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Sächsische Staatszeitung : 21.03.1932
- Erscheinungsdatum
- 1932-03-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480732469-193203213
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480732469-19320321
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480732469-19320321
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Staatszeitung
- Jahr1932
- Monat1932-03
- Tag1932-03-21
- Monat1932-03
- Jahr1932
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 21.03.1932
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Sächsische SlMszeilung den Zreistaat Sachse« Dresden, Montag, 2T. März ^932 Nr. SS Am 22. März 4832 starb Goethe Anzeigenpreise: 32 wm breite, S »w hohe Grundzeile oder deren Raum 35 Pf.. 66 ww breU im amtlichen Teile 70 Pf., ReNamezeile t RM. Ermäßigung aus Geschästsanzeigen, Familiennachrichten und Stellengesuche. Schluß der Annahme vormittag« 10 Uhr. Staatsan^eiger für Erscheint Werktag» nachmittag» mit dem Datum des Erscheinungstaget. Bezugspreis: Monatlich 3 RR. Einzeln« Nummern 1S Pf. «chrlftleltg. u. Geschästsstell« Dre»d«n.«. 1, Er. Zwingerstr. 16. Rus 14K74 u. 21 29». Postscheck-Konto Dresden 2466 / Staatsbank-Konto 674. niebuna-Iiste der Staat-schuldenverwaNung, Holzpflanzen- verkaussliste der GtaatSforstverwaltung. «eltweise Nebenblätter: Landtag» - Benage, o u > verantwortlich für die Schristleitun«: A v- vr. Ari» Klauber in Dresden. «rnn am 22. März der Lag zum IW. Mal« Wiederkehr», an dem Deutschland» vollendetster Geist seinem »landen gemäß in die Unsterblichlelt etnging, so kann der rag, der damal» die Klage um den unersetzlich,» Verlust entfesselte, kein rrauertag «ehr sein: er dedentet setzt da» freudigst,lze Vewnßtset» eine» »nderlterdare« Besitze», der dem Volte Goethe» nicht gern«»» »erden tan», e» sei denn, daß e» sich selbst ansgtbt. Die immer neue Erwerbung diese» vesltze» und da» gläubige Aesthalten an de« geistig«, «liier, der Natta» spendet die Kraft de» Aufblick» zum Ewigen und zur Er hebung Rber dte Not der Zeit. Goethe hat in den Jahre» hossnuugölosen Tiefstand«» seinem Bolle den Weg der Wieder geburt gewiesen. Seine größte Dichtung zeigt die Vision de» freien Volle» auf freiem Grnnde al» et» v«r«ächt»i» de» Dichter», der, weit in die Zukunft blickend, dte Aufgabe» »e»er Gesell. schaft»ord»,»g al» Naturgesetz wechselseitiger Hilfe und »erltätiger Liebe ausfaßte, «ie er selbst alle »egeusätze der menschliche» Natur in sich trug und de» leidenschaftlich,» Zwiespalt sei»e» Jauern zu« befreienden Einklang brachte, so mahnt sei» Geist zur einträchtige» überwtnd»ng selbstzersleischeade» Streite». Der Nam, Goethe bedeutet dem deutsche» Bolle et»e Botschaft inneren Jr^ed,»». Wl, Goethe» Werl an» alle» Wurzeln de» Volkstum» ausstieg und dessen Kräfte zujamm,»- saßte, so wird seine Erscheinung znm Sinnbild ein,» Ein-gesühl- der über Dentschland» Grenzen hinan» in seiner Sprache verbanden«» Gemeinschaft. Goethe» 1»». Tod,»tag soll, wie rinstmal» Schiller» lW. G,b«rt»tag, ei» «tckrnf für da» Einheit-delenntni» de» über dte ganze Erde zerstrente» Deutschtum» werde». Wie nach Goethe» Meinung erst die Erfüllung im eigenen Boltslum Sch»i»gkrast verleiht zum Einswerd,» mit der Welt, so ist sein Dichterwort al» Stimme der «enschheit zur Welt sprache geworden, in der die BSller der Erde einander »erstehen lernen. Die Goelhe-J«ter wird zur «eltseler. Wen» am 22. März i» der Sterbestu»de d,» Mittag» die Glocke» läute», soll der Geist Goethe» dnrch alle de»tsche» Lande ziehen. Während im Namen de» drntsche» Bolle« der Kranz am Sarge der Weimarer Fürst,ngr»ft aiedergelegt wird, möge sich jeder Deatsch« daalba, drwaßt sei», daß Goethe auch siir ihn gelebt und gewirkt hat. Da« Goethe-Jahr soll die ganze Bolts- gemeiuschast l» eine« Erlebnis zusammeuführea, da» mit großer Vergangenheit vrrdladet und über die Not der Gegenwart eine Brücke schlägt in eine bessere Zukunft. ReichNvrasideu« v. Hindenbuig »«icholaazter vr vrüning 0r «ernu«, Landrat a S-, Vorjitz,«»«, »e» Freien renttwen Hochittit«, Frantfnri a M. Orof. vr Beutler, Siretto» de« Moelhe- museum» und de* Freien TrintGen Hdchtttft«, Frankfurt a M Vr Han« Var» »la »Ml Friedrich, Vertreter »er Lewjiaer r,ud«n»e> ichai« vr Moerdele», LderdürgermeiUer da Leipzig wrrmrne, preuh,scher Minister für rststenichaft, «ml« «nd V»l»«tuldu«g Meichmuinister vr. d. <, Uiroener. vr. d e. iiierhart Haupt,« an n. vi Riecarda Huch vr. »»st««», tyarinaischer Minister für vaitadildung Graf, vr. «tippen berg, Vi^prüsident der iLoetheneieUrchaf« vr vr. d e. itrwin wiNotbenheve». vr. Land mann, Vberdürgermerster von Frankfurt a.«. vrof vr. Litt, Mettor der Universität Leipzig Vrof. vr. Löhletn, Mektor der Universität Jena Vrof. vr. Madelung, -Nektar der Universität Frankfurt a M. vrof. vr. lhoma« Mann. vr.Müller, vderdürgerineister von W«imar UniversitLioprokeiior vr. v« treten. Präsident der «oethegesellschaft. vr. Mich p. Scholz. Her,«an, Stehr, vr. Ulbrich, veneralmteudant d«a Sentschen MaUonaltheater« in Mei mar vrof. vr Mahl, Direktor de« HZoeth» dla«,onal»msenm» de« voeth«- und Schiller-Archiv« und der klassischen Stätten ,n Menn ar Soeihes ewige Wandlung. Von vtto H. Braadt (Dresden). Wie lein anderer Deutscher hat Goethe mit seinen Gaben un« und ble Welt bereichert, zu einem groß artigen Gipfel sein Leben gestaltet und e« zuletzt zum ergreifenden Abschluß geführt. Da« Wort, da- selbst über Shakespeare' gesprochen hat, Paßt auch auf ihn: Man kann über ihn garnicht« sagen, eS ist alles unzulänglich." In den letzten SO Jahren hat sich daS Bild, daS wir heute von Goethe besitzen, wesentlich gewandelt. Aufgeräumt ist mit dem Bilde de- klassischen Dichter» wie dem des harmonischen Olympiers. Die Goethe- Anschauung unserer Zett sieht keine abgetrennten Tätig- leiten mehr, sondern schaut die kraftbestimmte Ganzheit, aus der Leben und Dichtung, Staatstätigkeit und Natur forschung, Kulturpolitik und religiöse Wesenheit organisch entspringen. Sie empfindet den einheitlichen Zug dieser lebendigen Gestalt, aber sie weiß zugleich, daß dieses geistige Wesen nie rein erscheint, sondern sich im lebenslangen Kampfe gegen dämonische Hemmungen bel-aupten muß Durch sein Erscheinen hat Goethe Ziel und Sinn der Menschheit offenbart; in ihm findet der ruhelose Drang des ewig in Verwandlung begriffenen Menschen den stärksten Ausdruck. Da» mag auf den ersten Augenblick widerspruchsvoll erscheinen. Dieser Goethe, dessen Sünden und Unvollkommenheiten, dessen mensch liche Schwächen und geistigen Grenzen bekannt sind, sollte al» Norm gelten? Wer so fragt, weiß nicht worum e» geht. Richt Goethes reale Erscheinung, nicht die einzelnen Leistungen gelten als Norm, sondern die Idee Goethe, sür die alle Lebensäußerungen und Leistungen nur symbolischen Wert haben. Auf dem Verkennen