Suche löschen...
Wilsdruffer Tageblatt : 05.01.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-01-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192101059
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19210105
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19210105
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWilsdruffer Tageblatt
- Jahr1921
- Monat1921-01
- Tag1921-01-05
- Monat1921-01
- Jahr1921
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 05.01.1921
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
sehen sind, jedenfalls aber deutsche Volk der Vereinigung Mische Negierung in der Note vom 31. Dezember feststellt, daß die Zusagen von Spa nicht strikt erfüllt worden seien, so erinnert die deutsche Regierung daran, daß nach den eigenen Worten der Alliierten vielmehr geprüft werden soll, ob sie loyal den Bestimmungen nachkommt. Die deutsche Negierung kann von sich sagen, daß sie in voller Loyalität ihr Bestes getan hat.' Oer To- Beihmann Dottwegs. Unerwartet kam vom Gute Hohenfinow in der Mark am zweiten Tage des neuen Jahres die Nachricht, daß der ehemalige Reichskanzler Dr. v. Bethmann Hollmeg dahin geschieden sei. Mit dem Namen des fünften in der Reihe der Kanzler des 1871 neu errichteten Deutschen Kaiserreiches wird die Entstehung des Weltkrieges unzertrennlich verbunden bleiben. Weise tributpflichtig machen, welche die fernere Lebens möglichkeit ausschließt, falls der Laus der Jahre nicht Milderung der unerfüllbar erscheinenden Bedingungen bringt. Kaiser Wilhelm II. mußte die Krone niederlegen und mit seinem Thronerben in Holland Asyl suchen. Sämtliche Bundessürsten wurden durch die ausbrechenüe Revolution gestürzt und auf dem Trümmerhaufen entstand die Republik, unter der seit zwei Jahren fast vergeblich versucht wird, wieder Ordnung und staatliches Bewußtsein in dem demo ralisierten und verarmten Lande zu erwecken. Ob Bethmann Hollweg bei anderer Auffassung seiner Amts« und Verantwortungspflichten in der Lage gewesen wäre, den Schlag des fürchterlichen Unheils von Deutschland abzuwenden, ob ein anderer an seiner Stelle einen Ausweg aus dem mit zermalmender Gewalt geschlossenen Ning des Geschicks gefunden hätte, wird die noch nicht ge schriebene Geschichte unserer Tage untersuchen müssen. Seinen Anteil an dem Sturz in den Abgrund wird er für alle Ewigkeit tragen, unbeschadet der Anerkennung seines redlichen Willens, seiner sicherlich aufreibenden und unermüdlichen persönlichen Kämpfe, das richtige Ziel zu ent decken und das Steuer daraufhin einzustellen. Er hat es nicht vollbracht. Zu schwach, ihn beherrschenden und vom Kurs abdrängenden Gen«lten zu widerstehen, vielleicht gerade aus einem subtil entwickelten Verantwortungsgefühl auch zu unentschlossen, im gegebenen Augenblick vom Schau platz zu weichen, führte er das Schiff ins Verderben. Noch zeugen die vom Sturm umhergetriebenen Planken von der einstigen Größe und Herrlichkeit, aber die erregten Wogen bäumen sich noch immer erbittert über ihnen und singen einen trübseligen Grabgesang am Sarge dieses ehrlichen, aber an seiner Riesenaufgabe scheiternden, von un willigen Gegnern bis aufs Blut befeindeten und von seinen Freunden kaum noch verstandenen Mannes. So müssen wir an der Gruft seinem Wollen die gebührende Achtung zollen, sein Können erreichte nicht das Maß eines obersten Führers, dessen wir bedurft hätten. Fehltritte haften den sterblichen Menschen an, aber der Irrtum eines auf der Warte des Staatsgebäudes stehenden ersten Wächters wird Im