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Sächsische Elbzeitung : 31.10.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-10-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787841065-189110316
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787841065-18911031
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787841065-18911031
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Elbzeitung
- Jahr1891
- Monat1891-10
- Tag1891-10-31
- Monat1891-10
- Jahr1891
- Titel
- Sächsische Elbzeitung : 31.10.1891
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stand schon immer die Frage, ob Rumänien, wie cS die rumänische Bojarenpartci zu wünsche» scheint, sich Russland nnjchlicßcn und somit für die panslavistischc Propaganda ans der Balkan-Halbinsel eine mächtige Stühe abgebcn werde oder ob Rumänien sich klug nnd vorsichtig zu den Mächten des Dreibundes halten mid somit der Erhaltung des euro päischen Friedens einen großen Dienst ei weisen würde. Der Besuch Königs Karl an den Höfen des Dreibundes hat nun doch wohl dargclhan, daß sich Rumänien nicht im Bereiche der russische» Politik wie ciu Trabant bewegt, sonder» dass Rmttäliiciiö Herrscher i» klarer Erkenntlich der Dinge An- Ichnnng an den Dreibund sucht. Rumänien ist doch auch kein von Slaven, sondern von Rnmümm bewohntes Land und können deshalb die Rumänen, wen» sic sich nicht von de» Panslavistcn durch lockende Versprechungen bcthörcn lassen, niemals i» der Errichtung ciucS großen pnnslnvisti- sehen Reiches, oder in einem Abhnngiglcilsverhällnissc zu Rußland ihr Heil erblicken. Wenn Rumänien nicht von den hochstehenden Wogen des Panjlavismnö einst verschlungen werde» will, so mnß co rcchtzcilig scine Stühe bei dem Dreibünde suchen nnd mnß vor allen Dingen bestrebt sei», ein das Bcslchciidc erhallender Factor im europäischen Völkcr- Eonccrt zn sein. Die« ist wahrscheinlich auch die persönliche Anschauung des Königs von Rumänien, der nach seiner gan zen Herkunft als Hohcnzollcrnprin; nach Westeuropa neigen mnß nnd sicherlich auch die Ucbcrlcgcnhcil der westeuropäi schen Cultnr über die ostcuropäischc schähcu gelernt hat. Bo» ähnlichen Erwägmigcn wird sich auch die öffentliche Mein ung in Rumänien nnd der rumänische Landtag leiten lassen, znmal Rumänien in dem lchtcu Türtcnkricgc mit der rns- fischen FrcnndschafI keine gnten Erfahrungen gemacht hat. Ms Belohnung für die Rußland im Türkcukricgc geleisteten großen Dienste erhielt zwar Nnmänicn die Dobrndscha, nmßtc aber Bessarabien dafür an Rußland nblrclcn; Nnmänicn ist also damals zicmlich leer ansgcgaugcu, nnd wer die End ziele der russischen Oricntpolilik zu würdigen versteht, der wird wissen, daß bei einem Bündnisse eines Kleinstaates mit Rußland niemals für ersteren viel hcrausspringcu wird. So ist also zu hoffen, daß Nnmänicn, wenn cö sich auch nicht durch einen Bündnißvcrtrag au den Dreibund nnschlicßt, so doch eine der Dreibundspolilik culsprechcndc erhallende nnd beruhigende Politik treiben nnd damit der Sache des Friedens einen guten Dienst erweisen wird. Bemerkt sei auch noch, daß