diese» Unterschiedes beruht der mißverstan dene Goethe-Kult, der froh ist, wenn er Regen würmer findet. Auch die irren, die Goethe» Wesenheit für widerlegt halten, weil Zeit und Wissenschaft über ihn hinauS- geschrttten sind. Dte moderne Biologie hat die natur wissenschaftliche Ahnung Goethe» abgeschlossen; seine sozialpolitischen Gedanken hat erst da» 19. Jahrhundert ganz verstanden; seine Wellanichauung taucht in verwan delter Gestalt bei Gimmel und Bergson auf. Und mag auch Goethe» Dichtung ,m einzelnen erreicht oder übertroffen sein, gleichwohl besitzt kein Dichter nach Goethe die gleiche repräsentative, normgebende Kraft. Auch heute noch wird alle», wa» wir Dichtung nennen, am Maße seine» Bilder gemeßen. Drei große Eindrücke tragen sich, wenn wir Goethe» gesamte» Wirken überblicken: der eine» ungeheuren Reichtum», da» Gefühl einer wunderbaren Harmonie und die Empfindung unbegreiflicher zahlloier Wider- spräche. Do haben wir ,m Grunde von Goethe gar kein Bild, sondern ein« Vielheit der Bilder. Da ist der Goethe in Leipzig, in Frankfurt, in Straß- bürg, in Weimar, tn Italien, da «st er al» Abgott der Romantik wie al» der Heilige Eckermann». Kurz, unser Bil» von Eoethe bleib» da» eine» Sich-ew,g- Wandelnden, wa» schon di« Zettgenoffen je nach Temperament und Veranlagung befremde», überrasch, oder begeistert ha». Auch da« erschein, nicht übermäßig erstaunlich zunächst, denn tn jedem Leben vollzieh, sich eine En,- Wicklung, der »eg zwischen Jugend und Alter Wa» ober Goethe vor anderen au««etchne». ist da« Raß der Wandelbarkeit, die Steigerung dieser her- kömmtichen Form de- Leben« zu etwa» Außer ordentlichem. Goeihe hatte die Kraft, sich jeder einzelnen Phase seine» Leben» ganz hin- zugebcn, in jedem Lebensabschnitt ein ganzer Goeihe zu sein. Gerade dadurch gewinnen wir den Eindruck ewiger Jugend bei ihm ebenso sehr wie den Eindruck de« Ewig-sich- Widersprechenden. Neben- und nacheinander nimmt diese« Leben dte mannigfaliigsten Formen an. Da» geschieht «n der produkiiven Tätigkeit al» Dich ter, Künstler, Staatsmann und Wissenschaftler. Auch seine dichterische Tätigkeit wandelt sich beständig. Sie setzt ein mit der Rokokodtchtung de» Leipziger Studenten und führt über den Naturalismu» de« Sturme« und Drange« zurück zum stilvollen Realismus der reisen Zett und zum Symdolismu« de» hohen Alter«. Er empört sich gegen die Idee der Dttte und wen det sich zuletzt, tn den Wahlvenoandtschaften, wieder zu ihr zurück, von der Faustischen Unersättlichkeit ringt er sich früh zur Entsagung durch. Selbst wie sich Goethe zur Welt ver hält, unterliegt einem ständigen Wandel: von der überschwenglichen Verkündigung «Gefühl ist alles" br» zu dem männlichen Bekenntnis »die Tat ist alles"; von der warmen, hin gebenden, ausgeschloffenen Jugend mit ihrer sieghaften Unwiderstehlichkeit zu der kalten, zurückhaltenden, zugeknöpften AlterSsorm mit ihrer olympischen Unnahbarkeit. Tausend Widerspräche scheinen tn diesem Leben zu liegen. Der große Revolutionär der 70er Jahre, der seinen Götz mit dem Worte „Freiheit" sterben läßt, ende« al« jener große Reaktionär, der den Feind des Vater lands, Napoleon, preist, weil er Ordnung ge schaffen Hot nach den Jahren der Revolution. Nur dadurch wird uns dieser Widerspruch ver ständlich, wenn wir un« zum Bewußtsein bringe«, daß es dte Eigenart dieses Leben» ist, sich jedem seiner Abschnitte und ebenso jeder Wendung seiner Gefühl« und