Verlaufe dieser unerhörten Katastro phe brach nach vier jährigem Kriege die deutsche Kaisermacht, das Werk Bismarcks, zusammen, Deutsch land mußte Elsaß- Lothringen, einen Teis Schleswigs, die Kreise Eupen und Malmedy, den größten Teil der Provinz Posen, Teile von Preußen, die Stadt Danzig ab treten,fürOberschlesien einer noch bevorstehen den Volksabstimmung über die fernere Staatszugehörigkeit beipfltchten, auf seine Kolonien verzichten, seine Wehrmacht auf lösen, die Kriegsflotte ausliefern und im Versailler Frieden Lasten auf sich neh men, die heute noch nicht entferntzu über- für Menschengedenken das seiner Kriegsgegner in einer deshalb so tragisch, weil die Millionen von Volksgenossen dafür büßen müssen, ihr Fortbestehen und ihre gesamte Zu kunft in Frage gestellt wird. Sicherlich hat der jetzt Verstorbene schwer gelitten in den letzten Jahren, da er in seiner Einsamkeit die ganze Wucht des unter seiner Mitverantwortung heraufbeschworenen Unglücks erkennen mußte, die über das Vaterland herein- slürzte. Die Lebenden werden weiter daran tragen und tonnen den so bitter notwendigen Geist der Aussöhnung und des gegenseitigen Verständnisses dadurch bekunden, daß sie auch an diesem Grabe sprechen: Möge ihm die Erde leicht sein! —s. Theobald v. Bethmann Hollweg wurde am 29. November 18ö6 in Hohenfinow bei Eberswalde geboren. Von 1876—79 studierte er in Straßburg, Leipzig und Berlin, wurde 1879 Kammergerichtsreferendar, 1886 Assessor in Potsdam und 1886 Landrat des Kreises Oberbarnim, 1889 gehörte er kurze Zeit dem Reichstags an, war dann nacheinander — in den Jahren 1896 Lis 1901 — Oberpräsidialrat in Potsdam, Regierungs präsident in Bromberg und Oberpräsident der Provinz Brandenburg. 1996 preußischer Minister des Innern, trat aber bereits zwei Jahre später in den Reichsdienst als Staats sekretär des Innern über. Am 14. Juli 1969 wurde er als Nachfolger Bülows Reichskanzler, Präsident des preußischen Staatsministeriums und Minister der auswärtigen Angelegen heiten. Er blieb Reichskanzler bis zum 14. Juli 1917. Sein Nachfolger wurde Dr. Michaelis. Die Todesursache war eine doppelseitige Lungenentzün dung, deren Anzeichen sich erst vor wenigen Tagen, am 29. Dezember des verflossenen Jahres, bemerkbar machten. Die Krankheit griff rapid um sich und raffte den Vierund sechzigjährigen in der Nacht auf den 2. Januar hinweg. Die Beisetzung findet am Mittwoch um 3 Uhr in der Familien gruft in Hohenfinow statt. Beileidsdepeschen gingen u. a. ein vom Reichspräsidenten Ebert und vom Reichskanzler Fehrenbach. Kranz von Oefregger gestorben. Vom Hirtenjungen zum berühmten Maler. München, 3. Januar. Franz v. Defregger, der Nestor der deutschen Maler, ist gestorben. Er hat ein Alter von fast 86 Jahren erreicht. Schon in früher Jugend beim Viehhüten begann der Bauern sohn Defregger, der das Pustertal seine Heimat nannte, zu zeichnen und in Holz zu schneiden. Als Fünfundzwanzig jähriger ging er dann mit seinem aus dem Verkauf des väterlichen Gutes gewonnenen Vermögensanteil nach Innsbruck, um Bildhauer zu werden. Da er jedoch mehr Geschick zum Maler zeigte, pilgerte er bald nach München, wo er die Kunstakademie besuchte, zunächst ohne nennens werten Erfolg. Das Gebiet, auf dem sich seine Begabung schnell entwickeln sollte, fand er erst, als er Motive aus dem Tiroler Volksleben zu behandeln begann. Durch zahllose Reproduktionen in der ganzen Welt bekannt wurden seine Meisterwerke: der Tanz auf der Alm, das letzte Aufgebot leine ergreifende Szene aus dem Tiroler Aufstand