. 10 lei und Scheinheiligkeit blieben nicht ganz aus; das geistig» Einverständniß mit Rom ließ sich schon lange nicht mehr verkennen, bis cs bei der Angelegenheit der Christ-Katholiken endlich auch dem Blinden sichtbar wurde. — Und dennoch trat diese Partei mit dem Ansprüche aut: allein die rechte evangelische Kirche zu bilden; sie forderte Alle, die ihren blinden Glauben nicht thcilcn, auf, aus der Kirche auszutreten, sie entblödete sich nicht, durch Fluch und Bann eipe Ausstoßung selbst auszusprechen, und cs war ihre beliebteste Behauptung, daß die Gemeinden durch freisinnige Prediger betrogen würden, daß die Gemeinden das Festhalten am Buchstaben nicht nur der heil. Schrift,- sondern sogar der symbolischen Bücher verlangten. Soll diese Richtung die allgemein herrschende werden, so ist es um Gei stesfreiheit und Aufklärung, so ist es um das Evangelium geschehen, und was mit diesen Gütern zugleich verloren geht, das darf ich nicht erst besonders er wähnen. Wollten die Geistesfreien jener Forderung zufolge die Kirche ver lassen und sich zu eigner Gemeinschaft constituiren, so hätten Jene bann das Regiment in den Händen und die evangelische Freiheit, das köstliche Gut, das die Helden der Reformation, das unsre ruhmwürdigen Verfahren durch schwere Kämpfe, durch blutige Kriege uns erworben und erhalten haben, wäre so gut wie zu Grabe getragen. Aber die Gegenwirkung konnte nicht ausbleiben. Jene ruhmwürdigen Kämpfer des Protestantismus ließen ihr Geistesschwert nicht in der Scheide rosten, würdig gesellte sich Suckow ihnen zu, der in seinem Propheten nicht nur den Vertheidigern der Symbolverpflichtung eine völlige Niederlage bei brachte, und den Beweis führte, daß die Mehrzahl der Geistlichen unsrer Pro vinz jener Verpflichtung durchaus widersprächen, das Recht der lebendigen Gegenwart gegenüber der tobten Vergangenheit wahrend, sondern auch — und das ist noch wichtiger — unendlich viel zu der Erweckung der Ueberzeugung beitrug, daß nur durch Herstellung eineS geordneten kirchlichen Gemeindever bandes, durch Rückgewährung unverjährbarer Rechte an die Gemeinde die evangelische Kirche geheilt werde^ könne von ihren vielfachen Schäden. Dies Z el zu verfolgen ist eine heilige Aufgabe der Gegenwart. Aber sie hat noch eine andre, nicht weniger schöne: die christliche Gemeinde, das christliche Volk zum geistigen Fortschritte im Christenthume anzuregen, den lobten Formel glauben durch einen lebendigen Geist und Gemüth durchdringenden Trieb zum Wachsthumc in der Erkenntniß und der Heiltguug zu ersetzen; die, den alten Formeln schon längst Entwachsenen und dadurch der Kirche, wie sie sie bisher nur kannten, Entfremdeten, in eine neue lebendige Gemeinschaft derselben zurückzufühlen und den Beweis dafür zu liefern, daß das christliche Volk kei- nesweges, wie von jener Seite fortwährend und Kck behauptet wird, den Buchstabenglauben für sich will, und ihn allein für berechtigt hält, sondern daß es den Gebrauch der Vernunft in Religionssachcn für sich fordert, ihn von