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Wilsdruffer Tageblatt : 27.06.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-06-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192406279
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19240627
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19240627
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWilsdruffer Tageblatt
- Jahr1924
- Monat1924-06
- Tag1924-06-27
- Monat1924-06
- Jahr1924
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 27.06.1924
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s. Matt Nr. /4S — Lettas Sen 27. Aan/ 5924 Verfemt in der Welt, Glück, Ehre zerschellt, Vom Feinde betrogen, Von „Freunden" belogen. Dem Abgrunde nah, Steh'n wehrlos wir da ... Nur ein's muht' «ns bleiben, — Die urdeutsche Erde. Drum woll'n wir es schreiben Ins Herz uns hinein: Was immer auch werde, Ihr wollen wir weih'n Unsre Kraft, unser Leben, Unser Ziel, unser Streben Ganz und allein. Die Heimat der Väter — Ob früh oder später Frei aller Fron — Woll'n treulich wir pflegen. Dann wird uns ihr Segen Zu köstlichstem Lohn. M. Ro-aL Deutscher Reichstag (11. Sitzung.- 6L. Berlin, 25. Juni. Zum Schluß der gestrigen Sitzung entwickelten sich im Reichstag noch ungewöhnlich lärmende und beschämende Zwi schenfälle, die zur zweimaligen Unterbrechung der Sitzung führ ten. Bei den Anträgen über Amnestie für politische Verurteilte, kam es zu Zusammenstößen der Extremen von rechts und links, die fast in eine allgemeine Schlägerei ausgeartet wäre. Be sonders bei der Rede des Nationalsozialisten, Abgeordneten Roth, des früheren bayerischen Justizministers, wurde die Un ruhe so groß, daß der Redner zeitweise lahmgelegt wurde. Grobe Beschimpfungen flogen hin und her. Schließlich verließen die Kommunisten demonstrativ den Sitzungssaal, in dem aber die Erregung sich weiter Luft machte. Der Anfang der heutigen Sitzung mußte verschoben werden, da die Parteien sich über die Beamtenfrage, die auf der Tagesordnung stand, nicht einigen konnten. Im Ausschuß hatte man einen Antrag des Abg. Morath von der Deutschen Volkspartei angenommen, wonach die für eine Aus besserung der Beamtenbezüge von der Regierung zur Verfügung gestellte Summe ausschließlich zur Erhöhung der Grundgehälter der Gruppen 1—6 zu verwenden sei. Ferner wurde im Aus schuß einem Anträge des deutschnationalen Abg. Hergt zuge stimmt, außer diesen Verbesserungen auch noch allgemein für alle Beamtengruppen Erhöhung der Kinderzulagen und der Frauen zulage vorzunehmen. Bevor der Reichstag aus das eigentliche Thema einging, wurde in dritter Lesung das deutsch-polnische Abkom men über die oberschlesischen Grenzbezirke ange nommen und ebenso das Gesetz über militärische Quartier leistungen im Frieden. In der Angelegenheit der Beamtenbesoldung und oer Dienstverhältnisse der Beamten lagen nicht weniger als 31 Anträge der verschiedenen Parteien vor und eine Interpellation der Nationalsozialisten über die Neuregelung der Beamtcnbe- soldung. über die Verhandlungen im Hauptausfchutz bcrichieie der Abgeordnete Morath, der dabei hervorhob, daß selbst die Negierung die Notwendigkeit einer Erhöhung der Bezüge aner kannt habe, aber der Meinung sei, sie dürste nicht in eine allge meine Lohnbewegung ausarten. Der deutschnationale Abg. Schmidt-Stettin erklärte sich mit oem Ausschußantrage einverstanden und legte besonders großen Wert auf die allgemeine Erhöhung der sozialen Zulagen. Die Beschränkung des Erholungsurlaubs und die Verlängerung der Dienststunden sollten baldigst wieder aufgehoben werden. Bei der Verlängerung der Dienststunden