der förmliche Anschluß Numänicns an den Dreibund wohl auch von den Drcibundsmächtcn gar nicht gcwünfcht wird, rim nicht unmittelbar in die Dinge ans der Balkan-Halbinsel cinzrigrcifcn und dem ohmhin sehr großen Argwohn Nußlandö ncnc Nahrung zn geben. Die russische Presse ist bekanntlich stets bemüht, den Glauben zn erwecken, als wenn der Dreibund die Absicht habe, Nußlaud cin Bei» z» stelle», deshalb müsse» es die Mächte des Dreibundes im Jnlcrcssc des Friedens vermeiden, Rußland Ursache zn irgendwelchen diesbezüglichen Klagen zu geben. So wird dem, auch die Stellring Numänieus znm Dreibünde, so lange die Schwerter nicht znr Entscheidung der Oricntfragc ver langt werdcri, mehr eine neutrale bleiben, da auf der an keren Seite Nnmänicn darauf angewiesen ist anch mit Ruß land gute Nachbarschaft zn hallen. T,l § e s q c s ch i ch t c. Sachsen. Schandn n. Bei der diesjährigen Obst- Ausstellung in Königstein haben die Herren Preisr ichter ein Muster Sortiment derjenigen Aepfcl nnd Birnen zusammen, gestellt, welche sich znm Anbau in hiesiger Gegend be sonders eignen. Im Jnlcrcssc aller Obstzüchlcr lhcilcn wir dasselbe mit nnd bemerken, daß Stämmchen der gesperrt ge druckten Sorten vorthcilhaft ans der Obslbanmschnlc in Sebnitz (Adresse: Herr Schnldir. Ohnesorge dasctbst) be zogen werden können, u) Aepfcl: Weißer Astracan, Charlamow Sky, Langtons Sondcrgl cichcn, gc- flammtcr weißer Cardinal, rot her Herbst-Cal vi l l, W i n t c r - G o l d - Pa r m ü u c, Große Kasseler Reinette, Pariser Nambonr-Ncincltc, Pnrpur- rolher Conssinot (rolhc Ncinclie), Parkers Pcppirrg, Mnökat- Nciuctlc, g r oß cr B o h »< A p f c l, R c i n c t tc D a m a s o n, B a u m a u n ö N c i n c t I c, D a n z i g c r K a n t- npfel, cugl. Spiral-Reinette, grüner Fürslcnapfcl. b) Birnen: Williams Christbirnc, ökettigbirn c, Rabe nau c r Butterbirne, Ao 0 kö Flnschcnbirnc, gute Lonisc von ArrancheS, Grnmbkowcr Antter» birnc, Dicl'S Butcrbirnc Napolcons Bultcr, birnc, LicgelS Winter-Butlcrbirnc, Noth graue Dechnntöbirnc, Forcllcnbiru c, Zephyrine Grcgoir, Winter Dcchautsbiruc, Capiamnont, Blumcnbachö Butlcr- biruc, gute Granc, Maric Lonisc. — Boni 15. März bis mit 24. October d. I. sind iuSgcsamml 8113 bcladcnc Fahrzeuge beim hiesigen König!. Haupt-Zollamt zur Abfcrligung gelaugt. — Nächste» Mittwoch de» 4. November wird seitens des hiesigen königl. Amtsgerichts im Gasthof znr Sachs. Schweiz in Hohnstein Gerichtstag nbgchalten werden. — In Folge der am Montag Abend im Hegcnbarth- schcn Etablissement von der hiesigen Tnrugcmcinde vcran- staltclcn Abcndnntcrhaltnng znm Besten für das später hier zu errichtende Krieger-Denkmal wurde cin Reinertrag von 137 Mark 90 Pfg. erzielt, welcher bereits an den Bor stand des Kncgcrvereinö, Herrn Slcllmachcrmcislcr Hille, abgelicfcrl worden ist. Es ist dies cin crsrculichcö Zeichen unserer Bewohnerschaft, wenn eö gilt, eine Sache zu unter, stützen, die ciiicn guten Zweck verfolgt. Dem Turnverein aber werden Alle für seine hierbei gchablc nncigcnuützigc große Aiisopfcrnng herzlichst daickcn. — Wie vcrlantct, werden