75 Schlußphase des Luftkriegs wird erahnbar, wenn man sich vergegenwärtigt, daß es in den fünf Kriegsjahren zuvor zusammen etwa 480000 Bombenopfer gegeben hatte. 20 ' »Ausgebombt«, also obdachlos, wurden zwischen Januar und April 1945 rund 7 Millionen Menschen. 21 ' Während des ganzen Krieges wurden etwa 20 % des gesamten Wohnraumes in Deutschland vernichtet. 22 ' Ungezählte Soldaten der Wehrmacht, Kinder und Greise des im Herbst 1944 aufgestellten »Volkssturms« fielen den wahnwitzigen Durchhaltebefehlen der NS-Führungsclique zum Opfer. Zu den Gefallenen kamen dabei noch diejenigen, die von den Mitte Februar 1945 auf Veranlassung Hitlers beziehungsweise Himmlers gebildeten »Standgerichten«, die gegen die »Auflösungserscheinungen« in der Truppe vorgehen sollten, zum Tode verurteilt wurden. Monatlich wurden rund 500 solcher Urteile gefällt, sehr viele davon sofort voll streckt. 23 ' Neben dem Tod so vieler Menschen entstand unermeßlicher materieller Schaden, und zwar im wesentlichen aufgrund dreier Ursachen, nämlich durch die Bombenangriffe, die Bodenkämpfe und nicht zuletzt durch z.T. massive Zerstörungsaktionen von deutscher Seite selbst. 24 ’ Am 19. März 1945 ordnete Hitler in dem berüchtigten »Nero-Befehl« die vollständige Vernichtung der verbliebenen wirtschaftlichen Grundlagen Deutschlands an. Demgemäß sollten sämtliche bis dahin unzerstörten Verkehrs-, Nachrichten-, Industrie- und Versorgungsanlagcn systematisch zerstört werden. Teilweise wurde auch tatsächlich mit der Durchführung dieses »Führer-Befehls« begonnen. 25 ' Die äußerst schlechte Versorgung der Bevölkerung gegen Ende des Krieges und unmittelbar danach war wesentlich mitbe dingt durch die in der Zeit vor dem 8. Mai erfolgten Zerstörungen im Bereich der Ver kehrs- und Transporteinrichtungen. Das Verkehrswesen war praktisch vollständig zusammengebrochen, gleichwohl waren kaum je zuvor so viele Menschen in Deutschland auf einmal unterwegs wie 1945. Ende 1944/Anfang 1945 hatte die Massenflucht der deutschen Bevölkerung aus den östlichen Reichsgebieten vor der anrückenden Roten Armee begonnen; im Laufe des Jahres 1945 ging diese Flucht bewegung in eine systematische Vertreibung der verbliebenen Deutschen östlich der Oder- Neiße-Linie über. Betroffen waren schließlich alles in allem rund 12 Millionen Menschen; ihr Zustrom sorgte dafür, daß in den vier Besatzungszonen Deutschlands, den erlittenen Kriegsverlusten zum V rotz, zunächst ein rapides Bevölkerungswachstum zu verzeichnen war. 26 ' Es liegt auf der Hand, daß dadurch die bereits vorhandenen Versorgungsprobleme erheblich verschärft wurden. Insbesondere die Wohnraumsituation war verheerend, jeder dritte Haus halt war ohne eigene Wohnung, und die durchschnittliche Belegung einer Wohnung stieg von 3,7 Personen im Jahr 1938 auf 5,6 im Jahr 1946. 27 ' Neben den Flüchtlingen bevölkerten auch noch die sogenannten »displaced persons« die Straßen; dabei handelte es sich in erster Linie um vom NS-Regime zur Zwangsarbeit Verschleppte nichtdeutscher Nationalität, die nun zurück nach Hause oder jedenfalls fort aus dem zerstörten Land wollten. Ihre Zahl wird auf 8 bis 10 Millionen geschätzt. 28 ’ Und schließlich waren Tausende ehemaliger KZ-Häftlinge, die die letzten schrecklichen Mordaktionen der SS im Frühjahr 1945 überlebt hatten, unter zubringen, zu versorgen und meist auch noch zu transportieren. 29 '