werde in den Bureaus auch nicht ein Tipselchen mehr gearbeitet. Der sozialistische Abg. Steinkopf hielt die Entrüstung der Beamtenschaft über die letzte Besoldungsverordnung für durch aus berechtigt. Die Spannung zwischen den Bezügen der ver schiedenen Gruppen sei ganz unerträglich und in unsozialer Weise erweitert worden. Die Ermächtigung, die der letzte Reichstag der Regierung in der Frage der Besoldungsregelung gegeben hatte, sei von der Regierung in krasser Weise mißbraucht worden. Der Zentrums abgeordnete von Guerard beantragte die ge setzliche Festlegung des gesamten Beamtenrechts. Die Regierung sollte mehr darauf achten, daß nicht Verwaltungsanordnungen ergehen, die der Psyche der Beamten wenig entsprächen. Der Kommunist Eichhorn trat dafür ein, daß sür die Auft oefferung statt 71 Millionen 100 Millionen zur Verfügung ges stellt werden «nd daß die Erhöhung der sozialen Zulagen nmk sür die Gruppen 1—9 gelten sollten. LivMlltkribel'elm in LriM Auf den Spuren Poincarös. Der französische Ministerpräsident Herriot, Der von London nach Brüssel ging, sagte bei seinen Ankunft in Paris, daß er fchr zufrieden von feiner Reise zurück kehre, er habe ausgezeichnete Eindrücke empfangen. Das mag zutreffen auf die Unterredung mit Macdonald und die dort verabredeten Beschlüsse. In Brüssel sind nach den bekannt werdenden verklausulierten Berichten die Dinge weniger glatt gelaufen. Die Verhandlungen zwischen Herriot und den belgi schen Ministern verliefen ziemlich stürmisch. Der Minister Theunis erklärte angeblich, über den Termin der militäri schen Räumung des Ruhrgebiets sei noch nichts vereinbart worden. Erst wenn Deutschland zahle, könne von einer Änderung der Besatzung gesprochen werden. Nur wenn der Sachverständigenbericht tatsächlich ausgesührt' sei, könne die Ausbeutung des Ruhrgebiets aufhören. Der Vertrag von Versailles müsse unangetastet bleiben. Der mit Deutschland in London zu unterzeichnende neue Akt sei nichts anderes als das notwendige Protokoll zur prak tischen Durchführung des Gutachtens. Die Entwaffnung Deutschlands würde mit Strenge durchgeführt werden. Erst nachher könne in dieser Beziehung der Völkerbund herangezogen werden. Von Belgien aus scheint jetzt nach dem Poincaröschen Rezept die Sicherheitsfrage in den Vordergrund geschoben zu werden, um die Lösung der sonstigen Fragen möglichst hintenan zu halten. Theunis soll sich geweigert haben, den von England besonders gewünschten Ein tritt Deutschlands in den Völkerbund zu fördern. Er verlange, die Unterhaltung Herriots mit Mac donald in Chequers in allen Einzelheiten zu veröffent lichen, ehe man weiteres beschließe. Offenbar will der bel gische Staatsmann eine neue Diskussion, L. h. eine Ver zögerung erreichen, also das gleiche Verfahren, das Poincarö betrieb und in feinen gegen Herriot gerichteten Reden noch betreibt. Der englische Premierminister habe aber bereits in Brüssel wissen lassen, er schließe sich dieser Politik nicht an. Das getreue kbeinlanü. Ein Glieddes großendeutsche« Volke L » Der nach Überwindung der durch die Besatzung^» behörde hervorgerufenen Schwierigkeiten in Düssel dorf eröffnete rheinische Provinziallandtag gestaltete sich zu einem eindrucksvollen Bekenntnis der Provinz zum Deutschtum. Abg. Jansen forderte die Aufhebung aller während des Rrchrkampfes verhängten Strafen und Rück kehr der Ausgewiesenen. Zum Schluß richtete er einen Appell an England und Frankreich, Verständnis für das deutsche Natipnalgefühl zu haben. Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Dr. Kaiser- Köln verwies darauf, daß die großen Gemeinden in der Fürsorge erfolgreich arbeiten «nd daß die von ihnen aus gehenden Wünsche bei der Provinzialverwaltung hoffent lich eine bessere Aufnahme finden werden, als dies bisher der Fall war. Die tausendjichrige Zugehörigkeit der Rhein- lande zum Deutschen Reich gab ihm Veranlassung, auf die engen Beziehungen der Rheinland« z« Preußen und Deutschland hinzuweisen. Die Rheinlande fühlten sich von jeher als ein Glied des großen deutschen Volkes, und sie wünschten, die Feier der tausendjährigen Zugehörigkeit als freies Volk in freiem Lande begehen zu können. s i- LMWe KrmWsv » j Gegen Friedensdiktat und Schnldlüge. Am Sonntag, Len 29. Juni, findet im Sitzungssaale des Reichstages Berlin eine große Kundgebung deutscher Ver bände gegen das Friedensdiktat von Versailles und gegen die Kriegsschuldlnge statt. Reichstagsabgeordneter Professor Dr. Kah l hat das Hauptreferat übernommen. Als Redner werden weiter sprechen: Reichstagsabgeordneter Professor Dr. Hoetzsch, Reichstagsabgeordneter Reichsminister a. D. Dr. Dernburg, Landtagsabgeordneter Osterroch, Reichs tagsabgeordnete Frau Klara Mende, Ernst Hemmer, Füh rer der demokratischen Jugendverbände. Mit einem Vertreter des Zentrums, der über Öberschlesien spricht, wird noch ver handelt. Bayerisches Kabinett Held. Die neue bayerische Regierung dürfte sich wie folgt zu- fammensetzen: Dr. Held, Ministerpräsident und Minister des Äußern, Dr. Matt, Kultusminister, Gürtner, Justiz- minifter, Stützel, Minister des Innern, Dr. Krausneck, Fi nanzminister, Dr. v. Meinel, Handelsminister, Oswald, Sozialminister Prof. Fehr, Landwirtschaftsminifter. Die endgültige Entscheidung soll erst Freitag fallen. Italien. Lincoln Trebitsch als Mitwisser des MatteoMmordes verhaftet. Aus Rom wurde gemeldet, daß als einer der Mitwisser an der Ermordnug des Sozialisten Matteotti Ignaz Lincoln Trebitsch unter dem Namen Otto Chirzio verhaftet worden fei. Trebitsch wurde seinerzeit auch in Deutschland durch sein Hervortreten bei den Kappunruhen bekannt. Er hat ein vielbewegtes Leben geführt, war eng lischer Spion in Deutschland, wurde von den Engländern im Gegensatz als deutscher Spion verfolgt, betätigte sich später in Österreich und Ungarn und tauchte im vorigen Jahre wieder in München auf. Aus In- und Ausland. Berlin. Das preußische Staatsministerium hat sofortige Maßnahmen gegen die Unwetterschäden in den rheinischen Kreisen Neuß, Grevenbroich und Düsseldorf be schlossen. Rom. Mussolini hielt im Senat eine große Rede, in der er über die durch Matteottis Ermordung entstandene inner politische Krisis sprach und betonte, daß die Regierung alles zur Sühne der Tat Erforderliche tun, aber auch die Ord nung mit Entschlossenheit aufrechterhalten werde. Loudon. Ein französisches Flugzeuggeschwa der ist zum Besuch hier eingetroffen. Die Flugzeuge nehmen an den bevorstehenden Schallflügen des britischen Flieger korps teil. Newyork. Ein Abkommen über die Regelung der polni schen Schulden bei den Vereinigten Staaten ist abgeschlossen Worden. Die Schulden betragen etwa 135 Millionen Dollar. Eine Rede des Reichspräsidenten am Rathenautage. Vor dem Kuratorium der Walter-Rathenau-Stiftung, das am 24. Juni, dem Tage, an welchem Rathenau vor zwei Jtchvru ermordet worden ist, zu seiner ersten Sitzung zu- sammenttat, hielt der Reichspräsident eine Ansprache, in der rr sagte, daß RaHenau in den Herzen aller, die ihm näher- Kanden, weiterleben wird „als ein Mensch seltener Eigenart, glänzend in Lauterkeit dos Charakters und in Güte des Her- „Das erste Ehejahr". 