nächsten Sommbcnd und Sonntag, den 7. und 8. Novbr. die beliebten Roßweiner Sänger im Hcgcubarth'schcn Etablissement wiederum anf- lrctc», worauf vorläufig mit dem Bemerken aufmerksam ge macht wird, daß sich nm Sonntag nach dcn Borlrägcn Ball- umsik anschlicßcu wird. — Die bisher so nngcnchmcu Octobcrtagc haben ur plötzlich einer ranhen »tid unfrcuitdlichen Mticrung weichen müssen. Die am 29. d. vorherrschende nördliche Wind richtung verursachte iu den Bormiltagsstundcu einen bis Nachmittag anhaltende» Schneefall, der in dcn höhere» Ge birgslage» unscrcr Umgebung jedenfalls ausgiebiger als hier erfolgte. — Seit dem Jahre 1875 — und so auch iu diesem Jahre — wird auf Grund einer nm 12. Februar desselben Jahres erlassenen Gcncral-Vcrmdnnug des Evangelisch- Luthcrischcn LandcsconsistoriumS in alle» Kirchen nm Rc- formnlionöfcstc eine Collcctc für dcn Gnstav-Adolf-Vercin cingcsammclt, deren Ertrag hanptsächlich den inländischen Diaspora-Gemeinden Ostritz, Lnppa nnd Scilcudorf zngc. wendet wird. — Sc. Durchlaucht der regierende Fürst Neuß jüngere Linie, sowie Durchlaucht Fürst und Fürstin Bentheim sind in Dresden ciugctroffcu und haben in Sclidig'ö Hotel Europäischer Hof Quartier genommen. Am 29. Qctobcr abends gegen 6 Uhr verunglückte in Königstein, wie der dortige „Anzeiger" mitthcilt, in der Nähe des Schützeuhauscs ans der Schandancr Straße der mit seinem Geschirr nach Hanse fahrende Schieferdecker- meister Hr. Eysold aus Schandau, indem das Pferd scheute und seinen Insasse» hcrausschleudcrlc. Derselbe blieb bc- simumgSloS und blutend kurze Zeit liege» »nd komilc dann, da kci» weiteres Unglück geschehen, seine Fahrt sortsctzcn. Aufsehen erregte in Meißen die Berhaftnug des Kassircrs des dortigen bcststmdirtcn Crcdilvcrciuö Otto Fischer, Inhaber cincs daselbst lange bestehenden rcnommirlcn MalcrialwaarcngcschästS. Daß daö Bcrschuldcn des Fcst- gcnommcncn ein geringes ist, dürste nicht nnzunchmcn sein. Der Bereu, selbst wird aber voraussichtlich gedeckt. Das „Meißner Tageblatt" schreibt hierzu: „Der bisherige Kassircr des CrcdilvcrcinS, Herr Otto Fischer, hat sich dem Gerichte gestellt. Ucbcr die Untersuchung bcz. die Gerichtsverhand lung werden wir scincrzcit berichten. Bis dahin müssen anch alle Bcrmulhnngcu über den Umfang seines Verschul dens dahin gestellt bleiben. Daß der Zusammenbruch des alten und angesehenen Hauses dem Wohlstand Meißens eine tiefe Wnndc schlagen wird, ist schon jetzt mit Sicher heit vornnözuschen. Glücklicher Weise kann der Crcditverciu voraussichtlich vollständig gedeckt werden, so daß dcn Mit gliedern desselben ciu ruhigcö Abwarten dringend zu cm- pfchlcu ist. Dem, mir wcuu dcm Direktorium Nnhc uud Zeit gelassen wird, ist cö in der Lagc, die Angelegenheit zum Besten Aller nnd zn Gunsten des Vereins zu regeln". Der Raubmörder Wetzel, welcher am 23. August e. den Kaufmann Hirschfeld in Spandau ermordete und be raubte, ist in Leipzig im Gasthausc zum Sächsischen Hofe in der Riticrslraßc scstgcnommcn worden. Das „L. Tagcbl." Ihcilt mit, daß der Verhaftete sich unter dcm Namen Wester