Gedanken ganz und völlig hinzugeben. So bleibt der Eindruck der Planlosigkeit nur äußerlich. Tatsächlich ist Goethe- Leben eines der zielbewußiesten. Viele kluge Darsteller von Goethes Leben haben die Umwege bedauert, durch die der Dichter mir Zeit verloren habe. Dies« banaulen- haste Betrachtung des 19 Jahrhunderts ist heute über wunden, denn es gekört zum Wesen dieses Leben», sich treiben zu lassen, sich den jeweiligen Inhalten de» Lebens hinzugeben. Goethe war sich diese, Eigenart wohl bewußt und aus ihrer Erkenntnis stammt wohl da« Wort de» Faust: „ES «rrt der Mensch, solang er strebt." Und doch gibt e» ein Zeichen für die innere Ziel strebigkeit bei scheinbarer Planlosigkeit: Wie Goethe nach allen Seiten hin aussliegt, so kehr, er zuletzt stet» wieder zu sich zurück. Tie>e Fluch, bestnnt mi, der Rückkehr aus dem Leipziger Schiffbruch ins Elternhaus. Er stiehl vor Friederike in Seienheim vor Loire in Wetzlar, vor Lili in Frankfurt. Ta ist ebenso die Flucht nach Weimar wie die Flucht vor Weinrar. Und eine Flucht zu sich selbst ist die Rückkehr au» Italien. All daS bekundet den Steg der eigenen Gesetzlichkeit über äußeres Schicksal, die letzte Jnstinktsichelheit eines großen Menschen, der sich nie ganz verliert. So konnte sich Goethe nm Recht als Träger eine» neuen Lebensgefühls fühlen, wie eS in seinen Jugend dichtungen, besonders in den großen Fragmenten der Frühzeit aufkl'Ngt. Es war da» Gefühl sür den Wert des Lebens an sich daS im Gegensatz zu dem des christ lichen Menschen und dem der Auftlärung stand, für die auf verschiedenem Wege das Leben Wert von außen gewann. Der christliche Mensch sah es in der Hingabe der Seele an Gott, der Mensch der Ausklürung gewann es durch die Unterordnung des Individuums unter das Gesetz der Klugheit Goethe-Jugend steht aus gegen Aufklärung, sie dte empört sich gegen die Idee de» Gesetze-. DaS ist der Sinn de- Ruse» nach Natur, den Goeihe, durch Herder vermittelt, von Rousseau aufnimmt. Das ist der Sinn der Begeisterung für das Faustrecht im Götz Richt länger bleibt wie bei Lessing die Dichtung Inhalt geistiger Ideen, sondern sie spiegelt Momente des Lebens. Darin liegt die besondere Leben-fülle der Goetheschen Dichtung, das vollkommen Reue in seine» Jugenddichtungen. Doch auch hier scheint ein Widerspruch sich zu meldem Preist nicht Goeihe neben dem unendlich flutenden Leben auch die individuelle Form? Gewiß, Goethe hat ein ausgeprägte- Gefühl der Persön lichkeit. Reben der Selbstausgabe de» Werther und Ganymed steht die trotzige Selbstbehauptung des Götz und Prometheus, neben dem Bekenntnis, sich aufzu geben s« Genuß der Preis de» höchsten Glück» der Erdenkinder, der Persönlichkeit. Au» diesem zweiten Grundgesühl wächst die be rühmte Stelle in jenem Briefe, den er 1780 an Lavater schrieb, al» er verzweifeln wollte, seinem Leben lemal» die Vollendung zu geben: ,D«e Begierde, die Pyramide meine» Dasein», deren Basis mir an gegeben und gegründet ist, so hoch al« möglich in die Luft zu spitzen, überwiegt alle- andere und läßt keinen Augenblick vergessen zu. Ich darf nicht säumen; ich bin schon weit ,n den Jahren vor; und vielleicht trifft mich da« Schicksal in der Mitte, und der babylonische Turm bleibt unvollendet- Wenigsten» soll mau sagen: er war kühn entworfen, und wenn ich lebe, solle«, will'« Gott, die Kräfte bl» htnaufreichen." So will sich
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