23 Roman von Ruth Goetz. Copyright 1914 by Greiner H Co., Berlin W 30. Nachdruck verboten Otto fand, daß hier nicht die Gelegenheit war, um sich über ein derartiges Thema auszulassen, auch stand Malwe schon in der Mr, sie hatte einen Keinen, modernen Hut aufgesetzt, der wie ein Truban ihr Haar versteckte. Otto war begeistert. Fremd artig schien sie ihm und unsagbar fesselnd, ganz anders wie die Frauen, die bisher feinen Lebensweg gekreuzt. Freilich, von Renate Heinsius hatte er das auch einmal ge glaubt, aber sie hatte ihn bitter enttäuscht. Otto vergaß neben dem jungen Mädchen sehr bald das un behagliche Gefühl, das noch immer wieder mit gierigen Krallen nach feinem Herzen griff und ihn zurückmahnte an sein Haus. Er fürchtete, als das Güter des Weinholdschen Gattens hinter ihm zugefallen war, ein wenig, Renate zu begegnen. Es war leicht möglich, und er würde dann vor ihr stehen wie ein gescholtener oder ertappter Junge. Dieses seltsame Empfinden hatte er ihr gegenüber schon ost aufsteigen gefühlt, Otto zuckte in Empörung darüber die Achseln. Es war nicht gerade angenehm, und trug nicht dazu bei, ihm ihre Gesellschaft kiäer zu machen. — — Kurz vor sechs Uhr trat Otto in seinem Hause ein, er war erregt, wie lange nicht, er nahm 'sich nicht einmal Zeit, den An zug zu wechseln, und setzte sich ungeduldig zu Tisch. „Kind, ist das Essen bald fettig?" fragte er nervös wie immer. ,Dch muß zur Hütte, die Nachtschicht beginnt um sechs Uhr." „Candida trägt auf." Und schon erschien das kleine Dienst- mädchen, freundlich und lächelnd wie stets, in einem schwarzen Kleide mit einem weißen Schürzchen und reichte die Speisen herum. ,-Lassen Sid, Candida," sagte Renate sanft, „richten Sie weiter an, der Herr muß fort." ,/Das ist lieb, Renate, ich habe mich ein wenig aufgehalten, ich muß eilen, wenn ich nicht zu spät kommen will. Es ist das erste Mal seit meiner Ehe, daß ich Nachtschicht habe." ,-Ia, und man könnte meinen, deine Frau fei schuld, wenn du nicht pünktlich bist." Otto hob erschreckt den Kopf. Was starrte sie ihn so eigen tümlich hart und fremd an, was lächelte sie kaum merklich und schien Trauer und Tränen in den Augen zu haben. Er wagte nichts zu entgegnen, er fühlte nur, daß er ihrem forschenden Mick rasch entweichen müsse. Er benutzte nicht, wie sonst, die elektrische Bahn, die von der Stadt nach der Paulinenhütte führte. Er schritt zu Fuß durch das blühende, fruchtbare Land, sah die Hügel, umrankt von den Reben des Weines, den starrenden Park, der ihm die Stunden mit Malwe in das Gedächtnis rief. Aber nach dem Abschied von Renale hatten sie den leuch tenden Glanz des Abenteuers verloren, und wie eine leise Scham vor den großen, anklagenden Augen seiner Frau stieg es in ihm auf. Seltsam zwiespältig war seine Sette bewegt, und er sehnte sich jetzt nach Betätigung, um im Schaffen zu vergessen, was ihn quälte. Durch das geöffnete Tor der ^Paulinenhütte gingen die Arbeiter, die ihr Tageswerk vollendet hatten. Einige grüßten den jungen Ingenieur, er dankte ihnen zerftreut, griff nach feinem Hut und war froh, endlich in seinem Büro zu sein. Es war leer. » Vermutlich hatten die meisten Herren auch bereits Feier abend gemacht, wenngleich sie alle ausnahmslos jetzt länger auf dem Werk blieben, um in der schweren Zeit jede Stunde auf dem Poften zu sein. Don dem Arbeitszimmer des Direktors her fiel ein ge dämpfter Lichtschein, Otto stand eine Minute an seinem Fenster und starrte hinüber. Vor einigen Tagen hatte der Schein bis in die Nacht hinein geleuchtet, die Herren des Aufsichtsrates waren in dem großen Konferenzzimmer zu einer erneuten Besprechung zusamenmgetreten, niemand wußte, was dabei verhandelt wurde, und er fragte sich voll stiller und starker