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Hohensteiner Tageblatt : 23.02.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-02-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id184110793X-189202238
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id184110793X-18920223
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-184110793X-18920223
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungHohensteiner Tageblatt
- Jahr1892
- Monat1892-02
- Tag1892-02-23
- Monat1892-02
- Jahr1892
- Titel
- Hohensteiner Tageblatt : 23.02.1892
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Für den Umbau der Dresdner Bahnhöfe und die damit zusammenhängenden Herstellungen hatte die vorige Stände- Versammlung 34.870,000 und dabei zunächst als erste Baurate 3,000,000 Mark bewilligt. Bon dieser Summe sind 2 Million Mark verbrnucht und die königliche Etaatkregierung verlangt daher für die kommende Fioanzperiode, ausschließlich der von der ersten Bsurate übrigen 1 Million Mark, noch 10 Millio nen, welche auf die in Dresden-Altstadt bez. Dresden-Friedrich stadt erforderlichen Anlagen entsprechend Bertheiluug finden sollen. Daß der Bau in umfassender und geschickter Weise in Angriff genommen worden ist, davon haben sich die Mitglieder beider Kammern bei einer zu diesem Behuf« angcstcllten Be sichtigung überzeugen können. Die Deputation glaubt dcsbalb «»-sprechen zu dürfen, daß dieselbe nur geeignet war, das Bertrauev zu dem vorliegenden Plane und die in Cons,grenz desselben getroffenen Maßregeln der königl. Staatsregicruag zn befestigen. Auch sei es eiu gutes Zcugniß für den ganzen Entwurf deS Umbaues der Dresdner Bahnhöfe, daß gegen den selben in zwei Jahren seit seiner Bekanntmachung nicht« geltend gemacht worden sei, als das Project Gräf, welches voraus sichtlich die ganze Planung des Böhmischen Bahnhofes über den Hausen werfen würde und vielleicht zu einer Verlegung des HayßlbahnhofeS in größerer Entfernung von der Stadt führen kdickte. — In Dresden wird inzwischen die Agitation für eine, veränderte Anlage jedoch noch fortgesetzt. So üben gegenwärtig im Schaufenster der Aruold'ichen Kunsthandlung zu Dresden die nebeneinander ausgestellten Pläne des Regie- rungs-Projects und andererseits diejenigen der betreffenden Pe tenten eine bedeutende Anziehungskraft aus. Nach dem letzteren wird bekanntlich ungestrebt, die Errichtung des beabsichrigtcn hohen Bahndammes zu verhüten und statt dessen die Bahn in einem Einschnitt um die Stadt herumzuführen. Fortgesetzt sammelten sich vorgestern zahlreiche Neugierige. Eine Bürgerversammlung in Gößnitz einigte sich über die Sonntagsruhe dahin, daß die Geschäfte von früh 8—9 und Nachm. 1—5 Uhr offen zu halten seien. Deutscher Reichstag. Berlin, 20 Februar. Das Abgeordnetenhaus ging heute in der Bcrathung des Eisenbahnetats zu den Einnahmen aus dem Güterverkehr über. Der Berichterstatter v. Tiedemann-Bomst bemerkte, man würde wahrscheinlich zu niedrigeren Ertragsansätzen ge langt sein, wenn man die Ergebnisse der letzten Zeit schon gekannt hätte. Der freiconservative Abg. Schöller erblickte in dem Betricbsbericht der Eisenbahnen für 1890—91 Anlaß zu großen Besorgnissen, da hiernach die Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr um 25 Millionen, die Ausgaben aber um 77 Millionen gestiegen seien. Die Lage der Landwirthschaft wie der Industrie berechtigte auch durchaus nicht zu der Hoffnung auf baldige erhebliche Steigerung der Einnahmen. Trotzdem dürfe in der Entwicklung des Tarifwesens kein Stillstand ein- trcten, die Gütertarife müßten den Transport verbilligen, wo zu sich die