von 1809), die Heimkehr der Steger, der Abschied von der Sennerin, Ankunft zum Tanz, der Urlauher, der kranke Dackel und viele andere. Fast alle diese Bilder aus dem Leben der Älpler erlangten eine große Popularität. Wo Defregger jedoch über die Genremalerei zur Historienmalerei hinausstrebte, versagten seine Fähigkeiten: es fehlte ihm an dramatischer Kraft, um Leidenschaften in höchster Erregung zu schildern. Defregger war bis vor wenigen Jahren Professor an der Münchener Akademie und besaß die großen Medaillen mehrerer Ausstellungen. 1883 wurde ihm der persönliche Adel verliehen. politische Rundschau. Deutsches Reich. * Amerika und der Vertrag von Versailles. Wie aus Washington gemeldet wird, hat Senator King eine Resolution auf Ratifizierung des Friedensoertrages von Versailles mit Ausschluß der Völkerbundssatzungen ein gebracht. Die Resolution wurde dem Senatsausschuß für auswärtige Angelegenheiten überwiesen. — Nach einer Mel dung aus London liegt dort die Nachricht vor, daß nach einer Ankündigung des Senators Knox in der Sonder tagung, die der Eröffnung des Kongresses folgen werde, ein Antrag eingebracht werden würde, der dem Kriegs zustand mit Deutschland ein Ende bereite und eine Grund lage für eine Gemeinschaft der Völker biete. -I- Rcvoluttonspropaganda in Bayern. Am Neujahrs- tage wurden von linksradikaler Seite in der Stadt München Flugzettel angeklebt, durch welche die Reichswehrsoldaten zur Bildung revolutionärer Soldatenräte aufgefordert werdend Soweit möglich, wurden die Anschläge polizeilich entfernt. 4- Weitcrbestehen der päpstlichen Gesandtschaft in München. In einem Schreiben des Papstes an die baye rischen Bischöfe wird erklärt, daß die päpstliche Gesandtschaft auch in Zukunft bestehen bleibe, um weiterhin beizutragen zur Erhaltung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen dem katholischen Bayern und dem Heiligen Stuhl. Italien. rr Das Mmne-Abkommen ist von General Caviglia und der neuen Regierung von Fiume endgültig unterzeichnet worden. Einzelheiten werden jedoch noch geheimgehalten. Man weiß nur, daß die Räumung Fiumes durch die Legionäre sofort beginnen soll. Die Befürchtung erscheint nicht unbegründet, daß die Räumung vielleicht nicht ohne ernste Zwischenfälle vor sich gehen wird. Neuereings haben die Legionäre zum dritte Male seit eingetretener Waffenruhe ein heftiges Gewehrfeuer auf die königlichen Truppen an der Blockadelinie eröffnet und gegen diese auch 20 Kanonenschüsse abgefeuert. D'Annunzio forderte, an der Spitze der Legionäre marschierend, Fiume verlassen zu dürfen, was Caviglia ab lehnte. D'Annunzio erklärte, Italien sofort verlassen zu wollen, nachdem er zuvor alle seine Orden und Ehrenzeichen an den König zurückgeschickt haben werde. Caviglia ver längerte die Waffenruhe auf unbestimmte Zeit. Türkei. X In höchster finanzieller Bedrängnis hatte die Pforte, da ihr alle Geldmittel zur Regelung der rückständigen Beamtengehälter fehlen, Schritte bei den Verbandsmächten unternommen, um die Rückgabe der beschlagnahmten 400 000 Goldpfund zu erlangen, die zur Deckung des Zinsendtenstes für die während des Krieges aufgenommenen inneren An leihen in der Kaiserlich Osmanischen Bank hinterlegt waren. Die Verbandsmächte haben nunmehr in die Rückzahlung der genannten Summe eingewilligt unter der Bedingung, daß sie unter Aufsicht der interalliierten Kontrollkommission nur für Bedürfnisse des Staates verwendet wird. Amerika. X Bereinigte Staaten von Mittelamerika. Spanische Blätter ergänzen die Meldungen über die