Hoffnung, ob sie die Anwendung seiner Erfindung zum Gegenstände ihrer Be sprechung «macht. Draußen in den Gängen wurde es lebendig, Türen schlugen zu, man !vernahm das Aufbauschen und Ab- schweilen der Stimmen, sie riefen den Mann in die Gegenwatt zurück. Er kam an den Tisch heran, holte aus der Mappe die Zeichnungen hervor und neigte sich über die Arbeit. Als er begonnen, war sie ihm nicht Freude und Drang, wie sonst, sie wurde ihm zur Qual. Aus den verschlungenen Linien der Zeichnungen, den Zahlen und Buchstaben schaute Malwe mit ihren kecken Augen heraus, und ihr Lachen schien aus dem Rattern, dem Fauchen und Stampfen der Maschinen zu dringen, deren Ton man hiev vernahm. Dann, wenn er sich umwandte, hörte er wieder Renate, sah ihr trauriges Antlitz, als er sie so hart abgewiesen, der Wortlaut ihrer Stimme legte sich auf sein Herz, wie er es in der ersten Zeit ihrer Ehe oft getan. Storm hob die Hände zu den Schläfen, eine Unruhe, rätsel haft und schmerzend, ließ ihn nicht zur Arbeit kommen. Da öffnete sich ein kleiner Spalt der Tür, Settgast steckte den Kopf herein. Wie er Otto erblickte, nickte er ihm zu und trat, gefolgt von zwei anderen Herren, näher. Otto sprang auf, seine Augen starrten in der Richtung, aus der die 'drei eben gekommen waren, und langsam, wie an- gezogen, bewegte er sich durch das Zimmer, bis er vor den Besuchern stand. „Gut, daß ich Sie treffe, ich glaubte, Sie seien draußen auf dem Walzwerk; ich stelle Ihnen nämlich Mei junge Assisten ten vor; Herr Halmer ist der neue AMent von Weinhold, Sie werden die Liebenswürdigkeit haben, ihn ein wenig mit den Ge heimnissen der Paulinenhütte vertraut zu machen, während ich Herrn Buigmüller, der mir und Herrn Landvlf zugetttlt ist, heiumführe. ,-Halmer." Otto faßte sich und reichte Lukas Halmer di« Hand, die er ihm voll Freundlichkeit entgegenftreckte. Aber ein Wvtt der Begrüßung wollte ihm nicht über die Lippen. Er hatte den Eindruck, als lodere ein Haß, wild und ungezügelt, aus der Haltung des anderen, und jetzt, wie er sich zur freund lichen Begrüßung wandte, schwebte ihm ein eigentümliches Lächeln um bie Lippen, das vielleicht auf alle Anwesenden einen peinlichen Eindruck hervvrbrachte. ,Kennen sich denn die Herrjen?" fragte Settgast, und Halmer rief mit fröhlicher und unbefangener Stimme: „Gewiß, wir waren ja Studienkollegen und sind sogar Verbandsbrüder. So findet man sich wieder, ich komme aus einer oberfchlesischen Hütte — und wen treffe ich als ersten? Meinen Freund Otto Storm." ,Aa, ja, sonderbar." Otto konnte beim besten Willen nicht in die Begeisterung Halmers einftimmen, auch erinnerte er sich nicht jemals mit im befreundet gewesen zu sein; Halmer war sogar der einzige, der ihm damals zu seiner Vermählung keinen Glückwunsch gesandt. Aber wenn er ihm freimütig und ohne alle Feindschaft entgegenkam, war es das klügste, sich ihm freundlich zu zeigen. „Hast du dich gut eingttebi?" fragte Halmer voll Interesse weiter, geschmeidig überging er alles, was unausgesprochen zwischen ihnen stand. „Bist du zufrieden? Man hat mir viel davon berichtet, wie nett es sich auf Paulinenhütte lebt. Auch in der Stadt soll ein reizender Ton sein, besonders Mischen den Herren vom Werk." Settgast verbeugte sich geschmeichelt. „Das will ich meinen." Er Hötte sich gern als tüchtigen Beamten loben und stimmte immer merkwürdig mit der Ansicht aller Vorgesetzten überein. „Besonders Herr Storm hat allen Grund zufrieden zu sein, er gilt bei uns als Mann der Zukunft." „Aber Herr Settgast," wehrt« Otto ab und freute sich, das Lob zu vernehmen.
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