Einfühlung eines gemischten Systems am besten empfehlen dürfte. Man müsse im Stückgütcrverkehr eine Er- utäßiguüg der Tarife cintrclcn lassen, ohne gleichzeitig die Reinerträge der Eisenbahnen zu schmälern. Man könne dies durch eine Tarifbildung mit fallender Scala, wobei die Streckensätzc mit zunehmender Entfernung abnchmen. Der Staffeltarif solle für die höher tarifirten Güter mehr zur Geltung kommen, und im Jnteresfe der Landwirthschaft sei der Austausch der Producte von Landesthcil zu Landesthcil zu fördern. Abg. Stengel bezweifelte, daß die Mehrheit der Hauser der Staffeltarife als dauernde Einrichtung im Tarif system wünsche. Der Landesciscnbahnrath habe mit Recht für ihre Beseitigung gestimmt, Das Raumsystcm sei durch aus nicht völlig unbegründet. Staffeltarife stellten die in der Mitte liegenden Provinzen entschieden in Nachcheil gegenüber den ferner vom Centium ablicgcuden. Die Landwirthschaft im Osten und die Ostp ooinzcn überhaupt würden viel m hr von der Aushebung des Identitätsnachweises für Getreide Nutzen haben als von Staffeltarifen. Abg. Seer sprach für Beibehaltung der Staff,ltarife. Abg. v. Puttkamer-Plauth meinte, war der Kohle und den Westproviuzen recht sei, das müsse den landwirthscha'tlichcn Producer» und dem Osten billig sein. Mao möge die Staffeltarife wenigstens bis zur nächsten Ernte bestehen lassen. Abg. Brömel fand wie der Berichterstatter den Ansatz der Einnahmen zu hoch bemessen. Der hohe Preisstand dec Kohten, der zu AuSnahmetarifen führe, sei nur durch den Kohlenring hervorgebracht, und die Siegener Eisenindustrie müsse besonders darunter leiden. Die Staatsbahnverwaltung habe durch ihr Entgegenkommen gegen über diesem Kohlenimg mit billigen Tarifen einen großen Theil der Schuld auf sich geladen Auf Kosten des inländischen Verkehrs habe das Ausland dagegen billige Kohlen erhalten. Vom Ceutrum sprach sich der Äbg. Herold ebenfalls gegen die Staffeltarife aus, die nur in Ausnahmefällen zuzulassen seien. Abg. Schultz-Bochum und der Minister Thielen traten der Behauptung des Abgeordneten B.ömel entgegen, daß die AuS- nahmetarife für Kohlen bloS dem Auslände zu gute kämen. Bet der Bcrathung der Ausgaben handelte cs sich zunächst um die von den Abg. Hitze und Lieber vom Ceutrum eingevrachie Resolution über die Erweiterung der Sonntagsruhe für die Beamten und Arbeiter. Beide Antragsteller meinten, bei ernst lichem Wille» ließe sich ihr Wunsch wohl erfülle»; sie waren bereit, der Verwaltung die Dadurch erwachsende» Mehraus gaben zu bewilligen. Minister Thielen erklärte, daß die Eisen- bahnvcrwaltung seit Jahren im Sinne deS Antrags gehandelt und erhebliche Summen dafür aufgewendet habe, verkannte aber nicht, daß noch sehr viel aus diesem Gebier geschehen müsse; er habe deshalb eine besondere Commission eingesctzl zur Prüfung, ob und wie weit man durch Aeudcrungen in den Betricbseiurichtungen dem erstrebten Ziele näher komme. Eine vollständige Einstellung des Güterverkehrs an Sonntagen sei »ur möglich, wenn man vorher mit den Nachbarländern sich darüber einigen könne. Dieser Standpunkt des Ministers fand die Billigung de« Grafen Limburg-Stirum und deS Abz. Dürre und die Herren Hitze und Lieber sahen sich schließlich veranlaßt, ihren Antrag zurückzuzieh n. Abg. Sombart regte eine bessere Vorbildung der technischen Eiscobahnsccretäre und eine Besserstellung der Landmesser im Allgemeinen an. Der Minister erwiderte, daß hierüber, soweit sein Amt bethciligt sei, Erwägungen schwebten. Eine bciondcrs scharfe Abfertigung erfuhr der Abg. Metzner vom Centrum, als er auf Grund einer Zeitungsnotiz einen Fall zur