mann im Gasthanse zum „Sächsischen Hofe", Ritlcrstraße, cinlogirt hatte und bereits am 19. Oktober cintraf. Er kam in Begleitung eines Vclocipcdrciscnden in Leipzig an nnd zwar ans Chemnitz, woselbst er seinen Begleiter kennen gelernt hatte. Von Letzterem kaufte er ciu Vclocipcd und vertrieb sich iu Leipzig die Zcit, wie Augenzeugen bekunden, damit, daß er daö Radfahren erlernte und Ansflüge ans dem Vehikel machte. Am Tage der Festnehmung kam er vom Radfahren, worauf er in der Gaststube des gedachten Hotels von zwei dort aufhältlichen Criminalbeamtcn ver haftet, gebunden und iu diesem Zustande nach dem Gcfängniß Iranöportirl wurde. Diejenigen, die während der Zeit seines Aufenthalts in Leipzig mit dem Raubmörder iu Be rührung kamen, kennzeichnen ihn als einen gewandten Mann, der einen Schnurr- und Backenbart, sowie einen Klemmer trug uud auch sonst cin gewandtes Benehmen zeigte. Wider stand setzte er bei seiner Verhaftung nicht entgegen, nur iu seinem Gesichte, das aschfahl geworden war, kennzeichnete sich die gewaltige Erregung, die sich seiner bemächtigt hatte. Sein Chemnitzer Reisebegleiter wurde ebenfalls vernommen. Ucbrigcnö hatte der Verbrecher schon vor einigen Tagen abrcisen wollen, dicö jedoch immer wieder verschoben, bis ihn nnn daö Schicksal erreichte. Weiter wird berichtet, daß bei dcm Fcslgcnommcncii die Wcrthpapicre nnd die Uhr dc« Ermordetcu vorgcfnuden wordcn- sind nnd daß der Mörder geständig ist. Durch die Festnahme Wctzcl'ö, ans dessen Verhaftung eine Belohnung von ca. 6000 Mk. ge setzt war, findet die fieberhafte Thätigkcit sämmtlichcr deut scher und ausländischer Polizciorganc ihre Erledigung. — Einer Bemerkung des Verhafteten, nach welcher er die That nicht allein vollführt habe, dürfte eine besondere Beachtung kaum geschenkt werden dürfen. Wetzel erschien am Mittwoch Morgen wie gebrochen. Mit tief gesenktem Hanplc, dic lange hagere Gestalt vornübergebeugt, erwartete er scine Ue>erwcisung an dic Spandaucr Polizcibcamtcn. Nnr ein schcucr Blick seines Auges streifte zuweilen dic Anwesenden. Bekleidet war Wctzcl mit Jägcrhcmd, gelben Lcdcrschnhcn, Wcstc, Jäckel und Hosen von dunkelblauem Stoff. Daö fahle Gesicht — nicht unschön — war von cin Paar Co. tcletlcu nmrahml, cin klcincr Schnurrbart ziert dic Ober, lippe. Wctzcl, bei dcm man bci scincr Verhaftung cincn geladenen Revolver vorfand, ist bereits nach Spandau über führt wordcn. — Bei scincm Eintreffen in Spandau wurde derselbe noch am Mittwoch Abend einem eingehenden Verhör unterzogen. Hierbei war die unverehelichte Klaus, welche seiner Zeit den Mörder der Postschaffrersfrau Wende gesehen halte nnd bei dcn Zcugcvcrnchmnngcu die Haupt rolle spielte, behufs Nckognition ebenfalls zngcgcr. Dieselbe erklärte zum allgemeinen Erstaunen, daß der Wctzcl mit dem Mörder der Wende eine nnsfnllcndc Achnlichkcit habe und zwar in Gestalt, Sprache, Schnnrrbart nnd Farbe der Haare. Es wird eine nochmalige Gegenüberstellung beider Personen erfolgen, nachdem der Backenbart Wctzclö gefallen nnd daö Haar so frisirt wordcn ist, wic cö bci dcm Wcn- dcschcn Mördcr