Einigungs bestrebungen zwischen den mtttelamerikanischen Republiken dahin, daß Guatemala, Honduras, Nicaragua und Costarica sich unter dem Namen Vereinigte Staaten von Mittel amerika als Bundesrepublik zusammengeschlossen hätten. Der neue Staat werde eine einzige Flagge führen und nur einen gemeinsamen diplomatischen Vertreter bei den einzelnen Mächten bestellen. Auch das Geldwesen werde vereinheitlicht werden. Oie Abstimmung in Oberschlesien. Unmögliches Wahlverfahren. Wie die Breslauer Zeitung mitteilt, hat die Inter alliierte Kommission in Oppeln gemäß der ihr in der fran zösischen Antwortnote vom 27. Dezember 1920 zugedachten Aufgabe bereits das Reglement für die Volksabstimmung in Oberschlesien abgefaßt. Es dürfte in den nächsten Tagen amtlich veröffentlicht werden. Aus zuverlässiger Quelle er fährt die genannte Zeitung über die wichtigsten Punkte des Abstimmungsreglements» soweit es hier vorliegt, folgendes: Als Stichtag für die nicht in Oberschlesten geborenen, aber dort wohnenden Abstimmungsberechtigten gilt der ll. Januar 1904. Von den in Oberschlesie» wohnenden, aber nicht dort geborenen Personen sollen also nur die das Recht haben, an der Abstimmung teilzunehmen, die seit 16 Jahren ununterbrochen in Oberschlesien wohnen. Nach dem Fricdeusvertrag soll dieser Stichtag „nicht nach dem 1. Januar 1819" liegen. Die Abstimmungsberechtigten werden in vier Kategorien cingeteilt, nämlich 1. in Per sonen, die i» Overschlesicn geboren sind und dort wohnen, S. in Personen, die in Oberschlesie» geboren, aber dort uicht ansässig sind, 3. in Personen, die ausserhalb Ober- schlesiens geboren sind, aber dort seit dem 1. Januar 1904 oder einem früheren Zeitpunkt ununterbrochen wohnen, 4. in ausserhalb Oberschlesiens wohnende Personen, die dort am 1. Januar 1904 ihre» Wohnsitz hatten, ihn aber infolge ihrer Ausweisung ans diesem Gebiet durch die deutschen Behörden nicht beibehaltc» haben. „Diese Einteilung", sagt das Wahlreglement, „erfolgt mit Rücksicht auf die Ausstellung der Stimmlisten je nach der Art der Ausweise, die die Stimmberechtigten zum Nach weis ihrer Berechtigung zur Eintragung in die Stimmlisten vormieaen haben." Gräfin Pia Roman von H. Courths-Mahler. 28. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) „Davon wollen wir doch gar nicht reden, Komteßchen, Sie brauchen mir nicht zu danken." „Doch," beharrte sie, und dann fuhr sie fort: „Aber ich habe trotzdem gleich noch eine große Bitte an Sie." „Sprechen Sie, Komteß, wenn ich sie erfüllen kann, ist sie schon erfüllt." „Ja — Sie können. Ich wollte Sie bitten, Papa recht, recht oft zu besuchen — so oft es nur Ihre Zeit erlaubt. Er war so heiter und froh gestimmt nach Ihrem Besuch, wie lange Zeit nicht. Und ich möchte so gern, daß er nicht immer so traurig ist." „Ich komme gern, wenn ich nicht lästig bin." „Ach nein, Sie sind sicher nicht lästig. Sonst ist Papa freilich wenig erfreut, wenn Besuche kommen. Ich glaube, der arme Papa hat viel Trauriges erlebt, und sein armes lahmes Bein macht ihm viel Beschwerde. Nie ist er durch einen Besuch froh gestimmt worden — aber Ihr Besuch hat das fertig gebracht. Er hat auch gleich zu mir gesagt: Hans von Ried ist ein Mensch nach meinem Sinne, er gefällt mir sehr, und ich hoffe, er besucht uns recht oft. — Und das hat Papa noch nie von einem Menschen gesagt." „Dann ist das also eine besondere Ehre für mich. Aber wie steht das nun mit Ihnen, Komteßchen — werden Sie mich nicht zu den lästigen Besuchern rechnen?" fragte er scherzend. Sie schüttelte