32 Joachim Menzhausen Kulturelle Entwicklungen unter Kurfürst Johann Georg II. 0 Im Jahre 1620 war Sebastian Walther als «Churfürstlicher Architectus und Statuarius« be auftragt worden, Bau und Ausstattung des Lusthauses auf der Bastion Venus weiterzufüh ren. Achtzehn Jahre später schrieb er an Kurfürst Johann Georg I., daß er »nichts mehr zu verzehren habe, und habe mit meinem armen Weib und Kindern seidt Ostern her das liebe Wasser müssen trinken, welches ich nicht vermeinet hätte auff meine Alten Tage, das mir es bey meiner Sawern Arbeydt so Elende gehen sollte«. 0 Seit Jahren war ihm sein Hofgehalt nicht mehr ausgezahlt worden. Dieses Hilfsersuchen eines bedeutenden und viel beschäftigten Künstlers erhellt die Situation in der Stadt und im Lande, nachdem Sachsen - wie Brandenburg - durch das Eingreifen König Gustafs II. Adolf in den Drei- ßigjährigen Krieg um die Macht im Reiche nach 1630 zwischen die Fronten geraten war. Auf den alten Handelsstraßen, die sich in Leipzig kreuzten, marschierten nun die Schwe den und die Kaiserlichen, und drei der furchtbarsten Schlachten dieses Krieges wurden in der Leipziger Tiefebene geschlagen, 1631 und 1642 bei Breitenfeld und 1632 bei Lüt zen. Das Kurfürstentum wurde wiederholt verwüstet, denn mit seiner langen böhmisch schlesischen Grenze bildete es gewissermaßen den neuralgischen Punkt für beide großen Kriegsparteien. Die Schweden hausten in Sachsen bis 1650, und als Johann Georg I. sechs Jahre später starb, hinterließ er seinem ältesten Sohn ein in weiten Bereichen zer störtes und entvölkertes Land. Aber durch den starken Zuzug böhmischer Exulanten und infolge der traditionellen Durchdringung des Kurfürstentums mit produktiven Gewerken erholte es sich erstaun lich rasch. Mißt man die wiedererlangte Wirtschaftskraft an fürstlichen Großbauten in oder bei den Residenzen, so gesundete Sachsen, obwohl es am meisten gelitten hatte, ebenso rasch wie die weniger zerstörten deutschen Staaten. Zu Anfang der 60er Jahre begannen die Hohenzollern das Potsdamer Stadtschloß und Schloß Caputh, die Wittels bacher Schloß Nymphenburg bei München, Kurfürst Johann Georg II. in Moritzburg die Schloßkapelle und am Dresdner Residenzschloß das Hoftheater zu bauen. Bedenkenswerte Unterschiede treten zutage. In Brandenburg und Bayern bauten Auslän der, in Dresden der Sachse v. Klengel. Dort zielte der Ehrgeiz auf eine Zweitresidenz und auf ländliche Lustschlösser, hier wurden vorhandene Anlagen erweitert unter vorrangigem kulturellem Aspekt, denn das Hoftheater war nicht allein nach dem Wiener das zweite