wahrgcnommcn wnrde. Dic Klaus hat schon dic Erklärung abgegeben, sic nehme mit ziemlicher Be stimmtheit an, in Wctzcl den Mörder dcr Frau Wende vor sich zn habe». Einem Schankwirth in Werd an kamen vor cinigcr Zeit aus scincm Vorralhöraumc 2000 Stück Cigarren ans unerklärliche Weise abhanden. Es ist nun gelungen, dic Thätcr in drei dorligcn Schnlknabcn zu ermitteln. Dic Cigarren hatte daö jugendliche Cousortinm jcdoch bereits an Arbeiter für cin Billiges abgcsctzt nnd dcn Erlös ge meinschaftlich vcrjnbclt. Preusicit. Berlin. Dcr „NeichSanzciger" ver öffentlicht an dcr Spitze sciiicö amtlichen Theiles folgende» Erlaß dcö Kaisers an das prcußischc Staalsmiuistcrium: „TicsbcklagcuSwcrlhc Erschcimmgcn, welche daS Strafverfahren gegen die Eheleute Heinze hat zu Tage trete» lassen, beunruhigen mein iandcSvätcrUcheS Herz fortgesetzt. Obwohl ich dcm Justizministcr meine Auffassung bereits im Allgemeinen kuudgegcbcn habe nnd obwohl mir bekannt ist, daß seilen« der nächstbetheiliglcn Minister de« Innern nnd dcr Justiz vorbereitende Schrille zur Beseitigung dcr nnfgcdecklcn Schaden ciugeleilct worden sind, so drängt cS mich doch, auch dic Nufmcrksamkeit mciucS SlaalSmüüstcriumS, auf dicsc stir daS Wohl de« ganzen Lande« so bcdenlungSvollc Angelegenheit hiuznleuken, nnv dasselbe zu veranlnsscu, mir aus Grund dcr von den Ressortministern gepflogenen Verhandlungen thuulichst bald bestimmte Vorschläge zu machen. Wenn ich dabei ans diejenigen Gesichtspunkte hiuwcisc, welche mir stir dic Bcnrlheilung dcr hcrvorgelrctcneu Mißstände uud dcr zu ihrer Abwehr zu ergreifenden Maßnahmen besonder« wichtig erscheinen, so halte ich mich dazu um so mehr verbnnden, al« daö Recht in meinem Namen gesprochen wird und ich von dcm Bewußtsein dcr Pflichten, weiche mir al« oberstem Hüter dcr Rechtsordnung obliegen, voll durchdrungen bin. Dcr Heinze'schc Prozeß hat in erschreckender Weise dargelcgt, daß da« Zuhätlcrthum neben einer auSgcbreiteten Prostitution iu den großen Städten, insbesondere in Berlin, sich zn einer gemeinen Gefahr für Staat und Gesellschaft entwickelt hat. Be hufs energischer Bekämpfung dieses Unwesens wird in erster Linie in Frage kommen, inwieweit schon auf Grund dcr bestehenden Gesetze mit Nachdrnck gegen die Zuhälter eingeschrillen werden kann. Diese Ausgabe fällt dcr Polizei uud dcr Strasgcsetzpslcge zu. ES wird dcr Polizei cin kräftiges und unter Umständen rücksichtsloses Vorgehen gegen dic Ausschreitungen jener verwerflichen Mcnschcnklasse zur Pflicht gemacht. Zugleich aber werden die Executivbcamleu darüber zu vergewissern sein, daß sie bci thatlrästigcm Vorgchcn nicht nur mcinc Anerkennung, sondern anch meinen Schutz finden werden. Was die Anwendung dcr bcstchcndcn Strafgesetze anlangt, so wird daraus hin- wwirkcn sein, daß dic Gerichte bci ihrem Urtbeil sich nicht von einer falschen Humanität leiten lassen uud demgemäß auch bci ersten Fällen aus ein möglichst hohes Strafmaß erkennen. Im Anschluß hieran wird zu crörtcru sein, ob und iu weicher Weise cS etwa einer Aenderung oder Ergänzung dcS bestehenden Strafrechts