolschewistische Element, die Erschütterung im Herzen der islamischen Welt infolge der Absetzung des Kalifen, die zunehmende Abhängigkeit der islamischen Welt von den Mandaten der europäischen Mächte, die kritische Auseinandersetzung mit der aus christlichen Ländern stammenden Zivilisation, der vom Abendland dem Morgenland sich mitteilende Skeptizismus, die Auflösung gegenüber traditionellen und äußeren bisher bestehenden Ordnungen, der Hunger nach mehr Bildung, neue hohe Gedanken und Erfindungen, die tiefgreifende Frauen- Emaazipation im Orient, der wachsende Geist der Freundschaft auf feiten der abendländischen Kirchen zu den orientalischen, der teilweise eine Verbrüderung und Vereinigung zum Ziel hat, einige reaktionäre Bewegungen, — alles dies deutet darauf hin, mit welchen epochemachenden, einschneidenden Veränderungen die heu tigen Missionsvertretungen daheim und draußen zu rechnen haben."— Soweit Missionar Enderlein. Auf der Konferenz in Jerusalem gruppierten sich alle Verhandlungen um die beiden Hauptfragen 1.) Wie können die abendländischen und morgenländischen Völker in ihren wechselseitigen Beziehungen zueinander in ehrlicher, unparteiischer Weise beeinflußt werden? und