Sprache brachte, daß ein Eisenbahnunglück durch Ucveranstrengung eines Beamten ent standen sein solle. Der Minister konnte ihm Nachweisen, daß der Fall überhaupt nicht vorqckommcn sei. Sehr warm nahm sich der Abz. Dürre der Eiseubahndiätare an. Gehcimrath Lehnert erwiderte ihm, eine Besserung ihrer Lage könne nur in Verbindung mit einer grundsätzlichen Regelung des Diä- tarienwesens erfolgen. Die Petitionen dieser Beamten wurden nach dem Commissionsvorschlage der Regierung als Material überwiesen. Am Montag wird die Beralhung fortgesetzt. Tage-geschichtr. Dentsckres «eich. Berlin, 19. Februar. Die deutsch - englische Gesellschaft, welche einen Theil des Besitzes der Deutschen Colonialqescll- schaft für Südwest-Asrika übernehmen sollte, ist nicht zu Stande gekommen. Das Consortium hat lieber die 200,000 Mark betragende Anzahlung und die Ausgaben für die mehrjährige Arbeit, welche nicht geringer sein mögen, verfallen lassen, als bei der gegenwärtigen Geschäftslage eine öffentliche Subscripcion auszuschreiben und damit wahrscheinlich einen Mißerfolg zu haben. Es bezieht sich dies wesentlich auf England, wo der bei Weitem größte Theil der vöchigcn Summe ausgebracht werden mußte, da das deutsche Kapital für große coloniale Unternehmungen noch nicht zu haben ist. Es hat ein eigener Unstern über dem vielversprechenden Unternehmen geschwebt und zwar in Folge der durch Ueberspeculation hervorgerufenen Knappheit dek englischen Geldmarktes. Die argentinische Krisis wirkte geradezu verheerend, und das Sinken der Werthe der Britisch-südafrikanischen Gesellschaft in Folge der Berichte von Lord Randolph Churchill verstimmte gleichfalls. L'tzcercS wäre vielleicht noch zu überwinden gewesen, da da« Unter nehmen der Deutsch-südafrikanischen Gesellschaft in vieler B:- ziehung durchaus ungünstiger lag, als das im deutschen Schutz gebiet geplante, wenn nicht eine politische Partei in England gegen die neue Gesellschaft gewirkt hätte. An ihrer Spitz' stand Sir Donald Currie, dec Vertreter der Ansprüche von Levis, welcher nicht müde wurde, nicht nur in dem mehrfach von uns ungezogenen Artikel der „Times", sondern auch münd lich die Personen, welche sieb für Unternehmen interessirten, zu versichern, daß die deutsche R:gicrung bald müde sein würde, sich mit Südwest-Atrika noch länger zu befassen. Das eng- lische Consortium hatte schließlich sogar den Versuch gemacht, Donald Currie heranzuzichen, in der Voraussetzung, daß er sich als Mitinhaber für das Unternehmen vielleicht intcrcssüen würde. Aber die Uebcrzeugung von der angeblichen Absicht der deutschen Regierung, welche Donald Currie wohl aus ein zelnen deutschen Blättern geschöpft haben mochte, war so fest gewurzelt, daß er aus das Anerbieten des Consortium« nicht cinging. Es ist auch möglich, daß seine riesigen Verluste bei mehreren südafrikanischen Gesellschaften seine Betheiliqung un möglich machten oder daß neben politischen Rücksichten auch Concurrenzncid im Spiele war. Im letzten Monat wurde noch der Vorschlag gemacht, einzelne Unterzeichner doch in eine Gesellschaft zusammcnzufassen und die Subscription auf eine günstigere Zeit hinauszuschicben. Aber er scheint, daß das Auswärtige Amt hierauf nicht eingegangen ist, dem diese« Hin-und Herzichen schließlich unerträglich geworden sein dürfte. Wenn aber Donald Currie meint, daß Südwest - Afrika nun von den Deutschen aufgcgeben würde, so dürfte er sich sehr täuschen, denn jüngst noch ist, anscheinend officiös, erklärt worden, es müsse in der Uebcrzeugung jedes Deutschen wurzeln, „daß an den Grenzen, wie sie für unsere Besitzfphäce vor nun bald zwei Jahren vereinbart worden, unverrückbar fest gehalten werden würde." Im Hinblick auf die allgemeine politische Lage ist cs auch nicht denkbar, daß die Regierung einen Schritt unternehmen würde, welcher im Auslande als ein Zeichen der Schwäche amgefaßt und in Deutschland die weiten Kreise der Colonialfreunde für alle Zütcn verstimmen würde. Von dem Zustandekommen der einen Gesellschaft hängt das Wohl und Wehe des Schutzgebietes wahrlich nicht ab, obwohl cs natürlich der dortigen Tyätigkeit einen kräftigen Antrieb gegeben haben würde. Sieht man davon ab, daß im Schutzgebiet bereits eine fortwährend steigende Anzahl von Deutschen und Buren thätig ist, so sind die von der Schutz truppe aufgeführlen Bauten nicht von heute auf morgen be rechnet. Außerdem sind in Deutschland bereits andere Kräfte wirksam, um die Arbeit dort in Angriff zu nehmen. Bekannt lich beabsichtigt die Deutsche Colonialgesellschait für Südwest- Afrika im Kubub Viehzucht in großem Maßstabe zu treiben; von der im März zusammenberufencn Generalversammlung wird es abhängen, ob hierfür die größeren nöthigen Summen bewilligt werden. Man sollte meinen, daß die Ansichten über den Werth des Landes und die Rentabilität der Viehzucht sich so geändert haben, um eine stärkere pecuniäre Beteiligung dieser Gesellschaft zu ermöglichen, zumal ja immer noch die Aussicht auf einen spätere» vorteilhaften Verkauf der Landes besteht. Dann ist auch die Deutsche Colonialgesellschaft für die Bildung eines Syndicats thätig, welche« in Windhoek- colonisiren und dazu besonders bereits in Südafrika ange sessene Deutsche verwenden will. Die bessere Kenntniß des Hinterlandes unserer deutschen Colonie, welche besonders in Folge der Berichte des Herrn v. Francois sich verbreitet hat, veranlaßt hoffentlich auch die kaiserliche Regierung, die nöthigen Sicherheiten lür den Schutz der Ansiedler zu schaffen. Berlin, 20. Februar. Der Feststellung des mehrfach er wähnten AurwanderungSgesetzes, welches den Buudesrath dem nächst beschäftige» wird, sind behufs der Begründung sehr um fassende Erhebungen voraufgegangcn, die zu recht interessanten Ergebnissen geführt haben. Man hat die Zahl der Aus wanderer in den letzten zeh» Jahren von 1880 bis 1890 fest- gestellt und zwar der Auswanderung aus Deutschland über Bremen, Hamburg, Stettin, Antwerpen, Rotterdam, Amsterdam und Havre. Im Jahre 1880 zählte die deutsche Auswanderung 117,097, im folgenden Jahre stieg sie auf 220,902; dann trat in den folgenden Jahren eine Abnahme ein und 1890 sind nur 91,925 Deutsche aus dem Reichsgebiet nach überseeischen Plätzen ausgewandert. Die Zahl der fremdländischen Aus wanderer, oameutlich aus Ociterreich-Unqarn und Rußland, über deutsche Häfen betrug 1880 »ur 54,803, dagegen im Jahre 1890 bereits 168,471 Personen. Zur E-örterung über Soldatenmißhandlungen und Militär- gerichlsverfahren läßt sich unter de» englischen Blättern der ministerielle Standard in einer ebenso klaren und sachgemäßen als warmen Betrachtung vernehmen: „Wir schreibe» als die aufrichtigsten Freunde und Bewunderer Deutschlands und deS deutschen Heere« — heißt es im Laufe diese« Artikels. Wir glauben keinen Augenblick, daß die echte und tüchtige KricgS- zucht, aus welcher die Stärke deS deutschen Heeres stets geruht hat, das Ergebaiß von solche» Scheußlichkeiten ist, wie die jenigen, welche jüngst, nicht auf die Nation, sondern auf einzelne Individuen und bis zu einem gewissen Punkt auf das System Unchre gehäuft haben, das diesen Leuten so wcl Spielraum gewährte. Die Tüchtigkeit deS deutschen Heeres hat ihre feste Stütze in der Begeisterung und Berufskenntuiß seiner O'ficiere und in dem durchweg bewundernswertheo und intelligente» UnteroPciercorp«, das ihnen zur Seite steht. Aber der Hoch druck des militärischen Eifers, die Verhältnisse der allgemeinen Wehrpflicht, die manche geistig zurückgebliebene und wider willige Mannschaften zur schnellsten Ausbildung herbeikührt, bringen es mit sich, daß ein schreckliches Maß von Macht, und was besonders gefährlich erscheint, von geheimer Macht in die Hände von Leuten gelegt wird, die nicht alle würdige Träger derselben sein können. Der heiße Wettbewerb zwischen Compagnie und Compagnie ist geeignet, O ficiere mitunter da hin zu bringen, daß sie zu den Unregelmäßigkeiten diensteifriger Untergebenen ein Auge zudrücken. Sehr oft sind es gerade diejenigen, die selbst nicht sonderlich tüchtig sind, welche an ihren unglückseligen Rekruten den Tadel räche», den sie sich durch eigene Unzulänglichkeit zugezogen. Seit der Thronbe steigung des jetzigen Kaisers, seit de» Schlag auf Schlag folgen den massenhaften Verabschiedungen von Oificieren ist als natür liche Folge ein Zustand der Aufregung, des eifrigen Wettbe werbs eingetreten, der mit doppelter Gewalt auf die untern Schichten wirkt. Unter solchen Umständen giebt es nur ein einziges mözlichcS Sicherheitsmittcl, unbedingte Oeffentlichkeit, Einlaß deS Tageslicht« bis in die entferntesten Winkel des Casernenhofs und der Eiserne. Nicht die strenge Bestrafung, die wenigen Uebel- thätern zu Theil wird, kann diesen Ausschreitungen Einhalt thun, sondern nur die Gewißheit, daß kein Vorgesetzter seine Amtsgewalt ohne schleunige Entdeckung mißbrauchen kann, und ohne die Schande, die der Entdeckung folgt. Nur diese Gewißheit wird das Uebel auLroilen. Derhalb sage» wir bei der höchsten Rücksicht auf die Nothwendigkeit der Aufrecht- erhal'ung der Kricgszucht und des guten Rules der Armee mit voller Überlegung, daß es auch Zeiten giebt, wo schmutzige Wasche gewaschen werde» muß. Und zwar muß sie nicht nur öffentlich gereinigt werden, sondern da« Volk muß auch die Uebcrzeugung in sich ausnehmen, daß die schmutzigen Flecke thatsächlich beseiligt werden. Es scheint unk, daß Gras Capcivi, als er diese Angriffe nicht so sehr gegen die in Rede stehenden Vergehen als vielmehr gegen die Entdecker derselben und besonders gegen die Pr>sse richtete, weniger Tact und richtiges Uctheil al« gewöhnlich bewies. Nichts könnte be- klagenswerther sein, als daß die Osficiere deS Heere« er- muthigt würden, solche grob: Unregelmäßigkeiten zu verschleiern oder zu mrcheidigen, statt auszurouen. E» ist natürlich un leugbar, daß in socialistischen und ultraradicalcn Blättern unheilvolle Artikel erschienen sind, die nichts weniger als ge eignet sind, den Zweck zu fördern, den sie angeblich im Auge haben. Allein wo das ganze Volk durch die engsten Bande mit dem Heere verknüpft ist, kann die heute so gründlich er regte Entrüstung nur durch ein« beschwichtigt werden, und das ist die vollständige und unbedingte Beseitigung solcher Miß stände. Wic können aus eigener Erfahrung unseren Freunden zwei Mittel empfehlen, um den Mißbrauch der Gewalt auS- zurotten. DaS eine ist das Emströmen des Helle» Tageslichts > durch Einführung der vollständigsten Orffcntlichkcit. Das zweue besteht darin, daß man den Officiercu, die in unmittel bare Berührung Mit dem aufregende» und aufreibenden per sönliche» Treiben unter den Leuten kommen, unter keinen Um ständen das Strafrecht überweist. Es ist für jeden Menschen bedenklich, zugleich Kläger und Richter zu sein." Gotha, 19. Februar. Die Bemühungen des hiesigen Aus schusses zur Unterstützung der noiyleidenden Hausweberei haben einen ansehnlichen Erfolg zu verzeichnen; 17,OM Mk. sind zu- sammengcflossen. Die thüringischen Hauswedcr, zu deren Unter stützung der hiesige Ausschuß zusammcngetreten ist, sind der allgemeinen Theilnahme durchaus würdig; cs sind in hohem Grade verständige und bescheidene Leute. Keiner von ihnen hat einen augenblicklichen Vorthcil sür sich aus den Samm lungen erwartet; Alle verlangen nur nach allgemein nützliche» Maßnahmen, die ihren Verhältnissen eine dauernde Besserung in Aussicht zu stellen im Stande sind. Der Ausschuß ist von der allgemein anerkannte» Ansicht auSgegangcn, daß die Haus- webcrei vor ihrem völligen Untergange nicht mehr bewahrt werden kann, daß daher das junge Geschlecht diesem Industrie zweige entzogen und anderen Handwerken zugesührr werden müsse. Diesem Ziele soll ein kleiner Grundstock dienen, zu dessen Errichtung die durch die öffentliche Sammlung aufge brachten Mittel hcrangczogen werden solle». Befähigten jungen Leuten, von denen man annchmen darf, daß sie in Zukunft höheren Ansprüchen werden genügen können, soll der Besuch einer Wcbeschulc ermögliche werden. Die älteren Leute, die nicht mehr die Elasticität besitzen, sich in einem anderen Gc- wclbe zu vervollkommnen, müssen natürlich bei ihrem bis herigen Berufe bleiben oder sich dem verwandten, aber lohnen deren Berufe der Seilerei zuwenden, zu deren Einführung der Ausschuß einen bewährten Fachmann gewonnen hat. Den jenigen Webern, die bislang ihre Webstühle nur zur Miethe hatten, solle» die Wcbstühle gekauft werde»; allen Webern aber sollen für ihre Stühle maschinell: Verbesserungen, ins besondere Regulatoren beschafft werden. Dies ist zum Theil bereits geschehen. Die Gurtmcber sollen intkünftige die Her stellung der geringeren Gurte aufgeben und nur die besseren Sorten fabric.ren. In Menteroda, Klein-Keuls, Nazza u. s. w. bleibt die bisherige Industrie (Leinwand, halbwollene Zeuge) bestehen. Endlich ist die Einführung der Beerenobstzucht und der Fabrikation von Beerenweinen vorgesehen, wozu sich in dankenswecthem Entgegenkommen ein anerkannt tüchtiger Fach mann erboten hat. Um die Erzeugnisse der Weberei und Seilerei, sowie die Beerenweinbereitung möglichst lohnend zu verwerthen, hat der Ausschuß die Errichtung einer eingetragenen Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht vorbereitet, mittelst deren die Erzeuger in unmittelbare Beziehungen zu den Handel treibenden gebracht werden sollen. In Gotha soll eine Ge schäftsstelle eingerichtet werden, welche die fertigen Erzeugnisse in Empfang nimmt und an die in Betracht kommenden Ge schäfte absctzt. Daraus ist ersichtlich, daß es sich nicht darum handelte, der Nothlage der HauSwcber durch Vertheilung voa baaren Unterstützungen eine vorübergehende Abhülse zu schaffen, sondern daß es von vornherein darauf auSgegangen ist, eine nachhaltige, dauernde Besserung zu erwirken. Mit dem Ertrage der Sammlungen allein lassen sich allerdings die löblichen Absichten des Ausschusses nicht verwiiklichcn. Wenn die gothaische Regierung Nicht dazu hilft, dann wird man sich auf die Errichtung eines kleinen Grundstocks für die Kinder der Weber, auf den Ankauf von Wcbstühle» und auf Beschaffung maschineller Verbesserungen beschränken müssen. Damit wäre aber »och nicht die Hätte drssen gethan, was geschehen muß, damit eine beständige offene Wunde endlich vernarbe. Bei der Bereitwilligkeit indessen, mit der die gothaische Regierung alle guten Zwecke zu fördern beflissen ist, darf man nicht daran zweifeln, daß auch sie helfend eingreifeu wird.
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