bedarf. Auch da« Straf verfahren mnß einer näheren Prüfung zu unterziehen uud werden da bei Maßregeln zu erwägen sein, welche cS verhindern, daß Verteidiger, uncingcdenk ihrer Pflicht zur Ermittelung dcr Wahrheit bcizulragen, c« zu ihrer Aufgabe machen, dem Unrecht selbst durch frivole Mittel zum Siege zu verhelfen. Nicht minder ist Vorsorge zn treffen, daß die Würde de« Gerichtshofes sowohl dcr Verthcidigung, wie der An geklagten, dcm Pnbliknm gegenüber unter allen Umständen gewahrt bleibe. Endlich erscheint cS geboten, daß in Fällen, in welchen die schwersten sittlichsten Schäden den Gegenstand dcr Verhandlung bilden, die Oesscutlichkeit des Verfahrens ausgeschlossen werde. Gegenüber dcn betrübenden Erscheinungen dcS Heinze'schcn Prozesses ist cS mir eine erfreuliche Wahrnehmung, daß die großen Gefahren uud Miß- stäude, welche der Prozeß bloßgclegt hat, von allen Schichten der Be völkerung in ihrer vollen Tragweite erkannt sind und daß die öffent liche Meinung cinmüthig dic Nolhwcudigkcil wirksamer Abwehr hervor, hebt. DaS läßt mich hoffen, daß dcn von meiner Regierung getroffenen Maßnahmen diejenige Unterstützung innerhalb der gesitteten Kreise meines Volkes nicht fehlen lvird, ohne welche eine durchgreifende Ab hilfe nicht erwartet werden darf. Neues PalaiS Potsdam, 22. Oclbr. I8VI. Wilhelm, livx. — Eine cnisctzliche Blutlhat ist in dcr Nacht zum Sonnlag gegen 1 Uhr im Keller dcö Hmiseö Holzmarkt- gassc 10 in Berlin verübt worden. Darüber wird Folgen des berichtet: Dort haben die Schlächter Pctsch'schcn Eheleute eine Wohnung inne, von welcher cin Zimmcr als Quartier für Mädchen zweifelhaf ten NuseS vermicthet wurde. Zu den zeitweiligen Gästen dieses Schlupfwinkels gehörte die 25 Jahre alle unverehelichte Hedwig Nitsche. Kurz vor I Uhr traf dicsc in dcr Pctsch'schcn Wohnung in Begleitung eine« etwa 20 jährigen MauneS ein. AIS nicht lange darauf ein an deres Mädchen, eine gewisse Müller, gleichfalls in Begleitung eines MauneS dasselbe Zimmer betreten wollte und die Thür öffnete, drängte sich ein Mann au ihr vorbei, sprang dic Kellertreppe hinaus und lief eiligst auf die Gasse. Kaum hatten nun die Müller und die Pelsch dcn Naum betreten, alö sich ihnen cin entsetzlicher Anblick bot Vor der Bettstelle lag in einer großen Blutlache die Leiche dcr Nitsche. Dcr Hals derselben zeigte drei blutende tiefe Wunden, dic von Messer stichen hcrrührtcn, von denen zwei den Kehlkopf links nnd rechts durch bohrt hallen, während dcr dritte unter der linket, Kinnlade in den HalS gedrungen war. Bei näherer Besichtigung dcr Leiche fand mau ferner, daß dcr Unterleib derselben durch einen vom Ende dcS Rückgrats bis zum Brustbein reichenden Schnitt vollständig nufgeschlitzt war. Zur Entdccknng des Verbrechers wurden die umfassendsten Schritte ein- aeleitet und ist cS nach neueren Nachrichten wohl auch gcluugcn, den selben habhaft zu werden. ES hat darnach cin CrimüuNschutzmann in der Nacht zum Moulag in einem etwas anrüchigen Lokal der alten Schönhauser Straße einen Mann seslgenonlmcu, auf den dic vor handene Beschreibung des Mörders genau paßt. Alle Personen, welche dcn Mörder in dcr Nacht zum 25. d. M. gesehen haben, bezeichnen den Festgenvnnnenen auf daS Bestimmteste. ES ist dies der Haud- lungSdicucr Ernst Schulze, welcher in der Elisabethstraße eine Schlaf stelle iunc hat. — Zur Ermordung dcr Prostituirten Nitsche iu Ber lin lvird weiter berichtet: Seit dcm Sonntag ist bci der Behörde etwa cin Dutzend Briefe cingegangen, welche dic Unterschrift „Jack, der Ausschlitzcr" tragen uud in denen neue Blulthalen nngcdroht werden und versichert lvird, daß dcr verhaftctc Schulze dcr Mörder nicht sei n. s. w. In der Voruntersuchung wider dcn Commis Ernst . Schulze lvird Folgendes berichtet: Dic Obduction hat ergeben, daß dic un- vcrchel. Nitsche an dcn Stichwunden in dcn Hals gestorbcu ist. Zwei von diesen Stichen sind von recht« nach link« mit kräftiger Faust ge führt wordeu, während der dritte die Gurgel durchschnitten Hal. An dcr Leiche fehlen, wie dies bisher angenommen wordcn ist, Körper- thcile nicht. Dagcgcn ist dcr Vcrsuch gemacht wordcn, aus kuust- gcrcchlc Meise solche auözulösen. ES ist dies auch zum Theil bereits zur Ausführung gekommen, indem ein Stück Fleisch uud eiu innerer Körpertheil loSgcschnilleu worden sind; beides aber befindet sich bei der Todtcn. Man muthmaßt daraus, daß der Mördcr seine Absicht noch nicht völlig zur Ausführung gebracht habe, sondern durch dic seilen dcr Müller verursachte Störung habe aufgebcu müssen. Dic beiden Theile sind in Spiritus gelegt uud dem UulersuchuugSrichtcr zugcstcllt worden. Der Verhaftete, welcher vor dcr Untersuchung an die Leiche herangcführt wurde, benimmt sich völlig ruhig. Seine Kleidung ist genau derjenigen cnlspiechend, welche m der Bekannt machung an den Anschlagsäulen bezeichnet wurde; doch siud keinerlei Blutflecke wahrnehmbar. Ein Gerichts-Chemiker ist nun mit der Fest stellung betraut worden, ob dic Kleidungsstücke vielleicht blutbcsudelt gewesen und daun gereinigt worden sind. Frankreich. Bei dcm Eiscubahnnnglück zwischen Lyon »nd Grenoble winden bis 26. Oct. Abend 11 Uhr 15 Todtc nnd 40 Vcrwnndctc niiö dcn Trümmern gezogen. CNsZland. Daö diesjährige Oelobcrwcllcr war daö schlechteste, welches das Vereinigte Königreich seit langen Jahren erlebt hat. Sturm und Regen wechselten mit cin« ander ab lind anch dcr Ncbcl war kein seltener Gast. Zn Anfang dcr Woche halten sich dic Elcmcnle cin wenig bc- rnhigt, aber am Mittwoch entladen sich wieder heftige Ge- willcr »nd Regengüsse über dic südlichen, östlichen nnd nörd lichen Theile Englands und ein Orkan fegte über dcn Kanal dahin. Sehr z» bedauern sind dic aruicn Landlentc, wclchc in vielen Theilen Großbritanniens ihre Ernte noch nicht nntcr Dach und Fach haben. In Somcrsctshirc sind über 100 000 Morgen Landes übcrfluthct imd Ucberschwcmmungcm haben gleichfalls in Lincolnshire, in Nene- nnd Ouse. Thal be deutende Verheerungen nngcrichtct. Biele Landstraßen stehen mcilcuwcit unter Wasser nnd sind kaum oder nur mit Ge fahr gangbar. Eine plötzliche Flulh suchte die Stadt Leighton
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