energisch den Kopf und sah ihn groß und ehrlich mit dem klaren Kinderblick an. „O nein — Sie haben mir gleich viel besser gefallen als alle anderen Menschen, die ich kenne." Ein eigenes, warmes Gefühl beschlich ihn bei diesen wahrhaftiaen Worten. Das Wicken der innvev Kamtesis war so ohne jede Verstellung, ohne jede Spur von gesell schaftlicher Heuchelei. „Wirklich?" fragte er lächelnd. Sie nickte. „Ja, ich habe Sie sehr lieb." Hans von Rieds Stirn rötete sich. Er, der Welt gewandte, der in den Salons der geistreichsten und schönsten Frauen nie verlegen gewesen war, fühlte sich verwirrt durch die schlichte Wahrhastigkeit dieses kindlichen Mädchens, das so gar nicht versuchte, ihr ehrliches Empfinden in konventionelle Phrasen zu kleiden. Wahrlich, der Mann, der dieses wahrhafte junge Geschöpf einmal an seine Seite stellte, brauchte nicht zu fürchten, daß er betrogen würde. Er begriff jetzt, was Graf Buchenau mit seiner Erziehung bezweckt hatte. Ihm war zu Mute, wie einem Dürstenden, der plötzlich einen klaren Quell vor sich sieht. Nicht etwa, daß sein Herz dabei einen schnellen Schlag getan hätte. Nur wie ein woh liges Behagen war es in ihm, wenn er sie plaudern hörte. Eine Entgegnung fand er jetzt nicht. Er befchäftigte sich mit ihrem verletzten Fuß, indem er den'Verband mit frischem Wasser aus der Karaffe netzte. Und dabei fragte er sich, wie sich wohl eine andere junge Dame der Gesellschaft in diese Situation gefügt hätte. Da wäre es kaum ohne Zierereien und Zimperlichkeiten abgegangen. Dem Kutscher gab er Weisung, an der Hinterpforte von Buchenau vorzufahrert. Das geschah denn auch. Und zum Glück kam Frau DorneMann gerade aus dem Küchengarten. Sie erschrak sehr, als sie ihr Komteßchen mit ver bundenem Fuß im Wagen sitzen sah. Diese legte aber schnell den Finger auf den Mund. „Still, Dornemännchen, Papa darf nicht erschrecken. Ist er in seinem Zimmer?" „Nein, der Herr Graf promeniert im Park." „Ach, das ist gut," seufzte Pia wie erlöst auf. „Was ist nur geschehen, Komteßchen," jammerte Frau „Ich bin beim Klettern gefallen, liebes Dornemännchen.' Nachher dürfen Sie mich tüchtig auszanken. Aber erst schaffen Sie mich ins Haus." „Ich trage Sie hinein, Komteß," sagte Hans von Ried bestimmt. „Und dann suche ich Ihren Herrn Vater auf und suche ihn festzuhalten, bis der Arzt dagewesen ist." „Ach ja, das ist gut," erwiderte Pia und ließ sich willig von ihm in ein Zimmer tragen, das Frau Dornemann öffnete. Sie legte auch wieder zutraulich die Arme um seine Schultern und sagte nur: „Gott sei Dank, jetzt mache ich Ihnen zum letzten Mals Mühe." Er gab Frau Domemann Weisung, sofort eine Schüssel mit Wasser und frische Kompressen herbeizubringen, und die gute Alte eilte davon. Als Hans von Ried seine Bürde auf dem Diwan niedergelegt hatte, sagte Pia lächelnd: „Nun muß ich mir mal den Kopf zerbrechen, wie ich Ihnen eine Freude machen kann, zum Dank für Ihre Hilfe und für alle Mühe." Er sah lächelnd auf sie herab, in ihre klaren sonnigen Augen hinein. „Zerbrechen Sie sich darüber Ihren Kopf nicht. Ich will Ihnen gleich sagen, womit Sie mir eine Freude machen können." „O — sagen Sie es> schnell," bat sie. Es zuckte um seinen Mund. „Also — schenken Sie mir zur Belohnung Ihre Mütze," sagte er ganz ernsthaft. Sie sah ihn erstaunt und zweifelnd an. „Ich denke, Sie mögen sie nicht leiden." Nun lachte er leise. „Nur auf Ihrem Kopfe nicht — für Sie ist sie viel zu groß — aber ich glaube, mir sitzt sie sehr beauem." (Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder